Hallo zusammen,
wie im vergangenen Jahr habe ich es auch diesmal zur
Mitterhein-Weinmesse in Bacharach geschafft. Bevor ich auf die Weine zu sprechen komme, ein Wort zu der Messe selbst. Eine insgesamt schöne Veranstaltung in fast familiärer Atmosphäre, gut besucht, aber nicht zu voll. Trotzdem: Es gibt am kleinen Mittelrhein ziemlich viele ähnliche Veranstaltungen, wünschenswert wäre eine zentrale Mittelrhein-Weinmesse, bei der auch mehr maßgebliche Weingüter aus der Bopparder und Leutesdorfer Gegend anwesend wären, in der jetzigen Form ist die Messe doch deutlich Bacharach-dominiert (was andererseits kein Wunder ist, da sie von der Winzervereinigung Bacharach-Steeg organisiert wird).
Nun zum Wesentlichen: Der Jahrgang 2014 war am Mittelrhein ein äußerst komplizierter. Anfang September einsetzender Regen bei relativ warmen Temperaturen sorgte für einen extremen Fäulnis-Druck und daraus resultierend hohe Ertragseinbußen. Oft mussten Trauben relativ früh eingebracht werden, wer länger hängen ließ, kam an einer rigorosen Selektion nicht vorbei. Ergebnis: Wenig Wein, niedrigere Mostgewichte, geringere Alkoholausbeute. Die Säure ist gut, die Aromatik angenehm, die Extrakte stimmen meist. Insgesamt haben wir es mit sehr leichten Weinen zu tun, die jedoch im guten Fall mit einer feinen Aromatik und belebenden Frische punkten können. Positiv für mich: Niedrige Alkoholwerte bei dennoch prägnanter Aromatik. Trockene Kabis liegen bei 10-11 vol.; trockene Spätlesen gab es schon mit 11,5 vol., halbtrockene / feinherbe Kabis fangen bei 9 vol. an.
Ich habe mir diesmal nur wenige Notizen gemacht, deshalb eher allgemeine Eindrücke zu einzelnen Weingütern und Weinen. Mit den Weinen von
Matthias Müller habe ich manchmal so meine Probleme. Sein „opulenter“ Stil ist nicht ganz so meine Sache, wiewohl mir in der Vergangenheit einige seiner Weine sehr gut gefallen haben. Der schwierige, „kühle“ Jahrgang hat den Müllerschen Weinen aus meiner Sicht gut getan, zumindest kamen sie meinen Vorlieben durchaus entgegen: Keine barocke Opulenz, keine breite Frucht, sondern präzis fokussierte Rieslinge mit einer feinen Balance aus Frucht und Säure, versehen mit typisch mineralischen Tönen. Daran war wenig auszusetzen. Von den sechs angestellten Weinen gefielen mir besonders die „Alten Reben“ aus dem Bopparder Hamm sowie der Bopparder Hamm Feuerlay Riesling –S– (beide trocken).
Tut mir leid, liebe Jost-Verächter, aber wie schon vergangenes Jahr hat mir die Kollektion von
Toni Jost wieder ausnahmslos gefallen. Derart durchgehend präzise, ausgewogene, animierende Rieslinge habe ich an keinem anderen Stand probiert. Meine Favoriten: der gewohnt mineralisch-würzige Devon-S und der feinherbe Kabi mit 9,5 vol., absoluter Spaß im Glas und Trinkfluss pur. Auch der restsüße Kabi aus dem Hahn mit 8,5 vol. trank sich sehr schön.
Bei
Randolf Kauer „the same procedure as every year”. In diesem jungen Stadium haben vor allem die trockenen Weine einen manchmal etwas schweren Stand, da sie noch recht verschlossen und kantig wirken. Genauso auch dieses Jahr. Wenn man mit den Kauer-Weinen aber ein wenig Erfahrung hat, weiß man dies richtig einzuschätzen. Die Weine sind auf gewohntem Kauer-Qualitäts-Standard, brauchen aber noch ein wenig Zeit. Jetzt schon sehr gut zu trinken ist die feinherbe Spätlese aus dem Ölsberg, leicht, aber mit äußerst delikater Frucht und der typischen Ölsberg-Mineralität. Von den trockenen Kabis gefiel mir der Kloster Fürstental etwas besser als die Wolfshöhle, wobei letztere erfahrungsgemäß ein Spätzünder ist. Schade: Es gibt aus 14 nur eine trockene Spätlese, und zwar aus dem Ölsberg, die braucht noch etwas Zeit.
Ich bemühe mich zwar immer wieder, aber zu den Weinen von
Lanius-Knab finde ich einfach keinen Zugang. Auch dieses Jahr nicht: Die Weine kommen mir seltsam ätherisch, ölig vor, dazu kommt in der Nase so eine mich eher irritierende vegetabil-herbe Note, die mir nicht sonderlich gefallen mag. Also auch dieses Jahr nicht mein Ding. Aber das liegt wahrscheinlich an mir, anderen werden die Weine bestimmt gefallen, zumindest sollte man sie probieren.
Bei
Ratzenbergers gab es wie im vergangenen Jahr überwiegend Fassproben, die alle naturgemäß noch etwas hefig und unfertig wirkten, aber die grundsätzliche Qualität war da. Von den präsentierten 13ern überzeugte mich einmal mehr die halbtrockene Spätlese aus dem Bacharacher Posten, für mich ein Highlight des Gebietes (in Bezug auf die 13er). Auch der 2012er Spätburgunder bewies, dass im Hause Ratzenberger aus dieser Rebsorte durchgehend ansprechende Weine gemacht werden.
Auch bei
Friedrich Bastian gab es aus 14 zumeist Fassproben. Aus der Scheurebe und dem „Orion“-Riesling könnten sehr schöne Weine werden. Ziemlich angetan war ich auch von der Kollektion der Jung-Winzer vom
Weingut Philipps-Mühle aus St. Goar. Schon der Müller-Thurgau konnte mit seiner unkompliziert frischen Art gefallen. Die Rieslinge aus 14 zeigten sich alle recht dicht (keine Selbstverständlichkeit in dem Jahrgang), würzig-herb, mineralisch-animierend. Das war schon ziemlich gut. Auch bei
Josten&Klein gab es schöne Weine: Allen voran der Leutesdorfer Gartenlay Riesling, ein dichter, dunkel mineralischer, zugleich seriöser und süffiger Riesling – sehr gut. Nichts anfangen konnte ich wie immer mit dem Sauvignon – ist einfach nicht mein Ding. Positiv überrascht war ich von dem mir bis dahin unbekannten
Weingut Am Löwenkopf, das meine Aufmerksamkeit sofort damit erregte, weil es Lagen in Kaub bewirtschaftet. Zwar nicht im legendären Kauber Roßstein (der meinen Informationen nach zwar im Besitz eines Weingutes ist, das aber keinen Wein mehr aus dieser Lage produziert), aber in den ähnlich interessanten Lagen Kauber Blüchertal, Kauber Rauschelay und Burg Gutenfels. Schon der feinherbe Literwein „Kauber Riesling“ ist schlicht gut. Überzeugen konnte auch der trockene Kauber Rauschelay Riesling. Richtig klasse war der Burg Gutenfels Riesling 1324, genaueres kann ich nicht mehr sagen, meine Notiz zu diesem Wein lautet: „Ja! Sehr gut!!!“
Eine äußerst begrüßenswerte Einrichtung der Mittelrhein-Messe ist der „
Schatzkammer“-Stand, an dem gereifte Rieslinge angeboten werden, diesmal 10 Stück aus den Jahren 1976 bis 2004. Wie immer eine Bank sind die Rieslinge vom (nicht mehr existierenden)
Weingut Helmut Mades, dessen 1993er und 1995er Auslesen (Bacharacher Posten / Steeger St. Jost) schön gereift und äußerst angenehm zu trinken waren. Nahezu taufrisch und knackig wirkte der restsüße Kabi 2002 von
Toni Jost aus dem Bacharacher Hahn, an dem die Zeit spurlos vorbei zu gehen schien. Positiv fielen mir zwei Weine vom
Weingut Scherer aus Manubach auf, ein Betrieb, der mir bis dahin unbekannt war. Sowohl deren 1999er Spätlese (Schloss Stahleck) als auch die 2001er Auslese (Manubacher Mönchwingert) überzeugten als fein gereifte, harmonische und in sich ruhende Rieslinge.
Fazit: Um nicht nur zu loben – 2014 gehört sicherlich nicht zu den besten Jahrgängen der letzten Dekade. Es gab natürlich auch Weine, und das gilt vor allem für die Betriebe aus der „zweiten Reihe“, die das schwierige Jahr im negativen Sinne transportierten: mithin unreif wirkende, dünne bis leere Weine, nichtssagend-neutrale Weine. Allerdings finden sich, und ich hoffe, dass das aus dem Bericht hervorgeht, vornehmlich bei den Top-Betrieben des Gebietes zahlreiche interessante, gute und auch sehr gute Weine.