Matthias Hilse hat geschrieben:
Man könnte bei Ihrer Erwiederung den Eindruck bekommen, bei Belland hätte es keine "Ab-Hof-Preise" gegeben.
So war es allerdings nicht gemeint. Herr Belland wird doch seinen Chambertin aber sicher zuletzt für mindestens 50 Euro ab Hof verkauft haben, oder?
Matthias Hilse hat geschrieben:Mit den gerne zitierten 20 ha, die die Familie Bouygues Phelan Segur abgekauft hat, ist es aber nicht ganz so simpel. [...] Wenn Montrose Rebland hinzukauft, dann wird damit ja nicht automatisch die Menge an 2eme GCC erhöht. Die mögliche Ausstoßmenge wird potentiell größer. Schaut man sich die Preise von Dame de Montrose und Phelan Segur an, kann man fast von einem homogenen Preisumfeld sprechen. Ich beobachte hier jedenfalls in den letzten Jahren extrem homogene Qualitäten, so dass ich mir vorstellen kann, dass man eine weitere "Deklassierungsrunde" einführt, um die Qualität des Grand Vin über die Jahrgangsschwankungen hinweg zu stabilisieren. Auf Ch. Margaux gibt es schließlich schon einen Viertwein...
Genau hier sind wir aber bei den "Markenunterschieden". Rousseau, Roumier, Rouget, Tremblay, DRC, Leflaive, Coche-Dury, Raveneau und noch ein paar wenige andere sind vielleicht "Burgunder-Marken", letztlich aber auch wieder nicht. Ich würde sie eher "Kultwinzer" nennen.
Klassischerweise sind die "Marken" im Burgund die Weinberge: Chambertin, Clos de la Roche, Musigny, Richebourg, Corton, Montrachet, usw. Nicht zuletzt war das Marketing im Burgund bis letztlich in die 70er Jahre ganz anders aufgesetzt als heute. Es gab nur wenige Flaschenvermarkter, und es lief viel mehr über die Négociants. Und bei denen war klar, dass ein Chambertin mehr kostet als ein Charmes-Chambertin, dieser mehr als der Gevrey-Chambertin 1er Cru Les Cazetiers und dieser wiederum mehr als der Gevrey-Chambertin Village. Das ist heute anders, bei manchen Erzeugern kostet der Village Wein mehr als der Grand Cru beim Nachbarn. Gleichwohl übt der Name bestimmter Weinberge für die Käufer immer noch eine große Anziehungskraft aus.
Chambertin ist sicher eine ausdrucksstärkere Marke als
Pauillac, nicht aber ausdrucksstärker als
Château Lafite-Rothschild. Und sie führt dazu, dass im Zweifel jeder der Eigentümer im Chambertin 50 Euro die Flasche brutto (mittlerweile eher in Richtung 100 Euro die Flasche brutto) verlangen kann.
Jetzt wieder zurück nach Bordeaux. Warum hat wohl Ch. Montrose 20 ha von Ch. Phélan Ségur gekauft? Das hat sicher mehrere Gründe. Einer der Gründe dürfte der bereits genannte Grund sein, dass damit mehr Fläche zur Verfügung steht, um noch mehr für den Erstwein (und ggf. den Zweitwein) selektieren zu können. Ein anderer Grund dürfte aber sein, dass der Eigner von Ch. Montrose der Ansicht war, dass "Ch. Montrose" eben eine stärkere Marke ist als Ch. Phélan Ségur. Dass die Leute bereit sind, mehr für einen "La Dame de Montrose" zu zahlen als für einen Phélan Ségur. Die Rechnung scheint bislang noch nicht aufzugehen, aber das Vorbild dürfte hier Lafite und Carruades sein, wo der Zweitwein zwischenzeitlich im Preis enorm angestiegen ist. Die Marketingidee mit dem Erstwein, Zweitwein und Drittwein ist für mich das Gleiche wie Giorgio Armani und Emporio Armania oder wie Donna Karan und DKNY. Man nehme eine Marke mit großer Strahlkraft und gebe dem Volk das Gefühl, diese Marke tragen und sich leisten zu können, indem man eine Zweitmarke einführe. Das ergibt für mich aus Marketingsicht absolut Sinn.