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Re: Kössler gegen "ahnungslose Winzer"

Verfasst: Do 23. Mai 2013, 13:53
von Alas
Hallo!
MichaelWagner hat geschrieben:was der stationäre Fachhandel besser machen kann
Das lässt sich pauschal nicht beantworten, denn es ist vom Standort und somit von der möglichen Kundschaft abhängig, ob es eine Kleinstadt ist, eine Universitätsstadt, Berlin-Wedding oder Berlin-Zehlendorf.

Gruß

Alas

Re: Kössler gegen "ahnungslose Winzer"

Verfasst: Do 23. Mai 2013, 14:30
von MichaelWagner
Ok, wir gehen mal von Läden in einem weinaffinen Umfeld mit entsprechender Kaufkraft aus und nehmen mal an es läuft nicht mehr wie "vor dem Internet". Dicht machen und auf online umstellen? Oder gibt es Modelle die funktionieren können?
Auf gut deutsch: wie bekommen wir Markus einmal die Woche weg vom Rechner, in den Weinladen an der Ecke und entlassen ihn mit einem Lächeln und nem 6er-Karton unterm Arm zufrieden nach Hause, ohne zwangsläufig der günstigste Anbieter für diesen 6er Pack zu sein;)?

Re: Kössler gegen "ahnungslose Winzer"

Verfasst: Do 23. Mai 2013, 14:59
von octopussy
Zunächst denke ich, dass man gar nicht trennen muss zwischen stationär und Internet. Denn die allermeisten Händler mit Ladengeschäft verkaufen ihr Sortiment auch im Internet. So schwer ist es ja auch nicht, einen Online-Shop oder jedenfalls eine Preisliste mit Bestellinformation ins Netz zu stellen.

Markus Vahlefeld hat geschrieben: Früher gab es mit den Mövenpick-Filialen so eine Art Treffpunkt der jeweiligen Weinszene, aber bereits seit einigen Jahren überzeugt mich das Angebot von Mövenpick nicht mehr. Die "individuellen" Fachhändler (also die keiner Kette angehören) sind mir bisher nur dadurch aufgefallen, dass sie einfach schlecht sind.

Wie der Fachhandel aussehen könnte, der Zukunft hat? Da würde ich wirklich gerne Armin Busch fragen und ihn mal erklären lassen, was ihr Konzept ist. Zumindest ihr Konzept, das in Frankfurt funktioniert. Ob es in Stuttgart auch so gut gelingen würde? Ich habe meine Zweifel, weil der fußläufige Fachhandel sehr viel mit Regionalität zu tun hat. Für Stuttgart wäre dann ein Statement von Bernd Kreis aufschlussreich. Und so weiter...
Das mit dem Treffpunkt finde ich ganz wichtig. Für mich hat der stationäre Weinhandel zwei entscheidende Vorteile gegenüber dem reinen Internethandel:

1. Das Gespräch mit dem Inhaber (oder kundigem Fachpersonal)
2. Man kann probieren.

Ich habe einen tollen Weinhandel direkt ums Eck. Ich gehe zu fast jeder Probe, gehe auch ansonsten öfter einfach so mal hin. Ich nehme eigentlich immer ein paar Flaschen mit oder lasse sie mir zurücklegen, wenn sie rauskommen, und hole sie später ab. So wie ich machen es viele auch. Der Laden, so klein er ist, ist definitiv ein Treffpunkt für Weinfreunde, man kommt ins Gespräch, wir laden uns gegenseitig zu Proben ein, informieren uns über Veranstaltungen, usw. Das kann mir kein reiner Online-Shop bieten. Zusätzlich gibt es alle paar Monate ein Dinner in einem nahegelegenen Restaurant mit Weinen aus dem Shop, aus dem Restaurant oder von befreundeten Händlern. Auch das trägt zur Kundenbindung bei und lässt mich neugierig auf die Weine werden.

Es scheinen hier im Forum einige aus dem Stuttgarter Raum zu kommen (nougat, Oh Dae Su, budi, usw.), die immer wieder von den Bernd Kreis Proben in Stuttgart berichten. Große Klasse! Ich bin jedesmal extrem neidisch, wenn ich das lese. Das kann einem kein reiner Online-Shop bieten. Diejenigen aus dem Stuttgarter Raum mögen mich berichtigen, aber ich würde davon ausgehen, dass sie nicht probieren und schon währenddessen auf dem Smartphone nach dem günstigsten Preis suchen, sondern auch immer mal was aus Kreis' tollem Programm kaufen.

Ich gehe übrigens auch immer noch CDs und Schallplatten im klassischen Plattenladen und Bücher im Buchladen kaufen, auch wenn ich hin und wieder aus Faulheit bei Amazon bestelle. Das Gespräch mit dem Platten- oder Buchhändler, das Gespräch mit anderen anwesenden Kunden, die Empfehlungen, das ist alles Gold wert und macht Spaß.

Grundvoraussetzung ist natürlich immer, dass der Händler bzw. sein Personal mächtig viel Ahnung haben. Nur dann funktioniert das. Wenn man das Gefühl bekommt, man wird verarscht (z.B. durch Resteverwertung) oder der Gegenüber hat weniger Ahnung als man selbst, dann wird es schwierig.

So sehr mir das um die Ohren gehauen wird, ist aber leider eine zweite Voraussetzung für mich, dass die Preise im stationären Handel nicht völlig absurd über denen der Konkurrenz liegen. Einen kleinen Aufschlag bezahle ich jedoch gerne für Beratung und Begegnung. Quantifizieren kann ich das nicht.

Ich bin übrigens demnächst in einer französischen Kleinstadt mit 50.000 Einwohnern. Dort gibt es sage und schreibe fünf stationäre Weingeschäfte, von denen für mich zwei nur auf Basis ihrer Website nach "Reise wert" ausschauen. Dass der stationäre Weinhandel keine Chance mehr hätte oder dem Tode geweiht ist, kann man jedenfalls an dieser Kleinstadt nicht erkennen. Es kommt immer darauf an, was man aus den gegebenen Chancen macht.

Re: Kössler gegen "ahnungslose Winzer"

Verfasst: Do 23. Mai 2013, 15:13
von Gerald
Hallo Stephan,

schöne Ausführung, der ich zu 100% zustimmen kann. Wenn man die Chancen nützt, die der Onlinehandel einfach naturgegeben nicht hat (Treffpunkt, Verkostungsmöglichkeit, persönliche Beratung), dann hat der stationäre Fachhandel sicher Zukunft. Und anders als bei dir
ist aber leider eine zweite Voraussetzung für mich, dass die Preise im stationären Handel nicht völlig absurd über denen der Konkurrenz liegen.
zeigt das von mir weiter oben im Thread genannte Beispiel der österreichischen Kette, dass man sogar mit extrem hohen Preisen (normalerweise 20-30% über den Onlinehändlern) mit entsprechendem Service und nicht zuletzt Werbung - die mehr für den durchschnittlichen Weintrinker als den Weinfreak ausgerichtet ist - Erfolg haben kann.

Grüße,
Gerald

Re: Kössler gegen "ahnungslose Winzer"

Verfasst: Do 23. Mai 2013, 15:27
von Herr S.
Hallo Stephan,

ebenfalls 100% daccord. Wenn ich z.B. mal im FFM bin geht's quasi um die Ecke zum Weinhaus Grüneburgweg, nette Beratung, sich dem Sachstand des Kunden anpassend, kleines aber feines Sortiment. Da kaufe ich immer mal eine Flasche aus Regionen, die ich sonst ggf. weniger beackere. Gleiches gilt für Läden in der alten Heimat Münster sowie die neue Heimat Mannheim, Heidelberg etc.

@ Stephan: Über welche französische Kleinstadt reden wir?

Viele Grüße,
Björn

Re: Kössler gegen "ahnungslose Winzer"

Verfasst: Do 23. Mai 2013, 15:31
von MichaelWagner
Öffnungszeiten ?
Häppchen für den kleinen hunger?
Sitzgelegenheiten?

Re: Kössler gegen "ahnungslose Winzer"

Verfasst: Do 23. Mai 2013, 15:44
von Herr S.
MichaelWagner hat geschrieben:Öffnungszeiten ?
Häppchen für den kleinen hunger?
Sitzgelegenheiten?
Gerne und in Mengen! :D

Re: Kössler gegen "ahnungslose Winzer"

Verfasst: Do 23. Mai 2013, 15:51
von Gerald
Also die Häppchen und die Sitzgelegenheiten muss ich persönlich nicht haben, das geht doch ein bisschen zu sehr in Richtung Weinbar. Aber vielleicht bin ich da nicht der typische Kunde, kann gut sein, dass so etwas für den Erfolg insgesamt viel bringt.

Ich glaube ohnehin, dass man mit den "Freaks" wie uns hier im Forum nicht das wirkliche Geschäft machen kann. Das ganze Konzept steht und fällt damit, ob man den durchschnittlich interessierten Weintrinker (der aber zumindest gelegentlich bereit ist, etwas mehr als die Preise im Supermarkt/Discounter auszugeben) ins Geschäft locken und zum Wiederkommen motivieren kann.

Grüße,
Gerald

Re: Kössler gegen "ahnungslose Winzer"

Verfasst: Do 23. Mai 2013, 16:07
von Gaston
Gerald hat geschrieben:
Ich glaube ohnehin, dass man mit den "Freaks" wie uns hier im Forum nicht das wirkliche Geschäft machen kann.
Erinnert mich an den Spruch eines Winzers: "Die Freaks fragen einen Löcher in den Bauch und kaufen vielleicht 6 Flaschen. Mich interessiert eher der Typ, der zwei- dreimal im Jahr kommt und sich das ganze Auto vollpackt" :D

Re: Kössler gegen "ahnungslose Winzer"

Verfasst: Do 23. Mai 2013, 16:14
von MichaelWagner
Hmm, aus den diversen Rückkopplungen aus dem Forum ans eigene Weingut schließe ich darauf, dass hier einige Normalos mitlesen;) und auch ein Freak hat doch nichts gegen Häppchen und adäquate Öffnungszeiten wenn der Wein seinen Ansprüchen gerecht wird?!