Seite 4 von 10

Re: Haben GG tatsächlich Reifepotenzial?

Verfasst: Do 23. Mai 2024, 20:26
von amateur des vins
EThC hat geschrieben:Wenn man die Verkoster flächendeckend durch kalibrierte Gaschromatographen ersetzen würde, könnte man die Streuungen sicher deutlich verringern... :mrgreen:
Wenn man die Trinker flächendeckend durch Ausgüsse ersetzen würde, könnte man diese lästigen Unterschiede in der Wahrnehmung komplett eliminieren!

Re: Haben GG tatsächlich Reifepotenzial?

Verfasst: Do 23. Mai 2024, 20:38
von Ollie
maha hat geschrieben:Man kann ja durchaus sagen, "ist nicht mein Geschmack, gehört da aber rein und ist deshalb xx Punkte wert". Ich erwarte schon von einem Profi daß er einen großen Wein als solches erkennt, auch wenn es nicht sein style ist. Auch im Sinne der Vergleichbarkeit wäre diese Eigenschaft wünschenswert.
Wie passen in dieses Bild die real existierenden Bewertungsverschiedenheiten zwischen Kritikern? Noch nicht einmal die Beschreibungen(!) sind hinreichend deckungsgleich, um den Wein daraus erkennen zu können. Die Datenlage spricht gegen die Fähigkeit zur Abstraktion von stilistischen Vorlieben - noch nicht einmal in einem gemochten Stil sind die Wertungen konsistent.

Cheers,
Ollie

Re: Haben GG tatsächlich Reifepotenzial?

Verfasst: Do 23. Mai 2024, 20:46
von amateur des vins
Ollie hat geschrieben:Die Datenlage spricht gegen die Fähigkeit zur Abstraktion von stilistischen Vorlieben - noch nicht einmal in einem gemochten Stil sind die Wertungen konsistent.
Da bleibt dann nur der Ganz Große Mittelwert™.

Re: Haben GG tatsächlich Reifepotenzial?

Verfasst: Do 23. Mai 2024, 21:02
von Ollie
amateur des vins hat geschrieben:Da bleibt dann nur der Ganz Große Mittelwert™.
Hier im Strang nimmt man bevorzugt den VDP.Ganz Großer Mittelwert.

Re: Haben GG tatsächlich Reifepotenzial?

Verfasst: Fr 24. Mai 2024, 00:48
von innauen
Ollie hat geschrieben:
Weinschlürfer hat geschrieben: PS: Um nochmal Öl ins Feuer zu gießen. Ich habe letztens mit Bekannten darüber debatiert, ob die deutschen Spitzenrieslinge ("GGs") besser werden. Meiner Meinung nach: die letzten Jahre nicht mehr :)
Einzelne Weingüter werden es aber durchaus.
Sehe ich seit dem 2012er ganz genauso. Wobei man freilich auch sehen muss, daß seit etwa einem Jahrzehnt das (bestimmt stattfindende) Feintuning durch Klimawandel und Stilwechsel verdeckt wird.

Cheers,
Ollie
+ 1

Faszinierende Problemstellung. Vielen Dank. Meine 2 ct nach einiger Trinkerfahrung: Vor der Einführung der GG gab es immer wieder einige trockene Spitzenerzeugnisse, die altern konnten. Das war meist dem Zufall überlassen. Künstlers Hölle trockene Auslese 2001 gehörte zB dazu. Nach der Einführung der GG wurde das Leitbild der deutschen Rieslinge gesucht. Einige Produzenten haben in den Anfangsjahren nach meiner Wahrnehmung erstaunlich langlebige Weine erzeugt. Da mag das Vorbild Burgund gewesen sein. Heute habe ich den Eindruck, dass diesem Bild weniger nachgeeifert wird. Unmittelbare Trinkigkeit scheint mir im Vordergrund zu stehen.

Was mir persönlich auffällt: Die Weine verändern sich, manche halten sich, kaum einer verbessert sich. Das ist bei den Noten im Eingangsposting gut dargestellt. Reife Weine sind keine Jungweine. Dafür haben sie eine Dimension, die Jungweinen abgeht. Was in jungen Jahren die Frucht eines Weines darstellt, muss auf andere Art und Weise ausgedrückt werden. Gelingt das? Daran kann man Zweifel haben.

Bei mir zu Hause steht noch eine Horizontale K-G Pettenthal 2008-2020 an. Ich werde gelegentlich berichten.

Beste Grüße,

Wolf

Re: Haben GG tatsächlich Reifepotenzial?

Verfasst: Fr 24. Mai 2024, 18:02
von Rieslingfan
Nach den bisherigen Rückmeldungen hat es den Anschein, dass sich GG im Laufe der Jahre zwar durchaus weiter entwickeln, aber dadurch nicht grundsätzlich besser werden, was auch den Bewertungen von Hofschuster (Eingangsbeitrag) entspricht.

Re: Haben GG tatsächlich Reifepotenzial?

Verfasst: Fr 24. Mai 2024, 18:52
von Ursula
im FINE-Weinmagazin 1/24 verkosten Stuart Pigott uns Stephan Reinhardt 21 Jahrgänge G-Max Riesling.Höchste Noten für 2002, 2017, 2019,2016 und 2022 und 2021.

Gruß Ursus

Re: Haben GG tatsächlich Reifepotenzial?

Verfasst: Fr 24. Mai 2024, 19:04
von vonKorf
Rieslingfan hat geschrieben:.... hat es den Anschein, dass sich GG im Laufe der Jahre zwar durchaus weiter entwickeln, aber dadurch nicht grundsätzlich besser werden....
Hm, wenn ich so auf mein Leben zurückschaue.....gilt das auch für mich :oops:

Re: Haben GG tatsächlich Reifepotenzial?

Verfasst: Fr 24. Mai 2024, 20:30
von Ollie
innauen hat geschrieben:Vor der Einführung der GG gab es immer wieder einige trockene Spitzenerzeugnisse, die altern konnten.

(...)

Die Weine verändern sich, manche halten sich, kaum einer verbessert sich. Das ist bei den Noten im Eingangsposting gut dargestellt. Reife Weine sind keine Jungweine. Dafür haben sie eine Dimension, die Jungweinen abgeht. Was in jungen Jahren die Frucht eines Weines darstellt, muss auf andere Art und Weise ausgedrückt werden. Gelingt das? Daran kann man Zweifel haben.
Ich glaube, trockene Rieslinge reifen nicht (im Sinne von: sie durchlaufen eine positive Entwicklung), sie altern nur mehr oder weniger schnell, das heißt: sie überleben.

Bei einer langsamen Entwicklung hat man ein längeres Zeitfenster, in dem man tatsächlich von so etwas wie "maximaler Komplexität" sprechen könnte, weil der Übergang von "noch fruchtig" zu "schon petrolig" hinreichend langsam vonstatten geht, daß man eine reelle Chance hat, es zu erleben, bevor das Fenster wieder zugeht.

Allerdings sind nur sehr wenige GGs auf eine sehr langsame Entwicklung ausgelegt. Die meisten sind auch gar nicht gut und konstant gut genug, um von Interesse für so einen Ausbau zu sein. Mir fallen gerade mal eine Handvoll Erzeuger ein, die da in Frage kämen. (Einigem anderen Erzeuger gelingt das gelegentlich auch, aber halt nur gelegentlich.)

Cheers,
Ollie

Re: Haben GG tatsächlich Reifepotenzial?

Verfasst: Di 11. Jun 2024, 22:49
von jessesmaria
Das Reichsgraf von Kesselstatt GG Scharzhofberger 2016 bestätigt leider die hiesigen Skeptiker. Lange habe ich den Wein, eine Einzelflasche, zurückgehalten, um keinen Babymord zu begehen. Nach acht Jahren, könnte man meinen, sei er würdevoll gealtert und von sublim-erhabenem Ausdruck. Im Glas erlebt man dann einen spannungsarmen Wein, die Säure verblasst, der Abgang kurz, ein wässriges Mundgefühl. Komplexe Altersnoten kann man ein wenig erahnen, können dem aber nichts entgegenhalten. Schade!