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Re: Interessant: Spontanvergärung

Verfasst: Mi 17. Aug 2011, 16:31
von Rieslingmaster
BuschWein hat geschrieben:Kann es sein, dass das Thema Spontan vs. Reinzuchthefe in Deutschland ein so großes ist, weil hier auf breiter Front bei den Topwinzern keine so starke Bio-Bewegung vorhanden ist, wie im Rest Europas, aber auch zum Teil in Übersee.

Dass so das Thema Spontangärung die Möglichkeit ist, sich als anders (im Sinne von Besser) zu profilieren?

Denn auch hier kamen wieder viele Postings in sehr kurzer Zeit, wie bei sonst kaum einem Thema.

Ich fände zum Beispiel das Thema Klone viel interessanter als das Thema Hefe, aber ich wette da würde kaum eine Diskussion aufkommen.
Hallo Armin,

warum das Thema so hipp ist doch klar, der Riesling ist eher fruchtig leicht und filigran in seiner Art und Korkstinker und Hefen lassen sicher viel schneller riechen als bei anderen Sorten.

Zum Thema Klone:

es liegt halt daran, dass sich bei Klonen nur wenige Weinliebhaber auskennen und die Lagen meist sehr unterschiedlich bestockt sind (ausser bei flurbereinigten Lagen) und es somit sehr schwierig ist, welcher Klone und welche Unterlage nun das Mass aller Dinge ist.

Gruss

Dominik

Re: Interessant: Spontanvergärung

Verfasst: Mi 17. Aug 2011, 16:40
von Bernd Schulz
Einen interessanten Ansatz dazu gibt es übrigens von der Domäne Wachau: hier werden die Einzellagen bewusst mit speziell ausgewählten Reinzuchthefen (für jede Lage unterschiedlich) vergoren, um den besonderen Charakter der Lage richtig zum Ausdruck zu bringen.
Bei Bassermann-Jordan hat man Gerüchten zufolge eine Zeit lang ähnlich gearbeitet.

Vielleicht ließe sich diese Form der Lageninterpretation ja noch intensiver gestalten, indem man je nach Lage zusätzlich unterschiedliche Enzyme beigibt... :twisted: :mrgreen:

Beste Grüße

Bernd

Re: Interessant: Spontanvergärung

Verfasst: Mi 17. Aug 2011, 16:48
von DerFranki
Kann es denn sein, dass viele hier dem Winzer und seinem Produkt einfach nicht mehr trauen, wenn er Reinzuchthefen oder Aromahefen einsetzt?

Da ist also ein Winzer, der ein „Naturprodukt“ ganz „handwerklich“ herstellt.
Es ist ein Familienbetrieb, sein Generation im Geschäft, es wird mit der Hand gelesen und permanent in Keller und Probierstube investiert..... kurzum, hier werkelt eine rundum ehrliche Haut und lässt sich für seine Produkte feiern.


Und dann erfahren wir (meist nur auf Nachfrage), dass er bei einem ganz entscheidendem Faktor so ganz und gar nicht „ehrlich“, „traditionell“ und „handwerklich“ arbeitet, dass er vielleicht den Großteil des Geschmacks durch zugekaufte (Aroma-)Hefen in die Flasche kommt.

Ich weiß ja nicht wie es Euch geht.
Mein Misstrauen ist nun geweckt.
Ich traue dem Winzer nun noch ganz andere Sachen zu.
Mich macht gar nicht so sehr der Einsatz dieser Hefen misstrauisch, es ist vielmehr das Bild, was Winzer gerne von sich zeichnen, was dann aber so ganz und gar nicht zur Hefezugabe passt.

Meine Oma hätte jetzt gesagt:
Wer einmal lügt, dem traut man nicht!

Wenn auch die Winzer nicht wirklich gelogen haben, so versuchen doch sehr viele diesen Hefeeinsatz erst einmal nicht zu erwähnen.
Über neue Edelstahkeller, steillagentaugliche Traktoren, teuren Fassausbau, teure Handlese und über errungene Trauben und Sterne geben die Winzer gerne Auskunft, beim Hefeeinsatz wirken sie zugeknöpft.

Re: Interessant: Spontanvergärung

Verfasst: Mi 17. Aug 2011, 16:51
von T's Weinblog
Da kenne ich jetzt auch einige Gegenbeispiele (z.B. Geiger jun./Franken oder unser geliebter Herr Niewodniczanski), aber da hast du durchaus Recht. Irgendwoher muss das Misstrauen kommen!

Re: Interessant: Spontanvergärung

Verfasst: Mi 17. Aug 2011, 17:02
von octopussy
DerFranki hat geschrieben: Ich weiß ja nicht wie es Euch geht.
Mein Misstrauen ist nun geweckt.
Ich traue dem Winzer nun noch ganz andere Sachen zu.
Mich macht gar nicht so sehr der Einsatz dieser Hefen misstrauisch, es ist vielmehr das Bild, was Winzer gerne von sich zeichnen, was dann aber so ganz und gar nicht zur Hefezugabe passt.
Man kann es auch übertreiben... Vertrau doch einfach deinem eigenen Geschmack, damit fährst du wahrscheinlich am besten.

Re: Interessant: Spontanvergärung

Verfasst: Mi 17. Aug 2011, 17:23
von BuschWein
Da ist also ein Winzer, der ein „Naturprodukt“ ganz „handwerklich“ herstellt.
Da fängt das erste Mißverständnis an, Wein ist kein Naturprodukt sondern ein Kulturprodukt. Ohne den Einfluß des Menschen geht gar nichts.
Und dann erfahren wir (meist nur auf Nachfrage), dass er bei einem ganz entscheidendem Faktor so ganz und gar nicht „ehrlich“, „traditionell“ und „handwerklich“ arbeitet, dass er vielleicht den Großteil des Geschmacks durch zugekaufte (Aroma-)Hefen in die Flasche kommt.
Auch diese Aussage halte ich für sehr gewagt, ich kenne keinen großartigen Wein, wo der "Großteil des Geschmacks" durch "zugekaufte" Aromenhefen zustande kam.

Winzer erzählen auch sonst nicht viel darüber welche Herbizide und Fungizide sie ausbringen etc. Das Problem ist doch dass der größte Teil der Konsumenten lieber gar nicht wissen will, wie Lebensmittel in der mechanisierten und chemisierten Landwirtschaft erzeugt werden.

Gerade auch in Deutschland gibt es eine herrliche Schizophrenie zwischen Anspruch und Handeln beim Verbraucher. Jeder wünscht sich den kleinen, handwerklich arbeitenden Landwirt, einen Hof auf dem vom Schaf bis zur Ziege, Hunde, Katzen und anderes Getier lustig umherspringen. Aber bezahlen wollen das kaum welche. Diese romantisierende Anspruchshaltung verleitet leider immer wieder Erzeuger, auch beim Wein dazu genau dieses Bild zu unterstützen.

Man schaue sich mal die Etiketten der billigsten Weine im Supermarkt an, immer noch gern genommen der Winzer mit der blauen Kellerschürze und einer Kerze in der Hand, wie er am Holzfass steht und einen Wein in einen Krug abfüllt. Ein Bild das mit der Realität nichts zu tun hat, aber trotzdem gewollt ist.

Wen ich mir auch hier einige Argumente so anschaue, dann sehe ich auch eine hohe Korrelation zwischen Spontangärung und der Rebsorte Riesling. Bei den meisten anderen Rebsorten wird das gar nicht so kategorisch gefordert. Hat das vielleicht auch etwas damit zu tun, dass der Riesling ungern wirklich trocken auf die Flasche gebracht wird?

Sprich mit Spontangärung ist der Restzucker einfach "natürlicher" zu erklären als mit Reinzuchthefen, denn bei der Spontangärung "weiß doch jeder" dass die Gärung schon mal restsüß stehen bleiben kann.

Auch interessant, dass insbesondere von den Freunden der restsüßen Rieslinge das hohe Lied auf die "Natürlichkeit" der Hefen gesungen wird, aber dass der gleiche Wein bevor er natürlich zum Gärstopp kommt, durch Kühlung oder Schwefel gestoppt wird und so doch viel mehr in ein "unnatürliches", süßes Geschmacksbild gepresst wird, das ist kein Problem.

So ganz verstehe ich diese Diskrepanz nicht.

Re: Interessant: Spontanvergärung

Verfasst: Mi 17. Aug 2011, 17:28
von DerFranki
BuschWein hat geschrieben:Auch diese Aussage halte ich für sehr gewagt, ich kenne keinen großartigen Wein, wo der "Großteil des Geschmacks" durch "zugekaufte" Aromenhefen zustande kam.
Du kennst keinen großartigen Wein, wo das so ist? :o

Ich würde doch sagen, das ist bei jedem Wein so, der unter Zuhilfenahme von RZH hergestellt wurde.
Weswegen sonst macht es der Winzer wohl???


Es ist auch nicht nötig hier jemanden in die Ecke des blöden Billigheimers zu stellen, der sein Essen bei MacDoof kauft und glaubt die Kühe wären lila.

Nee, tut nicht not.

Re: Interessant: Spontanvergärung

Verfasst: Mi 17. Aug 2011, 17:59
von BuschWein
Ich würde doch sagen, das ist bei jedem Wein so, der unter Zuhilfenahme von RZH hergestellt wurde.
Weswegen sonst macht es der Winzer wohl???
Vielleicht macht er es, weil er es sich bei seiner Produktionsmenge nicht erlauben kann, dass ein Teil nicht ganz durchgärt, oder dass er Fehltöne im Wein hat, die seine Kunden nicht goutieren.

Vielleicht ist er aber schlicht davon überzeugt, dass er mit Reinzuchthefen das bessere Ergebnis erreicht, das heißt aber doch nicht dass der Großteil des Geschmacks von den Reinzuchthefen kommt, da gibt es schon noch ein paar mehr Dinge beim Weinbau, die für den Geschmack eines Weins ausschlaggebend sind.
Es ist auch nicht nötig hier jemanden in die Ecke des blöden Billigheimers zu stellen, der sein Essen bei MacDoof kauft und glaubt die Kühe wären lila.
Aber einem Winzer vorwerfen er "lügt und/oder betrügt" weil er Reinzuchthefen verwendet ist besser?

btw. habe ich niemand als blöden Billigheimer hingestellt. Ich frage mich nur warum sich viele an den Hefen aufhängen, aber die Frage wie Wein im Weinberg erzeugt wird weniger spannend zu sein scheint.

Re: Interessant: Spontanvergärung

Verfasst: Mi 17. Aug 2011, 18:04
von DerFranki
BuschWein hat geschrieben: Vielleicht macht er es, weil er es sich bei seiner Produktionsmenge nicht erlauben kann, dass ein Teil nicht ganz durchgärt, oder dass er Fehltöne im Wein hat, die seine Kunden nicht goutieren.
Eben. Er macht es um etwas zu erreichen, was er sich ohne den Einsatz von RZH nicht zutraut.
BuschWein hat geschrieben: btw. habe ich niemand als blöden Billigheimer hingestellt.
Genau das hat Du versucht.
Und Du weißt es.

Re: Interessant: Spontanvergärung

Verfasst: Mi 17. Aug 2011, 18:10
von Gerald
Ich würde sehr ersuchen, auf einer sachlichen Ebene ohne persönliche Angriffe zu bleiben - auch bei einem so emotional behafteten Thema wie Spontanvergärung.

Vielen Dank,
Gerald