Eine Woche nach den 2009er Fleuries haben wir uns in ungezwungener kleiner Runde zu sehr gutem Essen noch ein paar 2011er Fleuries und Morgons (sowie einen Moulin-à-Vent) zu Gemüte geführt. Das sind alles Weine, die es im deutschen Handel auch aktuell zu kaufen gibt. Zum deutsch/viatnemesischen Essen (u.a. scharfer Rettichkuchen, eingelegte Radieschen, roh marinierte Lachsforelle, viatnemesischer Roastbeef-Salat, Spinat Dim Sum, Kalbsragout mit rotem Curry und Koriander) passten die Beaujolais nicht schlecht, aber eine Traumkombination war es letztlich auch nicht.
Wir legten los mit dem
Julie Balagny 2011 Fleurie "La Carioca". Aus 2011 gibt es offenbar wegen eines Keller-Malheurs nur einen Fleurie von Julie Balagny. So gut der Wein ist, hier galt am Ende des Abends, dass das Bessere der Feind des Guten ist. Während mich die Fleuries von Coudert und Brun an dem Abend total begeisterten, war der Julie Balagny Fleurie gut, aber eben nicht herausragend.
Dann schwenkten wir über nach Morgon und dort zunächst zum
Damien Coquelet 2011 Morgon Côte du Py. Coquelet ist jung und der Stiefsohn von Georges Descombes. Von David Schildknecht wird er ziemlich hoch benotet. Ich fand den Wein auch ausgezeichnet, er hatte aber ziemlich krass stallige Noten. Die legen sich vielleicht mit etwas Flaschenreife, aber eine ganze Flasche würde ich davon im jetzigen Zustand eher nicht trinken wollen. Deshalb hier eine Potenzialwertung.
Dann der erste Wow-Moment:
Jean-Paul Brun (Terres Dorées) 2011 Fleurie. Der ist viel besser als der 2009er jung und schon jetzt von einer ähnlich Charakteristik wie der 2009er jetzt (d.h. mit drei Jahren Flaschenreife). Für mich kommt dieser Wein zusammen mit den Weinen von Dutraive dem sehr nahe, was einige Weinbücher als für Fleurie typisch ansehen. Leicht, transparent, duftig, feminin, tänzelnd. Ein großartiger Wein.
Völlig anders im Stil war dann der
Château du Moulin-à-Vent 2011 Moulin-à-Vent Champ de Cour, einer der beiden Lagenweine dieses Gutes, das 2009 von einem Pariser IT-Unternehmer übernommen wurde. Es fällt auf, dass sich von den Beaujolais-Crus gerade im Cru Moulin-à-Vent Winzer in einem burgundischen Stil versuchen. Louis Jadots Château des Jacques mit seinen Lagen-Moulin-à-Vents, Thibault Liger-Belair und jetzt auch das Château du Moulin-à-Vent (und vielleicht auch noch weitere). Am Tisch hatten wir eine Diskussion darüber, ob dieser Stil eigentlich noch fürs Beaujolais typisch ist oder nicht doch (zu) stark ins Burgund rüberschaut. Einig wurden wir uns darüber nicht. Ich persönlich kann mit diesem Stil durchaus einiges anfangen und denke auch, dass man die Weine in diesem Stil gerade mit etwas Flaschenreife in Blindproben schon auch als Gamays erkennen können sollte. Dafür wird man aber natürlich die Probe aufs Exempel machen müssen. Wir werden alle daran arbeiten, ein bisschen was zusammen zu sammeln

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Dann ging es wieder nach Morgon und dort zu den beiden günstigsten Weinen von
Louis Claude Desvignes, nämlich dem
2011 Morgon La Voute St. Vincent und dem
2011 Morgon Côte du Py. Desvignes gibt es neu bei Pinard de Picard. Von dem La Voute St. Vincent werde ich nichts nachkaufen. Der ist jetzt zwar lecker, aber da ich eher wenig Trinkweine für jeden Tag brauche, die ich mehrfach trinke, fehlt mir da einfach das Entwicklungspotenzial. Ganz anders beim Côte du Py. Der ist für mich nahe der Quintessenz eines Morgon Côte du Py, fest, kompakt, präzise und etwas kräftiger in den Tanninen. Wunderbar und in ein paar Jahren sicher noch wunderbarer.
Zum (Fast-) Schluss hatten wir dann noch einen Klassiker aus Fleurie, nämlich den
Alain Coudert (Clos de la Roilette) 2011 Fleurie Clos de la Roilette Cuvée Tardive, den ich mittlerweile aus mehreren Jahrgängen hatte. Und 2011 gefällt mir bislang am besten. Der ist einfach komplett, der schmeckt total eigenständig, schon nach Fleurie, aber vor allem nach Clos de la Roilette. Man könnte ihn mit etwas Mut vielleicht den Pomerol des Beaujolais nennen. Der 2011er ist für mich wirklich großes Kino.
Ganz zum Schluss und zur Crème Brulée zum Dessert habe ich noch die Reste eines am Wochenende zuvor geöffneten
1988 Château Suduiraut in die Runde gestellt. War ich am Wochenende doch etwas enttäuscht von dem Wein, tat ihm die Zeit offen im Kühlschrank offensichtlich sehr gut. Frisch, würzig, trotzdem üppig und mit Tiefgang. So macht Sauternes mir wirklich Spaß.