Pfalz-Exkursion: Von Winning

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Budi
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Pfalz-Exkursion: Von Winning

Beitrag von Budi »

http://budisfoodblog.wordpress.com/2012 ... eidesheim/

Hier nun meine Eindrücke zum Von Winning-Besuch:

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Weiter geht es mit dem zweiten Teil der Pfalz-Exkursion. Nun ist das Weingut Von Winning dran, welches in letzter Zeit vielfach von den Medien aufgegriffen wurde.

Nicht nur der intensive Holzgebrauch, die Rückbesinnung auf den ursprünglichen Weingutsnamen, die Auszeichnung zum “Aufsteiger des Jahres” im Gault Millau 2012, sondern auch der krimiverdächtige Traubenklau aus dem Deidesheimer Herrgottsacker sorgte dafür, dass das Weingut in der Weinbranche in aller Munde ist.



Dem Weingut merkt man seine knapp 40ha Rebfläche sofort an, wenn man sich das Weingut anschaut. Das große Gelände erinnert in seiner Prächtigkeit schon eher an bekanntere Chateaus aus Bordeaux. Eine mächtige Anlage steht um das Deinhardsche Gutshaus. Außerdem findet man mittlerweile im Weingut ein eigenes Restaurant (welches prächtig aussieht). Gegenüber wird momentan ein Hotel gebaut und kräftig in die Zukunft investiert.

Bei Von Winning herrscht eindeutig Rieslingkompetenz: 80% der Weine sind Riesling, davon 10ha aus GG-Lagen! Bei den Rotweinen ist die wichtigste Rebsorte der Spätburgunder.

Mittlerweile schon fast als Besonderheit anzusehen, ist die Abwesenheit einer strengen Vinifikationsideologie. So werden Weine sowohl mit Reinzuchthefen, als auch spontan vergoren.



Bei Von Winning kann man, wie in den meisten größeren Betrieben üblich, nahezu rund um die Uhr und ohne Voranmeldung Weine verkosten. Hierfür gibt es einen neuen und schöngestalteten Verkostungsraum mit großem Holztisch.

Zuerst wurden die Dr. Deinhard-Weine vorgestellt, die weiterhin unter dem Label vertrieben werden und ausgesprochen günstige Weine darstellen. Hier zeichnet sich ein völlig anderer Weinstil als bei der “Von Winning”-Kollektion ab. Die Weine sind fruchtig-frisch und geradlinig auf hohem Niveau. Ich meine auch, dass alle Weine zu 100% im Stahltank mir Reinzuchthefen ausgebaut werden, Entrappung stattfindet und auf Maischestandzeit verzichtet wird.



Den Einstieg ins Sortiment machte der 2010er Deidesheimer Paradiesgarten Riesling Kabinett trocken. Welcher von präziser Zitrusfrucht und Frische gekennzeichnet ist aber auch schon deutlich kräftig daherkommt.

Ach die 11er Abfüllung war durchaus ähnlich, wenngleich ich dies durch die noch stark vorhandene Kohlensäure nicht so einschätzen will.



Eine Überraschung stellte für mich der Neustadter Mönchgarten Riesling trocken aus 2008 dar. Der von der “Villa Niederberger” stammende Riesling zeigt sich finessenreich und harmonisch mit einer speziellen Feuersteinnote. Der Riesling ist für knapp 14€ zu bekommen.



Bei der “Von Winning”-Kollektion findet man einen experimentelleren Stil. Die Weine haben durchaus Parallelen zum Burgund in Bezug auf Spannung und Eleganz. Mit dem eher ungewohnt betonten Holzausbau kann man den Weinen auch nicht wirklich einen gewissen “Freak-Faktor” absprechen oder positiver gesagt: Die Weine sind vor allem für Weinliebhaber interessant, die schon viel gesehen haben.

Einstieg bildete der 2011er Win Win Riesling, welchem man den Ausbau im großen Holz momentan deutlich anmerkt. Der Riesling gibt einen fast schon leichten Kuhstallduft ab. Dabei ist an der Nase noch Knoblauch im Spiel. Am Gaumen merkt man hiervon wieder nichts und es kommt Frucht und Mineralität am Gaumen an. Ich denke aber, dass diese noten (die ich aus 2010 auch so nicht kenne) noch verfliehen werden.

Der 2010er Riesling vom Ruppertsberger Reiterpfad legt da schon eine viel überzeugendere Frische an den Tag. Starke Zitrusnoten und prägnante Säure verleihen dem Wein eine wunderbare Klarheit. Ein intensiver aber trinkanimierender Riesling, der momentan viel Spaß bereitet!

Daraufhin legt der Deidesheimer Grainhübel Riesling 2010 in Puncto Trinkfreude noch eins drauf. Der Riesling zeigt sich noch intensiver und überraschend offener als der R. Reiterpfad und soll laut Weingut momentan bei den Kunden der beliebteste Wein sein. Der Riesling hat eine cremige Konsistenz und enorme Spannung.

Weniger überraschend war dann der Riesling vom Forster Ungeheuer aus 2010, da ich ihn schon kannte. Sicherlich einer der interessantesten Rieslinge mit seiner den Gaumen ummantelnden Säure, der enormen Fülle und Tiefe, sowie einem langanhaltenden Abgang und dank Medienpräsenz kein Geheimtip mehr.

Auch der Weiße Burgunder (Qualitätswein trocken) aus 2010 überzeugt mich. Der unfiltrierte und spontanvergorene Kollege braucht zwar noch Zeit aber hat schon jetzt einen schönen Schmelz und Präzision am Gaumen.

Ebenbürtig auch der 2010er Chardonnay, der ebenfalls satte 24€ verlangt.

Der Pinot Noir I stammt nicht aus 2010, sondenr 2009, aus einem Grund, den wir alle kennen. Hier war ich leider mit meine Aufmerksamkeit nicht mehr dabei und kann den Wein so weder schriftlich als aus dem Gedächtnis heraus verlässlich abrufen.

Einer der wenigen Ausbrecher gab es dann in Form von Rotwein. Der Win Win Rotwein 2009. Hierbei handelt es sich um eine Cuvée aus Spätburgunder, Dornfelder, Cabernet Cubin und Acolon. Doch dieser Wein wird sein Klientel finden…

Insgesamt wurde hier eine gelungene Kollektion geliefert. Die Großen Gewächse standen leider nicht zur Verkostung an, da so gut wie alles eben schon wieder weg ist.



Weingut von Winning | Weinstrasse 10 | D-67146 Deidesheim
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Oh Dae-Su
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Re: Pfalz-Exkursion: Von Winning

Beitrag von Oh Dae-Su »

Hey Budi,

vielen Dank für den ausführlichen Reise-Verkostungs-Bericht. Viele schöne, größtenteils ;) gut nachvollziehbare, Beschreibungen. Himmel, 10 ha GG Lagen haben die. Das wusste ich nicht. Da klingelt ja die Kasse ganz schön :lol: .
Dein vorletzter Satz passt sehr gut. Der WinWin Rot fällt für mich total aus dem Rahmen. Der passt nicht wirklich in die Kollektion rein. Ein sehr sehr durchschnittliches Cuvée für viel zu viel Geld. Auch der 2009er Spätburgunder hat bei mir keine überdurchschnittliche Begeisterung hervorgerufen. Dennoch sicher kein schlechter Wein. Weisst du zufällig wieviel der ab Hof kostet?

Viele Grüße
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UlliB
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Re: Pfalz-Exkursion: Von Winning

Beitrag von UlliB »

Oh Dae-Su hat geschrieben: Himmel, 10 ha GG Lagen haben die. Das wusste ich nicht.
Ich hatte bei 40ha Gesamtfläche eher mit deutlich mehr gerechnet - die Gegend besteht dort ja fast nur aus Ersten, äh; nunmehr: Großen Lagen. Ich bin mir auch nicht ganz sicher, ob hier nicht eher gemeint ist, dass man von 10ha (einem Viertel der Fläche) Große Gewächse erzeugt. Das würde mir nach einem Blick auf die VDP-Lagenkarte und meiner Erinnerung daran, in welchen Lagen man früher bei Deinhard produziert hatte, durchaus plausibel erscheinen.

Gruß
Ulli
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Tackleberry
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Re: Pfalz-Exkursion: Von Winning

Beitrag von Tackleberry »

Oh Dae-Su hat geschrieben:Auch der 2009er Spätburgunder hat bei mir keine überdurchschnittliche Begeisterung hervorgerufen. Dennoch sicher kein schlechter Wein. Weisst du zufällig wieviel der ab Hof kostet?
Da hat jemand was im Visier... ;)
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Oh Dae-Su
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Re: Pfalz-Exkursion: Von Winning

Beitrag von Oh Dae-Su »

Morgen Zusammen,
UlliB hat geschrieben: Ich bin mir auch nicht ganz sicher, ob hier nicht eher gemeint ist, dass man von 10ha (einem Viertel der Fläche) Große Gewächse erzeugt.
Nehme ich auch mal an , dass das so gemeint ist. Quantitativ finde ich 10 ha für die oberste Qualitätsspitze, dennoch etwas sehr viel :o :roll: . Kann mir aber gut vorstellen, dass die Zahl stimmt ...
Tackleberry hat geschrieben: Da hat jemand was im Visier... ;)
Ne, Ne, Ne ... reine Neugier ;) . Hat mich nur interessiert ob er teuerer geworden ist. Hab nachgeschaut, jetzt steht er auf der Preisliste mit 32 Euro.

Gruss

Chris
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UlliB
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Re: Pfalz-Exkursion: Von Winning

Beitrag von UlliB »

Oh Dae-Su hat geschrieben: Quantitativ finde ich 10 ha für die oberste Qualitätsspitze, dennoch etwas sehr viel :o :roll:
Warum denn?

Das Problem dürfte lediglich der Verkauf sein; so einfach sind Weine in der GG-Preisklasse in Deutschland nicht abzusetzen. Wenn man den Wein aber verkauft bekommt, kann man ihn auch produzieren: die Preise für GGs sind hoch genug, um absoluten Qualitätsweinbau zu ermöglichen.

Das Prinzip einer Lagenklassifikation ist es, dass die Lage den Rang (und damit in gewissem Rahmen auch den Preis) eines Weines bestimmt, und das Endziel des VDP ist diesbezüglich auch völlig klar formuliert: aus "Großen Lagen" sollte es als einzigen (trockenen) Wein das GG geben. Davon sind die meisten VDP-Winzer noch meilenweit entfernt, auch von Winning: die weiter oben erwähnten Lagenweine (allesamt keine GGs) kommen mit einer Ausnahme aus "Großen Lagen". Aber was nicht ist, kann ja noch werden...

Gruß
Ulli
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Oh Dae-Su
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Re: Pfalz-Exkursion: Von Winning

Beitrag von Oh Dae-Su »

Ich würde nur befürchten, ohne jetzt es weiter auf von Winningen zu beziehen zu wollen, je mehr man produziert, kann (nicht muss) auch die Qualität des Weines darunter leiden. Wenn man z. B. vermehrt Trauben aus Ecken einer Lage, von mir aus GG Lage, nimmt, die nicht so "verwöhnt" von den Gegebenheiten sind etc.
Natürlich kommt bei dieser Thematik auch die Frage der qualitativ unterschiedlichen GG Lagen auf. Hast du ja auch erwähnt, dass es da ziemlich viele in der Pfalz (und anderswo) gibt. Das Thema lass ich jetzt mal auf sich beruhen. Wurde glaube ich schon zur Genüge diskutiert.
UlliB hat geschrieben: Endziel des VDP ist diesbezüglich auch völlig klar formuliert: aus "Großen Lagen" sollte es als einzigen (trockenen) Wein das GG geben
... scheint wohl so zu sein. Finde ich aber sehr bedenkenswert.
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UlliB
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Re: Pfalz-Exkursion: Von Winning

Beitrag von UlliB »

Oh Dae-Su hat geschrieben: je mehr man produziert, kann (nicht muss) auch die Qualität des Weines darunter leiden.
Es gibt da eine ganze Reihe von Gegenbeispielen. Chateau Lafite-Rothschild hat über 100ha unter Reben, Chateau Margaux und Chateau Mouton-Rothschild jeweils über 80ha, Latour über 60ha und Haut Brion immer noch über 40ha. Immer unter der Voraussetzung, dass die natürlichen Gegebenheiten passen, sind hohes Produktionsvolumen und Spitzenqualität keine Gegensätze. Grundbedingung für die Erzeugung großer Mengen von erstklassigen Weinen sind ausreichende Erlöse, die eine den Betriebszielen angepasste Ausstattung mit technischen Mitteln und vor allem mit geeignetem Personal ermöglichen, sowie eine entsprechende Betriebsorganisation. Was in Bordeaux möglich ist, ginge sicher auch in der Pfalz.

Gruß
Ulli
Weinschlumpf
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Re: Pfalz-Exkursion: Von Winning

Beitrag von Weinschlumpf »

Oh Dae-Su hat geschrieben: Nehme ich auch mal an , dass das so gemeint ist. Quantitativ finde ich 10 ha für die oberste Qualitätsspitze, dennoch etwas sehr viel :o :roll: . Kann mir aber gut vorstellen, dass die Zahl stimmt ...
Hallo,

das ist überhaupt kein Problem, da nicht alle Trauben aus diesen Lagen in die GGs wandern. Zum einen hat VonWinning die größte Lesemannschaft der Pfalz, die jede Lage bis zu 5 Mal durchgehen. Was nicht da schon nicht für GGs geeignet ist, wandert z.B. in den Deinhardschen Gutsriesling oder den WinWin(der jedes Jahr zu den Besten in der Pfalz zählt). Was dann bei der "Fass- oder Tankselektion" durchfällt, wird teilweise mit anderen Weinen cuveetiert (bis zu 5% sind ja erlaubt), z.B. um mehr Komplexität und Struktur in diese Weine zu bringen.

Viele Grüße

Nikolai
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Oh Dae-Su
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Re: Pfalz-Exkursion: Von Winning

Beitrag von Oh Dae-Su »

Hallo Ihr Beiden,

@UlliB
Wie schon von mir vorher erwähnt, meine ich auch, dass die Qualität dadurch nicht unbedingt beeinflusst werden muss, aber sie kann dadurch beeinflusst werden....

@Nikolai
Weinschlumpf hat geschrieben: das ist überhaupt kein Problem, da nicht alle Trauben aus diesen Lagen in die GGs wandern.
wenn es so betrieben wird, bei von Winningen oder auch anderen GG Produzenten, ist das absolut OK für mich.

Viele Grüße und einen erholsamen Feiertag

Chris
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