In diesem Jahr werde ich nicht im März auf der
Oenorama in Athen sein. Dafür habe ich dort vor 10 Tagen die
SMOE-Messe besucht:
https://smoe.com.gr/%ce%b7-%ce%b5%ce%ba ... e%b7-2025/. SMOE steht für Syndhesmos Mikron Inopion Ellados, deutsch: Verband der kleinen Weingüter Griechenlands. Eine sehr schöne Messe auf dem Gelände der ehemaligen Gaswerke (Gasi) in Athen zwei U-Bahnstationen oder 25 min. zu Fuß vom Syntagma-Platz. Sie ging über zwei Tage, Sonntag und Montag, jeweils von 11 bis 19 Uhr, und alles war sehr entspannt, da es im Gegensatz zur Oenorama auch am frühen Nachmittag nicht zu voll war. Der Montag war dann ganz besonders beschaulich, weil an diesem Tag der Verband der nordgriechischen Weingüter an einem anderen Ort in Athen ebenfalls seine Weine vorstellte und viele Besucher*innen wohl die Gelegenheit genutzt haben, das auch noch zu probieren. Das erklärt allerdings wohl auch, warum beim SMOE so wenig Gutes aus Makedonien, besonders Xinomavro aus Naoussa, zu finden war.
Beginnen wir mit
Schaumwein. Ganz toll ist von
Karanika die
Extra Cuvée Reserve Brut Nature 2017, ein knochentrockener BdN aus 100% Xinomavro von 650 m hoch gelegenen Weingärten bei Amyndio nicht weit von der Grenze zu Nordmazedonien: schlank, fokussiert, aktuell mit noch etwas ungestümen Mousseux, am Gaumen eine verhaltene Bratapfelnote. Der Wein wurde im März 2023 degorgiert, wirkt aber noch deutlich zu jung. Vielleicht lieber noch drei/vier Jahre warten und dann als Alternative zum Zero Dosage aus Franciacorta bzw. der Champagne genießen! Die anderen Weine von Karanika (drei weitere Schäumer und zwei stille Rotweine) waren auch gut, lösten bei mir aber keinen Kaufreiz aus. Bei
Manousakis (Westkreta) wurde noch die
Cuvée Hartman/Molavi 2018 ausgeschenkt, ein gemeinsames Projekt von Laurens Hartman (Karanika), der aus Norgriechenland den Assyrtiko beisteuert, und Afshin Molavi (Manousakis) mit seinem Romeiko, eine alte kretische Rebsorte, die - als Stillwein ausgebaut - roséfarbene Weine mit Blütenaromen hervorbringt, die oft arg gefällig wirken. Bei diesem Sekt stimmt aber alles. Da sind nussige Noten und eine leichte Phenolik, die dem Wein Struktur und Länge verleiht.
Dann
Retsina. Sehr fein war die
Retsina Pine Forest 2023 von
Gikas (Attika in der Nähe des Athener Flughafens). Hier wird ähnlich wie bei Kechris (bei Thessaloniki) Assyrtiko statt Savatiano bzw. Roditis verarbeitet, und das gibt diesem Wein eine besondere Feinheit. Hinzu kommt, dass keine industriellen Pinienharzaromen verwendet werden, sondern das Harz von echten und sogar biozertifizierten Bäumen. Auch das restliche Sortiment von Gikas war ansprechend. Leider werden griechische Weißweine meistens viel zu jung getrunken. Insbesondere mit Savatiano, der fünf/sechs Jahr alt war, habe ich schon sehr gute Erfahrungen gemacht. Die beiden Savatianoweine dieses Weinguts haben das Potenzial dafür, aber der Kaufreiz bleibt dennoch gering.
Herausragende
Weißweine hatte ich nicht im Glas. Da gab es schon einige gute bis sehr gute Weine, aber nichts, was mich wirklich geflasht hat. Santorini und Tinos waren halt nicht am Start, sonst hätte das vielleicht anders ausgesehen. Aus der gehobenen langen Weile stach allerdings der fokussiert-minaralische
Assyrtiko 2022 von
Karadimos (Peloponnes) ein wenig hervor. Aufgefallen ist mir auch, dass die Weißen von
Petrakopoulos (Kefalonia) alle recht viel frische Säure hatten, was bei den Weinen von dieser Insel nicht unbedingt der Normalfall ist. Eine positive Überraschung, auch wenn's bei mir keinen Kaufreflex ausgelöst hat,
Anders die
Roten: Sehr gut war
Vissa 2018, ein ganz wunderbarer Xinomavro, der nicht aus Makedonien stammt, sondern von
Karadimos auf der nördlichen Peloponnes produziert wird. Hier ist man auf dem gleichen Niveau wie die besten Weingüter aus Naoussa. Bei diesem Wein passt alles: tolle Tannine und typische Xinomavronoten von getrockneten Tomaten und schwarzen Oliven. Sehr gut gefiel mir auch
Don Giovanni 2022 von
Papargyriou aus den Nähe von Korinth, ein Nebbiolo mit schöner Tanninstruktur und etwas mächtiger als die üblichen Verdächtigen aus dem Piemont, aber immer noch elegant und fein. Auch die anderen Roten des Weinguts, etwa
Mavrostyfo 2023 und
Syrah 2023, sind sehr gelungen, brauchen aber noch Zeit sich zu runden. Das geht ebenso wie der schöne
Syrah 2020 und der
Mourvèdre 2020 von
Manousakis etwas in die Breite, echte Muskelweine also, die aber überhaupt nicht fett oder marmeladig wirken. Besser noch gefielen mir der
MOV 2022 von
Petrakopoulos, ein wurzelechter Mavrodaphne von Kefalonia, und der
Mavroudi/Merlot 2023 von
Kariophyllis, einem Weingut aus dem nordöstlichsten Zipfel Thrakiens, von dem ich noch nie gehört hatte.
Echte Highlights gab es im Bereich der schalenvergorenen
Orangeweine. Eine sichere Nummer ist immer Yannis
Papargyrious
Vigneron Grec, so auch der aktuelle 2024er, ein auf den Schalen einer lokalen Muskatellertraube vergorener Assyrtiko aus der Gegend westlich von Korinth: tolle Phenolik, tolle Säure und spürbare, aber nicht dominante Muskatelleraromatik. Einfach sehr gut! Auch fein war von
Aslanis (bei Thessaloniki)
Malagousia Skin Contact 2023. Herausragend und für mich der beste Wein der Probe überhaupt war
Natural Orange 2020 von
Anatolikos (Thrakien in der Nähe von Xanthi) eine Cuvée aus Assyrtiko und Malagousia im Verhältnis 80:20, eher gelb als orange, mit feiner Phenolik und einer für einen Weißwein enormen Länge, besser noch als der grandiose 2017er, von dem ich noch eine letzte Flasche im Keller habe. Dagegen hat mich der
Natural Red 2021 nicht so überzeugt. Von diesem Wein hatte ich aus früheren Jahrgängen schon mal Besseres im Glas.
Fazit: Eine tolle Messe, sehr entspannt und mit viel Zeit für Weine und Gespräche. Einige meiner potenziellen Lieblinge wie die Weißen von Santorini und Tinos waren nicht am Start. Ebenso fehlten die guten Weinmacher aus Naoussa, so dass der Vissa 2018 von Karadimos der einzige wirklich überzeugende Xinomavro war. Die meisten der sehr guten Weine kamen von den üblichen Verdächtigen, aber es gab auch zwei Überraschungen: Die Weine von Karadimos und Kariophyllis werde ich im Auge behalten.
Dann blieb ich noch ein paar weitere Tage in Athen, habe Museen und Ausstellungen besucht, in der Staatsoper "La Forza del Destino" genossen, und einige Male gut bis sehr gut gegessen. Herausragend war am letzten Tag das Menü im Michelin-besternten
CTC in Keramikos, das ich mit der wunderbarsten aller Frauen genießen durfte, die am Ende dann sogar die Rechnung übernommen hat. Angesichts der Qualität sind die dort für 11 Gänge aufgerufenen 105€ schon fast als Schnäppchen zu bezeichnen. Zur Begleitung des Essens hatte ich den grandiosen
Assyrtiko 2014 von
Economou (Ostkreta) ausgesucht, und zum Fleischgang holte der Sommelier dann für uns eine wunderbare, auf den Punkt gereifte
Cuvée Nostos 2010 von
Manousakis (Westkreta) aus dem Archiv, eine GSM-Cuvée (Grenache, Syrah, Mourvèdre) in einer Stilistik irgendwo zwischen Nordrhone und Australien, die uns wieder einmal zeigte, dass griechische Weine oft viel zu jung getrunken werden. Der gelungene Abschluss einer erlebnisreichen Woche in Athen.
Herzliche Grüße, Michael