Marko,
der Unterschied ist, dass Du hier als Kunde nicht ein paar mehr oder minder großen Familienbetrieben direkt gegenübertrittst, sondern bei sehr vielen Bordeaux-Chateaux der vorderen Reihen in Wahrheit hochprofessionell geführten Großunternehmen, die nebenbei (oder vielmehr: hauptsächlich) Versicherungen, Bankdienstleistungen, Telekommunikationsdienste, diverse Lifestyle-Artikel und noch Diverses mehr verkaufen und ihre Kundenkontakte (und vor allem die Kundendaten) in ihrem Sinne wertschöpfend weiterverwenden werden.
Mag sein, dass ich konservativ bin, oder auch blauäugig - aber es macht für mich schon einen Unterschied, ob ich ein paar Flaschen Riesling beim Kleinwinzer kaufe, oder ein paar Flaschen Bordeaux statt beim Händler direkt bei einem der größten Versicherungskonzerne der Welt. Ich weiß, dass es naiv ist, zu glauben, dass man heute seine Konsum- und sonstigen Gewohnheiten für sich behalten kann, aber ich muss deshalb Informationen über mich auch nicht frei Haus an irgendwelche Datenkraken liefern. Und alle Großunternehmen sind das.
Gruß
Ulli
Bordeaux 2014
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Re: Bordeaux 2014
Es geht doch nicht darum, dass der "ab-Hof-Verkauf" das Ziel der Chateauxträume ist. Es geht darum, dass dem Endkunden in uniformen Shops überall auf der Welt nicht nur der Wein, sondern das, was der Eigentümer sonst noch so im Portfolio hat, angetragen wird.
Margen für mögliche Intermediäre versprechen eine weniger attraktive Opportunität als der Aufbau eines eigenen Shop-Netzes.
Die D2, die die prestigeträchtigen Appellationen im Medoc mit Bordeaux verbindet, wäre einem Kundenansturm à la "ab-Hof" auch wirklich nicht gewachsen.-:))
Herzliche Grüsse,
Matthias Hilse
Margen für mögliche Intermediäre versprechen eine weniger attraktive Opportunität als der Aufbau eines eigenen Shop-Netzes.
Die D2, die die prestigeträchtigen Appellationen im Medoc mit Bordeaux verbindet, wäre einem Kundenansturm à la "ab-Hof" auch wirklich nicht gewachsen.-:))
Herzliche Grüsse,
Matthias Hilse
Re: Bordeaux 2014
Von einem Spekulationsboom sind wir im Moment meilenweit entfernt. Den gab's vielleicht in der heißgelaufenen 2009er-Kampagne, als man die Goldgräberstimmung förmlich riechen konnte, aber die Chateaux selbst haben schon im nächsten Jahr mit ihrer durchgeknallten Preisstellung die Luft aus diesem Markt völlig abgelassen. Und die miesen Umsätze der nächsten drei Kampagnen und die offensichtlich auch nicht gerade rasant verlaufende 14er-Kampagne lassen den Gedanken an große Spekulationskäufe gar nicht erst aufkommen.chris75 hat geschrieben: Ich sag nur Tulpenzwiebel.
Dass das hier:
bestimmte Marktphänomene dennoch ganz zutreffend beschreibt, hat einen anderen Grund. Da suchen Leute, die sehr viel Geld haben, Distinktion über die teuren und damit in gewissem Sinne exklusiven Produkte, die sie kaufen. Das betrifft ja nicht nur den Wein, sondern auch alle möglichen anderen Segmente. Eine Patek Philippe zeigt letzlich die Zeit auch nicht genauer an als eine Quarzuhr für 50 oder 100 Euro, hebt aber den Status erheblich - zumindest aus Sicht des Käufers. Bestimmte Bordeaux-Weine sind zum reinen Luxusartikel konvertiert.Genau, dann gibt´s in jeder Metropole einen Bordeaux magical top 20 Store, wo man nur mit Kundenkarte kaufen kann....."ja, die Flasche ist aber hübsch....aber die Farbe Gold ist gerade out, gell?"
Ob diesem Segment auch mal die Luft abgelassen wird, weiß ich nicht; im Moment sieht es eher danach aus, dass die Leute, die (zu) viel Geld haben, noch deutlich mehr davon bekommen. Aber selbst wenn: ob ein Absturz der Ultra-High-End-Luxusweine den ganzen Markt mit sich nach unten reißen würde, wäre dann immer noch eine andere Frage.
Gruß
Ulli
- octopussy
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Re: Bordeaux 2014
Vorab: das ist so eine tolle Diskussion, richtig inspirierend und Einblicke gewährend, die höchst spannend sind. Danke vor allem an Herrn Hilse für die Offenheit.
Zum Thema DTC: auffällig ist, dass immer mehr Châteaux den Weintourismus ausbauen mit neuen Verkostungsräumen, etc. Dazu passt u.a. auch das hier und das hier. Die Bordelaiser haben gemerkt, dass das etwas unnahbare und anonyme Konzept der verschlossenen Schlösser und des quasi nicht existierenden Ab-Hof-Verkaufs nicht in die Zeit passt. Ist mein Gefühl.
Der Spagat, den die Bordelaiser nach meinem Empfinden in den nächsten Jahren schaffen müssen, ist, zum einen mehr Kundennähe aufzubauen, den Kunden das Gefühl zu geben, sie kaufen beim WINZER und nicht beim anonymen Großproduzenten, und zum anderen trotzdem noch ihre beträchtlichen Mengen ohne zu viel Klein-Klein in den Markt zu bringen. Man darf halt nicht vergessen, dass Bordeaux nicht Burgund oder Loire oder Barolo ist, sondern dass da richtige Mengen hinter stehen.
Der Umbruch, der unzweifelhaft stattfindet, ist in jedem Fall spannend zu beobachten. Immerhin scheint die 2014er Kampagne nicht generell katastrophal zu laufen, sondern nur partiell, wenn man den Presseberichten glauben darf. Bei großen Händlern wie Farr Vintners ist Mouton übrigens schon fast ausverkauft und Le Petit Mouton komplett ausverkauft. Offenbar scheint sich aber Angelus nicht so gut zu verkaufen. Ich bin mal auf die Wertheimer Weine gespannt. Wenn Canon und Rauzan-Segla wieder moderat bepreist rauskommen und schnell ausverkauft sind (trotz guter Kritiken) ist das vielleicht Vorbild für andere.
Auf meiner Wish List sind jetzt übrigens doch ein paar Weine: Montrose, Calon Segur, Haut Bailly, Domaine de Chevalier, einer oder zwei von den vieren. Ich hoffe auf faire Preise.
Zum Thema DTC: auffällig ist, dass immer mehr Châteaux den Weintourismus ausbauen mit neuen Verkostungsräumen, etc. Dazu passt u.a. auch das hier und das hier. Die Bordelaiser haben gemerkt, dass das etwas unnahbare und anonyme Konzept der verschlossenen Schlösser und des quasi nicht existierenden Ab-Hof-Verkaufs nicht in die Zeit passt. Ist mein Gefühl.
Der Spagat, den die Bordelaiser nach meinem Empfinden in den nächsten Jahren schaffen müssen, ist, zum einen mehr Kundennähe aufzubauen, den Kunden das Gefühl zu geben, sie kaufen beim WINZER und nicht beim anonymen Großproduzenten, und zum anderen trotzdem noch ihre beträchtlichen Mengen ohne zu viel Klein-Klein in den Markt zu bringen. Man darf halt nicht vergessen, dass Bordeaux nicht Burgund oder Loire oder Barolo ist, sondern dass da richtige Mengen hinter stehen.
Der Umbruch, der unzweifelhaft stattfindet, ist in jedem Fall spannend zu beobachten. Immerhin scheint die 2014er Kampagne nicht generell katastrophal zu laufen, sondern nur partiell, wenn man den Presseberichten glauben darf. Bei großen Händlern wie Farr Vintners ist Mouton übrigens schon fast ausverkauft und Le Petit Mouton komplett ausverkauft. Offenbar scheint sich aber Angelus nicht so gut zu verkaufen. Ich bin mal auf die Wertheimer Weine gespannt. Wenn Canon und Rauzan-Segla wieder moderat bepreist rauskommen und schnell ausverkauft sind (trotz guter Kritiken) ist das vielleicht Vorbild für andere.
Auf meiner Wish List sind jetzt übrigens doch ein paar Weine: Montrose, Calon Segur, Haut Bailly, Domaine de Chevalier, einer oder zwei von den vieren. Ich hoffe auf faire Preise.
Beste Grüße, Stephan
Re: Bordeaux 2014
Stephan,octopussy hat geschrieben: Der Spagat, den die Bordelaiser nach meinem Empfinden in den nächsten Jahren schaffen müssen, ist, zum einen mehr Kundennähe aufzubauen, den Kunden das Gefühl zu geben, sie kaufen beim WINZER und nicht beim anonymen Großproduzenten,
warst Du da schon mal vor Ort? Eine Präsentation als "Winzer" im Rahmen gängiger Vorstellungen kann allenfalls ein paar Kleinbetrieben auf dem rechten Ufer gelingen. Bei den klassifizierten Betrieben auf dem linken Ufer mit ihren Betriebsgrößen von 60, 80 oder 100 Hektar und entsprechenden Strukturen ist eine solche Selbstdarstellung von vornherein zum Scheitern verurteilt, und man versucht sie deshalb auch gar nicht erst. Die Bandbreite der Stilistiken, mit denen der Besucher konfrontiert wird, schwankt zwischen sorgfältiger Restaurierung der großbürgerlichen Chateau-Zuckerbäckerarchitektur aus dem 19 Jahrhundert, einer Mischung aus Pharmabetrieb und Hightec-Raffinerie, und zeitgenössischer Architektur von international arbeitenden Stararchitekten. Manchmal auch alles drei miteinander kombiniert, siehe Pichon Baron. Mit Winzerromantik ist da jedenfalls nix.
Ich sehe eher, dass sich einige Betriebe mal entscheiden sollten, wer denn eigentlich ihre Kunden sein sollen: Weinliebhaber oder Chichi-Jetset mit Distinktionsbedürfnis und dicker Brieftasche. Aber dieses Problem soll mittlerweile sogar der eine oder andere deutsche Betrieb haben

Übrigens, nur am Rande - das Konzept der "verschlossenen Schlösser" gab es schon vor 25 Jahren nicht mehr, das ist ein Mythos. Sehr viele Betriebe haben schon damals Interessierte auch ohne Anmeldung empfangen, bei anderen musste man sich halt kurz vorher anmelden, und nur für ein paar harte Nüsse wie z.B. LLC brauchte man Beziehungen, um da reinzukommen. Und das von Herrn Hilse an anderer Stelle erwähnte Konzept der ebenso "modelbemaßten" wie ahnungslosen Mädels, die einen herumführen, gab es vereinzelt auch damals schon; ich erinnere mich da sehr gut an ein ziemlich ambivalentes Erlebnis auf Pichon Lalande, wo Optik und Sachkenntnis extrem auseinanderliefen. Nur kaufen konnte (oder sollte) man vor Ort nicht - entweder es gab gar nichts, oder man wurde abgeplündert.
Gruß
Ulli
Re: Bordeaux 2014
Ein ähnliches Erlebnis hatten wir dort auch. War ne junge Studentin, die uns und anderen zufälligen Besuchern, das Château zeigte und offensichtlich dazu angehalten war, immer den kompletten Namen auszusprechen, also Château Pichon Longueville Comtesse de Lalande. In manchen Sätzen auch zweimal. Hörte sich lustig anUlliB hat geschrieben:ich erinnere mich da sehr gut an ein ziemlich ambivalentes Erlebnis auf Pichon Lalande, wo Optik und Sachkenntnis extrem auseinanderliefen. Nur kaufen konnte (oder sollte) man vor Ort nicht - entweder es gab gar nichts, oder man wurde abgeplündert.

1996 war ich das erste mal im Bordelais und bis auf die Premiers konnte man alle Châteaux unangemeldet besuchen, teilweise sogar mit Fassproben. Auf Ducru bspw. wurden wir eingeladen, die komplette Borie-Palette 95er Fassproben zu verkosten.
Zahlreiche Grüße
Artur
Artur
Re: Bordeaux 2014
Guten Morgen,
Chateau Margaux ist gekommen. Der Preis ist nicht überraschend. 240 Euro ex nego. Bordeaux ist kein Kartell. Nein wirklich nicht
Grüße,
Wolf
Chateau Margaux ist gekommen. Der Preis ist nicht überraschend. 240 Euro ex nego. Bordeaux ist kein Kartell. Nein wirklich nicht


Grüße,
Wolf
„Es war viel mehr.“
Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
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Re: Bordeaux 2014
[quote="octopussy"
Zum Thema DTC: auffällig ist, dass immer mehr Châteaux den Weintourismus ausbauen mit neuen Verkostungsräumen, etc. D und das hier. [/quote]
Wenn ich mich recht entsinne, kam die Gleichung "1"chef" = max. 3 etoiles" bereits mit Marc Veyrat, resp. den "Saison-High-End-Küchen" ins Wanken. Insofern macht Bernard Magrez nun in etwa das, was der FCB gemacht hat, als er Guardiola engagierte: er heuert einen Arrivierten an, um noch weitere Titel draufzupacken. Das hat m.E. weniger mit dem Versuch zu tun, Bordeaux kundennäher zu gestalten, als mit dem Phänomen, was man jüngst auch bei Helmut Schmidt (bedauerlichsterweise) wahrnehmen konnte: im Wettlauf um Publizität wird alles mitgenommen.
Der Vorläufer von Robuchon war übrigens vor knapp 20 Jahren Thierry Marx im Cordeillan Bages in Pauillac, das damals bereits Jean-Michel Cazes gehörte. Nur hat sich Thierry Marx seine 3 Sterne dort erkocht. Man konnte über die Jahre beobachten, wie sich die Entwicklung zu einem Grossen der Szene entwickelt. Um im Fussballjargon zu bleiben: Thierry Marx war der Nationalspieler aus der eigenen Jugend.
Ob Robuchon nun 28 oder 31 Sterne hat, ist nicht so wichtig; Bernard Magrez hat möglicherweise in Zukunft 3.
Herzliche Grüsse,
Matthias Hilse
Zum Thema DTC: auffällig ist, dass immer mehr Châteaux den Weintourismus ausbauen mit neuen Verkostungsräumen, etc. D und das hier. [/quote]
Wenn ich mich recht entsinne, kam die Gleichung "1"chef" = max. 3 etoiles" bereits mit Marc Veyrat, resp. den "Saison-High-End-Küchen" ins Wanken. Insofern macht Bernard Magrez nun in etwa das, was der FCB gemacht hat, als er Guardiola engagierte: er heuert einen Arrivierten an, um noch weitere Titel draufzupacken. Das hat m.E. weniger mit dem Versuch zu tun, Bordeaux kundennäher zu gestalten, als mit dem Phänomen, was man jüngst auch bei Helmut Schmidt (bedauerlichsterweise) wahrnehmen konnte: im Wettlauf um Publizität wird alles mitgenommen.
Der Vorläufer von Robuchon war übrigens vor knapp 20 Jahren Thierry Marx im Cordeillan Bages in Pauillac, das damals bereits Jean-Michel Cazes gehörte. Nur hat sich Thierry Marx seine 3 Sterne dort erkocht. Man konnte über die Jahre beobachten, wie sich die Entwicklung zu einem Grossen der Szene entwickelt. Um im Fussballjargon zu bleiben: Thierry Marx war der Nationalspieler aus der eigenen Jugend.
Ob Robuchon nun 28 oder 31 Sterne hat, ist nicht so wichtig; Bernard Magrez hat möglicherweise in Zukunft 3.
Herzliche Grüsse,
Matthias Hilse
Re: Bordeaux 2014
Was heißen die Kürzel DTC und FCB?
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Re: Bordeaux 2014
FCB als Abkürzung für den FC Bayern München. DTC würde mich selbst interessieren.mixalhs hat geschrieben:Was heißen die Kürzel DTC und FCB?
Herzliche Grüsse,
Matthias Hilse