Neue Lagenklassifikation im VDP ?!

Hohe Brisanz, kurzes Verfallsdatum
Bernd Schulz
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Re: Neue Lagenklassifikation im VDP ?!

Beitrag von Bernd Schulz »

Ein Lagenwein ohne Lagentypiziät ist aber sinnlos und schadet einer Lagenkultur.
Genauso sinnlos und der Lagenkultur abträglich ist es aber, bei leichtgewichtigen, jedoch besonders lagentypischen Weinen keine Lage anzugeben.

Lars Dalgaard vom Weingut "Villa Riesling" bemerkte mal in einem anderen Forum, nicht die dicken Bertas, sondern die Kabinette und Spätlesen würden einen Lagencharakter oft am deutlichsten wiedergeben. Das entspricht auch meinen Erfahrungen - und vor diesem Hintergrund ist der "Lagenverbrauch" zu Ungunsten der leichteren Weine grandioser Schwachsinn.
In diesem Zusammenhang sollte auch nochmal erwähnt werden, dass es sehr wohl Winzer gibt, bei denen die Prädikatsbezeichnungen im trockenen Bereich einen Hinweis auf die Stilistik des Weins geben. Das finde ich als Konsument positiv, den Wegfall der Prädikatsbezeichnungen im trockenen Bereich somit ganz klar als Verlust und Nivellierung.
Genauso sehe ich das auch. Ich möchte da, wo es Sinn macht, weiterhin gerne einen trockenen Kabinett mit Lagenangabe kaufen können. Und wenn mir der VDP-Winzer den grundsätzlich nicht mehr bietet, gehe ich halt woanders hin (so praktiziert in meinem letztjährigen Pfalzurlaub).

Beste Grüße

Bernd
BuschWein
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Re: Neue Lagenklassifikation im VDP ?!

Beitrag von BuschWein »

Da bin ich mal völlig einer Meinung mit Dir. Nur hilft gegen dieses Problem eine Lagenklassifizierung wenig bis nichts, denn ich kann auch aus einer Toplage mühelos einen Wein ohne jede Lagentypizität vinifizieren (viele Winzer beweisen das regelmäßig). Allenfalls fliegen durch eine Klassifizierung wirklich ungeeignete Lagen heraus - aber wer soll entscheiden, welche das sind, und auf Basis welcher Kriterien? Gelegentlich fehlt einer Lage vielleicht nur der richtige Interpret - die nackte Tatsache, dass eine bestimmte Lage nicht von einem VDP-Winzer bewirtschaftet wird, reicht jedenfalls nicht hin, um sie nicht zu klassifizieren.
Für mich war das nur ein Argument für die Gutsweine und Ortsweine. Wobei ich schlechte Beispiele, hier lagenuntypische GGs, nicht als Argument gegen eine Lagenklassifikation sehe, eher als Aufforderung es besser zumachen.

Dass der VDP kein Interesse hat Lagen zu klassifizieren die kein VDP-Winzer bewirtschaftet ist logisch, der VDP ist keine gemeinnützige Vereinigung. Da musst Du Dich ans DWI oder die Politik wenden, dass das nicht gemacht wird.

Und zum Thema Preis, sag mir einen sehr guten Winzer in Deutschland, der seine Preise in den letzten 10 bis 15 Jahren nicht verdoppelt hat, das hat nichts mit den GGs zu tun und es sind ja auch andere Weine von dieser Entwicklung betroffen nicht nur die GGs. Richtig ist aber, dass das Projekt GG ganz klar auch eine Preisvorstellung beinhaltet. Dies tut einem als Weinfreund vielleicht erst einmal weh, mir als Weinhändler ist das auch unrecht. Das aktuelle Qualitätsniveau und die Preise Ende der 80er wären für uns Händler auch großartig, allerdings auf Dauer für die Winzer auch nicht durchhaltbar.

Allerdings muss ich gestehen, dass wir Händler auch für die Preisentwicklung bei den Deutschen Weinen mitverantwortlich sind. Vor 15 Jahren war fast kein Winzer in der Lage dem Handel ausreichend Rabatt zu gewähren, heute sieht das anders aus und diese Rabatte mussten natürlich auf den Ab-Hof-Preis aufgeschlagen werden, bei den damaligen Ab-Hof-Preisen waren Rabatte unmöglich.

Also der größere Grund für den Preisanstieg in Deutschland ist die Ausrichtung auf den Verkauf im Handel als die Einführung der GGs, da die Einführung der GGs ziemlich zum gleichen Zeitpunkt stattfand war es natürlich hier leichter möglich gleich das notwendige Preisniveau beim Weingut einzurichten. Sprich der Sprung von der "alten" Spätlese trocken zum GG war natürlich groß, bei den meisten anderen Weinen musste das in kleineren Schritten gemacht werden.
Armin
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Gerlach
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Re: Neue Lagenklassifikation im VDP ?!

Beitrag von Gerlach »

Dass diese neue Klassifikation umgesetzt werden wird, haben mir bei der VdP GG-Verkostung heute zumindest zwei Pfälzer Weingüter, mit denen ich dazu ins Gespräch kam, bestätigt - beide wirkten darüber nicht glücklich, in einem Fall wurde auf absehbar erhebliche Absatzprobleme für ein spezielles Weinangebot hingewiesen.
Wie eine Verbandsspitze eine eigene Doktrin über die Köpfe von Mitgliedern hinweg durchzusetzen vermag, wirft allerlei Fragen auf ....
BerlinKitchen
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Re: Neue Lagenklassifikation im VDP ?!

Beitrag von BerlinKitchen »

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UlliB
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Re: Neue Lagenklassifikation im VDP ?!

Beitrag von UlliB »

BerlinKitchen hat geschrieben:Zur Info!

http://www.vdp.de/nc/de/presse/presse-d ... ab919fe5a3
Danke für den Link. Eine wirkliche Überraschung ist das nicht.

Interessant ist allenfalls folgender Punkt:

Die Regionen erhalten eine weitreichende Ausgestaltungsmöglichkeit, um den jeweiligen regionalen Besonderheiten Rechnung zu tragen, unter Einhaltung des bundeseinheitlichen Rahmens.

Na fein- auf dass die Konfusion noch ein um ein paar Facetten mehr bereichert wird... :evil:

Gruß
Ulli
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octopussy
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Re: Neue Lagenklassifikation im VDP ?!

Beitrag von octopussy »

Auch von mir danke für den Link. Das scheint mir jetzt einigermaßen klar, außer vielleicht den "regionalen Besonderheiten" ;). Interessant finde ich auch, dass es anscheinend zukünftig noch einen Gutswein Kabinett oder Spätlese Trocken geben soll.

Die große Unbekannte in der Pyramide ist für mich immer noch der "Ortswein". Die Idee ist zwar gut, eine Stufe im Sinne der Villages Stufe im Burgund einzuführen. Ich frage mich aber, mit welchen Weinen diese Stufe ausgefüllt werden soll. Im Burgund kommen Villages Weine m.W. aus (i) nicht als Premier Cru oder Grand Cru klassifizierten, aber in der entsprechenden AOC klassifizierten Lagen, oder (ii) aus Premier Cru oder Grand Cru klassifizierten Lagen aus Trauben, die nicht in den entsprechenden Premier oder Grand Cru einfließen sollen.

Haben die VDP-Betriebe eigentlich Lagen, die zukünftig weder Große Lage (Grand Cru) noch Erste Lage (Premier Cru) sein werden? Oder wird ein "Bockenauer Riesling" oder ein "Westhofener Riesling" letztlich immer der vorgenannten Variante (ii) aus dem Burgund entsprechen? Dafür fehlt mir das Wissen über den Lagenbesitz der VDP-Mitglieder.
Beste Grüße, Stephan
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UlliB
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Re: Neue Lagenklassifikation im VDP ?!

Beitrag von UlliB »

octopussy hat geschrieben:Interessant finde ich auch, dass es anscheinend zukünftig noch einen Gutswein Kabinett oder Spätlese Trocken geben soll.
Steht das da irgendwo? Muss ich dann überlesen haben...
Im Burgund kommen Villages Weine m.W. aus (i) nicht als Premier Cru oder Grand Cru klassifizierten, aber in der entsprechenden AOC klassifizierten Lagen, oder (ii) aus Premier Cru oder Grand Cru klassifizierten Lagen aus Trauben, die nicht in den entsprechenden Premier oder Grand Cru einfließen sollen.
Das hast Du richtig verstanden. ;)
Haben die VDP-Betriebe eigentlich Lagen, die zukünftig weder Große Lage (Grand Cru) noch Erste Lage (Premier Cru) sein werden?
Aber ja. Schau dir die Karte des VDP Pfalz and - da gibt es durchaus Lagen, die weder "erste Lage" (d.h. demnächst "große Lage") oder "klassifizierte Lage" (d.h. demnächst wahrscheinlich "erste Lage") sind - sogar eine ganze Menge. Ansonsten werden die Orts- und Gutsweine, wie Du schon richtig vermutest, aus deklassiertem Lesegut aus einer der klassifizierten Lagen bestehen.

Interessant übrigens, dass zum Thema "Lagenverbrauch" in der VDP-Mitteilung nichts steht. Das Thema ist wohl noch nicht endgültig ausdiskutiert :twisted:

Gruß
Ulli
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octopussy
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Re: Neue Lagenklassifikation im VDP ?!

Beitrag von octopussy »

UlliB hat geschrieben:
octopussy hat geschrieben:Interessant finde ich auch, dass es anscheinend zukünftig noch einen Gutswein Kabinett oder Spätlese Trocken geben soll.
Steht das da irgendwo?
Unter 7.
"In allen Stufen mit Ausnahme der Kategorie VDP Gutswein ist die Verwendung von Prädikaten nach Festlegung regional fixierter Geschmackskorridore grundsätzlich den restsüßen Weinen vorbehalten."
UlliB hat geschrieben:Interessant übrigens, dass zum Thema "Lagenverbrauch" in der VDP-Mitteilung nichts steht.
In dem Beschluss selber steht dazu etwas:

3. "Ziel ist es, das Einweinprinzip bei trockenen Lagenweinen umzusetzen. [...]"
4. "Der trockene Wein aus VDP Grosser Lage ist das Grosse Gewächs."
Beste Grüße, Stephan
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Charlie
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Re: Neue Lagenklassifikation im VDP ?!

Beitrag von Charlie »

Also Kabinett trocken und Spätlese trocken ohne Lage geht, mit Lage nicht??
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UlliB
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Re: Neue Lagenklassifikation im VDP ?!

Beitrag von UlliB »

octopussy hat geschrieben:Unter 7.
"In allen Stufen mit Ausnahme der Kategorie VDP Gutswein ist die Verwendung von Prädikaten nach Festlegung regional fixierter Geschmackskorridore grundsätzlich den restsüßen Weinen vorbehalten."
Stimmt, das hatte ich überlesen... na fein, noch eine Regelung, die für viel Konfusion sorgen wird. Allmählich wird's echt lustig...

3. "Ziel ist es, das Einweinprinzip bei trockenen Lagenweinen umzusetzen. [...]"
4. "Der trockene Wein aus VDP Grosser Lage ist das Grosse Gewächs."
Na, da schaun wir mal. Das wird im VDP noch für massiven Krawall sorgen - aber Ziel ist ja auch nur so etwas wie Vision... :lol:

Gruß
Ulli
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