UlliB hat geschrieben:
...Blasses Hellgelb, unauffällig (ich hatte schon noch hellere Mosel im Glas). Spontinote, diese aber dezent. Fruchtbefreit trifft es nicht ganz, da ist schon Frucht, aber sehr zurückhaltend und leise, Zitrus und später auch Birne, dann etwas Schiefer. Im Gaumen ist die Frucht etwas deutlicher, aber immer noch sehr leise, eher wenig Süße, die Säure präsent, aber nicht spitz oder gar grün, schönes Spiel. Trotz der zurückgenommen Frucht wirkt der Wein recht dicht (von was eigentlich?), und den Abgang finde ich auch stimmig. Einen minutenlangen Nachklang erwarte ich von einem Kabinett auch nicht.
Tja. Die Struktur des Weines finde ich für einen restsüßen Mosel-Kabinett schon idealtypisch, das Süße-Säure-Verhältnis ist ziemlich perfekt, und der Wein ist schwungvoll und trinkt sich flott weg. Allerdings dürfte da für meinen Geschmack die Frucht schon etwas intensiver sein. Und wenn ich auf die Herkunft schaue, dann muss die Frucht eigentlich auch intensiver sein. Das Piesporter Goldtröpfchen liefert an der Mittelmosel normalerweise die Weine mit der opulentesten Frucht, das geht bei manchen Erzeugern (St. Urbans-Hof) schon mal arg ins Barocke und wird mir dann zu viel. Aber der hier? Der könnte auch von einer Sekundärlage an der Saar kommen.
Wenn Ollie den fehlenden Herkunftscharakter kritisiert und das als schweren Mangel ansieht, kann ich das durchaus verstehen. Blende ich das aber aus, gefällt mir der Wein recht gut, an der Herkunft "Mosel" (oder eben Saar) besteht auch kein Zweifel...
Gruß
Ulli
Hallo Ulli,
vielen Dank für deine Verkostigungsnotiz, ich kann sehr viel von dem was du beschrieben hast nachvollziehen.
Noch bezüglich der fehlenden Lagentypizität:
Einerseits ist er der Wein deutlich als klassischer Kabinett der Mosel erkennbar und damit dann wohl zumindest Gebiets- und Prädikatstxpisch

.
Und wie auch schon Bernd sagte, solch klassische Moselkabinette sind auch nicht mehr durchgehend zu finden.
Viel zu oft hatte ich in den letzen Jahren Moselkabinette mit Botrytis, primärfruchtige Wuchtbrummen, abgestufte Spätlesen, zu säurearme Weine ohne Spiel etc.pp.
Ich habe das Goldtröpfchen auch als sehr opulente und primär gelbfruchtige Lage abgespeichert. Dazu haben aber auch einige „große“ und bekannte Weingüter gesorgt, die dieser Lage den Stempel aufgedrückt haben.
St. Urbanshof hast du schon genannt, mir fällt noch R. Haart und seit einigen Jahren Schloss Lieser ein. Bei allen drei Genannten ist der etwas opulentere Stil aber auch Teil der Betriebsphilosophie.
Wenn man etwas breiter schaut, findet man aber genauso Weingüter, die seit Jahren Weine mit anderer Stilistik aus der Lage erzeugen. Neben Später-Veit zum Beispiel Günther Steinmetz, der in 2019 ein Goldtröpfchen erzeugt hat, dass frappierend mineralisch und weniger fruchtbetont ist. Auch Julian Haart ist hier zu nennen.
Mir geht es überhaupt nicht darum was „besser“ ist, ich frage mich nur:
Ist das einmal gezeichnete Bild einer Lage wirklich das gegebene, oder gibt es wenige „berühmte“ Protagonisten, die diesen Bild prägen. Und ist dieser Stil dann unumstößlich der einzig „wahre“?
Unabhängig davon bin ich großer Freund von lagentypischen Weinen, die Frage ist nur, was diese Typizität ausmacht und wer sie etabliert hat.
Viele Grüße
Patrick