Ollie hat geschrieben:Zweifellos erlaubt der Rückgriff auf diese vier Aspekte (Charme, Balance, Intensität, Struktur), die in den jeweiligen Jahren bestmöglich(?) umgesetzt waren, nur einen Schluss: Nämlich dass 2019 der beste jemals erreichte Jahrgang im Bordelais ist, zumindest im Durchschnitt der bisher verkosteten Muster. Stimmen meine Annahmen? Stimmt mein Schluss? Ist das auch Ihr Schluss, Herr Hilse?
Ich glaube nicht, dass es Mr. Delon um diese Zuspitzung geht, sondern eher um die Grundparameter, die die 4 Referenzjahrgänge bestimmt haben. Im Fall von LLC ist das auch eigentlich egal, denn alle 4 Jahrgänge sind meiner Ansicht nach perfekt (LLC war im Dezember zu Gast bei mir, daher habe ich hier einen sehr rezenten Eindruck inkl. Fassmuster 2018). Wenn ich als anderes Beispiel Roc de Cambes nehme, dann trifft Ihre Schlussfolgerung hier m.E.n. zu. 2019 vereint hier das Beste aus den bisher besten Jahrgängen.
Ich nehme das Beispiel Batailley, weil ich ein Fassmuster hatte und die anderen Jahrgänge gut genug kenne. 2019 hat durchaus mehr Charme als 2009 (und weniger Alkohol), die Ausgewogenheit von 2016, nicht ganz die Intensität von 2018 und die Struktur von 2010. 2019 ist in etwa gleichauf mit den anderen Jahrgängen, aber nicht "best ever", sondern "so gut wie in den anderen Jahrgängen".
Nun habe ich bewußt 3 Weine herausgepickt, denn auf den Jahrgang allgemein möchte ich mein Urteil nicht anwenden. Dafür habe ich einerseits noch zu wenige Weine verkostet, andererseits gibt es durchaus Beispiele, wo ich eine Inferiorität von 2019 gegenüber den anderen Jahrgängen sehe.
Pauillac, Margaux und St. Julien haben sich homogen auf sehr hohem Niveau gezeigt, St. Estephe war durchwachsen, was aber durchaus mit der Qualität der Muster zusammenhängen kann.
Überhaupt darf man den Aspekt nicht unterschätzen, dass wir (die wir Muster zugesandt bekommen haben) ziemlich gestresste Weine zum Inspizieren hatten.
Bei den Weißweinen habe ich jedoch den Eindruck, dass ihr Format eine Nummer zu groß ist für die bisherigen Ernten.
Natürlich hat es einer Krise historischen Ausmaßes bedurft, um zur "Traumkonstellation" "großer Jahrgang bei deutlich zurückgehenden Preisen" zu gelangen. Ob wir da über "best ever" sprechen, halte ich persönlich für völlig nachrangig.
Herzliche Grüße,
Matthias Hilse