Hallo allerseits,
bei mir kam das Experiment Alkohol in der 8. Klasse noch vor der Jugendweihe - mit meinem damaligen Banknachbarn in der Schule, übrigens namens Nagel hatte ich ja so einiges ausgeheckt - als "politisch Verfolgter" gehörte das zum guten Ton (man hatte uns zur Strafe - was wir natürlich nicht als solche empfanden - nicht in die Reihen der FDJ aufgenommen, weil wir beim Spielen der DDR Nationalhymne einfach so sitzen blieben statt aufzustehen, wie es korrekt gewesen wäre) - und nachdem wir gemeinsam (und mit noch einigen Jungs mehr) herausgefunden hatten, in welchen Kneipen unserer Kleinstadt wir schon anstandslos ein Bier bekamen - wir waren damals noch Ende 13..., ging es darum, wer es schaffe, mit einer Flasche Wein ein Mädel aus unserer Klasse "rumzukriegen", was bei uns noch nicht hieß, bis ins Bett wie heute bei den 13-, 14jährigen, sondern einfach nur Knutschen und so...
Der Kauf des Weines war auch nicht das Problem, ich wurde eh immer "vom Ollen" zum Bierholen geschickt und so fragte ich dann auch rotzfrech nach einer Flasche Wein, die auch "Frauen" gefalle, die Verkäuferin dachte dabei wohl an meine Mutter, hat aber zum Glück das nie bei selbiger hinterfragt. Empfohlen wurde mir damals der rumanische Cotnari bzw. alternativ was au Ungarn - ich hab mich auch für letzteren entschieden - Ungarn hatte schon damal den Hauch des verruchten gelobten Landes...
Schwieriger war es damals ein Mädel unserer Klasse zu finden, welches mittrinkt... - Knutschen schon, aber Wein trinken?
Ja, Wolf, zu Friedenszeiten gab es meist so dieses dubiose ungarische Zeug oder später dann mit 16 waren wir mal ganz auf Wermouth abgefahren (das gehört wohl echt in die Kategorie strippen vorziehen...). Später, während der Armeezeit in Sachsen, als man alles trank, was irgendwie Alkohol hatte, nur um zu vergessen, wo man da gelandet war, lernte ich den ersten "ernsthaften" Wein kennen, in Diesbar Seusslitz wurde auch damals schon selbst gekelterter Wein verkauft und ausgeschenkt - und der war trocken, aromatisch und gut, kurzum anders... - und von da ab das, wonach ich suchte, wo es ging. Bei den Radtouren in die Slowakei und nach Ungarn merkte ich dann, dass es auch dort "gute", d.h. nicht klebrig - süße Weine gab. So was wurde auch schon mal zum mit nach Hause nehmen gekauft und auch einen Süßwein lernte ich damals schätzen, den echten Tokajer Aszu... Wenn schon süß, dann so etwas. Meist aber wurde damals nach der Devise "Sehen, Kaufen, Trinken" verfahren, dass man Wein lagern kann, damit er noch besser werden kann, das habe ich dann erst "apres la chûte de mûr" erfahren... Dann aber fix, aber das wäre eine andere Geschichte.
Eine Unsitte hatte ich allerdings dank Aufklärung durch Westfernsehen nicht mitgemacht - in den sogenannten Delikatläden tauchten plötzlich Unmengen österreichischer Weine für teuer Geld auf - in der offiziellen Propaganda wurde das als Schritt der Öffnung für "Waren aus dem kapitalistischen Ausland" groß gefeiert, im Westfernsehen erfuhr man etwas über den Glykolskandal... Ich hab also für den österreichischen Wein nicht einen Pfennig ausgegeben... Vorsichtig war ich damals schon...
