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Re: Weinviertel

Verfasst: Do 10. Apr 2014, 22:59
von Gaston
Neulich im Glas:

Bild

Zwei Sachen gefallen mir trotz aller Schlichtheit an diesem Wein: der Rebsortencharakter ist klar erkennbar, und der Wein hat was angenehm ungeschminkt Unaufgemotztes. Die fehlende Substanz steht dem durchaus vorhanden Trinkfluss jedenfalls nicht im Wege.

Im Übrigen hatte ich vor einiger Zeit die Gelegenheit, vom Weingut Neustifter den Grünen Veltliner "Stockkultur" 2010 zu probieren, der ab Weingut um die 90 Euro kostet. Das Urteil ist nach zwei kleinen Probeschlückchen auf einer Messe natürlich nicht wirklich seriös, aber ich hatte jedenfalls das Gefühl, was richtig Gutes im Glas zu haben. Hätte schon Lust, mich mit dem Wein näher auseinanderzusetzen, aber den Preis halte ich bei allem Verständnis für den gewollten Marketingeffekt für absurd.

Re: Weinviertel

Verfasst: Mo 21. Apr 2014, 14:17
von Gaston
Man hat auch schon mal Weine im Glas, über die man lieber den Mantel des Schweigens legt. Weine, die einem nicht gefallen, banale, langweilige, mediokre Weine. Meistens sind das Flaschen, die man als Mitbringsel von nicht-weinaffinen Leuten bekommt.

Bei diesem Wein war jedoch der Unterschied zwischen der euphorischen Anpreisung des Schenkers (und auch der "offiziellen" Bewertung) so groß, dass ich das doch mitteilen möchte.

Zweigelt Exklusiv 2011, Weingut Hirtl, Poysdorf, 14% vol. Aufdringliche, künstlich-nuttige Frucht, die an Gummibärchen und das "Berry"-Erdbeereis aus meiner Kindheit erinnert. Am Gaumen voluminös, deutliche Fruchtsüße, wenig Säure, behäbiger und breiter Körper, Alkohol im mittleren, brandigen Angang spürbar, hinten auch ein Bitter-Ton, ein dicker Brummer ohne jeglichen Charme.

Der Wein wirkt auf mich wie ein billiger chilenischer Supermarkt-Merlot, einfach nur dick und ermüdend, ein kleines Glas habe ich mit Mühe geschafft, danach keine Lust mehr. Auch am nächsten Tag wirds erwartungsgemäß nicht besser. Der Rest wird verkocht.

Im Internet stieß ich dann auf folgende Bewertung dieses Weines:
"Tiefdunkles Rubingranat, opaker Kern, violette Reflexe, zarte Randaufhellung. Mit feinem Nougat unterlegte schwarze Beerenfrucht, ein Hauch von Lakritze, tabakige Noten. Kraftvoll, angenehme Extraktsüße, frische Herzkirschen, kompakt und gut anhaltend, ein saftiger Speisenbegleiter." 89 Punkte.
(http://www.falstaff.at (Rotweinguide 2013 (verkostet von Peter Moser, veröffentlicht im Dezember 2012)))

Tja, so unterschiedlich können die Geschmäcker sein :o :shock:

Re: Weinviertel

Verfasst: Di 22. Apr 2014, 11:20
von Gerald
Hallo Gaston,
m Internet stieß ich dann auf folgende Bewertung dieses Weines:
"Tiefdunkles Rubingranat, opaker Kern, violette Reflexe, zarte Randaufhellung. Mit feinem Nougat unterlegte schwarze Beerenfrucht, ein Hauch von Lakritze, tabakige Noten. Kraftvoll, angenehme Extraktsüße, frische Herzkirschen, kompakt und gut anhaltend, ein saftiger Speisenbegleiter." 89 Punkte.
(http://www.falstaff.at (Rotweinguide 2013 (verkostet von Peter Moser, veröffentlicht im Dezember 2012)))
die Problematik mit dem Falstaff-Weinguide - dass die Weinbeschreibung mit den eigenen Beobachtungen meist wenig Ähnlichkeit hat - ist mir schon seit vielen Jahren aufgefallen. Woran das liegt, weiß ich nicht (Früher Verkostungszeitpunkt? Oder einfach Geschmackssache?), es ist aber jedenfalls schade, da der Falstaff-Weinguide bei österreichischen Weinen mit Abstand das umfangreichste Werk ist.

Allerdings sind 89 Punkte beim Falstaff ohnehin schon recht wenig, der Winzer wird bei der Punktezahl vermutlich "not amused" gewesen sein. Denn die vom Falstaff getesteten Weine aus dem Hofer-Sortiment (Hofer = Aldi Süd in Österreich) bekommen dort oft genug deutlich über 90 Punkte ...

Grüße,
Gerald

Re: Weinviertel

Verfasst: Di 22. Apr 2014, 11:53
von Gaston
Gerald hat geschrieben:
Allerdings sind 89 Punkte beim Falstaff ohnehin schon recht wenig, der Winzer wird bei der Punktezahl vermutlich "not amused" gewesen sein.
Naja, immerhin wirbt der Winzer damit auf seiner Webseite. Wein-plus gibt dem Wein übrigens 83 Punkte. Das ist schon sehr viel realistischer, ich konnte mit dem Wein gar nix anfangen und würde wohl noch tiefer greifen. Der Wein kostet allerdings auch nur 6,50 - 7,50 Euro – auch wenn das keine "Entschuldigung" ist. Zu dem Preis hatte ich auch schon sehr gute Weine im Glas.

Re: Weinviertel

Verfasst: Mi 14. Mai 2014, 13:44
von austria_traveller
Hallo Forum,

Kennt jemand zufällig den Grauburgunder von Schwarzböck ?
Der scheint ja ein ziemlich schwieriger Geselle. Wir haben den Jg. 2009 zu Hause, der in den letzten Jahren sehr untrinkbar war; sehr unharmonisch und irgendwie "noch nicht fertig". Hat zufällig in letzter Zeit mal jemand einen solchen getrunken und weiß darüber etwas zu berichten ?

Re: Weinviertel

Verfasst: Sa 14. Jun 2014, 11:27
von Gerald
Sehr gut gefallen hat mir auch dieser Veltliner von Ebner-Ebenauer:

Bild

Sehr attraktiv, dabei recht individuell. Ganz besonders erwähnenswert ist aber für mich der sehr gute Trinkfluss, was besonders bei Weinen der Reserve-Kategorie leider nicht selbstverständlich ist - und meiner Ansicht nach auch in den Weinguides viel zu wenig Berücksichtigung findet.

Grüße,
Gerald

Re: Weinviertel

Verfasst: Mi 13. Aug 2014, 16:49
von austria_traveller
Hallo Forum,
Habe gestern mal wieder einen Grauburgunder 2009 von Schwarzböck geöffnet. Ich habe ihn deshalb so lange aufgehoben, da er die letzten Jahre immer unfertig war. Viel Alkohol, viel Kraft, wenig Eleganz, alles noch nicht miteinander verwoben - einfach unfertig. So hat sich der Wein allerdings gestern auch präsentiert - mit dem Zusatz, dass er jetzt schon ins ölige geht. Er wirkt einfach über den Punkt, ohne ihn jemals gehabt zu haben. Ich habe die Falsche letztendlich in den Ausguss geleert :evil:

Re: Weinviertel

Verfasst: Mi 13. Aug 2014, 17:01
von Gerald
Hallo Gerhard,

den genannten Wein von 2009 kenne ich nicht, habe aber einige frühere Jahrgänge probiert, die mir teilweise ganz gut gefallen haben. Aber im Grund passt deine Beschreibung auch dort. Ich habe allerdings überhaupt mit vielen - wenn nicht den meisten - österreichischen Barrique-Weißweinen meine Probleme, sie waren meist eher unspannend mit einem unharmonischen Gefühl am Gaumen. Ich mache um diese Weinkategorie inzwischen einen weiten Bogen ...

Grüße,
Gerald

Re: Weinviertel

Verfasst: Sa 16. Aug 2014, 20:22
von weingeist
Hallo,
zurück aus London nur eine kurze Anmerkung zu der Thematik. Ich halte Grauburgunder per se als überbewertete Weißweinsorte. Eigentlich warte ich noch immer auf einen Vertreter, wo ich sagen würde, wow, genau dass ist er. Ich weiß aber auch, dass ich mit dieser Einstellung sehr alleine auf weiter Flur stehe. Tja, und das Thema österreichische Weißweine im kleinen Holzfass, ist wohl sowieso ein eigenes Kapitel.

Allfälligen Vorschlägen dazu aus dieser Runde bin ich aber nicht abgeneigt.

Re: Weinviertel

Verfasst: Fr 5. Sep 2014, 07:10
von Gerald
Gestern nachmittag gab es wieder die alljährliche Herbstpräsentation der "Premiumweingüter" (ein lockerer Zusammenschluss von 15 bekannten Weinviertler Weingütern) in einem großen Autohaus in Wien.

Leider bin ich zu spät vom Büro weggekommen, um alles zu probieren, ich habe mich daher auf die Weingüter beschränkt, die mir in den letzten Jahren am besten gefallen haben.

Allgemein lag der Schwerpunkt wie üblich bei Weißweinen und dort naturgemäß beim Grünen Veltliner. Daneben hatten die meisten Aussteller auch Riesling, Sauvignon Blanc und teilweise Weißburgunder und/oder Chardonnay im Programm, bis auf den Roten Veltliner von Setzer konnten mich diese Rebsorten aber nicht so richtig überzeugen.

Insgesamt gefällt mir der Jahrgang 2013 sehr gut, die meisten Weine waren sehr aromatisch, rund und trinkfreudig. Im Vergleich zum Jahrgang 2012 vielleicht eher in Richtung "easy drinking", das manchmal Kantige, aber oft auch Komplexere von 2012 ist weniger ausgeprägt. Meistens mit kräftiger, erfrischender Säure ausgestattet, dabei aber auch oft genug mit dezenter Restsüße unterlegt. Analysenwerte habe ich nicht erfragt, aber richtig knochentrockene Weine waren kaum dabei. Ich persönlich finde das schade, aber vermutlich erwarten die Kunden das einfach - ganz besonders bei einem eher säurebetonten Jahrgang wie 2013.

Meine Highlights der Verkostung waren:
- Grüner Veltliner Äußere Bergen / Zull (allerdings noch von 2012)
- Grüner Veltliner 8000 (Setzer)
- Grüner Veltliner Rustenberg (Klein)
- Grüner Veltliner Leitstall (Prechtl)

Die für mich schönste Gesamtkollektion war von Prechtl, vielleicht aber auch dadurch begünstigt, dass der Winzer sich voll auf Veltliner konzentriert. Aber bis auf ganz wenige Ausnahmen waren alle angestellten Veltliner sehr sortentypisch (das Thema wurde vor kurzem ja in einem anderen Thread heiß diskutiert).

Grüße,
Gerald