BDX 2012 - Gedanken zur Subskriptionskampagne
Verfasst: Di 21. Mai 2013, 15:52
Liebe Leute,
ich habe mir ein paar Gedanken darüber gemacht, warum die Kampagne nicht läuft, obwohl einige Preise doch erstaunlich abgesunken sind.
1) Wie gut ist der Jahrgang in Wirklichkeit?
Ehrlich gesagt: Keine Ahnung, aber die hatte ich auch früher nie. Ich war ja kein einziges Mal bei den Primeurs dabei und selbst wenn; wieviele Verkoster sind in der Lage sich an Hand einer Faßprobe ein aussagekräftiges Bild der späteren Entwicklung eines Weines zu machen? Fehlendes Wissen hat mich 2008, 2009 und 2010 auch nicht davon abgehalten zu subskribieren. 2008 habe ich gekauft, weil die Grand Cru Classé zum ersten Mal seit 2004 wieder in meine finanzielle Reichweite kamen. 2009 haben alle gekauft. 2010 wollten alle kaufen, aber da schlugen schon die Budgetbeschränkungen zu. 2011 war das "burgundische Jahr". Wem 2009 und 2010 zu fett und zu alkoholisch war, hat nachgeholt. Warum soll ich 2012 kaufen? Der Keller ist voll (wie bei Lichte besehen - auch in jedem Jahrgang davor
2) Wofür steht der Jahrgang?
Den meisten Jahrgängen haftet ein Image an, auch wenn sich kein Jahrgang komplett generalsieren lässt. Wir vergröbern trotzdem alle gern, denn die Welt ist unübersichtlich genug und wir müssen schnell Entscheidungen treffen. Welches Image hat 2012? Merlot vor Cabernet? Rechts vor Links? Das wird behauptet, aber bei genauerem Lesen löst sich diese Dichotomie schnell auf. Parker ist mir in diesem Jahr keine Richtschnur. Wie gut ist der Jahrgang also wirklich im Vergleich zu früheren Jahren? Rätsel über Rätsel, die kaum jemand auflöst. Jahrgänge, die kein festes Bild abgeben tun sich aber schwer am Markt. 1999, 2001, 2006 haben sich mäßig verkauft - sind aber später durchaus gesucht worden und zwar zu dem Zeitpunkt, in dem man sich selbst ein eigenes Bild davon machen konnte und andere Jahrgänge teurer wurden. Allerdings bekam man die Weine dann immer noch und tw. sogar unter Subs Niveau.
3) Wo steht der Markt?
Die deutsche Wirtschaftskraft ist im letzten Quartal um 0,1 Prozent gestiegen - und damit stehen wir im Euroraum noch gut da. 2012 ist kein Jahr des amerikanischen Geschmacks. Auf den chinesischen Markt ist kein Verlass. Die Chateau wollen verkaufen - man sieht es an manchen Preisabschlägen. Aber wir Konsumenten wollen nicht kaufen. Nicht für -10 Prozent und auch nicht für -20 Prozent und wahrscheinlich nicht mal für weniger, denn was nichts kostet ist nichts wert, oder?! Der Referenzrahmen für die meisten Verbraucher ist immer noch der Jahrgang 2008 und 2012 gilt im Vergleich von vor vier Jahren nicht unbedingt als der bessere Jahrgang, jedenfalls hat er deutlich weniger Punkte eingefahren.
4) Wo stehen die Chateau?
Die Verbraucher orientieren sich an 2008 - hinsichtlich der Preise und der Punkte; die Chateau hinsichtlich des Prestige an 2009, hinsichtlich des Preises aber - und das klingt nur anfangs überraschend - auch an 2008. Der erste der beiden Jahrtausendjahrgänge gilt ihnen nicht als Ausreisser. Er ist ein neues Preisplateau, das verteidigt werden will. Das sieht man auch an den seltsamen Preisen für die Zweitweine der großen Chateau. Ist ein Petit Cheval so viel mehr wert als eine Petit Eglise, obwohl die den Wein des Jahres gemacht haben? Warum kostet ein Currades Lafite mehr als viele gute Paulliacs? Schaut man sich aber die Preise auf dem Sekundärmarkt an, dann wird deutlich, dass die Chateau den Jahrgang 2208 dann aber doch nicht vergessen haben. Ein Leville Barton 2008 kostet derzeit rund 55 Euro. Ein 2012er ebenfalls 55 Euro. Ein Pontet Canet 2012 kostet rund 8o Euro und damit genauso viel wie ein 2008er derzeit im Handel. Ein Calon Segur 2008 wird für rund 50 Euro gehandelt, ratet mal was der 2012er kostet?
5) Worüber beschweren wir uns eigentlich?
Wahrscheinlich darüber, dass Bordeaux insgesamt als zu teuer eingestuft wird. Damit die Preise aber bei den 1) Chateau 2) Negos 3) Händlern insgesamt runtergehen können, reicht eine Kampagne nicht aus. Und wir sollten uns auch fragen, ob wir daran ein Interesse haben. Denn nichts auf dieser Welt ist umsonst und drastische Preisverschiebungen haben auch ihren Preis.
Grüße,
wolf
ich habe mir ein paar Gedanken darüber gemacht, warum die Kampagne nicht läuft, obwohl einige Preise doch erstaunlich abgesunken sind.
1) Wie gut ist der Jahrgang in Wirklichkeit?
Ehrlich gesagt: Keine Ahnung, aber die hatte ich auch früher nie. Ich war ja kein einziges Mal bei den Primeurs dabei und selbst wenn; wieviele Verkoster sind in der Lage sich an Hand einer Faßprobe ein aussagekräftiges Bild der späteren Entwicklung eines Weines zu machen? Fehlendes Wissen hat mich 2008, 2009 und 2010 auch nicht davon abgehalten zu subskribieren. 2008 habe ich gekauft, weil die Grand Cru Classé zum ersten Mal seit 2004 wieder in meine finanzielle Reichweite kamen. 2009 haben alle gekauft. 2010 wollten alle kaufen, aber da schlugen schon die Budgetbeschränkungen zu. 2011 war das "burgundische Jahr". Wem 2009 und 2010 zu fett und zu alkoholisch war, hat nachgeholt. Warum soll ich 2012 kaufen? Der Keller ist voll (wie bei Lichte besehen - auch in jedem Jahrgang davor

2) Wofür steht der Jahrgang?
Den meisten Jahrgängen haftet ein Image an, auch wenn sich kein Jahrgang komplett generalsieren lässt. Wir vergröbern trotzdem alle gern, denn die Welt ist unübersichtlich genug und wir müssen schnell Entscheidungen treffen. Welches Image hat 2012? Merlot vor Cabernet? Rechts vor Links? Das wird behauptet, aber bei genauerem Lesen löst sich diese Dichotomie schnell auf. Parker ist mir in diesem Jahr keine Richtschnur. Wie gut ist der Jahrgang also wirklich im Vergleich zu früheren Jahren? Rätsel über Rätsel, die kaum jemand auflöst. Jahrgänge, die kein festes Bild abgeben tun sich aber schwer am Markt. 1999, 2001, 2006 haben sich mäßig verkauft - sind aber später durchaus gesucht worden und zwar zu dem Zeitpunkt, in dem man sich selbst ein eigenes Bild davon machen konnte und andere Jahrgänge teurer wurden. Allerdings bekam man die Weine dann immer noch und tw. sogar unter Subs Niveau.
3) Wo steht der Markt?
Die deutsche Wirtschaftskraft ist im letzten Quartal um 0,1 Prozent gestiegen - und damit stehen wir im Euroraum noch gut da. 2012 ist kein Jahr des amerikanischen Geschmacks. Auf den chinesischen Markt ist kein Verlass. Die Chateau wollen verkaufen - man sieht es an manchen Preisabschlägen. Aber wir Konsumenten wollen nicht kaufen. Nicht für -10 Prozent und auch nicht für -20 Prozent und wahrscheinlich nicht mal für weniger, denn was nichts kostet ist nichts wert, oder?! Der Referenzrahmen für die meisten Verbraucher ist immer noch der Jahrgang 2008 und 2012 gilt im Vergleich von vor vier Jahren nicht unbedingt als der bessere Jahrgang, jedenfalls hat er deutlich weniger Punkte eingefahren.
4) Wo stehen die Chateau?
Die Verbraucher orientieren sich an 2008 - hinsichtlich der Preise und der Punkte; die Chateau hinsichtlich des Prestige an 2009, hinsichtlich des Preises aber - und das klingt nur anfangs überraschend - auch an 2008. Der erste der beiden Jahrtausendjahrgänge gilt ihnen nicht als Ausreisser. Er ist ein neues Preisplateau, das verteidigt werden will. Das sieht man auch an den seltsamen Preisen für die Zweitweine der großen Chateau. Ist ein Petit Cheval so viel mehr wert als eine Petit Eglise, obwohl die den Wein des Jahres gemacht haben? Warum kostet ein Currades Lafite mehr als viele gute Paulliacs? Schaut man sich aber die Preise auf dem Sekundärmarkt an, dann wird deutlich, dass die Chateau den Jahrgang 2208 dann aber doch nicht vergessen haben. Ein Leville Barton 2008 kostet derzeit rund 55 Euro. Ein 2012er ebenfalls 55 Euro. Ein Pontet Canet 2012 kostet rund 8o Euro und damit genauso viel wie ein 2008er derzeit im Handel. Ein Calon Segur 2008 wird für rund 50 Euro gehandelt, ratet mal was der 2012er kostet?
5) Worüber beschweren wir uns eigentlich?
Wahrscheinlich darüber, dass Bordeaux insgesamt als zu teuer eingestuft wird. Damit die Preise aber bei den 1) Chateau 2) Negos 3) Händlern insgesamt runtergehen können, reicht eine Kampagne nicht aus. Und wir sollten uns auch fragen, ob wir daran ein Interesse haben. Denn nichts auf dieser Welt ist umsonst und drastische Preisverschiebungen haben auch ihren Preis.
Grüße,
wolf