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Re: out, megaout, Bordeaux. Ein Weinbaugebiet in der Imagekr
Verfasst: Di 16. Sep 2014, 19:23
von sorgenbrecher
Aloys,
ich glaube nicht, dass Burgund wirklich so "in" ist. Es bleibt allein aufgrund der Mengen und des durchschnittlich auch hohen Preisniveaus wohl weiterhin eine Nische für ein paar Weinfreaks. Das der Anteil der Weinfreaks, die sich mit Burgund intensiv auseinandersetzen, deutlich angestiegen ist, das steht wohl außer Zweifel, hat aber meines Erachtens mehrere Ursachen:
- massive Qualitätssteigerung auf breiter Front spätestens seit den 90ziger Jahren, nachdem das Niveau vorher bei vielen Produzenten unterirdisch war (ganz schlimm in den 70ern)
- Gegenbewegung zur "Parkerisierung" (hier könnten vor allem ehemalige Bordeaux-Liebhaber zu finden sein)
- Exklusivität allein aufgrund der vergleichsweise geringen Mengen - Rarität
- allgemeiner Trend zu biologischen/biodynamischen Weinen
- Burgund ist im Gegensatz zum Bordeaux ein Gewinner des Klimawandels (wenn man mal die quantitativen Auswirkungen der Hagelschäden außen vor lässt)
Ich glaube aber nicht, dass eine höhere Aufmerksamkeit für das Burgund auch nur irgendetwas mit den hier diskutierten Problemen von Bordeaux zu tun hat. Letztlich ist beispielsweise auch in der gehobenen Gastronomie eine Weinkarte mit einer tollen Auswahl an Burgundern mindestens ebenso selten wie mit tollen Bordeaux.
Re: out, megaout, Bordeaux. Ein Weinbaugebiet in der Imagekr
Verfasst: Di 16. Sep 2014, 20:34
von octopussy
Hallo Aloys,
bitte aus dieser Diskussion nicht schließen, dass Bordeaux in irgendeiner Weise abgewertet werden soll. Auch wenn ich eher Burgunder-, Beaujolais- und Riesling-Trinker bin, gehört Bordeaux doch zu meinen absoluten Favoriten bei den Rot- und vor allem den Süßweinen. Hier geht es eigentlich nur um Brainstorming und Ideenaustausch bezüglich einer gefühlten Delle im Image des Bordelais.
C9dP hat geschrieben:
Zudem bin ich der Meinung, dass die Preise für die Flächen nur ein nachgelagerter Indikator aber niemals der Grund für Preissteigerungen sein können. Die Preise für die Flächen steigen weil der Wein sich teurer verkaufen lässt. Wenn die Rechnung sich nicht lohnt, würde doch keiner kaufen.
Grundsätzlich richtig. Sowohl im Bordelais als auch im Burgund werden natürlich teils Liebhaberpreise gezahlt.
C9dP hat geschrieben:Ich habe im Moment eher den Eindruck, dass im Burgund eine Entwicklung stattfindet, die Bordeaux schon lange beschritten hat. Die Preise bei manchen Marken im Burgund sind so hoch, dass die im Geld schwimmen und konsequent die Flächen erweitern. Die fördert wiederum die Markenbildung, da die Absatzmöglichkeiten sich verbessern. Der nächste Schritt ist, dass alle, die es sich leisten können versuchen die Arbitrageerträge selbst zu vereinnahmen.
Das muss man differenzierter sehen. Den Winzern im Burgund liegt es fern, Arbitrageerträge selbst zu vereinnahmen, wie es die Bordelaiser getan haben. Ich bin ja auch der Meinung, dass diese Einstellung 2009 und 2010 dazu geführt hat, dass Bordeaux jetzt das Image des Teuren hat. Die Winzer im Burgund, deren Weine extrem rar sind, arbeiten eher wie z.B. Klaus-Peter Keller mit seinen Kultweinen Morstein, Abtserde und G-MAX. Mit Allokationen, Koppelungsgeschäften, Sanktionen für "erwischte" Weiterverkäufer, Flaschennummern und Nummern-Tracking. Das Ziel ist weniger die Erzielung des größtmöglichen Profits auf dem Erstmarkt, was zwangsläufig zum Verlust mancher Stammkunden führen würde, sondern die bestmögliche Kontrolle darüber, wohin der Wein wandert. Du findet in Deutschland kaum, teils gar keine Händler, die die gefragten Domaines wie Raveneau, Coche Dury, Roulot, DRC, Roumier, etc. im Direktbezug führen. Viele kaufen schlicht bei Händlerkollegen, Distributeuren, die gar keinen oder wenig Endkundenverkauf machen, französischen Courtiers, etc. Daher kommen auch die hohen Preise für einige dieser Domaines. Eine Flasche Meursault Perrières von Lafon kannst du für 100 Euro kaufen, aber auch für 300 Euro.
Man sieht an einigen Domaines/Handelshäusern, dass die Rechnung "extrem hohe Preise im Erstmarkt" nicht aufgeht: Olivier Bernstein und Lucien Le Moine sind zwei dieser Beispiele. Die Händler sind in der Vergangenheit sogar auf Clos de Bèze und anderen renommierten Grand Crus von Olivier Bernstein sitzen geblieben, weil die Preise zu hoch waren. Und sie werden das auch in Zukunft tun. Die Leute wissen, dass sie diese Weine auch in Frankreich im Restaurant nicht günstiger kriegen, und interessieren sich nicht dafür. Anders als z.B. bei Coche Dury, für dessen Meursault Village ich in Deutschland im Graumarkt 200 Euro die Flasche bezahlen kann oder auch 90 Euro im Restaurant in Meursault.
Eins ist aber richtig: diejenigen mit Geld erweitern sich. Faiveley zum Beispiel extrem in den letzten Jahren, Marchand-Tawse, u.a. mit dem Kauf der Domaine Maume. Inwieweit das gut geht und ab wann die Käufer vielleicht sagen, dass ihnen der Kauf eines Faiveley oder Jadot doch zu anonym ist, mal schauen...
Re: out, megaout, Bordeaux. Ein Weinbaugebiet in der Imagekr
Verfasst: Di 16. Sep 2014, 20:49
von UlliB
C9dP hat geschrieben:
Zudem bin ich der Meinung, dass die Preise für die Flächen nur ein nachgelagerter Indikator aber niemals der Grund für Preissteigerungen sein können. Die Preise für die Flächen steigen weil der Wein sich teurer verkaufen lässt.
Aloys,
kurzer Exkurs zur Situation im Burgund, auch wenn das hier eigentlich nicht hingehört.
Im Burgund sind im Moment nach wie vor die meisten Domänen im Familienbesitz. Für die fällt im Erbschaftsfall die sehr hohe französische Erbschaftssteuer an, die sich rein am Verkehrswert des Erbgutes
(valeur vénale) orientiert. Es gibt hier zwar ein paar Abschläge, falls der Betrieb durch Familienangehörige weitergeführt wird, und auch (geringe) Freibeträge, ein großer Anteil des Verkehrswertes bleibt aber steuerpflichtig. Nachdem die Regierung Hollande freundlichweise weiter an der Steuerschraube gedreht hat, beträgt der Steuersatz für Erben in direkter Linie bei einem zu versteuernden Vermögen von größer 1,8 Millionen Euro - das ist im Burgund bei den Lagenpreisen ganz schnell mal passiert - mittlerweile schlanke 45% (vor ein paar Jahren waren es noch 30%).
Das heißt: Betriebe im Familienbesitz müssen für den Erbfall sehr hohe Rücklagen bilden, wenn sie nicht zum Verkauf gezwungen werden wollen. Das bedeutet, sie
müssen in Abhängigkeit vom Bodenpreis hohe Preise nehmen, da eben nicht nur die Kapitalkosten und ein Unternehmerlohn erwirtschaftet werden müssen, sondern eben auch die Rückstellung für die Erbschaftssteuer. Nota bene: diese Rückstellung ist natürlich im Erbfall ebenfalls steuerpflichtig und unterliegt im Übrigen davor auch noch der französischen Vermögenssteuer.
Hier setzt jetzt tatsächlich ein fataler Mechanismus ein, da die Grundstückspreise tatsächlich die Weinpreise und die Weinpreise wiederum die Grundstückspreise treiben. Es kommen hierbei nämlich auch im Burgund neue Spieler ins Geschäft, die die Erbschaftsteuer überhaupt nicht interessiert, weil sie sie nicht bezahlen und demzufolge auch keine Rückstellungen dafür bilden müssen: Kapitalgesellschaften. Bei denen fällt die Erbschaftssteuer nur bei den Gesellschaftern an, und das auch nur dann, wenn sie in Frankreich steuerpflichtig sind, und insofern übersetzen sich hier hohe Weinpreise schon mal eher in nette Renditen. Das treibt wiederum die Grundstückspreise noch mehr, was die familiengeführten Betriebe umso mehr in die Bredouille bringt.
Wo das irgendwann enden wird, ist für mich klar: flächendeckender Besitz durch Kapitalgesellschaften wie heute schon im Bordelais. Und insofern ist Deine Prognose, dass das Burgund die Entwicklung des Bordelais nachvollziehen wird, vermutlich sehr zutreffend.
<OT aus >
Gruß
Ulli
Re: out, megaout, Bordeaux. Ein Weinbaugebiet in der Imagekr
Verfasst: Di 16. Sep 2014, 22:24
von C9dP
Hallo zusammen,
danke für die Aufklärung. Das Erbrecht hatte ich nicht auf dem Schirm. Klingt durchaus logisch.
Stephan, ich wollte dir damit nichts unterstellen, falls das so rübergekommen ist. Ich glaube nur nicht, dass Bdx so out ist. Im Moment fließt viel Geld in andere Regionen wie das Burgund. Allerdings kann ich als noch relativ junger Weintrinker feststellen, dass ich noch in keiner Region Weine gefunden haben, die Bdx ersetzen.
Das Restaurants wenig Bdx anbieten liegt aus meiner Sicht eher am Desinteresse der Inhaber. Zudem gibt es gerade bei den gehobenen Weinen ein ganz gute Preistransparenz und der interessierte Weinkenner wird ab einem bestimmten Aufschlag kritisch. Da kann man besser ein paar Flaschen 5,- Euro Weine für 25,- Euro verkaufen als ein paar Flaschen für 30,- zu 50,- zu verkaufen. Die Kapitalkosten sind eben andere.
Alles im Bereich über 40,- Euro hat allerdings glaube ich in der Tat in einem Imageproblem. Da ist zu sehr an der Schraube gedreht worden und die Konkurrenz kommt aus dem eigenen Lager, jedenfalls bei Leuten, die sich für Wein interessieren. Alle anderen werden sich die Frage glaube ich eher nicht stellen, da seit jeher der Dornfelder vom Aldi besser ist

Re: out, megaout, Bordeaux. Ein Weinbaugebiet in der Imagekr
Verfasst: Di 16. Sep 2014, 23:02
von Kle
Also stellt sich mir das Image-Problem nun so dar: Bordeaux ist das Getränk konservativer wohlhabender Snobs, einer spießig-bürgerlichen Oberschicht ebenso wie eines abgedrehten Jet-Sets und Geldadels. Man bekommt wenig Wein fürs Geld, bzw. guten für deutlich mehr als anderswo, und muss, um in den Genuss der besten Crus zu gelangen, eher elitäre Eintrittsgelder als rationale Preise bezahlen.
Ob und wann die gekaufte Flasche dann Genuss verspricht, gleicht einem Roulettespiel – außer man ist bereit, durch langjährige kostspielige Trinkerfahrungen und wissenschaftliche Beschäftigung mit der Materie die richtigen Reifezeitpunkte, Belüftungen und Trinkfenster selbst herauszufinden.
Diese konsumentenfeindlichen und in mehrfacher Hinsicht intransparenten Eigenheiten widersprechen in vieler Hinsicht dem Zeitgeist gerade junger Leute. Die Vorbehalte höre und erlebe ich aber über Generationen hinweg, seit ich mich näher mit Wein beschäftige. Auch einstige Bordeaux-Sammler wenden sich ab. Sie lieben die Weine zwar noch, wollen aber Enttäuschungen und Kosten nicht mehr ertragen.
Sollte die Kritik anhaltende Auswirkungen auf den Markt und die Preise haben und Cru Classé&Co – vom Stand ihrer heutigen Geltung betrachtet – ins Abseits geraten, erscheint mir dies als eine prima Entwicklung. Nach einem deutlichen Preisverfall könnte sich unter anderem zeigen, wieviele Kunden die Weine bislang nur schätzten und erwarben, weil sie teuer waren. Fällt der Nimbus des definitiv Auserlesenen weg, werden viele die Weine mit weniger sensorischer Ehrfurcht probieren und seltener Suggestionen erliegen. Das neue Image des Entlarvten und Rückwärtsgewandten könnte wie ein Radiergummi über all die Parker-Punkte fegen ( Parker, eine weitere unzeitgemäße BDX-Kuriosität). Der Preisverfall könnte munter weitergehen.
Die Degradierung könnte bisherige Verächter allerdings bewegen, Bordeaux häufiger zu probieren.
Eine solche Entwicklung wäre schön. Weg mit den Schleiern und dem angestauten Bedeutungsplunder und hin zum Geschmack und wieder klarerem Vergleich mit anderen Regionen. Denn eigentlich hat der Initiator diese threads Innauen für mich am Beginn schon alles gesagt, sinngegmaß: Bordeaux ist eine Art besonderer Geschmack, dem man subjektiv verfallen kann. Alle anderen Qualitäten wie Komplexität, Tiefe und aufregende Reifung im Lauf vieler Jahre haben andere Regionen ja auch zu bieten.
Gruß, Kle
Re: out, megaout, Bordeaux. Ein Weinbaugebiet in der Imagekr
Verfasst: Mi 17. Sep 2014, 05:22
von innauen
Hallo,
ich liebe diese Diskussion. Gibt es ein zweites Weinanbaugebiet, das solche Leidenschaften auslöst, über das sich so herrlich streiten, debattieren und sinnieren lässt; über das eigentlich fast jeder, der sich mit Wein beschäftigt eine Meinung hat?
Diese in wenigen Tagen mit so vielen Beiträgen von Euch so schnell angeschwollene Kontroverse zeigt doch: Bordeaux ist tot, es lebe Bordeaux!
Grüße,
Wolf
Re: out, megaout, Bordeaux. Ein Weinbaugebiet in der Imagekr
Verfasst: Mi 17. Sep 2014, 07:40
von C9dP
Hallo,
ich liebe diese Diskussion. Gibt es ein zweites Weinanbaugebiet, das solche Leidenschaften auslöst, über das sich so herrlich streiten, debattieren und sinnieren lässt; über das eigentlich fast jeder, der sich mit Wein beschäftigt eine Meinung hat?
Diese in wenigen Tagen mit so vielen Beiträgen von Euch so schnell angeschwollene Kontroverse zeigt doch: Bordeaux ist tot, es lebe Bordeaux!
Grüße,
Wolf
Ja, die Rieslinge aus Deutschland. Insbesondere in 2013
Allerdings sind das ja auch die beiden besten Weingegenden der Welt in Ihrer Klasse. Bordeaux bei den Roten und deutscher Riesling bei den Weißen in trocken und süß. Duck und weg

Re: out, megaout, Bordeaux. Ein Weinbaugebiet in der Imagekr
Verfasst: Mi 17. Sep 2014, 08:22
von Gerald
Wobei man sich auch die Frage stellen kann, ob das Schicksal von Bordeaux nicht auch mit dem derzeit kränkelnden System Parker zusammenhängt, das ja an den extremen Preiserhöhungen der letzen Zeit wohl nicht ganz unbeteiligt war.
Aus Sicht eines Weineinsteigers: wenn ich im Supermarkt einen Wein unter 10 Euro mit 92 PP sehe (vgl. seinerzeit Vitiano), ein gleich bewerterer Bordeaux aber ein Vielfaches davon kostet, würde ich dann nicht denken, dass in Bordeaux völlig überteuerte Weine für neureiche Asiaten produziert werden?
Um herauszufinden, dass das nicht (oder zumindest nicht immer) zutrifft, müsste man sich näher mit der Materie beschäftigt. Falls man sich dann überhaupt noch dafür interessiert ...
Grüße,
Gerald
Re: out, megaout, Bordeaux. Ein Weinbaugebiet in der Imagekr
Verfasst: Mi 17. Sep 2014, 08:24
von UlliB
Kle hat geschrieben:Also stellt sich mir das Image-Problem nun so dar: Bordeaux ist das Getränk konservativer wohlhabender Snobs, einer spießig-bürgerlichen Oberschicht ebenso wie eines abgedrehten Jet-Sets und Geldadels. Man bekommt wenig Wein fürs Geld, bzw. guten für deutlich mehr als anderswo, und muss, um in den Genuss der besten Crus zu gelangen, eher elitäre Eintrittsgelder als rationale Preise bezahlen.
Hallo Kle,
ich denke, das fasst das Image von Bordeaux ziemlich gut zusammen.
Nach einem deutlichen Preisverfall könnte sich unter anderem zeigen, wieviele Kunden die Weine bislang nur schätzten und erwarben, weil sie teuer waren.
Zumindest bislang ist es zu einem wirklichen Preisverfall aber gar nicht gekommen. Die für das Topsegment ziemlich maßgeblichen Indizes Liv-Ex 50 und Liv-Ex 100 sind zwar gegenüber ihren Höchstständen von 2011 um jeweils rund ein Drittel gefallen; sie bewegen sich aber immer noch sehr weit über dem Stand von vor 10 Jahren. Und in der "oberen Mittelklasse" hat sich bislang nur sehr wenig bewegt.
Für die Frage der zukünftigen Preisentwicklung ist eigentlich nur interessant,
- wie viele Flaschen denn in den vergangenen Jahren tatsächlich noch verkauft worden sind. Glaubt man den Berichten diverser Händler, u.a. im britischen Decanter, nur sehr wenig. D.h., die Chateaux sollten auf beträchtlichen Beständen sitzen;
- was noch sonstwo in der Welt herumliegt und gar nicht in der Absicht gekauft wurde, es zu trinken, sondern damit zu spekulieren. Nach einer Aussage weiter oben muss das wohl Einiges sein - ich vermute aber, dass es sich hierbei fast ausschließlich um Weine aus dem Topsegment handelt. Ob ein schlagartiger Preisverfall in diesem Segment aber in einem Dominoeffekt auch die Batailleys und Belgraves der Bordeaux-Welt drastisch nach unten reißt, ist fraglich.
Es bleibt spannend.
Ansonsten: an den von Dir angedeuteten "Schweinezyklus" glaube ich auch. Und ich frage mich, ob die 25jährige Boomphase im Bordelais nicht ohnehin zu Ende gegangen wäre, auch wenn die Chateaubesitzer zu diesem Ende nicht aktiv und mutwillig beigetragen hätten. Auch der Weinmarkt unterliegt aus vielen verschiedenen Quellen gespeisten Moden und Schwankungen; diese Quellen können auch komplett außerhalb des Weinmarktes liegen. Die Toscana-Welle der späten 80er und frühen 90er? Vorbei, ohne dass die Weine schlechter geworden wären. Neuweltweine? Waren bei den Freaks mal angesagt, sind dann eher verschwunden und scheinen jetzt ganz langsam wiederzukommen. Spanien? Vor zehn Jahren
die Region der PLV-Jäger, mittlerweile zu einem gigantischen Ramschladen verkommen, der Lieferant für Dauer-Super-Sonderangebote (auch hier, ohne dass die Weine notwendigerweise schlechter geworden wären). Andere Regionen tauchen plötzlich wie Phoenix aus der Asche auf (Loire), obwohl dort schon seit langer Zeit gute Weine hergestellt wurden.
Vermutlich sollte man das alles nicht überbewerten. Bordeaux mag in der Krise gebeutelt werden; untergehen wird es jedenfalls nicht.
Gruß
Ulli
Re: out, megaout, Bordeaux. Ein Weinbaugebiet in der Imagekr
Verfasst: Mi 17. Sep 2014, 09:07
von Einzelflaschenfreund
Vergessen wir außerdem nicht die Einflüsse der Popkultur auf Fragen der Imagebildung - das muss denjenigen, bei denen dieses Image geschieht, gar nicht unbedingt bewusst sein: "Sideways", wo durch den Protagonisten (Antiheld hin oder her) Cabernet Sauvignon (von dem aus der Weg zum Bordeuaux ja nicht weit ist) als vordergründiger Blockbuster und Merlot als gänzlich inakzeptabel dargestellt werden, während Pinot Noir für das Kreative, Feinsinnige steht. "Mondovino", wo Bordeaux irgendwo im Zwielicht von Parker-Berwertungsmacht, Rolland-Frankensteinmanipulationen und Big Business verschwimmt. Oder auch "Bottle Shock", wo die Nacherzählung des "Judgement of Paris" Bordeaux als überschätztes, arrogantes Establishment dastehen lässt.
Und gerade vor DEM Hintergrund wirken dann Produkte wie der Rolland-Bordeaux bei Edeka evtl. doppelt kontraproduktiv, weil mit dem jedes Klischee bestätigt wird. Da erwartet man die nächste Bordeaux-Lieferung schon fast nicht mehr beim Weinhändler, sondern beim Autotuner.
Viele Grüße
Guido