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Re: Bordeaux 1995
Verfasst: Di 2. Okt 2012, 22:38
von Ostbelgier
Clerc Milon 1995 präsentiert sich heute als dezent hedonistischer Tropfen in schöner Reife. Sicher ein hervorragender Esswein durch seine schöne Säure und das reife Tannin, aber auch solo macht er mir Spass mit seinem dezenten Reiferand und seiner vollmundigen Würze am Gaumen. Begleitet sowohl Bachs Wohltemperiertes Klavier mit Edwin Fischer, als auch Chansons mit Jacques Brel. Ich würde beginnen, ihn auszutrinken, jedoch ohne Eile.
Viele Grüße
Markus
Re: Bordeaux 1995
Verfasst: Di 2. Okt 2012, 22:53
von vanvelsen
Ostbelgier hat geschrieben:Clerc Milon 1995 präsentiert sich heute als dezent hedonistischer Tropfen in schöner Reife. Sicher ein hervorragender Esswein durch seine schöne Säure und das reife Tannin, aber auch solo macht er mir Spass mit seinem dezenten Reiferand und seiner vollmundigen Würze am Gaumen. Begleitet sowohl Bachs Wohltemperiertes Klavier mit Edwin Fischer, als auch Chansons mit Jacques Brel. Ich würde beginnen, ihn auszutrinken, jedoch ohne Eile.
Viele Grüße
Markus
Sehr schön beschrieben - ich denke, die Cello Suiten von Bach dürfen auch ganz gut passen. Morgen öffne ich einen 95er Clerc und werde berichten...
Re: Bordeaux 1995
Verfasst: Di 2. Okt 2012, 23:06
von Ostbelgier
Ja, die geliebten Cellosuiten von Bach...bei dem elegant- zurückhaltenden Clerc Milon, der mir niemals laut vorkommt, würde ich die Einspielung mit Pierre Fournier bevorzugen.
Ich bin gespannt, wie Du den 95er siehst...
Viele Grüße
Markus
Re: Bordeaux 1995
Verfasst: Di 2. Okt 2012, 23:25
von vanvelsen
Ostbelgier hat geschrieben:Ja, die geliebten Cellosuiten von Bach...bei dem elegant- zurückhaltenden Clerc Milon, der mir niemals laut vorkommt, würde ich die Einspielung mit Pierre Fournier bevorzugen.
Ich bin gespannt, wie Du den 95er siehst...
Viele Grüße
Markus
Ich werde hören (allerdings Guido Schiefen), riechen, schmecken und berichten, Gruss, A.
Re: Bordeaux 1995
Verfasst: Di 6. Nov 2012, 17:36
von Kle
Öfter habe ich mich gefragt, ob dieser Wein eine der drei Kategorien erfüllt, die einen Bericht rechtfertigen: besonders schlecht, besonders gut oder besonders aussagekräftig. Die ersten beiden Kategorien fallen sofort weg.
Chateau Larruau, Cru Bourgeois, Margaux
24 Stunden Luft taten ihm überhaupt nichts an, er schmeckte am ersten Tag genau wie am zweiten.
Wunderbare rubinrote Farbe, trotz intensiver Suche keine Altersflecken.
Eine volle Cabernetnase, dunkle Früchte, Unterholz mit einem Hauch von Moor und organischen Abbauprozessen.
Schön, wie sich beim Trinken Kaffeearomen lösen.
Weitere erste Eindrücke sind animierende, prickelnde Säure, Bratensaft, gelbe Frucht, ein feiner, mooriger Nachhall. Immer dominanter Zitrone! Dies alles aber leicht gewebt.
Die Schönheit des Weins liegt in seiner dezenten Aromatik, in Nuancen die er zurückhaltend preisgibt. Kein großer Druck, keine besondere Länge, aber er läuft selten aus, ohne noch einmal einen beeindruckenden Akzent zu setzen. „Gemachte“, aufs Publikum schielende Weine können ja in allen Preisklassen im Abgang etwas langweilig Gravitätisches haben – beim Larruau keine Spur. Als ob er aber zu große Freuden bestrafen wollte, schmeckt er regelmäßig auch leer und aussagelos. Kaut man auf ihm herum, tut sich meist doch noch irgendwas. Immer wieder schöne rote Früchte, Zitronen und Kaffeebohnen und kurzzeitig Dichte und Schmelz, als wollte er es mit allen aufnehmen.
Wirklich schlau bin ich aus dem Larruau noch nicht geworden, aber er macht große Lust auf gute Weine der fein-eleganten Art.
86-87
Gruß, Kle
Re: Bordeaux 1995
Verfasst: Fr 16. Nov 2012, 19:11
von susa
Eben im Glas einen
1995 Château Gazin
Der bereitet wirklich Trinkspaß, vor allem aber als Essensbegleiter. Es gibt Wildgulasch mit Pilzen, Serviettenknödel, Rotkohl und gerade mit den etwas süßlichen Aromen sowohl des Fleisches als auch des Rotkohls (der natürlich immer eine ordentliche Menge Preiselbeeren braucht) war es ein wirklich harmonisches Erlebnis.
Im Einzelnen: Die Farbe nicht sehr intensiv, mittleres Granatrot, auch die Nase eher schwach ausgeprägt, ein wenig Kirsche und Beeren, erdig, das Erlebnis kam mit dem Aromen im Mund, wunderschöne Kirschnote, Honig, Schokolade, Mocca, elegant, klar geschliffen, gut integrierte Säure, leicht adstringierendes Tannin und im guten Abgang Mineral und wiederum rote Beeren, 92 P
Ich denke mal, der wird sich auf diesem Niveau noch einige Zeit halten, aber sicher nicht mehr zulegen.
lieben Gruß
susa
Re: Bordeaux 1995
Verfasst: Do 22. Nov 2012, 22:21
von thvins
vanvelsen hat geschrieben:Ostbelgier hat geschrieben:Clerc Milon 1995 präsentiert sich heute als dezent hedonistischer Tropfen in schöner Reife. Sicher ein hervorragender Esswein durch seine schöne Säure und das reife Tannin, aber auch solo macht er mir Spass mit seinem dezenten Reiferand und seiner vollmundigen Würze am Gaumen. Begleitet sowohl Bachs Wohltemperiertes Klavier mit Edwin Fischer, als auch Chansons mit Jacques Brel. Ich würde beginnen, ihn auszutrinken, jedoch ohne Eile.
Viele Grüße
Markus
Sehr schön beschrieben - ich denke, die Cello Suiten von Bach dürfen auch ganz gut passen. Morgen öffne ich einen 95er Clerc und werde berichten...
Hallo Adrian,
hast du denn inzwischen gehört und getrunken?
Ich habe nicht gehört, aber getrunken, denn auch bei mir lag eine dieser Flaschen im Trinkregal und nach der Notiz von Markus habe ich mich entschlossen, hier - mit meiner ersten Flasche - nicht länger zu warten...
Nun Ja,
Château Clerc Milon; Pauillac 5eme Grand Cru Classé; 1995 rot;
das weckt erst einmal die Erwartungshaltung... Letztlich im Glas dann ein ganz netter Wein, der mich mit seiner eher eleganten, sanfter Art durchaus beeindrucken kann, die Nase ist offen, aber nicht all zu üppig, der Wein nicht tief genug, um wirklich groß zu sein, aber insgesamt vermittelt er mit seiner harmonischen und ausgereiften Art Trinkspaß - ja auch das Wort Hedonismus kann ich im Ansatz nachvollziehen. Sehr ausgewogen und glatt, ein wenig zu glatt vielleicht.
Für mich bis ca. 20, vielleicht auch grad noch 25 € okay, wahrscheinlich komme ich da mit meinem einst bezahlten Preis auch hin, nur wird man den heute nicht mehr so günstig bekommen, oder? Dann stimmt es auch nicht mehr mit dem PGV, denn bei einem Preis jenseits der 25 € geht der Rest des Geldes wohl auf den Namen.
Wer ihn früher, sprich noch günstig erworben hat, der kann sich mit mir zurück lehnen und entspannt genießen. Für mich ein exzellenter Wein - 93/100 Th.
Re: Bordeaux 1995
Verfasst: Fr 23. Nov 2012, 18:24
von Kle
thvins hat geschrieben:
Für mich bis ca. 20, vielleicht auch grad noch 25 € okay, wahrscheinlich komme ich da mit meinem einst bezahlten Preis auch hin, nur wird man den heute nicht mehr so günstig bekommen, oder? Dann stimmt es auch nicht mehr mit dem PGV, denn bei einem Preis jenseits der 25 € geht der Rest des Geldes wohl auf den Namen.
Hallo Torsten,
da legst du den Finger schön in die Wunde. Ich fürchte ja auch manchmal: Wenn ich der BDX-Faszination nur lange genug nachgehe, die Weine studiere und hier und da aufgeschnappte Eindrücke zu verifizieren versuche, kommt irgendwann heraus, dass es sich um eine ganz normale Weinregion mit unnormalen Preisen handelt. Zum Glück bin ich weit von erschöpfender Erkenntnis entfernt und werde mich wahrscheinlich ewig an der "Illusion Bordeaux" erfreuen können!
Gruß, Kle
Re: Bordeaux 1995
Verfasst: Sa 24. Nov 2012, 11:07
von thvins
Hallo Carsten,
ja zugegeben, ich war wie viele Weinfreunde im "Vor-Internet-Leben" der "Illusion Bordeaux" verfallen - überall großartige Lobeshymnen, sei es im damals allgegenwärtigen "Alles über Wein" - Heftchen, welches man zwangsläufig aus Mangel an anderen Informationsquellen las, seien es die Weinbücher, die Bordeaux immer wieder heraus stellten, seine es die Besuche vor Ort mit dem Sehen der pompösen Châteaux´s, seien es die Beteuerungen der Händler - man ahne, man legt sich hier etwas ganz besonderes hin. Oft ohne eigentlich zu wissen, was man sich dort hinlegte, denn in der Zeit vor dem Internet dachte man als Bub in der Provinz auch zwangsläufig, man sei relativ allein und verloren in der Welt des Weines. Die unmittelbare Umgebung schüttelte den Kopf, wenn sie hörte, welches Geld man für Wein ausgab... Ich kannte in der damaligen Welt zwar Leute, die gern mal Wein tranken, aber niemand mit Weinen dieses Kalibers im Keller.
Allein diese begrenzte, enge Welt war es, die die Illusion aufbauen konnte, den Mythos nähren... - und ja man begriff, dass man Jahre-, ja jahrzehntelang zu warten hatte, bis sich endlich die Offenbarungen zeigen...
Auf Offenbarungen warte ich immer noch, manchmal kommen sie auch, an der Illusion wird inzwischen immer mal wieder gekratzt, ich verkläre Bordeaux nicht mehr so wie einst, als ich Unsummen dafür ausgab, in der Hoffnung, irgendwann mit Unmengen großer Weine ein ewiges Bacchanal zu feiern...
Bordeaux - sprich auch grade die mythischen Namen, waren auch damals alles andere als billig, aber man konnte sie sich noch leisten. Für heute heranwachsende neue Weinjünger sind viele dieser klangvollen Namen preislich so weg gedriftet, dass da eine andere Form des Mythos entsteht - viele werden in der Breite nicht mehr so viele Weine dieser mythischen Namen kaufen können und müssen sich in Ersatzbefriedigung üben mit unbekannten kleinen Namen, die es zweifelsohne gibt, aber wegen derer man unmöglich in Illusionen verfällt. Dazu sind all diese Namen zu unbedeutend, zu wenig legendenhaft und legendär.
Als ich in meinem ersten Guide Hachette 1995 las, "jeder echte Weinliebhaber sei es sich schuldig, einmal im Leben Lafite probiert" - ähm getrunken zu haben, da nickte ich und legte Geld auf den Tisch - damals noch DM und zweistellig...
Nicht für das Glas wohlgemerkt...
Die Welt ist inzwischen eine andere geworden, ob ich in dieser heute noch einmal imstande wäre, mir eine Illusion Bordeaux aufzubauen, wer weiß. Vielleicht muß man das als junger Mensch aber heute auch gar nicht mehr, vielleicht ist man dank der Informationsfülle heute ohnehin gleich abgeklärter und begreift Bordeaux als das, was es wohl tatsächlich ist - als ein Weinbaugebiet mit einer Vielzahl lohnender Weine, aber nicht als das Weinmekka schlechthin.
Re: Bordeaux 1995
Verfasst: Sa 24. Nov 2012, 11:15
von Mr. Tinte
Hallo Torsten & Carsten
Und genau wegen diesen Ausführungen bleibt Bordeaux immernoch alles andere als eine normale Weinregion. Es ist sicherlich die Weinrgion mit der besten Kapitalisierung und damit auch modernisierung. Klar ist, wo viel Geld fliesst wird auch an der Qualität geschraubt. Dass es sich dabei nicht um Terroirweine handelt im Sinne Burgunds oder Pioemonts ist allen klar.