Piemont - Barbaresco und die Langhe (außer Barolo)

olifant
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Re: Piemont - Barbaresco und die Langhe (außer Barolo)

Beitrag von olifant »

Rocketman hat geschrieben:....., aber sauer, sauer, sauer. Dann kam aber die Überraschung, als ich nur noch wenige Schlucke im Glas hatte: Er schmeckte plötzlich süß und hatte ein völlig anderes Aroma, als hätte er sich schlagartig geöffnet und sich in einen anderen Wein verwandelt. Das habe ich bisher so noch nicht erlebt. Möglicherweise habe ich in diesem Moment einen kurzen Eindruck bekommen, wie ein Nebbiolo sein sollte?
Ja und Nein ;)
Für deinen Wein heisst dies wohl, dass du ihn besser 5 Stunden dekantiert hättest, evtl. hättest Du auch Doppelt-Dekantieren versuchen können, d.h., nach der Karaffe nochmals zurück in die Flasche. Ist doch letztendlich ein guter Erfahrungswert, oder?
Auf jeden Fall hast Du nun einen Eindruck davon, was an Nebbiolo Spass machen kann. Gereifte schmecken dennoch ziemlich anders hinsichtlich der Aromen als ein gut belüfteter junger Wein, sofern der aufmacht.

Hinsichtlich der Säurewahrnehmung ist der Effekt der Gewöhnung auch nicht zu unterschätzen. Manches mal kann man sich auf säurelastige Weine regelrecht eintrinken - unzählige Riesling-, aber auch Nebbiolotrinker können sich schliesslich nicht irren. ;)

Interessante Nebbioli findest du übrigends auch in der Ghemme, sehr gute PGV bei Antichi Vigneti di Cantalupo, preis-, aber auch trinkenswerten Nebbiolo d'Alba bei Fratelli Rabino.
Grüsse

Ralf

Die Zukunft war früher auch besser.
Karl Valentin
Rocketman
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Re: Piemont - Barbaresco und die Langhe (außer Barolo)

Beitrag von Rocketman »

olifant hat geschrieben:
Rocketman hat geschrieben:
Hinsichtlich der Säurewahrnehmung ist der Effekt der Gewöhnung auch nicht zu unterschätzen. Manches mal kann man sich auf säurelastige Weine regelrecht eintrinken - unzählige Riesling-, aber auch Nebbiolotrinker können sich schliesslich nicht irren.
Mag sein, aber ich habe noch nie bei einem Riesling eine derartige Säure geschmeckt. Und ich glaube auch nicht, dass ich noch viel Geld investieren werde, um mich daran zu gewöhnen. Für die Flasche habe ich immerhin 16 Euronen auf den Tisch gelegt :(
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robertz
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Re: Piemont - Barbaresco und die Langhe (außer Barolo)

Beitrag von robertz »

Hallo

Bei Nebiollo ist die Säure gepaart mit dem Tannin das Fordernde und Ungewohnte. Beim Riesling (und auch anderen Weißweinen) wird die Säure immer wieder mit leichtem Restzucker abgepuffert.

Nebiollo ist zudem ein Nischenwein mit geringer Verfügbarkeit, vernünftige Weine gibt es nur aus dem Großraum Piemont mit dem Zentrum Alba (Barolo, Barbaresco). Diese weltbekannten Weine werden in einer sehr übersichtlichen Menge produziert und haben eigentlich keine Nachahmer aus anderen Gebieten. Somit erklärt sich vielleicht der etwas höhere Preis bei den Einstiegsweinen, der aber ab Hof noch imer einstellig ist. Als einfachen Tischwein bietet das Piemont die Rebsorten Dolcetto und Barbera, welche auch eher deinen Geschmack treffen werden. Der Aufschlag durch den Zwischenhandel in deinem Fall ist ein anderes Thema :evil: .

Da auch nur eine kleine Menge der Weinkonsumenten die Charakteristik lieben lernt (und sogar danach süchtig wird, insbesondere wenn gereifte Flaschen hochwertige Speisen zu einem einzigartigen Erlebnis machen :D ), sind die Preise für die Top-Weine im Gegensatz zu Bordeaux und Burgund noch ein wenig erträglicher, auch wenn schon kaum leistbar.

Liebe Grüße,
Robert
Vergeblich klopft, wer ohne Wein ist, an der Musen Pforte. ;)
m_arcon
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Re: Piemont - Barbaresco und die Langhe (außer Barolo)

Beitrag von m_arcon »

Rocketman hat geschrieben:
olifant hat geschrieben:
Rocketman hat geschrieben:
Hinsichtlich der Säurewahrnehmung ist der Effekt der Gewöhnung auch nicht zu unterschätzen. Manches mal kann man sich auf säurelastige Weine regelrecht eintrinken - unzählige Riesling-, aber auch Nebbiolotrinker können sich schliesslich nicht irren.
Mag sein, aber ich habe noch nie bei einem Riesling eine derartige Säure geschmeckt. Und ich glaube auch nicht, dass ich noch viel Geld investieren werde, um mich daran zu gewöhnen. Für die Flasche habe ich immerhin 16 Euronen auf den Tisch gelegt :(

Dann wirst du dir auch keine Freude bereiten wenn du etwas intensiver in das Gebiet einsteigen willst weil die wirklich interessanten Weine kosten einfach Kohle und du liegst mit deinen 16 Euro da am untersten Ende. Das soll jetzt nicht arrogant oder irgendwie klingen aber es ist einfach so.

Viele Grüße
Marc
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Mr. Nebbiolo
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Re: Piemont - Barbaresco und die Langhe (außer Barolo)

Beitrag von Mr. Nebbiolo »

Rocketman hat geschrieben: Für die Flasche habe ich immerhin 16 Euronen auf den Tisch gelegt :(
Hallo Rocketman,

wenn du nicht mehr Geld investieren willst, finde ich deine Entscheidung richtig, nicht weiter in das Thema Nebbiolo einzusteigen, denn tief wirst du da nicht einsteigen können :shock: :oops:

Den Nebbiolo der Produttoti für 16,- hast du, wie Robert schon ähnlich schreibt ;) , aber auch eher in einer (Wein)Apotheke als bei einem konkurenzzfähigen Händler gekauft. Du bekommst für um oder vielleicht auch unter 15,- € durchaus Nebbiolo, die vielleicht nicht ganz so karg sind und eher einen positiven Nebbiolo Einstieg bieten könnten.
Grüße

Klaus
olifant
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Re: Piemont - Barbaresco und die Langhe (außer Barolo)

Beitrag von olifant »

Hallo Rocketman,

für 15 € kann man schon ganz anständige Sachen bekommen. In diesem Zusammenhang erwähne ich gerne nochmals die Kellerei Antichi Vigneti di Cantalupo, das sind zwar keine Langhe Nebbiolo, Barbaresci oder Baroli, sondern Ghemme DOCG oder Colline di Novaresi DOC, d.h., neben Nebbiolo kann auch Croatina (Uva Rara), Vespaiolo oder Barbera in der Cuvée sein, tut der Authentizität dieser Weine keinen Abbruch, wobei bei Cantalupo die Mehrzahl der Weine 100% Nebbiolo sind.
Der Weinhändler Enoteca dell'Arte / Arte di Vivere hat ein gutes Programm dieses Produzenten, d.h. Colline Novaresi DOC Agamium gibt's für unter 10 €/Fl und die Bottiglie di Natale mit Sonderetiketten (2001 - 2005), durchaus schon gereifte Jahrgänge des Ghemme DOCG, werden in Restpostenaktionen für ca. 15 € vertrieben, Normalpreis 18 €, der Anno Primo Ghemme DOCG ist für 16 € zu haben - dies sind wirklich alles hoch anständige, typische Weine fürangemessenes Geld; die Lagenweine Collis Carallae gibt's ab 23 € und den Collis Breclemae ab 25 € - das ist dann schon sehr guter Stoff - alles echt klassisch Nebbiolo, aber nicht Langhe. Für Ghemme Weine zahlt man (noch) nicht den Herkunftsaufschlag der Langhe.
Aber da die angebotenen Weine hier schon gereiftere Jahrgänge sind, kannst du eben ein wenig davon erahnen, was den Reiz gereifter Barbaresco und Barolo evtl. für dich ausmachen könnte - aber Säure haben sie alle, es kommt nur darauf an, wie diese im Wein eingebaut ist.
http://www.artedivivere.de/wein/piemont ... -cantalupo
Grüsse

Ralf

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Karl Valentin
olifant
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Re: Piemont - Barbaresco und die Langhe (außer Barolo)

Beitrag von olifant »

... die Tage im Glas, gereifte Weine von Michele Ferrero ...

Ja, genau der mit der Piemontkirsche, der ein Weingut, Cantina Montersino, in Verduno betreibt und dessen Produktion i.d.R. nicht im Weinhandel vertrieben, sondern durch den Patron / die Firma an verdiente Mitarbeiter und Geschäftskunden zugeteilt wird. Entsprechend fiel mir eine gemischte Originalkiste bei einem Internetauktionshaus in die Hände ... zum Glück aus wohl nahezu perfekter Lagerung.

Roero Arneis 2003, Michele Ferrero/Cantina Montersino - Verduno, perfekter Kork mit Brand von Bel Colle ;)
kräftiges Strohgelb; deutlicher Altersfirn, dazu Kräuternoten und etwas reife gelbe Frucht; am gaumen mittlere Stoffigkeit, Firnnoten, die sich mit Belüftung etwas mildern, dzu angenehme Kräuterwürze über reifen Apfelschalen, stützende Säure, etwas Mineralik; mittellanger Abgang auf Firn- und Kräuternoten 14/20 op
Für mich schon zu weit, dennoch für Trinker denen Firnnoten liegen nicht ohne gewissen Reiz.

Dolcetto d'Alba 2003, Michele Ferrero/Cantina Montersino - Verduno
dunkles Rubingranat mit dunkelbraunen Reflexen; Pilz- und Liebstöckel, Kräuternoten, Leder, Kirschlikör; am Gaumen ebenfalls gereifte Kirscharomatik, jedoch nicht so weit wie die Nase vermuten lassen würde, dazu schwarzer Teee und Leder mit einem angenehmen Fond von Pilzen, Liebstöckel und altem Fass, samtig gereifte Tannine, harmonische Säure, gewisse Tiefe, guter Trinkfluss; langer Abgang auf gereifte Frucht (Tertiäraromatik) getregen von reifen Tannin und Ledernoten - 16/20 op
Recht erstaunlich für einen nun fast 12-jährigen Dolcetto, angenehmer Essensbegleiter, harmonisch gereift. Normalerweise sollte ein Dolcetto nach spätestens 6-8 Jahren getrunken werden.

Barbaresco Montersino 2001, Michele Ferrero/Cantina Montersino - Verduno
Rubingranat mit leichter Randaufhellung und Ziegelroten Reflexen; Kirschnoten, feuchtes Laub, Tabak, Leder, Graphit und etwas Teer; am dichtes Mittelgewicht mit Tendenz zur Kraft, verwobene ausgewogene Aromatik korrespondierend zur Nase, gewisse mineralische Noten aufblizend, gereifte angenehm griffige Tannine, perfekte Säurebalance, hervorragender Trinkfluss, gewisse Kraft und Tiefe; langer Abgang auf Piemontkirsche ;) , verwoben mit angenehmer Tertiäraromatik von Laub, Tabak und etwas Graphit/Teer - 17-17,5(+)/20 op
Sehr angenehmer und recht kräftiger Barbaresco, schon sehr schön gereift, aber noch nicht auf dem Zenit. Hat noch Potential.
Grüsse

Ralf

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Karl Valentin
olifant
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Re: Piemont - Barbaresco und die Langhe (außer Barolo)

Beitrag von olifant »

olifant hat geschrieben: Dolcetto d'Alba 2003, Michele Ferrero/Cantina Montersino - Verduno
dunkles Rubingranat mit dunkelbraunen Reflexen; Pilz- und Liebstöckel, Kräuternoten, Leder, Kirschlikör; am Gaumen ebenfalls gereifte Kirscharomatik, jedoch nicht so weit wie die Nase vermuten lassen würde, dazu schwarzer Teee und Leder mit einem angenehmen Fond von Pilzen, Liebstöckel und altem Fass, samtig gereifte Tannine, harmonische Säure, gewisse Tiefe, guter Trinkfluss; langer Abgang auf gereifte Frucht (Tertiäraromatik) getregen von reifen Tannin und Ledernoten - 16/20 op
Recht erstaunlich für einen nun fast 12-jährigen Dolcetto, angenehmer Essensbegleiter, harmonisch gereift. Normalerweise sollte ein Dolcetto nach spätestens 6-8 Jahren getrunken werden.
... beim Nachverkosten eines Flaschenrestes nach 2 Tagen in der geöffnten Flasche zeigte sich der Wein einen Tick erholter und 'frischer'; in der Nase und am Gaumen gesellten sich angenehme Orangenschalen/Orangeat-Noten hinzu, Liebstöckel dafür weniger, die Tannine zeigten sich nun auf einer eher kühleren seidigeren Seite, sodass ich die Flasche eigentlich noch einen Tick besser sehen würde.
Aber wie schon gesagt, das eigentlich erstaunliche ist, dass Dolcetto dem Grunde nach kein Wein für lange Lagerung ist, sondern frisch getrunken gehört. Selbst auf dem Rückenetikett wird dies seitens der Cantina empfohlen...
Grüsse

Ralf

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Créot
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Re: Piemont - Barbaresco und die Langhe (außer Barolo)

Beitrag von Créot »

Übers Wochenende über 3 Tage zwei 2010er Nebbiolos getrunken.

Vietti Perbacco 2010: Direkt nach dem Öffnen nicht viel los: wenig in der Nase, wenig Konzentration am Gaumen, wenig Struktur. Braucht erst einmal 4-5 Stunden in der geöffneten Flasche. Dann macht die Nase etwas auf: Warme, reife rote Frucht, Gewürznoten, Lakritze, Blüten, etwas Tabak, etwas Teer. Der Gaumen bekommt Struktur und entwickelt ein schöne Süß-Sauer-Spiel, zunächst noch etwas vordergründig, gewinnt aber am zweiten Abend Tiefe und noch etwas Dichte und Würze. Kirsche, etwas rote Johannisbeere. Eher leicht. Sehr fein und elegant. Mittellanger Abgang. Auch die Intensität der Nase nimmt über die 3 Abende zu. Allerdings tritt am 3. Abend das charmante Süß-Sauer-Spiel in den Hintergrund. Am zweiten Abend am besten.

Massolino Langhe Nebbiolo 2010: Anders als der Vietti gleich da, wirkt auch sofort moderner als der Vietti, kraftvoller, konzentrierter, aber ohne Holzschuhe. Sehr klar und gut gemacht. In der Nase dunkle Frucht, sehr duftig-floral. Am Gaumen deutlich strukturierter, konzentrierter und dunkler als der Vietti. Warme, würzige Frucht, auch schöne Tiefe und Komplexität, feiner Säurenerv von rote Johannisbeeren. Gefiel mir am Anfang deutlich besser, nach 6 Stunden hat der Vietti etwas die Nase vorn und bleibt in Führung. Das liegt daran, dass die Tannine, die am Anfang nur etwas im Abgang zubeißen, sich im Laufe der Zeit in den Vordergrund schieben und anstelle von Kakaopuder eine deutlich bittere Note annehmen und austrocknend wirken. Hier liegt für mich das Manko dieses insgesamt immer noch recht guten Weins (laut Homepage wurden die Barolos in "großen Fässern", der Nebbiolo in "traditionellen Fässern" gelagert - keine Ahnung ob da ein Unterschied ist).
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Herr S.
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Re: Piemont - Barbaresco und die Langhe (außer Barolo)

Beitrag von Herr S. »

Moin moin,

einer der faulsten Forumianer meldet sich mal wieder zu Wort. In der letzten habe ich mit guten Freunden und Piemont-Kennern zwei Weine von Fratelli Revello getrunken:

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Fratelli Revello macht einfach gute Weine.

Viele Grüße,
Björn
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"Not that we needed all that for the trip, but once you get locked into a serious drug-collection, the tendency is to push it as far as you can." (Hunter S. Thompson, Fear and Loathing in Las Vegas)
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