Bordeaux 2014

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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UlliB
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Re: Bordeaux 2014

Beitrag von UlliB »

Matthias Hilse hat geschrieben:Die Tatsache, dass sich mit Cos d'Estournel der Trend verfestigt, sich an den 2012er Preisen zu orientieren, stimmt für die Spitzenweine des Jahrgangs sehr zuversichtlich.
Nun, an Hand eines Weines, der den Endverbraucher en primeur mal eben 110 Euro pro 0,75L-Flasche kostet, so etwas wie die Rückkehr zu preislicher Vernunft im Bordelais auszumachen, ist wohl ein wenig gewagt. Oder muss man jetzt schon dankbar sein, wenn die Chateaubesitzer ihr "weiter, höher, mehr" für ein Jahr aussetzen?

Gruß
Ulli
Matthias Hilse
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Re: Bordeaux 2014

Beitrag von Matthias Hilse »

UlliB hat geschrieben:
Matthias Hilse hat geschrieben:Die Tatsache, dass sich mit Cos d'Estournel der Trend verfestigt, sich an den 2012er Preisen zu orientieren, stimmt für die Spitzenweine des Jahrgangs sehr zuversichtlich.
Nun, an Hand eines Weines, der den Endverbraucher en primeur mal eben 110 Euro pro 0,75L-Flasche kostet, so etwas wie die Rückkehr zu preislicher Vernunft im Bordelais auszumachen, ist wohl ein wenig gewagt. Oder muss man jetzt schon dankbar sein, wenn die Chateaubesitzer ihr "weiter, höher, mehr" für ein Jahr aussetzen?

Gruß
Ulli
An anderer Stelle hatte ich ja schon einmal eine preisliche Dichotomie des Jahrgangs "diagnostiziert"; die Weine, für die es Allokationen gibt (=Negoce-Risiko), und die "Normalos" (=Händler-Risiko). Mit den Spitzenweinen meine ich eine handvoll Weine, die, sofern der 2012er Preis wieder aufgerufen wird, für das, was sie bieten, günstig sind. Paradebeispiel für mich ist Montrose, (für mich) der Wein des Jahres. Die günstigste Offerte für 2009 liegt in D bei EUR 245,00 für 2010 bei EUR 220,00. Sollte meine Einschätzung stimmen, ist 2014 nicht weit von 2009 und 2010 entfernt. Sollte Montrose das gleiche Procedere wählen wie der ewige Konkurrent Cos, dann wäre das sehr verbraucherfreundlich. In dieser Hinsicht stimmt mich der Preis für Cos zuversichtlich. Vielleicht ist es so besser verständlich.

Herzliche Grüsse,
Matthias Hilse
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octopussy
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Re: Bordeaux 2014

Beitrag von octopussy »

Preislich ist die Kampagne jetzt an sich vorhersehbar. Preis 2012 +/- max. 5%. Bestätigt heute auch Haut Brion.

Montrose wird ziemlich sicher um die 80 Euro / Flasche EVP kosten. Man muss sich als Kunde halt immer die Frage stellen, ob es der Wein jetzt en primeur sein muss. 2012 Montrose hat sich preislich - außer bei den Händlern, die bei Arrivage automatisch 20% draufschlagen - seit der Subskription nicht großartig, bei einigen Händlern gar nicht bewegt. Auch wirklich tolle Weine wie den 2001er Montrose kann ich aktuell für 80 Euro kaufen und sogar jetzt gleich trinken.

Ich bin ja durchaus der Meinung, dass ein Wein wie Montrose in mittleren bis guten Jahren einen Preis von 70-80 Euro locker wert ist, in herausragenden Jahren noch mehr. Nur fehlt mir bei Bordeaux zunehmend das Verständnis, warum ich sie en primeur kaufen soll. Wenn man sich z.B. mal den aktuellen Koppe Auktionskatalog anschaut, stehen da Legionen von trinkreifen Bordeaux zum Verkauf. Kistenweise. Zu ganz wahrscheinlich bei Zuschlag attraktiven Preisen (ich beobachte die Preisentwicklung einigermaßen genau, deshalb sind die Zuschlagspreise halbwegs vorhersebar). Anders als z.B. bei Nord-Rhône Weinen oder Burgundern wird man bestimmte Weine im Zweifel immer auch noch Jahrzehnte später bekommen, und zwar mit Ausnahme von Legenden wie 1989 oder 1990 Montrose zu absolut tragbaren Preisen.

Ich mag es grundsätzlich auch ganz gerne, Bordeaux en primeur zu kaufen, sich auf die Ankunft zu freuen, vielleicht gleich eine aufzureißen und sich danach alle paar Jahre mal die Kiste / Flaschen anzuschauen. Das hat tausendmal mehr Charme, als Jahre später auf einer Auktion einen Wein zu kaufen. Aber ökonomisch erscheint mir der en primeur Kauf in Jahren wie 2014 auch bei Weinen wie Montrose nicht wirklich notwendig / sinnvoll.
Beste Grüße, Stephan
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UlliB
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Re: Bordeaux 2014

Beitrag von UlliB »

Stephan,

das Phänomen, dass es trinkbare gute Jahrgänge aus dem Markt zu Preisen zu kaufen gibt, die unter dem aktuellen Primeurpreis des gleichen Weines liegen, ist allerdings nicht neu. Das gab es auch vor zwanzig Jahren schon. Offenbar werden von den Marktteilnehmern für den jeweils aktuellen Jahrgang völlig unabhängig von der Situation bei den lieferbaren Weinen steigende Preise antizipiert, so dass sich der Kauf am Ende irgendwann dann doch noch lohnt. Im Prinzip operiert der Markt trotz periodischer Einbrüche schon seit einer kleinen Ewigkeit permanent im Contango, wobei die Realität die zugrunde liegende Annahme im großen und ganzen auch stützt, wenn man auf haltbare Jahrgänge gesetzt hat und hinreichend lange Zeiträume betrachtet. Der Montrose 2001, den du heute für 80 Euro kaufen kannst, hat im Frühjahr 2002 in der Subs weniger als 40 Euro gekostet. Das ergibt immer noch eine Rendite von deutlich über 5% p.a., vielleicht nicht üppig, aber immerhin, und auch noch steuerfrei.

Völlig unabhängig vom wirtschaftlichen Aspekt sehe ich noch zwei Gründe, auch solche Weine oder Formate zu subsen oder zumindest frühzeitig (d.h. bei der Arrivage) zu kaufen, die man auch später noch bekommen wird:

1. Zum Zeitpunkt der Trinkreife weißt du, wie das Zeug gelagert wurde, und dass es nicht zwischendurch ein paar mal im ungekühlten Container im Hochsommer zwei bis drei Kontinente und alle Weltmeere überquert hat. Bei einem Auktionskauf hast Du darüber keinerlei Gewissheit. Füllstände helfen zwar, können aber trügen.

2. Das Problem gefälschter Flaschen wird im Sekundärmarkt weiter zunehmen; die technischen Voraussetzungen zur Produktion von Fälschungen sind gering bzw. bei Nachfüllfälschungen nahezu Null, die Gewinnmarge ist enorm, und das Risiko, erwischt und bestraft zu werden, ist zu vernachlässigen, wenn man die Sache nicht dermaßen dreist und dann auch noch dumm betreibt wie Rudy K. Die Zeiten, in denen nur Petrus & Konsorten gefälscht wurden, sind jedenfalls jetzt schon vorbei: ein Freund hat vor nicht allzu langer Zeit eine eindeutig gefälschte Flasche 82er Cos bei Ebay "geschossen". Da bewegst Du Dich schon in der Liga, die Dich interessiert. Beim Primeurkauf im seriösen Handel sind die Risiken vergleichsweise gering.

Gruß
Ulli
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innauen
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Re: Bordeaux 2014

Beitrag von innauen »

Hallo,

man darf davon ausgehen, dass die Subskription ein Geschäft ist, das sich rechnet. Sonst wäre einer der Beteiligten schon längst ausgestiegen. Auch Kampagnen wie 2006, 2007, 2011, 2012, 2013 müssen unter dem Strich einen Profit abgeworfen haben. Wieso sollten Chateaus, Negociants und Händler dauerhaft ökonomisch widersinnige Entscheidungen treffen? Dass im Forum dann aber doch Kampagnen wie 2005, 2008, 2009, 2010 solitär im Gedächtnis geblieben sind, hat nicht nur mit den hohen Punkten zu tun, die da verteilt wurden. Über diese Jahrgänge wurde breit berichtet, neue Händler traten auf, etablierte Händler betrieben viel Werbeaufwand. In solchen Jahren wird einfach sehr viel mehr Wein an sehr viel mehr Kunden verkauft, als in anderen Jahren.

Der Vorteil für den Kunden liegt an der geringen Marge, die auf Bordeauxweine in der Subskription aufgeschlagen wird. 10-15 % Aufschlag. Mehr nehmen die meisten Händler nicht. Die Aufschläge auf Weine aus anderen Gebieten sind sehr viel üppiger. Fragt einmal nach. Ohne Subs müssten die Chateaus versuchen, direkt mit den Händlern zu kontrahieren. Es gäbe größere Transaktionskosten und die Händler müssten stärker ins Risiko gehen. Das geht nur über höhere Margen. Die Weine würden also teurer, bzw. die Chateaus würden beginnen den immensen Aufwand im Weinberg zu reduzieren - zu Lasten der Qualität.

Grüße,

Wolf
„Es war viel mehr.“

Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
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chris75
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Re: Bordeaux 2014

Beitrag von chris75 »

Guten Morgen,

@innauen: leider teile ich eigentlich keine Ihrer Hypothesen, außer dass in der Vergangenheit die Chateau-AGs erheblich profitiert haben. Einzelheiten zur Profitabilität der letzten Subskriptionen können bei Liv-Ex nachgelesen werden. Ebenfalls kann nachgelesen werden, dass die Margen sowohl der Negos, als auch der Händler erheblich zurückgegangen sind und vieles am Place Bordeaux kreditfinanziert ist.
Ist eher wie die Bremer Stadtmusikanten, nur auf dem Kopf, und der Hahn macht nen Schritt zur Seite.

Gruß,
Christian
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UlliB
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Re: Bordeaux 2014

Beitrag von UlliB »

chris75 hat geschrieben:[...] und vieles am Place Bordeaux kreditfinanziert ist.
Diese Aussage als solche ist allerdings völlig wertlos. Jedes Handelsgeschäft oberhalb einer bestimmten Größe ist partiell kreditfinanziert; es macht keinen Sinn, nur mit Eigenkapital zu arbeiten. Solange man Volumen und Konditionen der Kredite nicht kennt und diese in Beziehung zur Geschäftstätigkeit setzen lann, lassen sich aus der reinen Tatsache einer Kreditfinanzierung keinerlei Rückschlüsse auf die Situation eines Handelsgeschäftes machen.

Ansonsten denke ich auch, dass die letzten drei Kampagnen für die Beteiligten kein wirklich gutes Geschäft waren. Wie schlecht aber tatsächlich, kann man auch nur durch einen Blick in die Bücher erfahren.

Die "Kistenschieber" (Endverbrauchshändler) litten 2011-13 unter geringen Volumina und tendenziell schrumpfenden Margen, deshalb haben sich da auch einige mittlerweile aus dem Geschäft verabschiedet. Die Bereinigung der Endverbrauchshändlerszene ist aber für den Gesamtmarkt irrelevant. Interessanter ist tatsächlich die Frage nach der Situation bei den Negociants, denn von denen dürften einige ins Risiko gegangen sein und auf schwer verkäuflichen Beständen sitzen. Ob bei dem einen oder anderen aber tatsächlich eine gefährliche Schieflage existiert, ist von außen nicht wirklich auszumachen. Kann sein, kann auch nicht sein. Für uns als Käufer ist die Frage aber nur insofern interessant, inwiefern hierdurch die Auslieferung einer Subs gefährdet ist.

Gruß
Ulli
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UlliB
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Re: Bordeaux 2014

Beitrag von UlliB »

Die Tendenz zu +/- 2012er Preisen setzt sich fort: Pichon Baron 66 € ex nego, 1 € mehr als 2012. Das läuft auf einen EVP von ca. 90 € hinaus.

Gruß
Ulli
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UlliB
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Re: Bordeaux 2014

Beitrag von UlliB »

Zum Stand der aktuellen Kampagne ein Artikel im Wine Searcher:

http://www.wine-searcher.com/m/2015/05/ ... e-is-right

Ansonsten gab's heute nach dem oben erwähnten Pichon Baron noch Giscours (27,60 € ex nego, =2012 + 1,20 €) und Langoa Barton (29 € ex nego, =2012 - 1 €).

Gruß
Ulli
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octopussy
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Re: Bordeaux 2014

Beitrag von octopussy »

Hallo Ulli,

mit der Lagerung hast du recht, aber da habe ich bislang erstaunlich gute Erfahrungen gemacht. Ich schiebe diese guten Erfahrungen darauf, dass die Verkäufer von Bordeaux in Auktionen vermutlich ganz ordentliche Lagerbedingungen haben und sich bei der Lagerung auch Mühe geben.

Zu den Fälschungen: im Regelfall kaufe ich dann doch deutlich unter dem Niveau eines 82 Cos, so dass das Risiko vorhanden ist, in der Preis- und Prestigeklasse, in der ich mich bewege, jedoch nach meiner laienhaften Einschätzung nicht gigantisch groß ist.

Der Punkt ist: mein Lagerplatz wird immer begrenzter (an sich ist keiner mehr vorhanden) und bei Bordeaux fällt es mir im Vergleich zu anderen Weinen am leichtesten, ihn dann im trinkreifen Stadium zu kaufen, wenn ich ihn trinken will.

@Wolf: das Argument im zweiten Absatz deines letzten Posts funktioniert logisch nicht. Die Subskription ist ein Verkaufsmodell, bei dem über mehrere Stationen die Kunden die Weine vorausbezahlen. Ohne Subskription könnten die Châteaux ihre Weine genauso wie in der Subskription erst an Négociants verkaufen, nur der Zeitpunkt wäre ein anderer (nach Füllung). Die Transaktionskosten wären also gleich. Nur müssten die Châteaux zwischenzeitlich eine einmalig auftretende zweijährige Finanzierungslücke zwischenfinanzieren, die entstehen würde, wenn man von Subskription auf Verkauf in der Flasche übergehen würde.

Im Übrigen ist es ja auch nicht so, dass die Bordelaiser ihre Weine "at cost + fixed markup" verkaufen, sondern sie legen ihre Preise je nach gefühltem Marktumfeld fest. Und wie viel Luft vom Verkaufspreis ex Château bis zu den tatsächlichen Kosten ist, vermag ich zwar nicht zu beurteilen. Jedenfalls sieht man aber bei dem ein oder anderen Château Maßnahmen, die in dem Ausmaß vielleicht nicht gerade üblich sind (Kellerneubauten, usw.). Ein bisschen Marge scheint also bei den Châteaux noch anzukommen ;-)
Beste Grüße, Stephan
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