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Re: VDP Zu- und Abnahme

Verfasst: Sa 6. Apr 2013, 19:11
von Bernd Schulz
Nein, meines Wissens nach nicht. In Bordeaux gibt es die Union des Grand Crus de Bordeaux, die die Interessen der klassifizierten Güter vertritt - allerdings sind nicht mehr alle "Klassifizierten" Mitglied, und insgesamt agiert man sehr zurückhaltend.
Interessant. Und warum brauchen wir dann hier unbedingt einen Nobelverband á la VDP? Deutsche Vereinsmeierei? :twisted:
es sind in den vergangenen Jahren doch einige GGs aufgetaucht, die qualitativ das, was in Deutschland an trockenen Weinen zuvor produziert wurde, für meinen Begriff ganz klar übersteigen. Die Namen der jeweiligen Winzer sind allerdings immer die gleichen.
Die Frage, ob durch die Einführung der GGs im Bereich des trockenen deutschen Weißweins ein Quantensprung stattgefunden, lässt sich für mich eben nicht so eindeutig mit "ja" beantworten.

Von Betrieben wie Müller-Catoir (heute trotz inzwischen erfolgter Aufnahme in den VDP und daraus folgender Beteiligung am GG-Zirkus schwächer als früher), Christmann, v. Buhl (heute schwächer als früher), J.B. Becker oder Koehler-Ruprecht (!!) habe ich grandiose trockene Weine aus den 90gern getrunken, von Dönnhoff sogar ganz hervorragende Sachen aus den späten 80ern. Sind die heutigen Spitzen-GGs wirklich so viel besser? Zum Teil sind sie - vielleicht auch klimatisch bedingt - fetter, das stimmt....

Die qualitative Verbesserung, die die Einführung der GGs in Deutschland angeblich gebracht haben soll, wird meines Erachtens grob überschätzt - und zwar aus psychologischen Gründen.

Beste Grüße

Bernd

Re: VDP Zu- und Abnahme

Verfasst: Sa 6. Apr 2013, 20:38
von UlliB
Bernd Schulz hat geschrieben:
Nein, meines Wissens nach nicht. In Bordeaux gibt es die Union des Grand Crus de Bordeaux, die die Interessen der klassifizierten Güter vertritt - allerdings sind nicht mehr alle "Klassifizierten" Mitglied, und insgesamt agiert man sehr zurückhaltend.
Interessant. Und warum brauchen wir dann hier unbedingt einen Nobelverband á la VDP? Deutsche Vereinsmeierei? :twisted:
Hallo Bernd,

in Frankreich ist der Staat, was die Weiterentwicklung des AOC-Systems und die Definition und Durchsetzung vom Qualitätsstandards im Weinbau betrifft, im Vergleich zu Deutschland überaus agil. Ob nun alles, was da passiert, richtig ist, kann man sicherlich diskutieren - immerhin passiert da aber überhaupt etwas. In Deutschland hat sich der Staat seit dem unseligen 71er Gesetz aus der Regulierung des Weinbaus fast völlig zurückgezogen. Auch die Chance, die die eigentlich obligatorische Umsetzung des neuen EU-Herkunftsrechtes geboten hätte, hat man willentlich verstreichen lassen; man hat sich bräsig darauf beschränkt, den Status quo im Bezeichnungswesen als "traditionelle Bezeichnungen" zu zementieren.

Dass da ein Verein, dessen Selbstverständnis es ist (ob nun berechtigt oder unberechtigt), die qualitative Spitze des deutschen Weinbaus zu repräsentieren, in die förmlich gähnende Lücke hineingestoßen ist, ist so ungewöhnlich nun nicht. Dass dieser Verein mit seinen Ambitionen wegen offensichtlicher methodischer Inkompetenz krachend gescheitert ist, ist kein Grund zur Häme. Denn dass das deutsche Bezeichnungsrecht einer grundsätzlichen Entrümpelung und Erneuerung bedarf, bleibt eine Tatsache.

Gruß
Ulli

Re: VDP Zu- und Abnahme

Verfasst: So 7. Apr 2013, 21:25
von Bernd Schulz
Dass dieser Verein mit seinen Ambitionen wegen offensichtlicher methodischer Inkompetenz krachend gescheitert ist, ist kein Grund zur Häme.
Ja, hast ja Recht, Ulli. Auf mich wirkt der VDP, je genauer ich ihn betrachte, halt zunehmend abstoßender. Diese Mischung aus Inkonsequenz, Starrheit, Konfusion und einem verstaubten Landjunker-Habitus (wenn ich hier lese, dass ein repräsentatives Gutsgebäude für die Mitgliedschaft zwingend erforderlich ist, bekomme ich grüne Pickel) setzt in mir ungute Emotionen frei.....
In Deutschland hat sich der Staat seit dem unseligen 71er Gesetz aus der Regulierung des Weinbaus fast völlig zurückgezogen. Auch die Chance, die die eigentlich obligatorische Umsetzung des neuen EU-Herkunftsrechtes geboten hätte, hat man willentlich verstreichen lassen; man hat sich bräsig darauf beschränkt, den Status quo im Bezeichnungswesen als "traditionelle Bezeichnungen" zu zementieren.
Ich bin alles andere als ein Fan des Weingesetzes von 71 und habe früher oft genug dagegen tiradiert. Aber inzwischen glaube ich, dass "der Staat" mit seiner Legislative nur für absolute Minimalstandards sorgen kann. Ein neues Weingesetz würde für den deutschen Weinbau lediglich marginale Folgen zeitigen; die eigentliche Verantwortung liegt mitnichten beim Staat, sondern bei den Erzeugern selber. Und wenn ein Verein, der den Anspruch erhebt, die absolute Elite dieser Erzeuger zu repräsentieren, nicht in der Lage ist, seinen Mitgliedern klare und einigermaßen konsequente Maßstäbe vorzugeben (siehe die zahllosen GGs, die eigentlich keine sind), macht er sich in meinen Augen ziemlich überflüssig.

Nix für ungut und herzliche Grüße

Bernd

Re: VDP Zu- und Abnahme

Verfasst: So 7. Apr 2013, 22:16
von Alas
Hallo!

Manches, was hier geschrieben wurde, so richtig es auch ist, dürfte den normalen Kunden nicht so sehr interessieren, und den in Singapur, Tel Aviv oder Marbella noch weniger, sollte es da mal deutschen Wein geben.
Bei den Beispielen zu Lagenqualifikationen in Frankreich, wurde geschrieben, daß es sich dabei auch im etwas historisch Gewachsenes handelt. Nun ist die Historie in Deutschland Kleinstaaterei und in der Gegenwart Vielländerei. Die Zentralmacht kam in Deutschland recht spät, und sieht man vom dritten Reich ab, auch nie richtig stark. Das preußischer Ordnungssinn damit seine Probleme hat, liegt auf der Hand, ist aber nun mal deutsche Realität
Immer häufiger treffe ich auf den Webseiten der Winzer auf die Darstellung und/oder Beschreibung einer Qualitätspyramide, sowohl bei VDP-Mitgliedern:

http://www.weingut-philipp-kuhn.de/weine.html

als auch außerhalb:

http://www.weingut-porzelt.de/index.php ... sere_Weine

Mir gefällt das ganz gut.

Gruß

Alas

Re: VDP Zu- und Abnahme

Verfasst: So 7. Apr 2013, 23:26
von MichaelWagner
Würde ja auch gerne ne preußische Pyramide bauen, habe aber ausschließlich Lagenweine im Sortiment, was tun:)?

Re: VDP Zu- und Abnahme

Verfasst: So 7. Apr 2013, 23:31
von Alas
MichaelWagner hat geschrieben:Würde ja auch gerne ne preußische Pyramide bauen, habe aber ausschließlich Lagenweine im Sortiment, was tun:)?
Bei dir ist es schon steil genug. ;)
Breite alles schön in der Ebene aus.

Gruß

Alas

Re: VDP Zu- und Abnahme

Verfasst: Mo 8. Apr 2013, 13:06
von octopussy
MichaelWagner hat geschrieben:Ja und laut Lanwirtschaftskammer Rheinland Pfalz wurden in 2012 an der Mosel 739.816 Heltoliter Weißwein von Weingütern zur qualitätsweinprüfung angestellt und in ganz Rheinland Pfalz ca. 500.000 Hektoliter nicht trockener Wein von Weingütern angestellt. Selbst wenn diese restsüsse Menge zu 50 % auf die Mosel gerechnet wird, bleiben noch 75% trockene Moselweine übrig. Sorry, vergiss das DWI in dieser Hinsicht. Das sind umfragewerte. Bei der LWK wird jeder Liter angemeldet.

Ps: 2011: 709.603 hektoliter
MichaelWagner hat geschrieben:Es gibt in der Statistik auch die Zahlen die sich ausschließlich auf Weingüter beziehen und Kellereien (handel) und Genossenschaften außen vor lassen. Das sind die Zahlen die ich genannt habe, da wir ausschließlich über Weingüter gesprochen haben. Denn an dem statistisch extrem hohen Wert für Süsswein von der Mosel ist vor allem diese Kellerei "Schuld". Von den genannten 534.000 Hektoliter Süsswein von der Mosel entfallen ca. 300.000 auf diese Kellerei. Und es gibt im Anbaugebiet noch 2-3 weitere Kellereien dieser Größenordnung. Der Süsswein geht zu 80% auf deren konto.
Um noch einmal auf den Anteil trockener Weine an der Mosel zurückzukommen. Michael, deine Rechnung ist erstens völlig unverständlich und mischt zweitens Zahlen durcheinander, wild aus Statistiken der LWK-RLP und des DWI (obwohl die ja laut dir ungenau sein sollen). Deine Rechnung ist die folgende:

- 739.816 hl Weißwein zur Qualitätsweinprüfung an der Mosel (von Weingütern): Quelle: LWK-RLP
- Ca. 500.000 hl nicht trockener Wein in ganz RLP, davon 50% auf die Mosel gerechnet (unklar, ob von Weingütern und/oder Handel und/oder WG/EZG), also abzüglich 250.000 hl? Quelle: unklar, wohl DWI
- Unklar, wie der Anteil von Großkellereien berücksichtigt wird.

Fehler 1: Die genannten 739.816 hl Weißwein zur Qualitätsweinprüfung sind keine Zahlen für Weingüter, sondern dürften jedenfalls die WG/EZG und evtl. auch den Handel umfassen.

Fehler 2: Bei den Weingütern ist (in ganz RLP) laut der LWK-Statistik die Menge der nicht-trockenen (heißt: halbtrocken, lieblich, süß) Weine nicht 534.000 hl, sondern 672.668 hl (davon 269.843 hl halbtrocken, 295.163 hl lieblich, 107.689 süß). Die von dir genannten 534.000 hl sind die Menge süßer Weine (ohne halbtrocken) an der Mosel 2011 aus der DWI-Statistik., nicht aus der LWK-RLP Statistik.

Fehler 3: Es werden nicht nachvollziehbar erklärt Mengen von Großkellereien herausgerechnet.

Es leuchtet schon einmal überhaupt nicht ein, warum die DWI-Statistiken nicht stimmen sollen. Die zur Qualitätsweinprüfung angestellten Mengen, die in die DWI und die LWK-RLP Statistiken eingingen, stimmen überein:

DWI: Mosel 2011: 776.000 hl
LWK-RLP: Mosel 2011: 775.408 hl (du musst hier Weißwein, Rotwein und sonstige zusammenzählen, denn die DWI Statistik unterscheidet nicht nach Weinfarbe).

Wieviel von den 776.000 hl an der Mosel trocken sein sollen, ergibt sich aus der DWI Statisik (18,5%), nicht aber aus der LWK-RLP Statistik. Also nochmal die Frage: selbst wenn die DWI-Zahlen auf Umfragen basieren, warum sollten die Befragten ihren Anteil an trockenen Weinen zu niedrig angeben?

Zu deinem Punkt, dass man Großkellereien herausrechnen muss: Ob die 300.000 hl Süßwein einer Großkellerei (Mertes KG?) stimmen, kann ich nicht nachprüfen. Selbst wenn man (in der DWI-Statistik, denn auf die Süßweinzahlen beziehst du dich ja) bei den Süßweinen 300.000 hl abziehen würde (wobei man bei den trockenen und halbtrockenen Weinen auch noch hl abziehen müsste, denn die Großkellereien stellen ja nicht nur Süßwein her), käme man auf folgende Zahlen:

Gesamtmenge: 476.000 hl (776.000 hl - 300.000 hl Großkellerei)
Trockene Weine: 144.000 hl (ohne Abzug Großkellerei)
Halbtrockene Weine: 97.000 hl (ohne Abzug Großkellerei)
Süße Weine: 234.000 hl (534.000 hl - 300.000 hl Großkellerei)

Selbst bei dieser Rechnung käme man anhand der DWI Statistik auf einen Anteil der trockenen Weine an der Gesamtmenge der zur Qualitätsweinprüfung angestellten Weine von knapp 30%.

Selbst wenn man noch weiter ginge und bei den Süßweinen nur 20% der DWI-Menge ansetzen würde (da ja laut dir 80% der an der Mosel erzeugten Süßwein-Menge auf das Konto von drei Großkellereien/WG/EZG gehen) und keine entsprechenden Abschläge bei den trockenen und halbtrockenen Weinen vornehmen würde, käme man auf folgende Zahlen:

Gesamtmenge: 348.800 hl (776.000 hl - 427.200 hl Großkellerei. Der Abzug ergibt sich aus folgendem: Zieht man von 534.000 gemeldeten hl Süßwein 80% ab, kommt man auf 106.800 hl. Die Differenz zwischen EUR 534.000 und 106.800 ist 427.200)
Trockene Weine: 144.000 hl (ohne Abzug Großkellerei)
Halbtrockene Weine: 97.000 hl (ohne Abzug Großkellerei)
Süße Weine: 106.800 hl (534.000 hl - 427.200 hl Großkellerei)

Selbst in dieser völlig unrealistischen Rechnung (da Abzüge nur bei süßen Weinen, nicht aber bei trockenen und halbtrockenen Weinen) beträgt der Anteil der trockenen Weine nur 41%.

Anhand der LWK-RLP Zahlen kann man den Anteil trockener Weine an der Mosel an sämtlichen Weinen von Weingütern nicht sicher ausrechnen. Es gibt aber die Statistik für den Anteil trockener Weine an allen Weinen von Weingütern für ganz Rheinland-Pfalz. Der beträgt 52,2% (2011), ist also auch weit von den behaupteten 70-75% entfernt. Wenn man auf deine 70-75% kommen wollte, müsste der Anteil trockener Weine an der Mosel deutlich höher liegen als an der Ahr, in der Pfalz, in Rheinhessen und am Mittelrhein. Das ist völlig unplausibel, gerade wenn man die %-Zahlen trockener Weine laut DWI Statistik in den rheinland-pfälzischen Anbaugebieten außer der Mosel heranzieht (wo der Anteil trockener Weine jeweis HÖHER ist als an der Mosel).

Wirklich nach jeder Rechnung kommt man nicht auf deine behaupteten 70 oder 75%.

Und falls du hierauf antworten willst, bitte ich um eine logisch nachvollziehbare, begründete und nicht mal eben schnell dahingeschluderte Gegenrechnung.

Re: VDP Zu- und Abnahme

Verfasst: Mo 8. Apr 2013, 13:38
von sorgenbrecher
stephan, danke für diesen aufwand das ganze nachzuvollziehen !
das ist das mit weitem abstand nachvollziehbarste und substanziellste, was zu dem thema anteil der trockenweine hier in diesem thread geschrieben wurde.

Re: VDP Zu- und Abnahme

Verfasst: Mo 8. Apr 2013, 16:09
von Markus Vahlefeld
Ja octopussy, wirklich vielen Dank dafür. Mir ging es nach vielem Hin- und Herrechnen genauso.

Vor allem der Kellereiabzug scheint mir sehr willkürlich, weil nirgends stabil angegeben wird, wieviel MOSELwein die grossen Kellereien wirklich abfüllen. Ein Unternehmen wie Mertes füllt m.K.n. viel mehr Weine aus anderen Anbaugebieten ab als Moselwein.

Re: VDP Zu- und Abnahme

Verfasst: Mo 8. Apr 2013, 16:12
von C9dP
Hallo Stephan,

jetzt weiß ich auch, wo ich meinen Gedankenfehler hatte. Hab in meiner Nachrechnung der Kellereigröße von 300 Thl auch nur auf die Weingutssüßweingröße gerechnet. Daher erschienen mir dann auch die 70% trocken nachvollziehbar.

@ Markus: Sorry, hab die PN gerade erst gelesen. War mein Gedankenfehler.