Tobias, danke für den Link. Ich finde, 2014 ist durch RPs Abwesenheit ein aufschlussreicher Jahrgang, um bei den Verkostern die Spreu vom Weizen zu trennen.
Ich persönlich finde, dass zB die Bewertungen von Decanter oder Wine Spectator ziemlich für den Ofen waren (gefühlt noch mehr als früher schon), denn die haben im wesentlichen einfach die Hierarchie abgebildet (teils die formale Klassifizierungshierarchie, teils den informellen Marktkonsens) und waren zudem sprachlich recht lieblos. Hier fehlte m. E. der Mut zum klaren eigenen Urteil, lieber mal nicht anecken.
Neal Martins Notizen zu den 2014ern fand ich sehr aussagekräftig. Klar hat er eine stilistische Präferenz, die man nicht unbedingt teilen muss, aber er macht sie immer wieder ausdrücklich deutlich, so dass man weiss, woran man ist. Außerdem differenziert er seine Punktbewertungen relativ deutlich, und wenn man seine Texte liest, versteht man meist auch seine Begründung (die man dann teilen kann oder eben nicht). Daher habe ich für 2014 NM's Bewertungen als Ausgangspunkt genommen.
Ergänzend fand ich für bestimmte Fragestellungen andere Verkoster hilfreich, auch wenn deren Gesamturteil mir eher weniger gebracht hat. Teilweise habe ich dort nach erwünschten Eigenschaften geschaut, die diese Verkoster besonders schätzen, z. B.:
- Hat der Wein genug Reife und Fruchtfülle? => Da schaue ich bei Jeff Leve nach, denn der schätzt das (nicht sehr weit weg von Parker in dieser Hinsicht).
- Wie ist die Tanninqualität? Ist der Wein elegant und trinkig? => Dazu finde ich oft bei Vinum Infos.
- Hat der Wein eine besonders erwähnenswerte Aromatik? => Hier steht oft bei Gabriel mehr als bei den anderen.
Bei anderen Verkostern wiederum habe ich eher nach "Warnhinweisen" gesucht, z. B. bei Jancis Robinson, die recht zuverlässig auf überextrahierte oder überholzte Weine hinweist.
Ich finde, wenn man sich die Puzzlestücke, die einem selbst wichtig sind, so ähnlich zusammengesucht hat, waren manche Primeur-Bewertungen (und vor allem die Notizen) für Bordeaux 2014 sehr wohl hilfreich (unter dem Vorbehalt, dass Fassproben eben nie ganz repräsentativ für den fertigen Wein sind).
Bordeaux 2014
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Trinkfreude
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Re: Bordeaux 2014
Hallo Jürgen,
ich muss gestehen, dass ich mir selber letztendlich kein objektives Bild von den Primeurverkostungen und Bewertungen Bordeaux 2014 machen kann, da ich diese auch nur am Rande verfolgt habe. Aber der Grundtenor der Kritik von Stephen Brooks leuchtet mir ein. Ich zweifele allerdings auch grundsätzlich an der Belastbarkeit eines Punktesystems zur Weinbeurteilung. Eine Punktewertung gibt allerdings auf einen Blick ein (subjektives) Urteil des Verkosters wieder und das ist das, was die meisten Konsumenten wollen - eine einfache und schnelle Orientierung!
Da ich nur noch selten höherwertige Bordeauxweine kaufe, befasse ich mich auch eher wenig mit den diesbezüglich aktuellen Kritikern. Grundsätzlich lege ich jedoch - bei vielen Weingegenden - recht viel auf das Urteil von Neal Martin und - was Bordeaux angeht - wenig auf das von Jeff Leve Wert! Vermutlich liegst du richtig, dir bei jedem das Wesentliche für deine Beurteilung herauszulesen.
Gruß Tobias
ich muss gestehen, dass ich mir selber letztendlich kein objektives Bild von den Primeurverkostungen und Bewertungen Bordeaux 2014 machen kann, da ich diese auch nur am Rande verfolgt habe. Aber der Grundtenor der Kritik von Stephen Brooks leuchtet mir ein. Ich zweifele allerdings auch grundsätzlich an der Belastbarkeit eines Punktesystems zur Weinbeurteilung. Eine Punktewertung gibt allerdings auf einen Blick ein (subjektives) Urteil des Verkosters wieder und das ist das, was die meisten Konsumenten wollen - eine einfache und schnelle Orientierung!
Da ich nur noch selten höherwertige Bordeauxweine kaufe, befasse ich mich auch eher wenig mit den diesbezüglich aktuellen Kritikern. Grundsätzlich lege ich jedoch - bei vielen Weingegenden - recht viel auf das Urteil von Neal Martin und - was Bordeaux angeht - wenig auf das von Jeff Leve Wert! Vermutlich liegst du richtig, dir bei jedem das Wesentliche für deine Beurteilung herauszulesen.
Gruß Tobias
Zuletzt geändert von weingollum33 am Do 18. Jun 2015, 13:16, insgesamt 1-mal geändert.
- octopussy
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Re: Bordeaux 2014
Den Artikel fand ich insofern etwas fehlgeleitet, als er suggeriert, dass die "vorhersehbaren" Punkte den Weinen nicht gerecht würden. Dass kleine Namen unterbewertet und große Namen überbewertet werden. In der Praxis ist es dann aber so, dass - jedenfalls im richtigen Trinkalter - ein La Conseillante eben doch besser ist als La Gaffelière oder Lafite besser als Pedesclaux. Ausnahmen bestätigen die Regel. Wenn ein erfahrener Bordeaux-Verkoster einen Wein verkostet, vergleicht er ihn im Zweifel immer mit (i) Fassmustern vergangener Jahre und (ii) reifen Weinen desselben Weinguts. Das macht dann ja auch den Mehrwert der Notizen erfahrener Verkoster aus, nämlich dass sie ausreichend Erfahrung haben, um einzuschätzen, wie sich ein bestimmter Wein entwickeln wird. Wenn Parker Pontet Canet 2010 100 Punkte gibt, dann sind das ja keine 100 Punkte für die Ewigkeit, sondern 100 Punkte in seinen besten Momenten, vielleicht in der Fruchtphase und dann - in die Zukunft schauend - nochmal nach 20+ Jahren Flaschenreife.weingollum33 hat geschrieben:Aber der Grundtenor der Kritik von Stephen Brooks leuchtet mir ein.
Die Vorhersehbarkeit der Punkte hat im Zweifel häufig etwas mit der Erwartungshaltung des Verkosters zu tun ("oh Lafite, der muss ja gut sein"), aber - nach meinem Eindruck - auch mit der gleichbleibend hohen bzw. nicht so hohen Qualität bestimmter Weine.
Beste Grüße, Stephan
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Re: Bordeaux 2014
Ich habe den Tenor des Artikels etwas anders aufgefasst:Den Artikel fand ich insofern etwas fehlgeleitet, als er suggeriert, dass die "vorhersehbaren" Punkte den Weinen nicht gerecht würden. Dass kleine Namen unterbewertet und große Namen überbewertet werden.
Die Primeurbewertungen nach Punkten sind bei den Kritikern häufig vorhersehbar und insofern nur bedingt von Nutzen. Ich glaube nicht, dass Stephen Brooks daran zweifelt, dass ein Lafite besser als ein Pedesclaux ist. Bei den weniger renommierten Weinen ist seines Erachtens die Vorhersehbarkeit der Punktebewertung (größere Bandbreite und Abweichungen unter den Kritikern) nicht so gegeben. Ferner sagt er, dass es Weine gibt, die sich erfahrungsgemäß vom Fass schlechter zeigen (und eigentlich einer anderen Ist-Zustand-Bewertung bedürften). Die Verkoster bewerten jedoch so, wie sie aus Erfahrungen einschätzen, dass Weine bei der Verkostungen nach Abfüllung auf der Flasche sein werden (aufgeführtes Beispiel Mouton)!
Grundsätzlich ist es natürlich so, dass der Textteil einer Bewertung die Einschätzung des Kritikers näher erläutert und damit auch die Punkte wieder mit "Nährwert" füttert - insofern haben die Verkostungsbewertungen sicherlich ihren Nutzen! Allerdings ist ein Anteil an (spekulativer) Interpretation durch den Kritiker durchaus gegeben!
Gruß Tobias
Zuletzt geändert von weingollum33 am Do 18. Jun 2015, 14:16, insgesamt 1-mal geändert.
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Trinkfreude
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Re: Bordeaux 2014
Hallo Stephan,octopussy hat geschrieben:Den Artikel fand ich insofern etwas fehlgeleitet, als er suggeriert, dass die "vorhersehbaren" Punkte den Weinen nicht gerecht würden. Dass kleine Namen unterbewertet und große Namen überbewertet werden. In der Praxis ist es dann aber so, dass - jedenfalls im richtigen Trinkalter - ein La Conseillante eben doch besser ist als La Gaffelière oder Lafite besser als Pedesclaux. Ausnahmen bestätigen die Regel.
genau diese Ausnahmen sind ja des Pudels Kern! Die Klassifizierung und Hierarchie kennt recht schnell jeder, der sich etwas mit Bordeaux beschäftigt - dazu reichen ein oder zwei Artikel in den einschlägigen Publikationen aus. Und wie Du richtig sagst, die Hierarchie stimmt schon weitgehend - im Durchschnitt. Wenn man mit einer Trefferquote von 3/4 zufrieden ist, kann man als Kunde einfach einen Querschnitt der höchsten Hierarchiestufe kaufen, die man sich leisten kann oder will, und darf begründete Zuversicht haben, dass es im großen und ganzen schon passen wird. Dazu braucht man keine Notizen von Primeurproben lesen, höchstens noch eine pauschale Jahrgangskommentierung.
Aber genau da fängt ja der Wert eines guten Verkosters erst an: Er soll einem helfen, auf jeder Hierarchiestufe die jeweiligen overperformer zu finden, und soll einen vor den underperformern der jeweiligen Stufe warnen. Und in diesem Sinne würde ich auch die Kritik von Stephen Brooks etwas differenzieren: Sie trifft nämlich die Verkoster nicht, die
a) eine ausreichend starke Spreizung ihrer Punktebewertung haben,
b) den Mut haben, in jeder Klasse die Ausreißer nach oben und nach unten deutlich erkennbar zu machen,
c) und auch noch sprachlich in der Lage sind, zu vermitteln, warum sie das im jeweiligen Fall tun.
Die Kombination aus allen dreien ist selten. Parker hat da viel geleistet - seine "sleepers of the vintage" haben vielen Weintrinkern bezahlbare Freude gemacht - nur dann leider in a) etwas nachgelassen. Neal Martin rückt das wieder etwas zurecht und ist meiner persönlichen Meinung nach in Punkt c) sogar noch stärker als Parker. Von ihren jeweiligen stilistischen Präferenzen bzw ihrem ideologischen Unterbau konnten/können sich beide dabei nicht freimachen (genausowenig wie irgendein anderer), aber solange das einigermaßen transparent ist, sehe ich das nicht als großes Problem.
Viele Grüße
Jürgen
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Re: Bordeaux 2014
Hallo Jürgen,Jürgen hat geschrieben:
Aber genau da fängt ja der Wert eines guten Verkosters erst an: Er soll einem helfen, auf jeder Hierarchiestufe die jeweiligen overperformer zu finden, und soll einen vor den underperformern der jeweiligen Stufe warnen.
Und in diesem Sinne würde ich auch die Kritik von Stephen Brooks etwas differenzieren: Sie trifft nämlich die Verkoster nicht, die
a) eine ausreichend starke Spreizung ihrer Punktebewertung haben,
b) den Mut haben, in jeder Klasse die Ausreißer nach oben und nach unten deutlich erkennbar zu machen,
c) und auch noch sprachlich in der Lage sind, zu vermitteln, warum sie das im jeweiligen Fall tun.
deiner Argumentation kann ich gut folgen und stimme zu!
Gruß Tobias
Re: Bordeaux 2014
Moin Jürgen,Trinkfreude hat geschrieben: Aber genau da fängt ja der Wert eines guten Verkosters erst an: Er soll einem helfen, auf jeder Hierarchiestufe die jeweiligen overperformer zu finden, und soll einen vor den underperformern der jeweiligen Stufe warnen. Und in diesem Sinne würde ich auch die Kritik von Stephen Brooks etwas differenzieren: Sie trifft nämlich die Verkoster nicht, die
a) eine ausreichend starke Spreizung ihrer Punktebewertung haben,
b) den Mut haben, in jeder Klasse die Ausreißer nach oben und nach unten deutlich erkennbar zu machen,
c) und auch noch sprachlich in der Lage sind, zu vermitteln, warum sie das im jeweiligen Fall tun.
Die Kombination aus allen dreien ist selten. Parker hat da viel geleistet - seine "sleepers of the vintage" haben vielen Weintrinkern bezahlbare Freude gemacht - nur dann leider in a) etwas nachgelassen. Neal Martin rückt das wieder etwas zurecht und ist meiner persönlichen Meinung nach in Punkt c) sogar noch stärker als Parker. Von ihren jeweiligen stilistischen Präferenzen bzw ihrem ideologischen Unterbau konnten/können sich beide dabei nicht freimachen (genausowenig wie irgendein anderer), aber solange das einigermaßen transparent ist, sehe ich das nicht als großes Problem.
Viele Grüße
Jürgen
auch von mir Zustimmung und Lob für die gute, unkomplizierte Darstellung des Sachverhalts.
Viele Grüße,
Björn
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"Not that we needed all that for the trip, but once you get locked into a serious drug-collection, the tendency is to push it as far as you can." (Hunter S. Thompson, Fear and Loathing in Las Vegas)
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- octopussy
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Re: Bordeaux 2014
Hallo Jürgen,Trinkfreude hat geschrieben: Aber genau da fängt ja der Wert eines guten Verkosters erst an: Er soll einem helfen, auf jeder Hierarchiestufe die jeweiligen overperformer zu finden, und soll einen vor den underperformern der jeweiligen Stufe warnen. Und in diesem Sinne würde ich auch die Kritik von Stephen Brooks etwas differenzieren: Sie trifft nämlich die Verkoster nicht, die
a) eine ausreichend starke Spreizung ihrer Punktebewertung haben,
b) den Mut haben, in jeder Klasse die Ausreißer nach oben und nach unten deutlich erkennbar zu machen,
c) und auch noch sprachlich in der Lage sind, zu vermitteln, warum sie das im jeweiligen Fall tun.
damit gebe ich dir auch recht. Gut zusammengefasst. Tatsächlich gibt es ja tatsächlich jedes Jahr mal Ausreißer nach oben und nach unten (wie z.B. offenbar Lafite in 2013, jedenfalls nach Parkers Ansicht). Und diese Ausreißer werden wirklich kaum gekennzeichnet.
Mir fällt kaum ein (Bordeaux) Verkoster ein, der a) bis c) wirklich konsequent umsetzt, nicht mal die eher streng punktende Jancis Robinson. Unter 14-15 Punkten (im 20er System) bzw. ca. 85 Punkte (im 100er System) sieht man nur sehr selten. Meist "ballen" sich die Bewertungen bei ca. 16 Punkten (im 20er System) bzw. 90 Punkten (im 100er System). Hier mal ein paar Beispiele, wie übersichtlich oder nicht die Bewertungen sind.
Beispiel 1: Pessac-Léognan GCC in der Preisklasse um 30 Euro / Fl.
- Olivier: NM: 86-88, JR: 16 P, Decanter: 18- P
- Malartic-Lagravière: NM: 91-93 P, JR: 16+ P, Decanter: 18 P
- De Fieuzal: NM: 91-93 P, JR: 16,5 P, Decanter: 17,5 P
- Latour-Martillac: NM: 90-93 P, JR: 15,5 P, Decanter: 17- P
- Carbonnieux: NM: 90-92 P, JR: 15,5 P, Decanter: 17+ P
- Bouscaut: NM: keine Wertung, JR: 16 P, Decanter: 17,5 P
Der Decanter hat also einen Spread von einem Punkt, JR: hat auch nur einen Spread von einem Punkt, Martin hat einen größeren Spread (7 Punkte), nutzt diesen aber nur bei einem der Weine, ansonsten ist sein Spread 3 Punkte.
Welchen Wein sollte man aus diesen nun auswählen? Wenn ich keinen der Weine kennen würde, stünde ich tatsächlich auf dem Schlauch. Nur Olivier könnte man evtl. wegen der deutlich niedrigeren NM Punkte ausscheiden.
Beispiel 2: Paulliac 5ème GCC in der Preisklasse um 30 Euro
- d'Armailhac: NM: 88-90 P, JR: 17 P, Decanter: 17+ P
- Batailley: NM: 89-91 P, JR: 16 P, Decanter: 17- P
- Croizet-Bages: NM: 85-87 P, JR: 15 P, Decanter: 16,5 P
- Grand Puy Ducasse: NM: 88-90 P, JR: 16 P, Decanter: 17 P
- Haut Bages Liberal: NM: 89-91 P, JR: 16 P, Decanter: 17 P
- Haut Batailley: NM: 91-93 P, JR: 17 P, Decanter: 17+ P
- Lynch Moussas: NM: 90-92 P, JR: 17 P, Decanter: 17- P
- Pedesclaux: NM: 91-93 P, JR: 16,5 P, Decanter: 17- P
Hier ist der Decanter völlig nutzlos, bewertet alle Weine mit 17 P, nur einen mit 16,5 P. Der ist da gar keine Hilfe. Bei Neal Martin gibt es immerhin einen Ausreißer nach unten (Croizet Bages) und zwei nach oben (Haut Batailley und Pedesclaux). Bei JR ist der Spread immerhin 2 Punkte und auch bei ihr kann man Croizet Bages letztlich ausscheiden.
Hier fällt die Wahl vielleicht etwas leichter: den Bewertungen nach Haut Batailley, Lynch Moussas oder Pedesclaux.
Anhand dieser Beispiele ist ganz gut zu erkennen, dass der Decanter wirklich völlig fantasielos punktet, Neal Martin immer eine Range angibt und doch deutlich stärker nach oben oder unten geht und Jancis Robinson auch mal nach unten geht, aber selten wirklich hoch (in den unteren "Gewichstklassen"). Viel schlauer ist man nach Durchsicht der Punkte als Kunde allerdings nicht.
Beste Grüße, Stephan
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Matthias Hilse
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Re: Bordeaux 2014
Wenn ich das richtig sehe, wird hier jetzt über einige Seiten dieser Link http://www.wine-pages.com/guests/contri ... scores.htm diskutiert. Tim Atkins Erwiderung http://www.timatkin.com/articles?1525 arbeitet die Punkte, wie ich finde gut auf. Was wäre, wenn in einem Orchesterwettbewerb 100 Ensembles "gegeneinander" antreten würden und von Musikkritikern bewertet würden? Entsprechend dem, worum es in Bordeaux geht, wären die Berliner Philharmoniker ebenso dabei wie Concertgebouw, Wiener Philharmoniker und das London Symphony Orchestra, aber eben auch die Lanessans der Orchesterwelt, die ich jetzt aber nicht kenne. Wäre es wirklich überraschend, wenn die renommierten Orchester auch die besten Kritikernoten bekämen? Was wäre daran zu beanstanden, wenn die namhaftesten Profis ihres Fachs zu ähnlichen Urteilen kämen? Das Problem ist nur: sie tun es ja garnicht. Wenn man sich natürlich diejenigen aussucht, die ohnehin fast immer nah beieinander liegen, wundert es nicht, dass sich eine schwache Annahme verifizieren lässt.
Nimmt man die französischen Verkoster z.B. (Quarin, RVF und Bettane), noch dazu Vinum und Gabriel, dann die angelsächsische Kohorte, dann fällt zunächst nur der Decanter auf, weil er, wie hier sehr richtig gesagt wurde, durch eine völlig uninspirierte und in der Tat vorhersehbare Bewertung mit Sätzen, die stellenweise von Peter Sellers in "Willkommen Mr. Chance" stammen könnten, Nachdenklichkeit stiftet. Man wird aber nicht ernsthaft behaupten wollen, dass es irgendwo mehr als periphere Übereinstimmung gibt. Gerade deshalb ist es ja auch sinnvoll, möglichst viele Stimmen zu hören.
Man darf ja nicht vergessen, dass diejenigen Verkoster, die nun die Bühne bevölkern, nicht anders verkosten, als all die anderen "normalen Profis", zu denen ich auch gehöre. Parker hatte sich eine Aura erarbeitet, die ihn einerseits so mancher Mühen enthob, die ihm andererseits aber auch Vergleichsmöglichkeiten eröffneten, die sich sonst nur sehr eingeschränkt ergeben (klassifizierungs- oder appellationsinternes Verkosten etc).
Wie auch bereits geschrieben wurde, haben einzelne Verkoster ein USP; nimmt man all diese individuellen Stärken zusammen in einer Übersicht, kann man seine individuellen Vorlieben in einem entsprechenden Koordinatensystem ganz gut kalibrieren.
Wenn nun aber gleich der Sinn von Fassverkostungen in Frage gestellt wird, würde ich meinen, nur die Vakanz, die der Grossdegustator hinterlässt, legitimiere überhaupt zu dieser Überlegung.
Da der merkantile Aspekt von Bordeaux "en primeur" geregelt wird, ist es nur natürlich, dass zu dem Zeitpunkt, ab dem Kaufverträge geschlossen werden, der Käufer sich einen Eindruck von der Ware machen kann. Wenn Stephen Brook meint, das Procedere sei mit zu grossen Imponderabilien behaftet, dann soll er doch einfach nicht zu den Primeurs fahren.
Weil es bei der Beurteilung von Fassmustern naturgemäß Varianzen gibt, ist es m.E. sinnvoll, in Spannen zu bewerten. Das macht im 20-Punkte-Schema komischerweise nur die Revue du Vin de France, im 100er System ist es dagegen sehr gebräuchtlich.
Herzliche Grüsse,
Matthias Hilse
Nimmt man die französischen Verkoster z.B. (Quarin, RVF und Bettane), noch dazu Vinum und Gabriel, dann die angelsächsische Kohorte, dann fällt zunächst nur der Decanter auf, weil er, wie hier sehr richtig gesagt wurde, durch eine völlig uninspirierte und in der Tat vorhersehbare Bewertung mit Sätzen, die stellenweise von Peter Sellers in "Willkommen Mr. Chance" stammen könnten, Nachdenklichkeit stiftet. Man wird aber nicht ernsthaft behaupten wollen, dass es irgendwo mehr als periphere Übereinstimmung gibt. Gerade deshalb ist es ja auch sinnvoll, möglichst viele Stimmen zu hören.
Man darf ja nicht vergessen, dass diejenigen Verkoster, die nun die Bühne bevölkern, nicht anders verkosten, als all die anderen "normalen Profis", zu denen ich auch gehöre. Parker hatte sich eine Aura erarbeitet, die ihn einerseits so mancher Mühen enthob, die ihm andererseits aber auch Vergleichsmöglichkeiten eröffneten, die sich sonst nur sehr eingeschränkt ergeben (klassifizierungs- oder appellationsinternes Verkosten etc).
Wie auch bereits geschrieben wurde, haben einzelne Verkoster ein USP; nimmt man all diese individuellen Stärken zusammen in einer Übersicht, kann man seine individuellen Vorlieben in einem entsprechenden Koordinatensystem ganz gut kalibrieren.
Wenn nun aber gleich der Sinn von Fassverkostungen in Frage gestellt wird, würde ich meinen, nur die Vakanz, die der Grossdegustator hinterlässt, legitimiere überhaupt zu dieser Überlegung.
Da der merkantile Aspekt von Bordeaux "en primeur" geregelt wird, ist es nur natürlich, dass zu dem Zeitpunkt, ab dem Kaufverträge geschlossen werden, der Käufer sich einen Eindruck von der Ware machen kann. Wenn Stephen Brook meint, das Procedere sei mit zu grossen Imponderabilien behaftet, dann soll er doch einfach nicht zu den Primeurs fahren.
Weil es bei der Beurteilung von Fassmustern naturgemäß Varianzen gibt, ist es m.E. sinnvoll, in Spannen zu bewerten. Das macht im 20-Punkte-Schema komischerweise nur die Revue du Vin de France, im 100er System ist es dagegen sehr gebräuchtlich.
Herzliche Grüsse,
Matthias Hilse
- mediafotografie
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Re: Bordeaux 2014
...jaja, wenn man hier (wie ich) gerne im (sehr informativen) Forum mitliest, bekommt man wohl eine ganz schiefe Sicht von Bdx 2014; überraschend kam dieser Tage eine Rene-Gabriel-Mövenpick-Mail zur Sub:
"Nach 2009 und 2010 ist 2014 endlich wieder einmal ein Top-Jahrgang im Bordelais!"
(und es geht fort in den allerhöchsten Tönen wie "begeisternde Qualität der Fassproben 2014", "alle Top-Journalisten loben ihn in den höchsten Tönen", ...)
Da war ich dann doch überrascht, 2014 wie 09 und 10, nur viel günstiger, bin immer noch am Jubeln...
Freilich, auf seiner eigenen Seite vergleicht Rene Gabriel 2014 mehr mit Jahrgängen wie 2001, da hat er den Werbetext wohl nicht gut abgestimmt; die Praxis des DenNeuenJahrgangHochjubelns kommt ja alle Frühjahre wieder, aber dies fand ich schon sehr extrem.
Erheiterte Grüße
thomas
"Nach 2009 und 2010 ist 2014 endlich wieder einmal ein Top-Jahrgang im Bordelais!"
(und es geht fort in den allerhöchsten Tönen wie "begeisternde Qualität der Fassproben 2014", "alle Top-Journalisten loben ihn in den höchsten Tönen", ...)
Da war ich dann doch überrascht, 2014 wie 09 und 10, nur viel günstiger, bin immer noch am Jubeln...
Freilich, auf seiner eigenen Seite vergleicht Rene Gabriel 2014 mehr mit Jahrgängen wie 2001, da hat er den Werbetext wohl nicht gut abgestimmt; die Praxis des DenNeuenJahrgangHochjubelns kommt ja alle Frühjahre wieder, aber dies fand ich schon sehr extrem.
Erheiterte Grüße
thomas