Bernd Schulz hat geschrieben:Ansätze einer Klassifikation finden sich ja bei Pigott/Johnson ("Rhein und Mosel", Hallwag-Verlag). Wenn ich mir meine Ausgabe von 1997 anschaue, bietet dieser Versuch genug Anlass zum Kopfschütteln: Der Trarbacher Hühnerberg fällt in die unterste Kategorie "Sonstige Rebflächen", der Kröver Steffensberg hingegen rangiert eine Etage höher als "Lage Klasse I", den hervorragenden Enkircher Lagen ergeht es nicht besser als dem Hühnerberg, der Graacher Domprobst hat es ebenso wenig wie der Lieser Niederberg Helden in die Spitzenkategorie geschafft, kurzum: Das ist alles in allem ein ziemlicher Käse, der zu nichts gut ist.
M.E. braucht man auch nicht zwingend eine Lagenklassifikation. Aber hilfreich kann sie m.E. schon sein. Sie kann dem Kunden ein gewisses Qualitätsversprechen geben, ihm ein solches aber zugegenermaßen auch nur vorgaukeln.
Das vorgenannte Qualitätsversprechen ist m.E. aber nur potenziell stichhaltig, wenn die Lagenklassifikation anhand objektiver Kriterien erfolgt. Ulli wird jetzt einwenden, dass es keine 100% belastbaren objektiven Kriterien gibt und da möchte ich ihm nicht widersprechen. Nach allem spielen die Bewirtschaftung der Böden, die Wahl geeigneter Rebsorten, das Rebalter, die Behandlung des Weins im Keller, usw. auch eine entscheidende Rolle. Ich denke aber schon, dass es gewisse kleinste gemeinsame Nenner geben kann. Die kann man aber nicht deutschlandweit einheitlich festlegen und auch nicht für alle Rebsorten. Im Burgund ist eine Klassifikation zum Beispiel viel leichter als in jeder deutschen Region, da es eigentlich nur zwei Rebsorten gibt (Pinot Noir, Chardonnay) und der Boden überall eine Kalk- oder Kalkmergel-Basis hat. Was hier die Qualitätskriterien sind, wurde wissenschaftlich untersucht. Ich bin - egal wo - immer wieder im Gespräch mit Winzern erstaunt, wie genau sie erklären können, warum diese oder jene Lage mit dieser oder jenen Rebsorte besonders gute Ergebnisse erzielt. Die Fähigkeit des Bodens, Wasser aufzunehmen und auch wieder abzugeben, Windschutz, Exposition, etc. sind alles Kriterien, die man zurate ziehen könnte.
Hinzu kommen übrigens für die Vermarktung von klassifizierten Spitzenlagen (Burgund, Elsass, jetzt auch Loire) zumeist bodenunabhängige Qualitätskriterien: Ertragsgrenzen, das Verbot der maschinellen Lese, o.ä. Das sieht auch der VDP für die Weine aus Großen und Ersten Lagen vor. Auch wenn jetzt wieder Geschichten von tollen Merkelbach oder Christoffel jr. Weinen mit >100 hl/ha Ertrag kommen, ergeben solche bodenunabhängigen Qualitätskritieren m.E. schon Sinn, wenn Weine aus bestimmten, besonders guten Lagen mit einem Mindestqualitätsversprechen versehen werden sollen. Denn abseits einiger Könner wie z.B. Christoffel jr. ergibt ein Ertrag von >100 hl/ha häufig auch extrem dünne Weine, die vielleicht ein bisschen besser wären, wenn nicht mittels Kunstdüngern, etc. der Ertrag auf ein Maximum gepusht würde.
Ich denke nicht, dass eine deutschlandweite Klassifikation im Bereich des faktisch Möglichen ist. Höchstens könnte ein Bundesland für eine Weinbauregion (z.B. BW für Baden und/oder Württemberg) sich an einer Klassifikation versuchen. Dann müssten aber im Zweifel auch alle Lagen im Einzelnen angeschaut werden. U.U. entstünde bei flächenmäßig großen Lagen wie dem Malterdinger Bienenberg auch ein kaum handhabbarer Flickenteppich. Aber dann müsste man evtl. historisch auch die alten Gewanne mit berücksichtigen. Schon allein an den Preisen kann man zum Beispiel erkennen, welche Gewanne aus dem Efringer Ölberg das Weingut Ziereisen für qualitativ besonders hochwertig hält.
Ich denke, das wäre ein Projekt für mehrere Jahre, wenn nicht mindestens ein Jahrzehnt. Was der VDP macht (jeder Winzer bringt seine Lagen mit), ist hingegen allenfalls von äußerst geringem Wert.