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Re: VDP Zu- und Abnahme

Verfasst: Mi 3. Apr 2013, 09:14
von Markus Vahlefeld
Naja, allein schon aus Gründen der Reputation wird bei allen Seiten vermieden, ein Fass aufzumachen, wenn ein Weingut den VDP "verlässt". Da ist sensibles Vorgehen, um den Ruf des Weinguts nicht endgültig zu beschädigen, sicher ein guter Weg. Meist wird daher gewartet, bis der Betrieb "aufgegeben", verkauft oder verpachtet wird, um dann einen Schlussstrich zu ziehen. Das Weingut Oberstleutnant Liebricht ist da sicher ein vielsagendes Beispiel und wenn man zwischen den Zeilen lesen mag, wird man die verschiedenen Interessen recht gut einschätzen können.

http://www.yoopress.com/de/weinnews/wei ... recht.html

Meist wird die Aufgabe der Mitgliedschaft mit einem "starken" Ereignis (Generationenübergang, Namenswechsel, Verpachtung u.ä.) verbunden, so dass sie in den Hintergrund tritt. Die Villa Sachsen ist so ein Beispiel oder auch das Weingut Mades vom Mittelrhein. Das waren Betriebe, die schon seit Jahren nicht mehr zum Qualitätsanspruch des VDP passten und "der richtige Zeitpunkt" gefunden werden musste.

Vor allem: eine sinkende Weinqualität ist ja nicht dem Willen des Winzers geschuldet, sondern meist ein Zeichen für Missmanagement, fehlende Investitionen, wirtschaftliche Fehlentwicklungen und Fehlentscheidungen und oftmals auch für persönliche Schicksalsschläge. Diese Wäsche nicht an der Öffentlichkeit zu waschen, halte ich für gutes Benehmen.

Re: VDP Zu- und Abnahme

Verfasst: Mi 3. Apr 2013, 10:08
von sorgenbrecher
ich kann schon nachvollziehen, dass es für unterdurchschnittliche und durchschnittliche winzer ein großes plus ist wenn diese im vdp sind und auch wirtschaftlich vorteile bietet, da diese vom image der spitzen-produzenten im vdp profitieren dürften (auch wenn sie nicht ansatzweise die preise dieser durchsetzen können).

es ist wohl weitgehend unstreitig, dass die spitze der vdp-winzer auch zur absoluten spitze der deutschen winzer gehören, ergänzt um einige weitere betriebe, die nicht im vdp sind. aber bereits im mittelbau egalisiert sich das und den guten durchschnittlichen vdp-winzern steht eine vielzahl von nicht vdp-betrieben mit mindestens gleicher qualität und meist einem deutlich besserem preisverhältnis gegenüber.
hier liegt aber meines erachtens auch das problem des vdp und seines lagenklassifizierungssystems, der vdp kann eben nicht wirklich glaubhaft eine lagenklassifikation analog burgund umsetzen und gleichzeitig noch glaubhaft versuchen das mit einer qualitätsauswahl der vereinszugehörigen produzenten zu verbinden.
die gesamte cote de nuits und cote de beaune fahre ich in 2 stunden mit dem fahrrad entlang, die grundsätzliche topografie ist relativ ähnlich, das klassifizierungssystem über jahrhunderte gewachsen und erzeugerunabhängig nicht durch einen winzerverein vorgegeben. das lagenpotential ist -bis auf sehr wenige ausnahmen- konsistent bis hinunter auf microlagenebene abgebildet und die differenzierung der qualität der lagen und winzer erfolgt über die preisbildung am markt (aufgrund der homöopathischen mengen leider zu oft hohen preisen.... :( ). der vdp versucht aber dieses lagenprinzip auf alle deutschen weinanbaugebiete mit vdp-mitgliedern anzuwenden und da ja jedes mitglied auch seine toplagen benötigt, wird mit der klassifikation auch noch sehr großzügig umgegangen. und das ganze verbindet man dann auch noch mit der mindestpreispolitik (als ob es jemals gelungen wäre dauerhaft die marktpreisbildung auszuhebeln....). und als wenn das nicht schon aberwitzig genug wäre sind einige der absoluten spitzenweine der absoluten spitzenwinzer mit absoluten spitzenpreisen eben keine weine im sinne dieser klassifikation und führen die vermeinliche qualitätspyramide ad absurdum.... :lol:

Re: VDP Zu- und Abnahme

Verfasst: Mi 3. Apr 2013, 11:36
von Markus Vahlefeld
Wenn ich richtig informiert bin, arbeitet der VDP momentan an einer "Verkleinerung"/Parzellierung vieler GG-Lagen, um sowohl das Inflationäre der Lagenmenge zu begrenzen, als auch die Größe der Lagen, die oftmals durch das Weingesetz von 1971 heftig aufgebläht wurden, zu begrenzen.

Re: VDP Zu- und Abnahme

Verfasst: Mi 3. Apr 2013, 12:25
von octopussy
Markus Vahlefeld hat geschrieben:Wenn ich richtig informiert bin, arbeitet der VDP momentan an einer "Verkleinerung"/Parzellierung vieler GG-Lagen, um sowohl das Inflationäre der Lagenmenge zu begrenzen, als auch die Größe der Lagen, die oftmals durch das Weingesetz von 1971 heftig aufgebläht wurden, zu begrenzen.
Das wäre doch mal was.

Das Problem, das ich mit der Einteilung der Großen/Ersten Lagen des VDP habe, ist, dass jede Lage, die ein VDP-Neumitglied mitbringt und die bei dem an der Spitze des Sortiments steht, gleich eine Erste oder Große Lage sein soll (z.B. der Dittelsheimer Leckerberg für das neu aufgenommene Weingut Winter).

Ich habe keine Ahnung, wie gut der Dittelsheimer Leckerberg als Lage insgesamt ist. Aber die Frage ist stellt sich schon, ob es nicht das Erste- bzw. Große Lagen Konzept verwässert, wenn jede x-beliebige Lage als solche ausgewiesen wird, nur weil ein VDP-Mitglied da Reben stehen hat. Wenn ich den Dittelsheimer Leckerberg bei Google eingebe, kommen da alle möglichen Weine aus allen möglichen Traubensorten (Bacchus, Cabernet Dorsa, Sauvignon Blanc zum Beispiel). Hier gibt es natürlich einen Zielkonflikt. Auf der einen Seite möchte man ein Weingut Winter angesichts seiner Qualitäten (habe nur einmal einen Winter-Wein getrunken, den fand ich aber sehr gut) in den VDP aufnehmen. Auf der anderen Seite muss man - da das GG das Label ist - dann auch dessen Spitzenlagen als Erste bzw. Große Lagen einstufen. Das führt dann zu einem Flickenteppich von Lagen.

Ich finde insgesamt, dass die Mischung aus Bordeaux-System (erzeugerbasiert) und Burgund- bzw. Elsass-System (lagenbasiert) nicht zusammenpasst und denke, dass dies auch auf Dauer nur mittelmäßig funktionieren wird. Daran ist nicht unbedingt der VDP schuld, sondern eher das Weingesetz von 1971. Aber eine bessere Lösung wäre sehr wünschenswert.

Re: VDP Zu- und Abnahme

Verfasst: Mi 3. Apr 2013, 14:09
von Markus Vahlefeld
octopussy hat geschrieben:Ich finde insgesamt, dass die Mischung aus Bordeaux-System (erzeugerbasiert) und Burgund- bzw. Elsass-System (lagenbasiert) nicht zusammenpasst und denke, dass dies auch auf Dauer nur mittelmäßig funktionieren wird.
Deine Einschätzung teile ich zu 100%. Wenn man Burgund als "traditionell/historisch" und das Prinzip Bordeaux als "markenbasiert" interpretiert, so versucht der VDP auf beiden Hochzeiten zu tanzen, was nur so la-la sein kann.

Ich persönlich hätte mir auch viel mehr Mut zur Marke gewünscht als zur Lage. Denn momentan ist es so, dass es in Deutschland im VDP/Hochpreis-/Qualitätssegment vielleicht eine Handvoll Marken gibt, aber eben auch fast 400 Lagen. Das passt nicht optimal ;)

Re: VDP Zu- und Abnahme

Verfasst: Mi 3. Apr 2013, 14:38
von UlliB
Markus Vahlefeld hat geschrieben:Wenn ich richtig informiert bin, arbeitet der VDP momentan an einer "Verkleinerung"/Parzellierung vieler GG-Lagen, um sowohl das Inflationäre der Lagenmenge zu begrenzen, als auch die Größe der Lagen, die oftmals durch das Weingesetz von 1971 heftig aufgebläht wurden, zu begrenzen.
Und rein zufälligerweise werden dann ganz genau die Parzellen, die sich im Besitz der VDP-Güter befinden, als GG-geeignet angesehen. Es sei denn, ein Gut ist an einer entsprechenden Klassifizierung nicht interessiert, weil es schon genügend GGs aus anderen Lagen erzeugt (das gibt es auch schon jetzt, z.B. bei den großen Erzeugern an der Mittelhaardt, die nicht aus allen ihren Großen Lagen auch GGs erzeugen).

Wer etwas anderes glaubt, ist ein Traumtänzer. Alleine der Versuch, einem VDP-Winzer eine GG-Berechtigung für eine Lage zu entziehen, aus der er bereits GGs erzeugt hat, würde im Falle des Falles vor Gericht enden - und dort mit einer krachenden Niederlage des VDP in Ermangelung objektivierbarer Kriterien enden.

Die Glaubwürdigkeit der VDP-Lagenklassifikation ist nahe Null - die Besitzer der Lagen klassifizieren selbst, was im Bordelais schon mehrfach zum gerichtlichen Kassieren von Klassifikationen geführt hat. Ich würde mich als VDP jedenfalls hüten, mich mit einem Mitglied über eine mögliche Deklassierung anzulegen.

Gruß
Ulli

Re: VDP Zu- und Abnahme

Verfasst: Mi 3. Apr 2013, 14:42
von octopussy
Markus Vahlefeld hat geschrieben: Ich persönlich hätte mir auch viel mehr Mut zur Marke gewünscht als zur Lage. Denn momentan ist es so, dass es in Deutschland im VDP/Hochpreis-/Qualitätssegment vielleicht eine Handvoll Marken gibt, aber eben auch fast 400 Lagen. Das passt nicht optimal ;)
Hallo Markus,

wohlwissend, dass dies so nicht umgesetzt werden wird/kann, wäre ich für eine Lösung, die man in etwa wie folgt skizzieren könnte (die aber mehr auf Lage als auf Weingutsmarke setzt):

1. Das deutsche Weingesetz wird geändert. Die Lagen werden komplett neu definiert, und zwar in etwa nach dem Vorbild des Burgund mit Aspekten des Elsässer Systems:

- es gibt eine gewisse Anzahl von "Grand Cru" Lagen, die allesamt so klein definiert werden, dass wirklich nur die Grand-Cru-würdigen Parzellen (und ggf. noch Randparzellen, wenn dies zur Vermeidung eines Puzzles aus Einzelteilen erforderlich ist) unter dem Lagennamen vermarktet werden dürfen.
- es gibt weiter "1er Cru" Lagen. Parzellierung wie oben.
- Großlagen werden abgeschafft.
- Weine aus anderen Lagen als Grand Cru und 1er Cru Lagen werden nur noch mit dem Ortsnamen vermarktet. Erlaubt sind Lagennamen nach dem französischen "Lieu dit" Vorbild (z.B. Dittelsheimer Riesling "Leckerberg").
- Für Grand Cru und 1er Cru Lagen wird die Anzahl der Rebsorten begrenzt: Riesling, Silvaner, Weißburgunder, Grauburgunder, Spätburgunder, Lemberger, vielleicht noch regional zusätzlich Muskateller und Gewürztraminer, und zwar je nach Lage definiert (d.h. z.B. es ist kein Erdener Prälat Weißburgunder möglich).
- Die Angabe von Prädikaten auf den Etiketten ist weiterhin erlaubt, und zwar sowohl in restsüß wie in trocken.
- Die Angabe "Großes Gewächs" wird für trockene Weine erlaubt, wenn sie bestimmte Kriterien erfüllen (z.B. Ertragsbegrenzung, nicht chaptalisiert, mindestens Spätlese Öchsle).

2. Der VDP hat kein separates Bezeichnungssystem mehr. Er wird zum reinen Marketing-Verband für seine Mitglieder.

Re: VDP Zu- und Abnahme

Verfasst: Mi 3. Apr 2013, 14:53
von Moselfan
octopussy hat geschrieben:
Markus Vahlefeld hat geschrieben: Ich persönlich hätte mir auch viel mehr Mut zur Marke gewünscht als zur Lage. Denn momentan ist es so, dass es in Deutschland im VDP/Hochpreis-/Qualitätssegment vielleicht eine Handvoll Marken gibt, aber eben auch fast 400 Lagen. Das passt nicht optimal ;)
Hallo Markus,

wohlwissend, dass dies so nicht umgesetzt werden wird/kann, wäre ich für eine Lösung, die man in etwa wie folgt skizzieren könnte (die aber mehr auf Lage als auf Weingutsmarke setzt):

1. Das deutsche Weingesetz wird geändert. Die Lagen werden komplett neu definiert, und zwar in etwa nach dem Vorbild des Burgund mit Aspekten des Elsässer Systems:

- es gibt eine gewisse Anzahl von "Grand Cru" Lagen, die allesamt so klein definiert werden, dass wirklich nur die Grand-Cru-würdigen Parzellen (und ggf. noch Randparzellen, wenn dies zur Vermeidung eines Puzzles aus Einzelteilen erforderlich ist) unter dem Lagennamen vermarktet werden dürfen.
- es gibt weiter "1er Cru" Lagen. Parzellierung wie oben.
- Großlagen werden abgeschafft.
- Weine aus anderen Lagen als Grand Cru und 1er Cru Lagen werden nur noch mit dem Ortsnamen vermarktet. Erlaubt sind Lagennamen nach dem französischen "Lieu dit" Vorbild (z.B. Dittelsheimer Riesling "Leckerberg").
- Für Grand Cru und 1er Cru Lagen wird die Anzahl der Rebsorten begrenzt: Riesling, Silvaner, Weißburgunder, Grauburgunder, Spätburgunder, Lemberger, vielleicht noch regional zusätzlich Muskateller und Gewürztraminer, und zwar je nach Lage definiert (d.h. z.B. es ist kein Erdener Prälat Weißburgunder möglich).
- Die Angabe von Prädikaten auf den Etiketten ist weiterhin erlaubt, und zwar sowohl in restsüß wie in trocken.
- Die Angabe "Großes Gewächs" wird für trockene Weine erlaubt, wenn sie bestimmte Kriterien erfüllen (z.B. Ertragsbegrenzung, nicht chaptalisiert, mindestens Spätlese Öchsle).

2. Der VDP hat kein separates Bezeichnungssystem mehr. Er wird zum reinen Marketing-Verband für seine Mitglieder.

Das System würde ich drekt so unterschreiben. Eventuell bei den Rebsorten noch etwas anpassen wenn es z.b. "Regionalespezialitäten" gibt, wie Elbling, Tauberschwarz oder ein typisches Cuvee "Gemischter Satz - Gewürtztraminer/Riesling" die historisch eine Rechtfertigung haben. Außerdem sollte es vermieden werden, dass die GC und PCs inflationär vergeben werden wie es leider im Elsass passiert ist. In den klassischen Anbaugebieten(Mosel, Saar, Ruwer, Rheingau, Mittelhaardt) gibt es ja die Steuerkarten vom Ende des 19.Jhrd. auf denen man ziemlich genau sehen kann wie gut was ist, und auch welche Parzellen. Allerdings denke ich, dass man für die Großlagen noch ein Ersatz bräuchte da diese Weine zumindest im LEH noch ihre Rechtfertigung haben.

Re: VDP Zu- und Abnahme

Verfasst: Mi 3. Apr 2013, 14:55
von Gerald
- Die Angabe "Großes Gewächs" wird für trockene Weine erlaubt, wenn sie bestimmte Kriterien erfüllen (z.B. Ertragsbegrenzung, nicht chaptalisiert, mindestens Spätlese Öchsle).
das wäre also de facto eine 1:1 - Entsprechung der Wachauer Smaragde ...

Grüße,
Gerald

Re: VDP Zu- und Abnahme

Verfasst: Mi 3. Apr 2013, 15:04
von Moselfan
Das System scheint ja zu funktionieren, eventuell sollte man sogar etwas höher als Spätlese gehen, min. Auslese vielleicht oder etwas höher. Zumindest sollte man es so anstellen, dass GG sehr restrektiv eingesetzt werden kann damit nicht "jeder" mit 15 Stück davon auf den Markt kommt und die Sache sich schon wieder erledigt hat. Nur aus GC lagen, Behandlung min. wie ein Prädikatswein (Geringer Ertrag u. Anschnitt, Mindestalter der Anlage, Kein Chaptalisieren, keine Entsäuerung oder Säuerung, keine Konzentration usw., Ausbau im trad. Holzfass, Vermarktung erst nach x Monaten usw. evt. Sensorische Prüfung) usw. Das stört mich beim VDP-GG eigentlich am meißten, dass es eigentlich nur ein Qualitätswein ist und damit genug sachen angestellt werden dürfen.