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Re: Claus Schneider
Verfasst: Di 24. Dez 2019, 13:56
von amateur des vins
EThC hat geschrieben:MEINER Erfahrung nach (und auch der der Mehrzahl unserer regelmäßigen Blindtasting-Runden-Teilnehmer) KANN das Glas schon eine ganze Menge ausmachen, allerdings nicht bei jedem Wein.
Und wie hast Du / habt ihr Autosuggestion ausgeschlossen und alle anderen Parameter konstant gehalten?
Gabriel Gold vs. Standard: Wärmekapazität und Wärmewiderstand sind natürlich unterschiedlich. Falls Du aber bei ununterscheidbarer Trinktemperatur Unterschiede beim selben Wein zur (fast) selben Zeit zu erkennen meinst, kann ich Deine anderen Erkenntnisse zum Einfluß von Gläsern leider nicht mehr ernstnehmen...

Re: Claus Schneider
Verfasst: Di 24. Dez 2019, 14:23
von EThC
amateur des vins hat geschrieben:Und wie hast Du / habt ihr Autosuggestion ausgeschlossen und alle anderen Parameter konstant gehalten?
wenn ich den gleichen Wein (mit wohl vernachlässigbaren Deltas bei der Temperatur, weil gleichzeitig eingeschenkt wird) parallel aus zwei oder drei verschiedenen Gläsern probiere und ich Unterschiede feststelle, dann ist das erst mal so. Welcher Mechanismus da dahinter steckt, interessiert mich in dem Augenblick überhaupt nicht.
amateur des vins hat geschrieben:Falls Du aber bei ununterscheidbarer Trinktemperatur Unterschiede beim selben Wein zur (fast) selben Zeit zu erkennen meinst, kann ich Deine anderen Erkenntnisse zum Einfluß von Gläsern leider nicht mehr ernstnehmen...

Probier's selber aus! Es haben am Tisch dann einige den Vergleich gemacht und jeweils einen signifikanten Unterschied feststellt. Warum und wieso? Keine Ahnung!Die Form der Gläser ist quasi gleich, nur die Wandstärke ist größer, Temperaturunterschiede schließe ich auch aus. Vielleicht haben wir uns alle das nur eingebildet, wer weiß. Entscheidend für mich ist, wie's bei mir ankommt...

Re: Claus Schneider
Verfasst: Di 24. Dez 2019, 15:02
von Georg R.
Kleine Anekdote am Rande:
Bei einer Chardonnayverkostung hatten wir mangels "guter" Gläser für alle (Zalto Burgunder und Gabriel) auch ein Aldi Billigglas auf dem Tisch. Als der Bienenberg von Huber an der Reihe war, habe ich meine Tischnachbarin ein wenig bedauert (Aldibilligglastrinkerin), und bot ihr an, mal aus meinem Burgunderglas zu kosten.
Doch sie fand den Wein in meinem Glas weniger interessant und bot mir ihr Aldiglas an.
Guess what?..Narrenkappe aufgesetzt...im Aldiglas hat der Bienenberg eindeutig am besten performt...

Re: Claus Schneider
Verfasst: Di 24. Dez 2019, 15:13
von EThC
Georg R. hat geschrieben:...im Aldiglas hat der Bienenberg eindeutig am besten performt...
Glaub' ich sofort!

Re: Claus Schneider
Verfasst: Fr 3. Jan 2020, 20:27
von Michl
Als Einstimmung auf den Schneider-Stil und unsere Probe

habe ich heute den Spätburgunder CS*** aus 2013 aufgemacht. Formal ist das der zweitbeste Wein in der 4-stufigen Qualitätspyramide des Guts. Ich habe ihn vor einigen Jahren zu 22 Euro beim Weingut bezogen, heute liegt der Preis für jüngere Jahrgänge etwas höher.
Der Wein überzeugt mich voll und ganz, auch wenn sein Preis angesichts der Qualität nicht günstig ist und ich zumindest, was die Punkte angeht, kaum einen Unterschied zum einfachen CS festellen kann, den ich aber vor längerer Zeit zum letzten Mal im Glas hatte. Stilistisch ist das jedoch genau mein Fall. Zum einen zeigt er, dass herausragende Weine eben nicht komplex und schon gar nicht dicht oder schwer sein müssen, sondern präzise und eben diese Präzision und Bescheidenheit kenne ich so von keinem anderen deutschen Weingut.
Er wirkt im Kontext der badischen Spätburgunder wie die Tondonia Reserva im Kontext anderer Weine aus der Rioja: völlig singulär, unangepasst, ernsthafter, aber zugleich auch kultivierter (ist aber gegenüber dieser wesentlich leichter). Der Wein zeigt überhaupt kein Geltungsbedürfnis, bleibt in seinem Minimalismus fast randständig, aber das mit ohne Stolz erhobenenem Haupt. Der Wein wirkt fast asketisch, vermeintlich dünn, ist aber in seiner Art ganz trainiert. Und das Holz wurde so großartig eingesetzt. Obwohl der Wein gegenüber dem einfachen CS und dem Gutswein im Barrique ausgebaut wurde, gibt es da so überhaupt keine Vulgäraromen. Ganz im Gegenteil, man muss hinhören, um das Holz wahrzunehmen, welches dennoch den Wein strukturell aufrichtet. Das ist schon große Winzerkunst.
Auch zeigt der Wein, dass manchmal die Punkte nicht das Trinkvergnügen widerspiegeln.

Re: Claus Schneider
Verfasst: Sa 18. Jan 2020, 19:53
von Michl
Wahnsinn, wie sich der 14er Chardonnay CS entwickelt hat. Erst jetzt steht er wirklich am Beginn der Trinkreife, braucht aber noch immer 1 Stunde Luft.
Wer immerzu Krawall im Glas braucht, wenn es um Chardonnay geht, wird hier nicht glücklich werden, wer aber Eleganz und Präzision fernab jedes Gewichts schätzt, wird hier einen Wein finden, der in dieser Feinheit wohl selten in Deutschland vorkommt. Stilistisch ist das absolut herausragend. Meine erste Flasche von diesem Wein hatte ich vor Jahren bei 84 P, jetzt kratzt der Wein an den 90 P. Man kann ihm eigentlich gar nichts vorwerfen, für höhere Punkte fehlt es nur an Komplexität und Tiefe, aber diese strebt der Wein auch gar nicht an, sondern perfekte Balance aller Komponenten bei größter Präzision.
Ich kann nur immer wieder dieselbe Leier anstoßen. Neben Koehler-Ruprecht gibt es für mich kein Weingut in Deutschland, dessen Weine sich mit Reife so dramatisch zum Positiven ändern. Was in der Jugend einfach wirkt, blüht nach Jahren in einer faszinierend bereichernden Art auf, bleibt aber dennoch immer hintergründig-bescheiden. Ganz große Klasse!

Re: Claus Schneider
Verfasst: Sa 18. Jan 2020, 20:05
von Der Wein-Schwede
Michl hat geschrieben:
Wer immerzu Krawall im Glas braucht, wenn es um Chardonnay geht, wird hier nicht glücklich werden, wer aber Eleganz und Präzision fernab jedes Gewichts schätzt, wird hier einen Wein finden, der in dieser Feinheit wohl selten in Deutschland vorkommt.
Hallo Michl,
danke für Deine VKN.
Dann wäre es also kein Wein für mich, aber eher für Karsten?
Viele Grüsse
Rolf
Re: Claus Schneider
Verfasst: Sa 18. Jan 2020, 20:30
von amateur des vins
Habe aufmerksam mitgelesen.

Re: Claus Schneider
Verfasst: Sa 18. Jan 2020, 20:45
von Michl
Der Wein-Schwede hat geschrieben:Dann wäre es also kein Wein für mich, aber eher für Karsten?
Das kann ich ehrlich gesagt gar nicht beurteilen... Wer aber an unterschiedlichen Stilrichtungen interessiert ist, und so nehme ich Karsten wahr, wird den Wein mit hoher Wahrscheinlichkeit zumindest interessant finden.
Re: Claus Schneider
Verfasst: Sa 18. Jan 2020, 22:13
von amateur des vins
Paßt scho', Michl. Ich hab in diese Richtung nicht wirklich reflektiert, aber stimmt schon: Ich hab an vielen Weinen Spaß, mal filigran, mal wuchtig - solange sie gut™ sind.
