Hi Markus,
hhhhmm so schlecht finde ich persönlich den alten Rieslingstil auch wieder nicht ..
Milde Säure, kräftiger Körper, viel Alkohol .. das können nun doch wirklich viele Rebsorten.
Kühle, säurebetonte, filigrane und dennoch hocharomatische Weine, das ist doch eigentlich die Domäne des Rieslings.
Natürlich gebe ich dir recht, dass ein Cuvee aus früher Lese und reifen Partien nicht unbedingt wirklich harmonisch sein wird.
M.E. müsste die Schlussfolgerung daraus aber eher sein, dass für Riesling die Lagen gewechselt werden, und in den ganz heißen Lagen wie von St. Antony scheinbar schon gemacht eben z.B. Lemberger gesetzt wird. Andere "heißere" Weinbaugebiete nutzen schließlich auch seit längerem schon die cool climate Lagen für Riesling oder SpBg, warum künftig nicht so auch in D verfahren?
Die Güte einer Lage ergibt sich wohl auch bei uns mehr und mehr aus der Bodenstruktur, denn aus der Wärme und Sonneneinstrahlung.
Viele Grüße
Sascha
Riesling GG Orbel 2011 von St. Antony
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- Markus Vahlefeld
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Re: Riesling GG Orbel 2011 von St. Antony
Ja klar, einige Rieslinglagen sollten u.U. eine andere Bestockung erfahren. Ich weiss nicht, wie die Erfahrungen mit Blaufränkisch bei St. Antony sind, aber ganz sicher ist es eine denkbare Alternative.
Ich sage ebenfalls nicht, dass Riesling "soft und fett" sein soll. Aber viele - und nochmals: es geht hier auch um die Großkopferten der Weinkritik - reagieren auch auf eine REIFE SÄURE mit Ablehnung und bevorzugen lieber grüne Säure. Das ist übrigens bei Massenverkostungen auch durchaus nachvollziehbar, denn grüne Säure weckt auf, während milde Weine dann als schlaff wahrgenommen werden. Nur ist es so, dass gerade zum Essen (und nicht bei Massenverkostungen) eine milde Säure als harmonisch und bekömmlich wahrgenommen wird.
Kurzum: ich sage nicht, dass im Morstein jetzt Müller-Thurgau gepflanzt werden soll. Ich liebe den Morstein, wie Wittman ihn macht, und halte ihn für einen der grössten deutschen Rieslinge. Aber ich liebe auch den milden Stil, der weder fett noch schlaff ist. Er ist reif (nie überreif) und dabei trotzdem reintönig und mit Spannung. Die Spannung kommt aber weniger von der Säure als von der inneren Harmonie. Beide Stile haben ihre völlige Berechtigung.
Und noch ein letztes: wenn ich mit Freunden, die keine Weinfreaks sind, essen gehe oder sie zum Essen einlade, finden vor allem diejenigen Weine Zuspruch, deren Säure reif und mild ist. Denen ist es egal, ob sie Riesling oder etwas anderes trinken. Nur schmecken muss der Wein. Bei den Damen ist der Wunsch nach einem milden Wein übrigens ausgeprägter als beim männlichen Geschlecht. Zumindest ist das meine Erfahrung.
Ich sage ebenfalls nicht, dass Riesling "soft und fett" sein soll. Aber viele - und nochmals: es geht hier auch um die Großkopferten der Weinkritik - reagieren auch auf eine REIFE SÄURE mit Ablehnung und bevorzugen lieber grüne Säure. Das ist übrigens bei Massenverkostungen auch durchaus nachvollziehbar, denn grüne Säure weckt auf, während milde Weine dann als schlaff wahrgenommen werden. Nur ist es so, dass gerade zum Essen (und nicht bei Massenverkostungen) eine milde Säure als harmonisch und bekömmlich wahrgenommen wird.
Kurzum: ich sage nicht, dass im Morstein jetzt Müller-Thurgau gepflanzt werden soll. Ich liebe den Morstein, wie Wittman ihn macht, und halte ihn für einen der grössten deutschen Rieslinge. Aber ich liebe auch den milden Stil, der weder fett noch schlaff ist. Er ist reif (nie überreif) und dabei trotzdem reintönig und mit Spannung. Die Spannung kommt aber weniger von der Säure als von der inneren Harmonie. Beide Stile haben ihre völlige Berechtigung.
Und noch ein letztes: wenn ich mit Freunden, die keine Weinfreaks sind, essen gehe oder sie zum Essen einlade, finden vor allem diejenigen Weine Zuspruch, deren Säure reif und mild ist. Denen ist es egal, ob sie Riesling oder etwas anderes trinken. Nur schmecken muss der Wein. Bei den Damen ist der Wunsch nach einem milden Wein übrigens ausgeprägter als beim männlichen Geschlecht. Zumindest ist das meine Erfahrung.
Re: Riesling GG Orbel 2011 von St. Antony
Milde Säure ist meiner Erfahrung nach nicht rieslingtypisch, zumindest nicht in Deutschland. Die meisten der gelbfruchtigen und opulenten "Granaten" haben immer noch ein gutes Säuregerüst (das ist in Österreich vielleicht ein bisschen anders). Meines Erachtens gibt es zwei Grundstilistiken, charakterisiert zum einen durch üppige gelbe Frucht, verbunden mit i.d.R. hohem Alkohol, und zum anderen durch rassige Schlankheit und Frische bei meist niedrigerem Alkohol. Typische deutsche Rieslinge haben immer eine straffe Säure und sind "mineralisch". Dass es klimabedingt (und vielleicht auch nachfragebedingt) vom ersten Typ immer mehr und von zweiten Typ immer weniger gibt, mag man bedauern, aber das ist halt so. Und ich finde, dass beide Typen ihre Berechtigung haben. Richtig kontrovers wird's dann, wenn das, was in der Flasche drin ist, nicht mehr mit dem übereinstimmt, was draufsteht, wenn Riesling also nach getrockneten Früchten und nach Orangen- oder Mandarinenschalen schmeckt und riecht.
Und es ist ja nicht jedes Jahr ein Hitze- und Sonnenjahr. Wenn früher in den kühlen Jahren gerade die Rieslinge schwachbrüstige Säuerlinge waren (Wer erinnert sich noch an 1991?), so müssen wir uns jetzt Sorgen machen, wenn die Sommer zu heiß sind, wie z.B. 2003.
Versuch einer These: Früher kamen die spannenden Rieslinge aus den "starken" Jahren, heute kommen sie eher aus den "schwachen" Jahren. 2010 ist ein gutes Beispiel.
Bevor wir uns über großflächige Umstrukturierungen in unseren Anbaugebieten Gedanken machen müssen, werden sicher noch zwei/drei Jahrzehnte Klimawandel ins Land gehen. Es mag aber sein, dass man in besonders heißen Lagen jetzt schon dort angekommen ist.
Und es ist ja nicht jedes Jahr ein Hitze- und Sonnenjahr. Wenn früher in den kühlen Jahren gerade die Rieslinge schwachbrüstige Säuerlinge waren (Wer erinnert sich noch an 1991?), so müssen wir uns jetzt Sorgen machen, wenn die Sommer zu heiß sind, wie z.B. 2003.
Versuch einer These: Früher kamen die spannenden Rieslinge aus den "starken" Jahren, heute kommen sie eher aus den "schwachen" Jahren. 2010 ist ein gutes Beispiel.
Bevor wir uns über großflächige Umstrukturierungen in unseren Anbaugebieten Gedanken machen müssen, werden sicher noch zwei/drei Jahrzehnte Klimawandel ins Land gehen. Es mag aber sein, dass man in besonders heißen Lagen jetzt schon dort angekommen ist.
- Markus Vahlefeld
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Re: Riesling GG Orbel 2011 von St. Antony
Das ist die Domäne des DEUTSCHEN Rieslings. Weder der Riesling aus dem Elsass, noch der aus Österreich hat diese Attribute. Nur hat sich das Klima in Deutschland dem aus dem Elsass und Österreich inzwischen angepasst. In vielen Lagen sind diese deutschen Attribute daher nicht mehr natürlich zu bekommen. Daher plädiere ich auch für eine Stilvielfalt, die sich nicht in trocken oder halbtrocken erschöpft, sondern über filigran bis hin zu mächtig reicht. Auch in Deutschland.Weinfreund hat geschrieben:Kühle, säurebetonte, filigrane und dennoch hocharomatische Weine, das ist doch eigentlich die Domäne des Rieslings.
- Markus Vahlefeld
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Re: Riesling GG Orbel 2011 von St. Antony
Das ist der klassische Fall von Überreife. Das ist für mich genauso "falsch" wie grüne Säure.mixalhs hat geschrieben:Richtig kontrovers wird's dann, wenn das, was in der Flasche drin ist, nicht mehr mit dem übereinstimmt, was draufsteht, wenn Riesling also nach getrockneten Früchten und nach Orangen- oder Mandarinenschalen schmeckt und riecht.
Der Markt sieht es genau andersherum: die Rieslinge aus 2009 oder 2011 werden vom Markt aufgesogen und gerne getrunken. Die Rieslinge aus 2008 und 2010 werden eher verkostetmixalhs hat geschrieben:Versuch einer These: Früher kamen die spannenden Rieslinge aus den "starken" Jahren, heute kommen sie eher aus den "schwachen" Jahren. 2010 ist ein gutes Beispiel.

Da liegt ein erheblicher Unterschied zwischen Kundenwunsch und Weinfreakwahrnehmung.
Re: Riesling GG Orbel 2011 von St. Antony
Dem kann ich mich bedingungslos anschließen.In vielen Lagen sind diese deutschen Attribute daher nicht mehr natürlich zu bekommen. Daher plädiere ich auch für eine Stilvielfalt, die sich nicht in trocken oder halbtrocken erschöpft, sondern über filigran bis hin zu mächtig reicht. Auch in Deutschland.
Re: Riesling GG Orbel 2011 von St. Antony
Ich frage mich schon ein wenig, worüber wir hier denn reden.
Es hat doch niemals einen einheitlichen deutschen Rieslingstil gegeben. Der Rheinriesling hat sich schon immer deutlich vom Moselriesling unterschieden. Die Pfälzer-Rieslinge waren immer schon körperreicher und mit reiferer Säure versehen, wobei heute eine deutliche Differenzierung der Pfälzer in Nord, Mittelhaardt und Südpfalz vorgenommen werden muss.
Daneben weitere Spielarten in Bezug auf den Restzucker.
Den deutschen Riesling im Gegensatz zum elsässischen oder Wachauer Riesling hat es also auch schon früher nicht gegeben.
Richtig ist, daß es generell wärmer wird und der Riesling häufiger seine volle Reife erlangt. Aber auch dies führt nicht zu einem einzigen einheitlichen, d.h. warmen Rieslingtyp.
Sicherlich werden sich Winzer in heißen Lagen die Frage stellen müssen, ob sie denn Rieslinge mit 14 bis 15 % erzeugen wollen.
Neuanpflanzungen sind da meines Erachtens nur eine Notlösung da der Markt wohl eher einen Riesling der Rheinfront als einen Lemberger von der Rheinfront will.
Man wird wohl eher die Ausrichtung der Weinberge anpassen müssen und ein besseres Alkokolmanagement (vor allem wohl Laubmanagement) machen müssen.
Es hat doch niemals einen einheitlichen deutschen Rieslingstil gegeben. Der Rheinriesling hat sich schon immer deutlich vom Moselriesling unterschieden. Die Pfälzer-Rieslinge waren immer schon körperreicher und mit reiferer Säure versehen, wobei heute eine deutliche Differenzierung der Pfälzer in Nord, Mittelhaardt und Südpfalz vorgenommen werden muss.
Daneben weitere Spielarten in Bezug auf den Restzucker.
Den deutschen Riesling im Gegensatz zum elsässischen oder Wachauer Riesling hat es also auch schon früher nicht gegeben.
Richtig ist, daß es generell wärmer wird und der Riesling häufiger seine volle Reife erlangt. Aber auch dies führt nicht zu einem einzigen einheitlichen, d.h. warmen Rieslingtyp.
Sicherlich werden sich Winzer in heißen Lagen die Frage stellen müssen, ob sie denn Rieslinge mit 14 bis 15 % erzeugen wollen.
Neuanpflanzungen sind da meines Erachtens nur eine Notlösung da der Markt wohl eher einen Riesling der Rheinfront als einen Lemberger von der Rheinfront will.
Man wird wohl eher die Ausrichtung der Weinberge anpassen müssen und ein besseres Alkokolmanagement (vor allem wohl Laubmanagement) machen müssen.
- Markus Vahlefeld
- Beiträge: 1689
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Re: Riesling GG Orbel 2011 von St. Antony
Neuppy, ich wage Dir da etwas zu widersprechen. Natürlich hat man den regionalen Begebenheiten Rechnung getragen, aber noch immer wird gerne von Typizität gesprochen. Deutscher Riesling scheint ja doch etwas Typisches zu haben und irgendwie eine "Marke" zu sein. Und das Wesen einer Marke ist es, sicher einer CI unterzuordnen und sie gleichzeitig zu bestimmen. Daher meine These: trockener deutscher Riesling soll wie Mosel-Riesling sein nur mit mehr (regional bedingtem) Körper. Und diese Ansicht trägt IMHO dem Klimawandel nicht Rechnung.
Aber vielleicht sollten wir wirklich zurück zum Thema kommen: Orbel
Aber vielleicht sollten wir wirklich zurück zum Thema kommen: Orbel

Re: Riesling GG Orbel 2011 von St. Antony
... und unter den Großen Gewächsen ist er mit 16 Euro (im Onlineshop von St. Antony) eines der billigsten. Das Experiment ist also nicht allzu teuer.octopussy hat geschrieben:Sehr interessant. Ich kenne den Orbel nur aus 2006 und 2007 und fand ihn für den Preis (unter dem heutigen Ortswein-Preisniveau) jeweils sehr gut. Vielleicht lege ich mir auch mal ein oder zwei Flaschen von diesem sehr interessant klingenden 2011er in den Keller. Selbst wenn er nicht meinem Geschmack entsprechen sollte, finde ich doch etwas aus der Norm fallende Weine oft die Zeit und das Geld wert.
Re: Riesling GG Orbel 2011 von St. Antony
Hallo Markus,Markus Vahlefeld hat geschrieben:Neuppy, ich wage Dir da etwas zu widersprechen. Natürlich hat man den regionalen Begebenheiten Rechnung getragen, aber noch immer wird gerne von Typizität gesprochen. Deutscher Riesling scheint ja doch etwas Typisches zu haben und irgendwie eine "Marke" zu sein. Und das Wesen einer Marke ist es, sicher einer CI unterzuordnen und sie gleichzeitig zu bestimmen. Daher meine These: trockener deutscher Riesling soll wie Mosel-Riesling sein nur mit mehr (regional bedingtem) Körper. Und diese Ansicht trägt IMHO dem Klimawandel nicht Rechnung.
Aber vielleicht sollten wir wirklich zurück zum Thema kommen: Orbel
aber man kann doch auch beim trockenen Riesling nicht einfach ganz Deutschland mit dem Elsass oder der noch kleineren Wachau vergleichen.
Und ob man wirklich von einer "deutschen" Typizität sprechen kann, wage ich sehr zu bezweifeln. Allein Deine Verkostungsnotizen unterstreichen dass doch mehr als deutlich. Außerdem glaube ich nicht, daß es überhaupt eine große Tradition des trockenen deutschen Rieslings gibt.
Großer trockener Riesling entsteht in Deutschland meines Erachtens doch überhaupt nur durch die Veränderung des Klimas und die Änderung bei den Winzern in den letzten 20 Jahren, oder liege ich da komplett daneben.
Vielleicht sollten wir dazu tatsächlich einen anderen Thread ausmachen, da ich dieses Thema hochinteressant finde.
Grüße Peter