Bordeaux 2018

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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harti
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Re: Bordeaux 2018

Beitrag von harti »

Es ist schon putzig, wieviel Raum die absatzorientierten Beiträge eines Herrn Lobenberg hier in diesem Thread erhalten. Es ist doch offensichtlich, dass Lobenberg nur solche Weine gut bewertet, die er auch gewinnbringend - am besten exklusiv - verkaufen kann. Alle anderen Weine finden entweder nicht statt oder kommen deutlich schlechter weg.

Zum Vergleich von Bordeaux mit Burgund: Hier stimme ich Ulli zu, ein solcher Vergleich nicht abwegig, da es nicht um den Geschmack geht, sondern ausschließlich um den Stil. Ich finde schon, dass es eine Reihe von Bordeaux gibt, die burgundisch daher kommen (seltener St. Estèphe ;) , aber ab zu Weine aus Margaux). Allerdings glaube ich wiederum nicht, dass die Verwechselungsgefahr zwischen Burgundern und Bordeaux in Blindverkostungen besonders groß ist. Sehr schwierig wird es erst, wenn die Weine schon stärker oxidiert sind, dann verliert sich der Rebsortencharakter weitgehend. (Au weia, jetzt habe ich mich aber ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt :lol: ).

Grüße

Hartmut
Zuletzt geändert von harti am Mi 3. Apr 2019, 17:46, insgesamt 1-mal geändert.
diogenes
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Re: Bordeaux 2018

Beitrag von diogenes »

UlliB hat geschrieben:
diogenes hat geschrieben:Blindverkostungen machen vielen Weinamateuren ihren Status erst richtig bewusst und können auch wieder zu Demut zurückführen ;)
Profis können sich Demut nicht leisten, und darum verweigern fast alle von denen (öffentliche) Blindverkostungen. Die könnten nämlich auch bei denen durchaus demütigend ausgehen.

Gruß
Ulli
Da gebe ich dir recht und deswegen stellen sich die Amateure ja auch oft als Profis dar.
carpe vinum!
pessac-léognan
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Re: Bordeaux 2018

Beitrag von pessac-léognan »

Allerdings glaube ich wiederum nicht, dass die Verwechselungsgefahr zwischen Burgundern und Bordeaux in Blindverkostungen besonders groß ist. Sehr schwierig wird es erst, wenn die Weine schon stärker oxidiert sind, dann verliert sich der Rebsortencharakter weitgehend. (Au weia, jetzt habe ich mich aber ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt :lol: ).

Grüße

Hartmut[/quote]

Da hast du wohl recht, lieber Hartmut. Und oxydationsnahe Weine sind ja auch kein Genuss. Hier fallen nahezu alle Differenzen einem gewissen Fäulnisgeruch und -geschmack anheim.
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UlliB
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Re: Bordeaux 2018

Beitrag von UlliB »

pessac-léognan hat geschrieben: Und oxydationsnahe Weine sind ja auch kein Genuss. Hier fallen nahezu alle Differenzen einem gewissen Fäulnisgeruch und -geschmack anheim.
Sorry, aber das ist Quatsch. Oxydation und Fäulnis haben nichts, aber auch gar nichts miteinander zu tun. Es gibt komplett durchoxidierte Weine (Oloroso, Amontillado, Palo Cortado, auch manche Typen von Port, und vins jaunes), die absolut grandios sind und vor allem überhaupt nicht faul schmecken. Und auch ein im Tertiärstadium befindlicher Bordeaux, der anfängt, oxydativ zu werden, schmeckt deswegen noch lange nicht faul. Manche können dann immer noch ganz fantastisch sein.

Deine felsenfeste Überzeugung, die Herkunft immer klar unterscheiden zu können, zeigt für mich lediglich einen Mangel an Erfahrung mit Altweinen. Jenseits von 30 Jahren Flaschenalter wird die Abgrenzung immer diffuser - was die Qualität der paar dann immer noch wirklich guten Flaschen überhaupt nicht einschränkt. Nur möchte ich dann denjenigen erleben, der in einer kontextlosen Blindverkostung sicher die Herkunft bestimmen kann. Und ich habe schon einiges zusammen mit "Profis" verkostet (wie auch immer man den Begriff nun genau definieren mag).

Gruß
Ulli
pessac-léognan
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Re: Bordeaux 2018

Beitrag von pessac-léognan »

UlliB hat geschrieben:
pessac-léognan hat geschrieben: Und oxydationsnahe Weine sind ja auch kein Genuss. Hier fallen nahezu alle Differenzen einem gewissen Fäulnisgeruch und -geschmack anheim.
Sorry, aber das ist Quatsch. Oxydation und Fäulnis haben nichts, aber auch gar nichts miteinander zu tun. Es gibt komplett durchoxidierte Weine (Oloroso, Amontillado, Palo Cortado, auch manche Typen von Port, und vins jaunes), die absolut grandios sind und vor allem überhaupt nicht faul schmecken. Und auch ein im Tertiärstadium befindlicher Bordeaux, der anfängt, oxydativ zu werden, schmeckt deswegen noch lange nicht faul. Manche können dann immer noch ganz fantastisch sein.

Deine felsenfeste Überzeugung, die Herkunft immer klar unterscheiden zu können, zeigt für mich lediglich einen Mangel an Erfahrung mit Altweinen. Jenseits von 30 Jahren Flaschenalter wird die Abgrenzung immer diffuser - was die Qualität der paar dann immer noch wirklich guten Flaschen überhaupt nicht einschränkt. Nur möchte ich dann denjenigen erleben, der in einer kontextlosen Blindverkostung sicher die Herkunft bestimmen kann. Und ich habe schon einiges zusammen mit "Profis" verkostet (wie auch immer man den Begriff nun genau definieren mag).

Gruß
Ulli
Portweine würde ich hier allerdings nicht ins Spiel bringen, lieber Ulli.
Ich würde ihr Alterungsverhalten nicht mit dem eines grossen Bdx vergleichen. Die Restsüsse hält hier der Oxydation die Waage. So kann man ein Liebhaber ganz alter Ports sein, ohne die geringste Neigung zu Bdx im Tertiärstadium zu haben. So geht es mir wenigstens. Ich bevorzuge (auch sehr grosse) Bdx in der Primär- oder Sekundärphase, wohingegen mir grosse Ports in nahezu allen Altern zusagen. Ich weiß, das ist Geschmackssache!
Mit unoxydativen Grüßen
Jean
Ollie
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Re: Bordeaux 2018

Beitrag von Ollie »

Jean,

vielleicht liegt hier ein Missverstaendnis vor, es ging ja lediglich um den Begriff der Faeulnis, die nunmal nicht gegeben ist bei Oxidation (weil ein anerober Prozess und auch ein ganz anderes Aromenspektrum). Niemand wuerde einem alten Rotwein (z.B. traditioneller Rioja, also betont oxidativer Stil ohne Restsuess) unterstellen, dass er faul riecht und/oder schmeckt. "Waldboden" und "Pilze", die typischen Tertiaeraromen, sind eben eine andere Baustelle.

Schmecken darf dir natuerlich alles.

Cheers,
Ollie
Yeah, well, you know, that’s just like, uh, your opinion, man.

Parfois, quand c'est trop minéral, on s'emmerde.

"Souvent, l'élégance, c'est le refuge des faibles." (Florence Cathiard)
Ollie
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Re: Bordeaux 2018

Beitrag von Ollie »

Bettane & Desseauve setzen seit heute an zum Sprung:

La Semaine des primeurs bat son plein et toute l’équipe de dégustation Bettane+Desseauve est sur le pont. Certains ont pris un peu d’avance. Denis Hervier sillonne la Rive droite depuis dix jours. Ébloui par Château Lafleur et Angélus, il poursuit ses dégustations à Pomerol et Saint-Émilion. Château La Dominique, qui accueille cette année encore des chefs étoilés à la table de sa terrasse, a bien négocié le millésime et se distingue nettement.

Rive gauche, la palme revient à Saint-Estèphe, harmonieux, équilibré et homogène. Calon-Ségur brille fort et son poulain Capbern, à un prix envié, frappe un grand coup. Beychevelle, Haut-Marbuzet, Armailhac, Gloria et Saint-Pierre, Giscours, Boyd-Cantenac, Brane-Cantenac (toujours au top) poursuivent sur la voie de l’excellence. Palmer, qui n’a pas produit de second vin cette année (Alter Ego) avec des rendements lilliputiens de 11 hl/ha, explose d’un fruit frais et d’une texture à la fois puissante et veloutée. Il se rapproche à grands pas des sommets.

Enfin, on doit absolument parler de quelques belles réussites à tarifs plus doux comme le bordeaux supérieur Pey la Tour Réserve (environ 10 euros), La Garde à Pessac et Belgrave.

Seul bémol à ce jour, les crus de Barsac et de Sauternes qui ont souffert des conditions climatiques. Sigalas-Rabaud tire son épingle du jeu.

Les préférés du moment de Thierry Desseauve

Château Phélan-Ségur, saint-estèphe
« Le meilleur phélan depuis 1998 »

Château Palmer, margaux
« Avec 11 hectolitres à l’hectare, un palmer rare et génial. Un sommet du millésime. »

Château Calon-Ségur, saint-estèphe et Château Capbern, saint-estèphe
« Duo de charme et de style dans une appellation saint-estèphe où les réussites ne manquent pas. »

Château La Garde, pessac-léognan
« La Garde, la valeur qui monte en pessac-léognan. »

Château Saint-Pierre, saint-julien
« Sculptural et viril, un saint-pierre pour l’éternité (ou presque). »

Château Giscours, margaux 2018
« La profondeur et la race, un très grand giscours. »


Wie schon Quarin anmerkte, die wasserreichsten Boeden in den kuehlsten Lagen haben wohl gesunde Weine produziert. Mal sehen, wie der Titänchenkampf Capbern vs. Meyney ausgeht dieses Jahr...

Cheers,
Ollie
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Figeac78
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Re: Bordeaux 2018

Beitrag von Figeac78 »

Angeregt durch die Diskussion hier über Bdx im burgundischen Stil aber auch die aktuellen Beiträge im Bernhard-Huber-Thread und im Priorat-Hammer-Thread mal ein paar Gedankenschnipsel von mir.

„Out“ scheinen mir aktuell u.a. zu sein: parkerisierte Weine, Starke Extraktion, Überreife, hohe Alkoholwerte, Spanische, australische und kalifornische Rotweine

„In“ scheinen mir aktuell u.a. zu sein: Burgunder, burgundische Bdx, burgundische deutsche Spätburgunder und Chardonnays, „mineralische“ Rieslinge und Sylvaner, cool climate Syrahs, Weine mit einer "frischen, trinkanimierenden" Säure

Ich muss gestehen auch meine persönlichen Vorlieben haben sich zumindest teilweise von den „Outs“ in der Vergangenheit zu den „Ins“ in der Gegenwart gewandelt. Fragt sich nur warum? Aus mir selbst heraus? Durch zunehmendes Alter und zunehmende Weinerfahrung? Oder vielleicht durch eine subtile Beeinflussung durch Weinmedien? Was komm aus uns selbst und was von außen?

Das alles gilt natürlich erstmal nur für den deutschsprachigen Raum, den ich etwas verfolge. Wie das in anderen Teilen Europas, in Asien und Amerika aussieht, wäre noch ein andere Geschichte. Hat von euch jemand dazu vertiefte Eindrücke aus diesen Regionen?

Was könnte das für die Bdx 18 Sub (in Deutschland) bedeuten? Ich denke Bdx 18 tendiert eher zu den „Outs“. Die vermuteten Preise werden auch nicht kaufanimierend wirken. Ausnahmen werden die Regel bestätigen, insbesondere aktuell gehypte Weine (Les Carmes HB, Calon Segure, VCC, Canon etc.) und evtl. solche, denen ausreichend „In“-Attribut angehängt werden. Wie schon gesagt mag das in anderen Teilen der Welt wieder anders aussehen (mit Ausnahme der Hypes, die überall gehen). Der deutschsprachige Raum ist, obwohl kein unwichtiger Markt, ja sicher nicht der Nabel der Bdx-Welt.
Herzliche Grüsse,
Detlef
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Jochen R.
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Re: Bordeaux 2018

Beitrag von Jochen R. »

Danke Ollie für die Notizen von B&D - das ist mal eine erfrischend
kurz & knackige Zusammenfassung über und v. a. mit Weinen im
bezahlbaren Bereich, die es dann (für mich) weiter Verfolgen lohnt.
Bitte weiter so ...

Viele Grüße,
Jochen
"Viele haben eine Meinung, aber keine Ahnung." (Franz Müntefering)
TOM
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Re: Bordeaux 2018

Beitrag von TOM »

Ich finde es Klasse, dass man endlich wieder so richtig was los ist hier im Forum. Ich war die ganze Zeit ruhig und habe nur im Hintergrund mitgelesen, muss jetzt aber doch mal zu einigen Punkten "meinen Senf dazugeben".
medoc hat geschrieben:Irgendwie ist bei Lobenberg doch alles supertoll.
Ja, und das war schon immer so bei "Best-Ever-Lobenberg" :-)
Er ist eben Weinhändler und das muss man bei seinen Verkostungen immer im Hinterkopf haben.

Wenn man das im Hinterkopf hat, gewinnen einige Aussagen durchaus Bedeutung. Wenn Lobenberg, der eher fette Weine wie bspw. den Seguin sehr hoch bewertet sagt: "Viele reife und feine Weine, manche überreif, manche überextrahiert, manche Weine sind trotz ihrer Üppigkeit einfach zu kurz.", dann stimmt mich das für 2018 durchaus skeptisch und erinnert mich an 2015. Der Jahrgang wurde auch hochgelobt und ist im Nachgang (wie man auch hier im Weinforum lesen kann) wohl eher "gut", aber nicht "sehr gut" oder gar "herausragend".
Sauternes hat geschrieben: ...ich habe das mit der Weltklasse so verstanden, das LOB nicht totale Weltklasse meint, sondern halt im Bereich bis 25€, also praktisch nicht Meister der 1. Bundesliga sondern Meister in der Regionalliga...
und ja Heiko, so sehe ich das auch. Lobenberg wendet seine Punkteskala auf die Weine bis 25 Eur (oder seinen wir fair) vielleicht noch bis 50 Eur an. Damit ist dann irgendwann kein Platz mehr und er brächte eine Skala bis 110 Punkte. Aber auch das wissen wir ja und gerade in dem Umfeld bis 30 Eur findet man bei ihm einige wirklich gute Einstiegsweine auf die man auch nicht Jahrzehnte mit dem Genuss warten muss. Und ich kann Dir sagen, auch ein Regionalliga-Spiel kann spannend sein und schont auch noch den Geldbeutel :-)
medoc hat geschrieben: ... aber Charmail ist mit 95+ Punkten der sleeper of the vintage.
Ich mag bspw. den Charmail und er meint: "Charmail in Haut Medoc war ein weiteres 93-94 Punkte Highlight aus dem Haut Medoc, klar vor Sociando Mallet." Mal abgesehen davon, dass die 93-94 Punkte vielleicht ein Tippfehler sind, finde ich es schon interessant, dass er den Nachbarn Sociando Mallet, der das 1,5-fache bis 2-fache kostet so deklassiert. Da muss man sich mal anschauen, wie andere diese beiden Weine beurteilen.
Nur am Rande: Ich würde dem Charmail in guten Jahrgängen zwischen 89 und 92 Punkte (je nach Jahrgang) geben, aber keine 95+ (wobei ich 2016 und 2018 noch nicht kenne).
Sauternes hat geschrieben: Es gibt auch ein paar Neuentdeckungen, Chateau Robin aus Castillion und Chateau Teynac aus Saint Julien damit hat er die perfekte Weltklasse im Einstiegsbereich der Village-Appellationen unter 25 Euro gefunden, so seine Bemerkungen.
… und genau deshalb mag ich auch seine Berichte. Es gibt immer mal wieder was Neues zu entdecken. Man muss ja nicht gleich einen 12er subsen und kann als "Stammkude" auch ohne Porto mal eine Einzelflasche oder einen 3er-Pack bestellen. Für Neugierige ist das ein klasse Service.

Ich wollte jetzt hier "keine Lanze für Lobenberg brechen", bin aber schon der Meinung, dass seine Reiseberichte (wenn man sie richtig einzuordnen weiß) zumindest für mich eine Bereicherung sind.
Man muss immer etwas haben, worauf man sich freut. (Eduard Mörike)
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