EThC hat geschrieben:...konsequenterweise müßtest Du jetzt mit einem Welschriesling aus der Region weitermachen!
Hat ein bißchen gedauert, aber Erichs Aufforderung kann ich mich natürlich nicht widersetzen.
Tement, Weinstock 2018 (13 %)
Welschriesling Uralte Reben
Mit Welschriesling habe ich fast keine Erfahrung. Mein angelesenes Bild geht eher in die Richtung leichter, spritziger und ziemlich ausdrucksarmer Sommerweine. Die flüchtigen Urlaubseindrücke bestätigen das tendenziell. Ebenfalls angelesen, scheint dieser Tement aber quasi der Gegenentwurf zu sein: 100jährige Reben in der Lage Zieregg, südöstlich ausgerichtet in einem ehemaligen Steinbruch(?) auf Muschelkalk. Spontan vergoren, 1½ Jahre Hefestand, Ausbau im Tonneau, unfiltriert.
Die Nase ist sehr "hell"mit sehr wenig Frucht, weiß-floral und deutlich Kalkstein. Ganz leichte Cremigkeit vom Hefelager. Minimal erdig.
Was sich so banal liest, ist schonmal äußerst spannend! Der Hauslinie folgend, sehr fein und elegant; die Rebsorte scheint das eher noch ein wenig zu toppen. Aber auch sehr einladend, ja herausfordernd, sich mit ihm zu beschäftigen.
[+15'] Nach ausgiebigem Schnüffeln der erste Schluck: Dicht, aber nicht massiv druckvoll. zunächst aromatisch fast leichtgewichtig, wieder weiß-floral. Dann kommt eine feine Zitrusnote, die bei Zitrone und Grapefruit beginnt und sich dann am Gaumen langsam Richtung Mandarine mit einem Hauch Pink Grapefruit entwickelt. Frische (nicht knackige) Säure. Ein wenig Adstringenz, interessanterweise nur auf der Innenseite der Lippen und im vorderen Zungendrittel. Alles sehr auf der feinen und eleganten Seite. Immer deutlich kalkig.
[+30'] Der Abgang ist ebenso lang wie fein, und von beidem reichlich! Zitrus und Kalk vermengen sich mit allerzartesten hefigen und nussigen Noten. Etwas Abate-Fetel-Schale kommt hinzu. Wird eigentlich immer komplexer.
[+1h15'] Ein bißchen scheint es so, als würde er gleichzeitig an Fülle zu- und an Ausdruck beziehungsweise Komplexität abnehmen...
Man versteht schon, warum Welschriesling nicht unbedingt als die Rebsorte mit dem allergrößten Potential gilt. Und dieser Wein toppt nochmal die ohnehin schon sehr feine Hausstilistik. Ich zähle ihn auch nicht zu den allerbesten Weinen, die ich je im Glas hatte (den Zieregg SB z.B. schon eher). Aber er fasziniert mich auf eine Weise, wie es nominell größere und subjektiv bessere Weine nicht immer vermögen. Aufgrund seiner Finesse verlangt er geradezu nach intensiver Beschäftigung, möchte man die Nuancen nicht missen.
Eigenständig und sehr gut.