Spätestens nach dem zweiten Glas möchte man eigentlich gerne etwas anderes trinken....
Und deshalb habe ich mir jetzt noch eine 96er Spätlese von der Nahe aufgezogen:
Kein spektakulärer, aber ein fraglos sehr guter Wein, bei dem mir - von der Reife ganz abgesehen - das Verhältnis zwischen Restzucker und Säure deutlich besser gefällt als beim Göttelmannschen 05er. Ich bin und bleibe ein ausgemachter Fan des Rieslingjahrgangs 1996!
Wie jedes Jahr beim Winzerfest hier in Osnabrück war Hexamer natürlich Anlaufstation.
Auch wenn Harald Hexamer insbesondere für seine restsüßen Rieslinge immer wieder zu Recht gelobt wird, haben mir dieses Mal auch der Grauburgunder und der Weißburgunder wirklich gut geschmeckt.
2011'er Grauburgunder
Der Wein lag 11 Monate auf der Hefe und wurde, im Stückfass aus Meddersheimer Eiche (das nennt man Lokalpatriotismus) in Erstbelegung ausgebaut. Der lange Ausbau auf der Hefe und das neue Stückfass prägen den Wein eindeutig mit, wobei das Holz extrem sauber und nur ganz dezent zum tragen kommt. Weiche und sehr feine Säure. Die Frucht ist durch den langen Ausbau auf der Hefe ein klein wenig maskiert. Kraftvoll und trotzdem noch mit einer gewissen Eleganz. Zugegeben ich mag diese Art von Wein sehr und werde nachher mal schauen, ob er denn noch ein paar Flaschen für mich hat.
Weißburgunder 2012
Senesorisch eine etwas präsentere Säure. Da der Wein direkter die Frucht (Birne, Melone, etwas gelber mürber Apfel) in den Mittlepunkt stellt als der Grauburgunder ist das auch gut so. Der Wein hat Biss, Spiel und Elganz.
Aus meier Sicht ergänzen sich die beiden Stilistiken sehr gut.
Und dann gab es natürlich auch noch was früchtsüßes ins Glas.
2012 Riesling Spätlese aus dem Meddersheimer Rheingrafenberg. Dicht, konzentriert, verspielt, elegant, extrem lang, wenn ich es in ein paar Worten zusammenfassen muss. Der Wein hat eine sehr feine zur Süße des Weins passende Säure und beim Blick auf die Analysewerte auf der Homepage habe ich 2 Mal geschaut, denn von 9,8 Gramm Säure wäre ich nicht ausgegengen. Eher helle Frucht Richtung Birne, Mirabelle, Mango ... was den verspielten Stil unterstreicht. Deutlich Süße, konzentriert am Gaumen und man meint den Wein noch eine Ewigkeit danach zu schmecken. Toller Wein im Bereich elgant, verspielter Spätlesen mit deutlicher Restsüße.
Der einzige Wein, der mich nicht ganz überzeugt hat, war der feinherbe aus dem Schloßböckelheimer Felsen, der mir etwas zu brav rüber kam, dafür meiner Begleitung aber sehr gut geschmeckt hat. Hier hätte ich mir sensorisch eine etwas prägnantere Säure gewünscht Zugegeben waren die "Probebedingungen" auch nicht ganz fair, da ich nur 2 Schlückchen probiert habe, als sich bei mir der Grauburgunder, der dann doch deutlich kraftvoller war, im Glas befand.
Wie immer war Hexamer somit eine sichere Bank auf dem Weinfest und ich für meinen Teil finde, dass es eben nicht mehr nur die restsüßen Rieslinge bei ihm sind, die Lob verdienen.
Sowas mache ich selten auf, wenn ich keinen Besuch habe, aber irgendwie war mir danach und die 1994er Riesling Beerenauslese Langenlonsheimer Sonnenborn vom Weingut Bürgermeister Schweinhardt Nachf. ist unkomplizierter zu trinken als ich das von einer BA erwartet habe, die Farbe geht schon Richtung Sherry, mit roten Reflexen, ganz leichter UHU-Stinker, am Gaumen einerseits die typische BA-Opulenz, aber verbunden mit einer Lebendigkeit, die durch die kräftige Säure, die niemals vorlaut wirkt, ergänzt wird, keine Hammer-Boytritis, nicht hochgradig komplex, aber irgendwie klasse, diese Verbindung von Opulenz und Lebendigkeit, ohne jegliche Altersnote, wahrscheinlich die erste BA, die ich in der 0,5l Flasche mit Freude leere, 92 Punkte, im Nachhinein könnte ich mir in den Allerwertesten beissen, die Pulle habe ich damals bei Ebay füe einen einstelligen Kurs ersteigert, und es gab mehrere davon ,
Ich habe doch noch was in der Flasche gelassen, nach einer Woche offen hat die Schweinhardt BA nichts von ihrer Spannung verloren, gefällt mir sogar noch etwas besser als vor einer Woche, denn er wirkt komplexer, toll!
Ähnlich toll wie die Schweinhardt`sche BA präsentierte sich die 1993er Traiser Rotenfels BA von Crusius, eine nicht fette, sondern spannungsgeladene, mit einer für 93 typisch feinen Säure ausgestatteten BA, die sich sehr komplex zeigte, 92-93 Punkte, toll
So sollte sich eine richtig gute BA präsentieren - intensiv und vielschichtig, aber dennoch hinreichend fein.
Meinen Erfahrungen nach war Crusius in der ersten Hälfte der 90er in Topform. Auf eine gleichzeitig mit der 93er in der Bucht geschossene 94er BA dieses Weinguts freue ich mich jetzt schon!
Dilbert hat geschrieben:Schlossböckelheimer In den Felsen, Riesling Goldkapsel 2008, Korrell
Mmh, ich bin ein wenig ratlos! Gewiss kein schlechter Wein, kräftige Farbe, viel reife gelbe Früchte, generell sehr fruchtdominiert; das gibt dem Wein eine gewisse Fülle, aber irgendwie fehlt mir ein wenig das filegrane, die "dritte Dimension im Glas". Denke der Wein ist jetzt perfekt zu trinken, mit zunehmendem Alter wird sich da nichts mehr tun!
Hallo Jochen,
am Wochenende hatte ich das erste Mal ebenfalls einen Wein vom Weingut Korrell im Glas, es war ein 2008 Schlossböckelheimer Königsfels Riesling QbA Trocken. Ich bin ebenfalls etwas ratlos. Der Wein ist nicht schlecht gereift, aber er wirkt auch schon gereift, was man z.B. von den 2008er Rieslingen von Schäfer-Fröhlich, Emrich-Schönleber & Co. noch nicht behaupten kann. In der Nase gefiel er mir sehr gut, im Mund nicht so sehr. Die "dritte Dimension" habe ich ebenfalls vermisst, allerdings sogar schon eine zweite Dimension. Das war mir am Ende einfach einen Tick zu flach, wobei ich die Ansätze wirklich gut fand. Viel fehlt da aus meiner Sicht nicht, um wirklich großen Spaß zu machen.
Das Weingut hatte ich bislang eher nicht auf dem Radar. Wie sind hier sonst die Erfahrungen mit dem Weingut?
bei meinen thüringischen Freunden bekomme ich schon mal was von Korell ins Glas. Die Weine wirken stets solide und ungemein sauber, der Stil ist ausgesprochen "modern" (Edelstahl rostfrei, Reinzuchthefen...).
Ich kann so etwas ab und an sehr gut trinken, aber im eigenen Keller benötige ich es nicht. Es fehlt dann eben doch etwas an Ausdruck (was deine VKN ja bestätigt).
Bernd Schulz hat geschrieben:
Ich kann so etwas ab und an sehr gut trinken, aber im eigenen Keller benötige ich es nicht. Es fehlt dann eben doch etwas an Ausdruck (was deine VKN ja bestätigt).
Das wäre auch mein Zwischenfazit nach diesem einen Wein.
Heute im Glas: 2009 Oberndorfer Beutelstein Chardonnay "S" vom Weingut Hahnmühle. Von dem Weingut hatte ich vor ein paar Jahren mal eine Cuvée aus Riesling und Traminer, die mir ganz gut gefallen hat. Dieser Chardonnay ist auch nicht übel, aber ich bin bei Chardonnay einfach "Burgund-verseucht". Chardonnay muss für mich komplett trocken sein, dieser ist es nicht.