Interessant: Spontanvergärung

Von der Weinbergspflege bis zur Kellertechnik
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pivu
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Re: Interessant: Spontanvergärung

Beitrag von pivu »

Bernd Schulz hat geschrieben:

Noch einmal: Spontanvergärung ist nur EINE Stellschraube.
Die Metaphern vom Zahnrad und von der Stellschraube gefallen mir richtig gut. Ich schlage folgende Experimente vor: Man nehme ein Getriebe und entferne ein kleines Zahnrädchen. Dann nehme man meine Oboe und drehe an nur EINER Stellschraube. Was passiert wohl in beiden Fällen? :mrgreen:
Es geht nicht um's "Entfernen", sondern ums Ersetzen, wie anderes Material o.ä.. Das kann mitunter auch bewusst sein. Sonst gäb's ja keine RZH.

Ciao
Peter (der sich tagtäglich an einer 8-Gang Automatik erfreut, die's ohne permanenten Fortschritt auch nicht gäbe)
Bernd Schulz
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Re: Interessant: Spontanvergärung

Beitrag von Bernd Schulz »

Mir scheint, es geht schon ums Entfernen oder zumindestens ums schnelle Eliminieren - der Sinn der Übung besteht ja unter anderem (neben der bewussten Vorauswahl aufgrund bestimmter Eigenschaften) darin, dass sich ein einzelner Hefestamm noch schneller durchsetzt als die Konkurrenz.

Beste Grüße

Bernd

P.S.: 8 Gänge? Pah - mein Fortbewegungsmittel verfügt über 18 Gänge! :mrgreen:
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T's Weinblog
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Re: Interessant: Spontanvergärung

Beitrag von T's Weinblog »

Tzzz... Ich habe sogar 21 Gänge! :lol:
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DerFranki
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Re: Interessant: Spontanvergärung

Beitrag von DerFranki »

14 Gänge, mehr braucht's nicht. ;)
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Gerald
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Re: Interessant: Spontanvergärung

Beitrag von Gerald »

Wahrscheinlich ist Spontanvergärung nur in D ein echtes Thema, da in den anderen Ländern restsüße Weißweine sich eher schwer verkaufen lassen und ein natürlicher Gärstop bei RZ-Hefe viel seltener ist. In Österreich beispielsweise ist der Markt für hochwertige halbtrockene oder liebliche Weine ziemlich klein, in Frankreich, Italien oder Spanien meines Wissens noch geringer.

Ich würde mal sagen: wenn der Winzer der Ansicht ist, dass RZ-Hefe keine schlechteren Ergebnisse als Spontangärung bringt (die Frage ist ja nicht eindeutig zu beantworten, da die Meinungen auseinander gehen), dann ist der Einsatz schon aus betriebswirtschaftlichen Gründen sinnvoll, wenn man restsüße Weine nicht verkaufen kann. Wenn das - wie in D - kein Problem ist, dann spricht natürlich überhaupt nichts gegen Spontanvergärung, wenn man sie soweit in Griff hat, dass die Weine keine Fehltöne haben.

Grüße,
Gerald
Bernd Schulz
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Re: Interessant: Spontanvergärung

Beitrag von Bernd Schulz »

Hallo Gerald,
Wahrscheinlich ist Spontanvergärung nur in D ein echtes Thema, da in den anderen Ländern restsüße Weißweine sich eher schwer verkaufen lassen
Einen fundamentalen Unterschied zwischen trocken und restsüß sehe ich im Hinblick auf unser Thema zumindestens beim Riesling nicht.

Einige der bekennenden Spontanisten in Deutschland legen ihren Schwerpunkt eindeutig auf trockene Weine, so z.b. Spanier, Wittmann, Kühn, Christmann, HaJo Becker oder Bernd Philippi. Und die herausragende Qualität ihrer Produkte spricht ganz klar für ihre "Philosophie". Man muss eigentlich gar nicht lange herumtheoretisieren: Die besten, komplexesten, differenziertesten trockenen Rieslinge in Deutschland sind in der Mehrzahl Spontis!

Und hinsichtlich der Absatzmöglichkeiten von restsüßen Weinen in Deutschland liegst du meines Erachtens auch nicht ganz richtig, denn deren Verkauf ist sehr wohl ein Problem, wenn man seinen Fuss nicht ganz kräftig im USA- und Japan-Geschäft hat. In Deutschland sind restsüße Weine fast ebenso out wie in Österreich!

Beste Grüße

Bernd
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Gerald
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Re: Interessant: Spontanvergärung

Beitrag von Gerald »

Hallo Bernd,
Einige der bekennenden Spontanisten in Deutschland legen ihren Schwerpunkt eindeutig auf trockene Weine,
wobei "trocken" in Deutschland ja nicht ganz dasselbe wie in Österreich ist, oder? Auch wenn einige Top-Weingüter (z.B. Wachau) sich manchmal knapp an der zulässigen Grenze von 9 g/l bewegen, um höhere Punkte in den Weinguides abzuräumen, ist das doch nicht die Regel.

Und bei eigentlich allen deutschen - trockenen! - Rieslingen, die ich probiert habe (das ist natürlich nicht so viel, da bei uns schwer erhältlich), war für mich eine deutliche Restsüße erkennbar. Angeblich (ich glaube Marcus Hofschuster hat es mehrmals geschrieben) sollen sogar einige GGs nicht als solche zugelassen worden sein, da sie zu trocken (bei einem nominell trockenen Wein ?!) waren ...

Stellt sich die Frage, ob man mit Spontangärung zuverlässig auf sagen wir 1-3 g/l herunterkommt, die in Ö für trockene Weißweine eigentlich üblich sind?

Grüße,
Gerald
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octopussy
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Re: Interessant: Spontanvergärung

Beitrag von octopussy »

Gerald hat geschrieben: Stellt sich die Frage, ob man mit Spontangärung zuverlässig auf sagen wir 1-3 g/l herunterkommt, die in Ö für trockene Weißweine eigentlich üblich sind?
Gerald, probier mal trockene Rieslinge von J.B. Becker, Koehler-Ruprecht oder Siener (alle Spontanvergärer). Die sind alle jedenfalls sensorisch völlig trocken, ob da nun 1, 2, 3 oder 4 g/l Restzucker drin sind, ist dann finde ich egal.
Beste Grüße, Stephan
Bernd Schulz
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Re: Interessant: Spontanvergärung

Beitrag von Bernd Schulz »

Stellt sich die Frage, ob man mit Spontangärung zuverlässig auf sagen wir 1-3 g/l herunterkommt, die in Ö für trockene Weißweine eigentlich üblich sind?
Das könnte in der Tat schwierig werden, zumindestens dann, wenn die Weine wirklich knochentrocken werden sollen. Und mit den pseudotrockenen Weinen an der 9-Gramm-Grenze habe ich auch so meine Probleme, aber das ist eigentlich ein anderes Thema...

Zwischen 3 Gramm und sagen wir mal 5 Gramm pro Liter sehe ich aber keinen so fundamentalen Unterschied. Und den "Nachteil" von 1 oder 2 Gramm mehr Restzucker halte ich für vernachlässigbar, wenn man mittels Spontanvergärung deutlich mehr Komplexität und Lagerfähigkeit erzielt. Nehmen wir als Beispiel mal Koehler-Ruprecht. Die trockenen "R"-Auslesen dieses Erzeugers hat kein Geringerer als Marcus Hofschuster früher mal (nicht ganz zu Unrecht) als die größten trockenen Rieslinge Deutschlands bezeichnet. Die Stilistik dieser Weine wäre aber ohne die angeblich so marginale Spontanvergärung eine völlig andere, mit Einsatz von Reinzuchthefen wären Weine in dieser Art und mit diesem Reifeverhalten (sie kommen ja in der Regel erst nach etlichen Jahren auf den Markt!) überhaupt nicht denkbar.

Vielleicht würde es sich für die österreichischen Rieslingerzeuger ja doch lohnen, mal etwas schärfer über Spontanvergärung nachzudenken...
;)
Beste Grüße

Bernd
Bernd Schulz
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Re: Interessant: Spontanvergärung

Beitrag von Bernd Schulz »

Gerald, probier mal trockene Rieslinge von J.B. Becker, Koehler-Ruprecht oder Siener (alle Spontanvergärer). Die sind alle jedenfalls sensorisch völlig trocken, ob da nun 1, 2, 3 oder 4 g/l Restzucker drin sind, ist dann finde ich egal.
Kreuzpost - und genau mein Reden! Diese Weine sind auch nicht die, die Hofschuster zu Recht kritisiert.

Beste Grüße

Bernd
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