Liebe Nora,
nach Deiner euphorischen Notiz zum 2017er habe ich mir mal was von Ziereisen zur Reevaluierung besorgt. Aber bevor ich in's Detail gehe: Sehe ich das richtig, daß es einen "Jaspis Syrah" ohne "Däublin" nicht mehr gibt und es sich um dengleichen Wein mit nun zusätzlicher Bezeichnung handelt?
Wie dem auch sei, was ich mir besorgte, war zum einen
Ziereisen, Jaspis Würmlin 2022
GB
Dieser Wein wirkt schon in der Flasche deutlich trüb. Im Glas zeigt er sich mitteldicht (und scheint etwas weniger trüb) und v.a. deutlich kupferfarben.
In der Nase superdicht und intensiv, aber ohne Schwere. Riecht leicht nach Maischestand und ziemlich speziell; ungewohnt, aber sauber. Mit der Beschreibung tue ich mich schwer, aber Lobenbergs finde ich hier extrem passend:
Lobenberg hat geschrieben:In der Nase dicht, erhaben, zu Beginn noch sehr kompakt und rauchig-reduktiv. Zurückgenommene Frucht, etwas Quitte, Aprikose, Orangenschale und Walnuss. Dazu auch würzig-kräutrige Noten von Salbei und etwas blondem Tabak. Hohe Aromenintensität, leichtes Toasting vom Holz, obwohl es kein Neuholz gibt. Am Gaumen so viel Dichte und Kraft aus diesen uralten Grauburgunder-Reben, ohne aber jemals fett zu werden. Die Säure ist präsent aber rebsortventypisch eher zurückhaltend, dafür definiert sich der Würmlin eher über ein feines Gerbstoffgerüst. Kumquat, feine Herbheit, auch wieder Salbei und Butter.
Ok, zu Tabak kann ich nix sagen, aber der Rest paßt. Am ersten Abend war ich schwerstbegeistert und erklärte den Wein zum heißen WOTY¹-Kandidaten. Diese Begeisterung ließ am zweiten und dritten Tag mit dem Einschleichen von zarten Noten naturtrüben Apfelsaftes geringfügig nach, aber ein sehr guter Wein blieb es allemal.
Und zum anderen hatte ich den
Ziereisen, Jaspis Däublin 2021
Syrah
Die Robe ein helles Rubinrot, kaum blau und ebenfalls deutlich trüb.
Die halbe Mantelfläche des Korkenswar über die volle Länge benetzt, was in deutlichem Ruckeln und Quietschen beim Ziehen resultierte. Ich kann aber keinen Fehler erkennen.
Im Gegensatz zu Nora bei ihrem 2017er, assoziiere ich keinen Côte-Rôtie: Zwar ist es erkennbar Syrah und auch etwas würzig, aber nicht sehr und auch nicht pfeffrig o.ä., und auch "zu hell/rot". Gleiches gilt für den Blaufränkisch-Vergleich. Andererseits ist er für Burgunder zu würzig. Mit anderen Worten: schlicht eigenständig.
Am Gaumen prononçierte Säure, auch schlank, aber nicht hohl/karg (2021!). Kräuter und Röstnoten, in Maßen.
Ziemlich schön, besonders in anbetracht des schwiereigen Jahres, aber nicht annähernd so faszinierend wie der Würmlin.
Jedenfalls haben beide Weine so cviel Spaß gemacht, daß ich Ziereisen hiermit offiziell entstigmatisiere.
Uneingeschränkt hervorhebenswert finde ich die große Eigenständigkeit, die beide zeigten.
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¹
Wine of the year = Wein des Jahres