UpsUlliB hat geschrieben: 120.000 : 2.000 = 60, und nicht 60.000, oder etwa nicht![]()
out, megaout, Bordeaux. Ein Weinbaugebiet in der Imagekrise
- octopussy
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Re: out, megaout, Bordeaux. Ein Weinbaugebiet in der Imagekr
Beste Grüße, Stephan
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Einzelflaschenfreund
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Re: out, megaout, Bordeaux. Ein Weinbaugebiet in der Imagekr
Wobei Champagner noch stärker als Bordeauxweine Markenprodukte sind.
Gibt es hier auch (bald) eine Krise? Roederer Cristal, Armand de Brignac und die feisten Gangsta-Rapper - ist bald Lagen-Perlwein vom kleinen Winzer aus dem Elsass angesagt?
Zur Marke gehört eben auch die Menge bzw. die nach Bedarf skalierbare Menge. Die Flaschenzahlen sind ohnehin schon viel höher als im Burgund, aber wenn das klassifizierte Bordeaux-Weingut sich Flächen dazukauft, kann man einfach noch mehr Grand Vin machen. Im Burgund bekanntermaßen so nicht möglich.
Viele Grüße
Guido
Gibt es hier auch (bald) eine Krise? Roederer Cristal, Armand de Brignac und die feisten Gangsta-Rapper - ist bald Lagen-Perlwein vom kleinen Winzer aus dem Elsass angesagt?
Zur Marke gehört eben auch die Menge bzw. die nach Bedarf skalierbare Menge. Die Flaschenzahlen sind ohnehin schon viel höher als im Burgund, aber wenn das klassifizierte Bordeaux-Weingut sich Flächen dazukauft, kann man einfach noch mehr Grand Vin machen. Im Burgund bekanntermaßen so nicht möglich.
Viele Grüße
Guido
Re: out, megaout, Bordeaux. Ein Weinbaugebiet in der Imagekr
Guter Einwand. Wobei ich mich mit dem Blubberwasser nicht so sehr beschäftige, da ich eher selten Lust darauf verspüre. Aber auch hier scheint mir beim flüchtigen Studieren der diversen Angebote, dass im Markt immer mehr Winzerchampagner erscheinen und kleine Häuser zumindest in den elektronischen Medien mehr Aufmerksamkeit erhalten als die bekannten großen. Zumindest einen gewissen Trend zum kleinen, (vermeintlich) handwerklichen und eben nicht marken-mäßigen Erzeugnis scheint es hier auch zu geben.Einzelflaschenfreund hat geschrieben:Wobei Champagner noch stärker als Bordeauxweine Markenprodukte sind.
Gibt es hier auch (bald) eine Krise? Roederer Cristal, Armand de Brignac und die feisten Gangsta-Rapper - ist bald Lagen-Perlwein vom kleinen Winzer aus dem Elsass angesagt?
Gruß
Ulli
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Matthias Hilse
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Re: out, megaout, Bordeaux. Ein Weinbaugebiet in der Imagekr
Dazu vielleicht einmal ein konkretes und in seiner Konsequenz beachtliches Beispiel, dass das in Burgund mit der Flächenaugmentation doch genauso geht: Nachdem Armand Rousseau im Burgund einen knappen Hektar Chambertin von Jean-Claude Belland kauft hatte, stieg der Preis für den anteiligen Wein aus den gleichen Reben innerhalb eines Jahres etwa um den Faktor 10.Einzelflaschenfreund hat geschrieben:...
Zur Marke gehört eben auch die Menge bzw. die nach Bedarf skalierbare Menge. Die Flaschenzahlen sind ohnehin schon viel höher als im Burgund, aber wenn das klassifizierte Bordeaux-Weingut sich Flächen dazukauft, kann man einfach noch mehr Grand Vin machen. Im Burgund bekanntermaßen so nicht möglich.
Viele Grüße
Guido
Wer annimmt, ein grosses Terroir ließe sich in Bordeaux einfach mal so erweitern, zweifelt letztlich auch am Sachverstand der Käufer.
Betrachtet man sich die Entwicklung der letzten Zeit, dann ist es doch nicht so, dass ein bekanntes Weingut ein weniger bekanntes kauft, um zukünftig mehr Wein unter eigenem Namen zu produzieren. Haut Brion hat Arrosee gekauft, um dem Quintus mehr Substanz zu geben. Ob die Rechnung dabei, dass die Marke Haut Brion als Eigentümer des Weinguts einen höheren Preis am Markt erzielen kann, aufgeht, ist eine andere Frage. In den etablierten Märkten darf das sogar eher bezweifelt werden.
Von den ca. 12.000 Weingütern in Bordeaux haben es vielleicht 5 Promille geschafft, eine Marke zu sein. Die restlichen 99.5% werden über den gleichen Kamm geschoren.
Herzliche Grüße,
Matthias Hilse
- sorgenbrecher
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Re: out, megaout, Bordeaux. Ein Weinbaugebiet in der Imagekr
vielleicht noch ein paar weitere gedanken, die durchaus eine rolle spielen könnten.
ich glaube, dass die strahlkraft der großen chateau inzwischen weniger in der qualitativen wahrnehmung in den mittelbau abstrahlt denn in bezug auf die wahrnehmung auf hohe preise. insofern sind die top-chateau im moment wohl eher kontraproduktiv für das wahrgenommene image der region.
auch wenn ich herrn hilse absolut zustimme, dass es auch in der preisklasse ab € 20,- ein exzellentes preis-genuss-verhältnis gibt, so dringen eben diese weine nicht durch und die gegend wird allgemein als (zu) teuer empfunden. die gründe für diese wahrnehmung sind hier bereits aus verschiedenen perspektiven beleuchtet worden.
dazu kommt, dass ein latour, ein haut brion, ein lafite, ein cheval blanc, etc. eben als marke per se nicht auf die nachbarn absstrahlen, sondern eben aufgrund der klassifizierung des chateau singulär die qualitative spitze darstellen. im gegensatz dazu strahlt eine terroirbezogene klassifizierung oft auch auf die produzenten der 2. und 3. reihe ab. einen grand cru im burgund kann ich innerhalb eines jahrgangs je nach produzent und lage in einer preisspanne von vielleicht € 80 - € 12.000 trinken. auch wenn letztlich der produzent entscheidend für die qualität ist und dies sich in der riesigen preisspanne widerspiegelt, 'grand cru' hat man in der gesamten bandbreite im glas und das ganze mit deutlich geringeren verfügbaren mengen, ergo größerer exklusivität.
will ich die spitze des bordeaux trinken, dann muss ich zu den 1er's und ein paar wenigen weiteren weinen greifen, die alle in einer sehr engen preisspanne liegen und hier glaube ich, dass die preise inzwischen ein niveau erreicht haben, das nicht mehr mit der wahrnehmung als rares und exklusives gut korreliert. wenn von vielen 1er's mehr als 200.000 flaschen p.a. erzeugt werden, dann gibt es irgendwo eine preisliche schmerzgrenze, da die verfügbarkeit quasi unbegrenzt gegeben ist. entkoppelt von den reinen produktionskosten sind derartige preise sowieso, im bordeaux genauso wie im burgund.
ich glaube, dass die strahlkraft der großen chateau inzwischen weniger in der qualitativen wahrnehmung in den mittelbau abstrahlt denn in bezug auf die wahrnehmung auf hohe preise. insofern sind die top-chateau im moment wohl eher kontraproduktiv für das wahrgenommene image der region.
auch wenn ich herrn hilse absolut zustimme, dass es auch in der preisklasse ab € 20,- ein exzellentes preis-genuss-verhältnis gibt, so dringen eben diese weine nicht durch und die gegend wird allgemein als (zu) teuer empfunden. die gründe für diese wahrnehmung sind hier bereits aus verschiedenen perspektiven beleuchtet worden.
dazu kommt, dass ein latour, ein haut brion, ein lafite, ein cheval blanc, etc. eben als marke per se nicht auf die nachbarn absstrahlen, sondern eben aufgrund der klassifizierung des chateau singulär die qualitative spitze darstellen. im gegensatz dazu strahlt eine terroirbezogene klassifizierung oft auch auf die produzenten der 2. und 3. reihe ab. einen grand cru im burgund kann ich innerhalb eines jahrgangs je nach produzent und lage in einer preisspanne von vielleicht € 80 - € 12.000 trinken. auch wenn letztlich der produzent entscheidend für die qualität ist und dies sich in der riesigen preisspanne widerspiegelt, 'grand cru' hat man in der gesamten bandbreite im glas und das ganze mit deutlich geringeren verfügbaren mengen, ergo größerer exklusivität.
will ich die spitze des bordeaux trinken, dann muss ich zu den 1er's und ein paar wenigen weiteren weinen greifen, die alle in einer sehr engen preisspanne liegen und hier glaube ich, dass die preise inzwischen ein niveau erreicht haben, das nicht mehr mit der wahrnehmung als rares und exklusives gut korreliert. wenn von vielen 1er's mehr als 200.000 flaschen p.a. erzeugt werden, dann gibt es irgendwo eine preisliche schmerzgrenze, da die verfügbarkeit quasi unbegrenzt gegeben ist. entkoppelt von den reinen produktionskosten sind derartige preise sowieso, im bordeaux genauso wie im burgund.
Gruß, Marko.
Re: out, megaout, Bordeaux. Ein Weinbaugebiet in der Imagekr
Hallo zusammen,
nachdem ich hier schon eine ganze Weile mit Interesse (stumm) mitlese - eingestandenermaßen hauptsächlich, um die eine oder andere zusätzliche Verkostungs-Info/Inspiration zu “schmarotzen” - möchte ich mich angesichts der gerade aufwallenden Grundsatzdebatte mit einigen persönlichen/subjektiven Anmerkungen kurz zu Worte melden, wenn’s erlaubt ist:
Meinen ersten Bordeaux habe ich 1993 getrunken. Es war irgendein einfacher 1985er Puisseguin-St.-Emilion aus der halben Flasche. Den Namen des Gutes habe ich schon längst wieder vergessen, aber seit diesem Tage geht es mir mit Bordeaux wie dem seligen Loriot mit seinen Möpsen: Ein Weingenießer-Leben ohne Bordeaux ist möglich, aber sinnlos!
Und wenn ich Bordeaux sage, meine ich damit gereifte Bordeaux, die also nicht nur wenigsten ihre 8-10 Jahre auf dem Buckel haben, sondern diese auch - und das ist dabei fast genau so wichtig - nach Möglichkeit größtenteils in meinem Keller zugebracht haben sollten. Sich die geheimen Schliche zu erarbeiten (oder wahlweise zu “ertrinken”), an einen guten UND bezahlbaren Bordeaux zu gelangen, die Flaschen dann in seinem Weinkellerreich mit einem begehrlichen “Ruhe sanft!” in möglichst schwer zugänglichen Winklen und Ecken auf Samt zu betten und dann lange (Jahre) zu warten, bis zum großen Moment: Das gehört für mich ebenso untrennbar zu Bordeaux wie das, was dann schließlich aus der Flasche rinnt.
Die “Zukunft von Bordeaux”? Die “Zukunft” von 200+ € - Kresenzen ist mir offen gestanden völlig Schnuppe. So großartig diese Tropfen auch sein mögen: Mit Weinkultur hat das für mich nicht mehr viel zu tun, macht aber bekanntlich und glücklicherweise auch nur einen winzigen Bruchteil der Bordeaux-Produktion aus. Aber zwischen (etwa) 10 € und 30 € ist Bordeaux - im “Ich-leg’s-mir-erst-mal-ein-paar-Jahre-hin”-Bereich - absolut konkurrenzlos, und zwar nicht nur immer noch, sondern (angesichts des allgemeinen hohen Wissensstandes zur Weinbereitung) sogar vor allem und gerade heute!
In den letzten Jahren konnte ich tatsächlich viele meiner an Weingenuss interessierten Freunde und Bekannten für Bordeaux gewinnen. Wie? Ganz einfach: Ich bin zu gemeinsamen Abenden mit einer Flasche 10+ Jahre altem Bordeaux aufgekreuzt, und habe damit geduldig gewartet, bis alle anderen (durchaus oft wirklich sehr guten und nicht selten sehr teuren und genau so selten recht wuchtigen) Wein-Kandidaten “durch” waren. Das Ergebnis ist eigentlich immer dasselbe: “Wo kann man das Zeug kaufen?”
Und in der anschließenden, weinseligen Nachbetrachtung zeigt sich wirklich jedes Mal: Dass Bordeaux bei vielen Weinliebhabern in der Tat oft als “zu teuer” angesehen wird, liegt definitiv nicht an Latour, Petrus & Co. (den meisten sind sogar weder diese Namen und schon gleich gar nicht die dazu gehörigen Mond-Preise bekannt!), sondern viel eher daran, dass sich die Leute z.B. für 24.99 € einen 3 Jahre alten St-Estephe kaufen, um diesen dann 3 Tage später zur zart gebratenen Hühnerbrust aufzumachen - und dann fürderhin tunlichst die Finger von “Bordeaux” zu lassen...
Also: Über die Zukunft von Bordeaux muss sich meiner festen Überzeugung nach niemand Sorgen machen, weder um die Handvoll Millionärs-Schorlen (seit Geld gedruckt wird, ist zuviel davon im Umlauf) und noch viel weniger um die zahllosen Preis-Genuss-Attraktionen, ganz im Gegenteil möchte ich behaupten!
nachdem ich hier schon eine ganze Weile mit Interesse (stumm) mitlese - eingestandenermaßen hauptsächlich, um die eine oder andere zusätzliche Verkostungs-Info/Inspiration zu “schmarotzen” - möchte ich mich angesichts der gerade aufwallenden Grundsatzdebatte mit einigen persönlichen/subjektiven Anmerkungen kurz zu Worte melden, wenn’s erlaubt ist:
Meinen ersten Bordeaux habe ich 1993 getrunken. Es war irgendein einfacher 1985er Puisseguin-St.-Emilion aus der halben Flasche. Den Namen des Gutes habe ich schon längst wieder vergessen, aber seit diesem Tage geht es mir mit Bordeaux wie dem seligen Loriot mit seinen Möpsen: Ein Weingenießer-Leben ohne Bordeaux ist möglich, aber sinnlos!
Und wenn ich Bordeaux sage, meine ich damit gereifte Bordeaux, die also nicht nur wenigsten ihre 8-10 Jahre auf dem Buckel haben, sondern diese auch - und das ist dabei fast genau so wichtig - nach Möglichkeit größtenteils in meinem Keller zugebracht haben sollten. Sich die geheimen Schliche zu erarbeiten (oder wahlweise zu “ertrinken”), an einen guten UND bezahlbaren Bordeaux zu gelangen, die Flaschen dann in seinem Weinkellerreich mit einem begehrlichen “Ruhe sanft!” in möglichst schwer zugänglichen Winklen und Ecken auf Samt zu betten und dann lange (Jahre) zu warten, bis zum großen Moment: Das gehört für mich ebenso untrennbar zu Bordeaux wie das, was dann schließlich aus der Flasche rinnt.
Die “Zukunft von Bordeaux”? Die “Zukunft” von 200+ € - Kresenzen ist mir offen gestanden völlig Schnuppe. So großartig diese Tropfen auch sein mögen: Mit Weinkultur hat das für mich nicht mehr viel zu tun, macht aber bekanntlich und glücklicherweise auch nur einen winzigen Bruchteil der Bordeaux-Produktion aus. Aber zwischen (etwa) 10 € und 30 € ist Bordeaux - im “Ich-leg’s-mir-erst-mal-ein-paar-Jahre-hin”-Bereich - absolut konkurrenzlos, und zwar nicht nur immer noch, sondern (angesichts des allgemeinen hohen Wissensstandes zur Weinbereitung) sogar vor allem und gerade heute!
In den letzten Jahren konnte ich tatsächlich viele meiner an Weingenuss interessierten Freunde und Bekannten für Bordeaux gewinnen. Wie? Ganz einfach: Ich bin zu gemeinsamen Abenden mit einer Flasche 10+ Jahre altem Bordeaux aufgekreuzt, und habe damit geduldig gewartet, bis alle anderen (durchaus oft wirklich sehr guten und nicht selten sehr teuren und genau so selten recht wuchtigen) Wein-Kandidaten “durch” waren. Das Ergebnis ist eigentlich immer dasselbe: “Wo kann man das Zeug kaufen?”
Und in der anschließenden, weinseligen Nachbetrachtung zeigt sich wirklich jedes Mal: Dass Bordeaux bei vielen Weinliebhabern in der Tat oft als “zu teuer” angesehen wird, liegt definitiv nicht an Latour, Petrus & Co. (den meisten sind sogar weder diese Namen und schon gleich gar nicht die dazu gehörigen Mond-Preise bekannt!), sondern viel eher daran, dass sich die Leute z.B. für 24.99 € einen 3 Jahre alten St-Estephe kaufen, um diesen dann 3 Tage später zur zart gebratenen Hühnerbrust aufzumachen - und dann fürderhin tunlichst die Finger von “Bordeaux” zu lassen...
Also: Über die Zukunft von Bordeaux muss sich meiner festen Überzeugung nach niemand Sorgen machen, weder um die Handvoll Millionärs-Schorlen (seit Geld gedruckt wird, ist zuviel davon im Umlauf) und noch viel weniger um die zahllosen Preis-Genuss-Attraktionen, ganz im Gegenteil möchte ich behaupten!
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Matthias Hilse
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Re: out, megaout, Bordeaux. Ein Weinbaugebiet in der Imagekr
Guten Morgen zusammen,
in einer durchökonomisierten Gesellschaft(sform) macht der Effizienzgedanke ja auch nicht vor dem Genuß und der Muße halt. Wenn Zeit keinen Wert mehr hat, ausser dass man ihn/sie nutzlos vergeuden kann, dann ist alles, was den Strom der permanenten Gegenwart unterbricht, per se "out".
Wenn nun aber, was ja auch vollkommen konsequent ist, der Zins aufhört, seinen Schrecken in Form verheißungsvoller Opportunität oder eben schierer Last zu verlieren, ist das Einlagern (das man aber schon selbst übernehmen muss) im Sinne eines Optimierungsgedankens kaum noch nachteilig gegenüber dem spontanen Verzehr.
Von dieser Seite her darf man eher eine Bordeaux-Renaissance vermuten, denn das Warten, dessen es ja schon bedarf, ist in Zeiten abnehmender Leitzinssätze eine fast kostenlose Geschichte. Geduld benötigen war eben noch nie so "billig".
Herzliche Grüße,
Matthias Hilse
in einer durchökonomisierten Gesellschaft(sform) macht der Effizienzgedanke ja auch nicht vor dem Genuß und der Muße halt. Wenn Zeit keinen Wert mehr hat, ausser dass man ihn/sie nutzlos vergeuden kann, dann ist alles, was den Strom der permanenten Gegenwart unterbricht, per se "out".
Wenn nun aber, was ja auch vollkommen konsequent ist, der Zins aufhört, seinen Schrecken in Form verheißungsvoller Opportunität oder eben schierer Last zu verlieren, ist das Einlagern (das man aber schon selbst übernehmen muss) im Sinne eines Optimierungsgedankens kaum noch nachteilig gegenüber dem spontanen Verzehr.
Von dieser Seite her darf man eher eine Bordeaux-Renaissance vermuten, denn das Warten, dessen es ja schon bedarf, ist in Zeiten abnehmender Leitzinssätze eine fast kostenlose Geschichte. Geduld benötigen war eben noch nie so "billig".
Herzliche Grüße,
Matthias Hilse
- octopussy
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Re: out, megaout, Bordeaux. Ein Weinbaugebiet in der Imagekr
@glycosid: danke für diesen wirklich schönen, ersten Beitrag. Tatsächlich würde ich zustimmen wollen, dass im Preisbereich ab ca. 10 Euro bis ca. 30 Euro Bordeaux (allerdings linkes Ufer mehr als rechtes Ufer) nahezu konkurrenzlos ist bzgl. der Lagerfähigkeit und halbwegs verlässlichen Entwicklung. Was sich am Ende auch auszahlt, ist die jahrhundertealte Erfahrung in der Erzeugung und auch im Genuss.
Nur: im Fazit denke ich, muss man sich über die Zukunft von Bordeaux schon Sorgen machen. Nicht um die klassifizierten Gewächse. Das "Schlimmste", was den ganzen in den letzten Jahren aus dem Preisbereich der Liebhaber gerutschten Weine wie Cantenac-Brown oder Brane-Cantenac passieren kann, ist, dass diese im Preis eben auf 30-40 Euro die Flasche runtermüssen. Schwierig wird es für Bordeaux als Tischwein-Kategorie.
@Matthias Hilse: so einleuchtend wie diese Gleichung auf den ersten Blick scheint, so sehr geht sie an der gesellschaftlichen Realität vorbei. Gebundenes Kapital ist für die allermeisten etwas betuchteren Weinliebhaber das geringste Problem. Die Lagerkapazitäten sind - gerade in den Städten - das viel größere Problem. Und so gut wie niemand legt sich einen Bordeaux 20 Jahre lang in den Klimaschrank.
Nur: im Fazit denke ich, muss man sich über die Zukunft von Bordeaux schon Sorgen machen. Nicht um die klassifizierten Gewächse. Das "Schlimmste", was den ganzen in den letzten Jahren aus dem Preisbereich der Liebhaber gerutschten Weine wie Cantenac-Brown oder Brane-Cantenac passieren kann, ist, dass diese im Preis eben auf 30-40 Euro die Flasche runtermüssen. Schwierig wird es für Bordeaux als Tischwein-Kategorie.
@Matthias Hilse: so einleuchtend wie diese Gleichung auf den ersten Blick scheint, so sehr geht sie an der gesellschaftlichen Realität vorbei. Gebundenes Kapital ist für die allermeisten etwas betuchteren Weinliebhaber das geringste Problem. Die Lagerkapazitäten sind - gerade in den Städten - das viel größere Problem. Und so gut wie niemand legt sich einen Bordeaux 20 Jahre lang in den Klimaschrank.
Beste Grüße, Stephan
- Gerald
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Re: out, megaout, Bordeaux. Ein Weinbaugebiet in der Imagekr
in Geldwert ausgedrückt mag das ja stimmen, es gibt bei Wein - anders als bei Finanzprodukten - aber doch eine ganz spezielle "Inflation". Nämlich dass im Lauf des Lebens der Geruchs- und Geschmackssinn abnimmt, ganz zu schweigen von der Möglichkeit, dass man aus gesundheitlichen Gründen überhaupt keinen Alkohol mehr trinken darf.Von dieser Seite her darf man eher eine Bordeaux-Renaissance vermuten, denn das Warten, dessen es ja schon bedarf, ist in Zeiten abnehmender Leitzinssätze eine fast kostenlose Geschichte. Geduld benötigen war eben noch nie so "billig".
Dazu das von Stephan schon erwähnte Lagerproblem. Und weiters der aktuelle Trend weg von längerfristigen "Besitztümern" hin zum kurzfristigen Konsum bei Bedarf (z.B. eigenes Auto). Da könnte ich mir schon vorstellen, dass das Einlagern und in 20 Jahren trinken schon immer mehr an Faszination verliert.
Grüße,
Gerald
Re: out, megaout, Bordeaux. Ein Weinbaugebiet in der Imagekr
Hallo Herr Hilse,Matthias Hilse hat geschrieben: Dazu vielleicht einmal ein konkretes und in seiner Konsequenz beachtliches Beispiel, dass das in Burgund mit der Flächenaugmentation doch genauso geht: Nachdem Armand Rousseau im Burgund einen knappen Hektar Chambertin von Jean-Claude Belland kauft hatte, stieg der Preis für den anteiligen Wein aus den gleichen Reben innerhalb eines Jahres etwa um den Faktor 10.
das Beispiel hinkt insofern, als dass hier eine grand cru - Fläche von einem Winzer zum anderen gewechselt hat, d.h. im formalen Klassifizierungslevel hat sich überhaupt nichts geändert. Im Médoc ist aber in den vergangenen drei Jahrzehnten im erheblichen Umfang cru bourgeois - Fläche von grand crus erworben worden, eben um darauf grand crus zu produzieren. Das wäre im Burgund wegen der dortigen Lagenklassifikation gar nicht möglich.
Ach nein? Was ist mit dem Deal Phelan-Ségur <-> Montrose: cru bourgeois - Fläche zu 2eme GCC - Fläche? Das ist jetzt nicht so lange her...Betrachtet man sich die Entwicklung der letzten Zeit, dann ist es doch nicht so, dass ein bekanntes Weingut ein weniger bekanntes kauft, um zukünftig mehr Wein unter eigenem Namen zu produzieren.
Und wenn man die Zeitspanne der Betrachtung etwas weiter ausdehnt, wird es doch dramatisch. Als Bordeaux-Händler haben Sie doch sicher eine ältere Ausgabe des Féret? - Dann schlagen Sie mal dort nach, was es Ende der 70er oder Anfang der 80er in St. Julien und Pauillac noch alles an cru bourgeois und sogar komplett unklassifizierten Gütern gegeben hat. Und heute? Gone with the wind, fast alle sind spurlos verschwunden, nämlich in grand cru - Flächen aufgegangen. In Pauillac erinnere ich mich an einen konkreten Fall, in dem sogar Lafite seine Fläche mit cru bourgeois - Land arrondiert hat. Und in Margaux sind ein paar grand crus, die nach dem zweiten Weltkrieg komplett erloschen waren, wunderbarerweise aus dem Nichts wieder erstanden; im Wesentlichen durch Kauf von cru bourgeois - Fläche.
Ich bin gegenüber dem Terroir-Gedanken gerade im Médoc einigermaßen skeptisch. Ich würde jetzt nicht so weit gehen wollen wie Claude Bourguignon, der als Önologe aus dem Burgund notwendigerweise gebiast ist und apodiktisch verkündet hat, dass im Médoc überhaupt kein Terroir existiert, aber das permanente Hin- und Herschieben von Flächen zwischen unterschiedlich klassifizierten Gütern lässt die Relevanz der Lagengüte doch arg in den Hintergrund treten.
Übrigens ist das auch ein Grund, der das Bordelais manchen Leuten verdächtig machen kann - in diesem Fall sogar Leuten, die sich mit den dortigen Verhältnissen gut auskennen.
Gruß
Ulli