Barolo - Wein der Könige, König der Weine

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UlliB
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Re: Barolo - Wein der Könige, König der Weine

Beitrag von UlliB »

Barolo Monfalletto 2010 (Cordero di Montezemolo) 14%Vol. Der Erzeuger wird von den wineberserkers als "modern" eingestuft, was immer das bedeuten soll. Richtig ist, dass hier zu einem gewissen Teil Barriques zur Reifung verwendet werden. Aber zumindest dieser Wein ist überhaupt nicht von Neuholz geprägt.

Sehr dunkles, durchscheinendes Kirschrot. Zurückhaltende, aber ungemein interessante und feine Nase: nur wenig Frucht, dafür Wildrose, dann kräuterig (Thymian?), dahinter Sandelholz und Pfeifentabak. Im Gaumen noch unentfaltet, ordentlich feinkörniges, nicht ruppiges Tannin, sortentypisch hohe Säure, langer würziger Abgang. Völlig ungeeignet für denjenigen, der im Wein üppige und weiche Frucht sucht; mir gefällt das dennoch sehr.

Noch kurz zur Bezeichnung des Weins: "Monfalletto" ist der Name des Gutshofs; der Wein kommt zu 100% aus der Lage Gattera (La Morra). Irgendwo habe ich gelesen, dass demnächst die Verwendung von Phantasienamen für single vineyard - Baroli verboten werden soll, und für diese die Verwendung der seit einigen Jahren "offiziellen" Lagenbezeichnung obligatorisch wird. Demnach müsste der Wein dann auch umbenamt werden. Vielleicht habe ich da aber nur etwas falsch verstanden.

Aber Namen hin oder her - das ist ein sehr schöner Wein, und wenn mein Schwerpunkt bei Rotwein nicht in Bordeaux läge, würden die piemontesischen Nebbiolo-Weine ganz sicher größeren Raum in meinem Keller bekommen. Zumindest bislang scheint man es hier sehr gut verstanden zu haben, sich auf hohem Niveau vom internationalen Rotwein-Standardbrei fern zu halten.

Gruß
Ulli
olifant
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Re: Barolo - Wein der Könige, König der Weine

Beitrag von olifant »

Kurze Anmerkung zur modern / traditionell Katalogisierung der Barolo Produzenten:
In der aktuellen Merum ein interessanter Artikel zu eben diesem Thema, bzw. nicht mehr Thema ;) , sowie zu der nun gültigen Lagenklassifizierung, im Rahmen eines Interviews mit div. Produzenten, innerhalb der neuen Rubrik Apellationsgespräche - interessant und informativ.
Grüsse

Ralf

Die Zukunft war früher auch besser.
Karl Valentin
Créot
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Re: Barolo - Wein der Könige, König der Weine

Beitrag von Créot »

UlliB hat geschrieben:Irgendwo habe ich gelesen, dass demnächst die Verwendung von Phantasienamen für single vineyard - Baroli verboten werden soll, und für diese die Verwendung der seit einigen Jahren "offiziellen" Lagenbezeichnung obligatorisch wird. Demnach müsste der Wein dann auch umbenamt werden. Vielleicht habe ich da aber nur etwas falsch verstanden.
Hallo Ulli,

O'Keefe schreibt in ihrem neuen Barolobuch, dass zwar ab Jahrgang 2010 keine neuen Phantasienamen erlaubt sind, wohl aber, wenn diese vor 2010 angemeldet und einige Jahre verwendet wurden. Also keine wirkliche Klarheit.
Ansonsten sind Angaben von zwei Lagen (wie bis 2009 bei Guiseppe Rinaldi) nicht mehr erlaubt und die Lagen wurden katalogisiert, sind also offiziell - allerdings teilweise nicht wirklich eingegrenzt (so können jetzt anscheinend doch wieder Cannubi-Muscatel, -Valetta oder -San Lorenzi Produzenten nur "Cannubi" auf das Etikett schreiben - immerhin sind das dann 34 Hektar Cannubi).

Interessant, dass der 2010er anscheinend schon richtig Spaß macht. Ich mache so gut wie nichts jung auf, weil mich bisher eigentlich nur Sachen mit 10, 15 Jahren Lagerzeit wirklich begeistert haben. Aber vielleicht sollte ich demnächst mal zumindest ein oder zwei 2007er köpfen.

Grüße
Stefan
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UlliB
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Re: Barolo - Wein der Könige, König der Weine

Beitrag von UlliB »

Créot hat geschrieben: Interessant, dass der 2010er anscheinend schon richtig Spaß macht.
Ich halte es damit ganz naiv genauso, wie ich es mit Bordeaux seit rund 30 Jahren mache: entweder ganz jung oder eben alt und gereift. Das scheint auch hier zu funktionieren, wobei man dazu sagen muss, dass ich durch den Umgang mit jungem Bordeaux gegen hohe und auch mal aggressive Tanninlevel einigermaßen resistent bin. Und ja, der Monfalletto 2010 hat mir viel Spaß gemacht; ich bin aber sicher, dass seine eigentliche Zeit erst in etlichen Jahren kommt.

Danke auch für die Klarstellung zur Namensgebung. Ich hatte schon vermutet, dass sich die Winzer nicht von lange eingeführten Bezeichnungen verabschieden werden.
[...] die Lagen wurden katalogisiert, sind also offiziell - allerdings teilweise nicht wirklich eingegrenzt (so können jetzt anscheinend doch wieder Cannubi-Muscatel, -Valetta oder -San Lorenzi Produzenten nur "Cannubi" auf das Etikett schreiben - immerhin sind das dann 34 Hektar Cannubi).
Ich habe mir vor ein paar Wochen in La Morra die offizielle Barolo-Lagenkarte besorgt. Die weist die zulässige Alternativbenamung bei den Cannubi-Nachbarn ganz klar aus. Zusammengezählt komme ich übrigens auf knapp 47 Hektar Cannubi und Cannubi-Varianten, die sich auch nur "Cannubi" nennen dürfen. Richtig viel ist das aber auch nicht: Bussia in Monforte hat knapp 300 Hektar, Bricco San Pietro sogar 380 Hektar...

Lustig ist auch, dass für ein paar Lagen alternative Bezeichnungen zulässig sind: so dürfen Weine aus der Lage Altenasso in Castiglione alternativ auch mit der Bezeichnung Garbelletto Superiore oder Garblet Sué etikettiert werden. Für sehr viel Klarheit scheint die Lagenkatalogisierung jetzt auch nicht zu sorgen :lol:

Gruß
Ulli
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UlliB
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Re: Barolo - Wein der Könige, König der Weine

Beitrag von UlliB »

Und weil's so schön war, gleich noch ein 2010er:

Barolo Sarmassa 2010 (Brezza) 14,5%Vol. Farbe wie oben. In der Nase duftiger als der Monfalletto, wobei die Betonung hier mehr auf floralen und weniger auf würzigen Noten liegt. Im Gaumen findet die charmante Nase leider keine Fortsetzung: dominiert von hoher Säure und hartem Tannin zeigt sich der Wein sehr verschlossen und unergiebig.

Das ist jetzt tatsächlich ein Wein für die fernere Zukunft, wobei ich mangels Erfahrung das Potential nicht wirklich einschätzen kann. Substanz scheint genug da zu sein.

Fazit, wie schon Anfang Oktober vor Ort festgestellt: manche 2010er Baroli gehen jetzt ganz wunderbar, andere aber gar nicht. Für Leute wie mich, die sich noch nicht lange mit dem Gebiet beschäftigen, bleibt das eine Art Lotteriespiel :?

Gruß
Ulli
Créot
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Re: Barolo - Wein der Könige, König der Weine

Beitrag von Créot »

UlliB hat geschrieben: Lustig ist auch, dass für ein paar Lagen alternative Bezeichnungen zulässig sind: so dürfen Weine aus der Lage Altenasso in Castiglione alternativ auch mit der Bezeichnung Garbelletto Superiore oder Garblet Sué etikettiert werden. Für sehr viel Klarheit scheint die Lagenkatalogisierung jetzt auch nicht zu sorgen :lol:
Habe vor ein paar Monaten im Weinatlas erfolglos nach der Lage Garblet Sue gesucht. Jetzt weiß ich wenigstens warum. Danke für die Info.

Grüße
Stefan
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UlliB
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Re: Barolo - Wein der Könige, König der Weine

Beitrag von UlliB »

olifant hat geschrieben:Kurze Anmerkung zur modern / traditionell Katalogisierung der Barolo Produzenten:
In der aktuellen Merum ein interessanter Artikel zu eben diesem Thema, bzw. nicht mehr Thema ;) , sowie zu der nun gültigen Lagenklassifizierung, im Rahmen eines Interviews mit div. Produzenten, innerhalb der neuen Rubrik Apellationsgespräche - interessant und informativ.
Ich habe mir mal das Heft besorgt. Ja, das Interview ist informativ und interessant, insbesondere auch zum Aspekt der Einzellagen (wie z.B. "Vigna Colonnello") innerhalb der offiziell abgesteckten Lagen (in diesem Fall "Bussia") - das war mir vorher nicht klar.

Was die Verkostungsnotizen betrifft: nun ja, wer wie der Autor der Auffassung ist, dass Neuholz egal in welcher Menge (und ganz gleich ob als großes Fass oder Barrique) bei der Produktion von Barolo nullkommagarnichts zu suchen hat, wird damit etwas anfangen können. Ich nicht.

Gruß
Ulli
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Mr. Nebbiolo
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Re: Barolo - Wein der Könige, König der Weine

Beitrag von Mr. Nebbiolo »

Ja ja, das Wort "Neuholz" geht bei Wein generell, ganz speziell aber für Nebbiolo bei Andreas März gar nicht :D

Ganz so ernst darf man es aber nicht sehen, denn die Weine werden ja blind verkostet und wenn ein Wein nicht nach Holz riecht und schmeckt, dann wird er auch deswegen nicht schlecht bewertet. Wenn man mal über längere Zeit die positiv von Andreas März bewerteten Barolo (zwei oder gar drei Herzen) probiert und dann auch nicht bewertete (eventuell mit Biberlogo ;) ) nimmt, dann kennt man den Geschmack von ihm recht schnell und kann sich gut darauf einstellen.

Es gibt natürlich immer ein paar Weine in der Mitte der beiden Seiten, wo ich das nicht immer verstehe, aber ich finde die Verkostungen (Selezione) bei den Weinarten die ich kenne immer sehr hilfreich, egal ob man die gut bewerteten Weine bevorzugt oder eben auch dann die nicht bewerteten Weine kauft :lol: .

Es gibt also durchaus Weine, die im neuen Holz lagen, die mal gut bewertet wurden, weil der Winzer damit scheinbar anders (ich schreib jetzt mal nicht besser) umgeht.

Darauf warten, dass mal ein Barolo von z.B. Conterno - Fantino die drei Herzen bekommt, würde ich eher nicht ;) , was aber noch lange nicht heißt, das die Weine nicht sehr gut sind. Man muss eben wissen, was man will und dann kann man sich gut darauf einstellen, wobei ich immer wieder Weine trinke, die genau der Geschmack von Andreas März sind und die mir hervorragend schmecken und dann wieder Märzsche (Anti) Barolo trinke, denen ich auch viel gutes abgewinnen kann, je nach Lust und Laune, Reifezeitpunkt der Weine, Anlass, Essen dazu, usw
Grüße

Klaus
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UlliB
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Re: Barolo - Wein der Könige, König der Weine

Beitrag von UlliB »

Mr. Nebbiolo hat geschrieben:Ja ja, das Wort "Neuholz" geht bei Wein generell, ganz speziell aber für Nebbiolo bei Andreas März gar nicht :D
Immerhin macht er ja keinen Hehl aus seiner Ablehnung. Ich empfinde die aber schon als ziemlich fundamentalistisch, wenn er schreibt, dass ein unzureichend weingrün gemachtes großes Holzfass die Weine eines Winzers über Jahre hinweg negativ beeinflusst. Aber bitte, jeder so wie er es mag.
Es gibt also durchaus Weine, die im neuen Holz lagen, die mal gut bewertet wurden, weil der Winzer damit scheinbar anders (ich schreib jetzt mal nicht besser) umgeht.
Aber offensichtlich selten. In diesem Heft, soweit ich das sehe, betrifft das nur den "Le Vigne" 2010 von Sandrone - immerhin hat der ein Herz bekommen. Ja, genau der Wein, der von Galloni mit 100 Punkte bewertet wurde und über den sich auch etliche andere Verkoster gar nicht einkriegen können ;)

Gruß
Ulli
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UlliB
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Re: Barolo - Wein der Könige, König der Weine

Beitrag von UlliB »

Ok, momentan bin ich irgendwie auf dem Barolo-Trip. Das ist zwischen den ganzen Bordeaux aber auch mal eine echte Abwechslung.

Barolo Ravera 2008 (Elvio Cogno) 14,5%Vol. Für Barolo ziemlich dunkel, im Kern fast schwarz. Keine Holzprägung hier (und es war wohl auch kein Neuholz im Einsatz). Interessante Nase: etwas Himbeere, fleischige Würze, Balsamico traditionale - aber ohne die Essigtöne; insgesamt doch eher zurückhaltend. Im Gaumen nicht ganz unerwartet eine Kombination aus Säure und Tannin, embryonal, aber nicht völlig abweisend; das kann man durchaus schon trinken. Schöner, sauberer Nachhall. Dürfte in ein paar Jahren sehr viel Spaß machen.

Ravera ist übrigens tatsächlich eine der "offiziellen" Lagen, das muss man bei dem ganzen Verhau aus "lagenähnlichen" Phantasienamen, Gemarkungsnamen und mehr oder weniger offiziellen Einzellagennamen ja extra hinzufügen. Die Lage ist ziemlich groß (130 ha), in Novello, d.h. am westlichen Rand der DOCG-Zone, und vermutlich eher wenig bekannt.

Ach ja, vielleicht noch ein paar generelle Worte zu Barolo. Irgendwie verbinden viele Weintrinker diesen Begriff angesichts der hier typischen sehr hohen Alkoholwerte (in diesem Fall immerhin deklarierte 14,5%) automatisch mit einem fetten, vollmundigen Stil. Zumindest nach meinen bisherigen Erfahrungen ist das völlig falsch; ein wirklich fetter Barolo ist mir bislang nicht ins Glas gekommen. Dazu trägt ganz sicher die sortentypisch hohe Säure bei, die vermutlich manche Rotweintrinker verschrecken dürfte; dann die Tatsache, dass Nebbiolo eher unfruchtige Weine ergibt; und schließlich der jenseits aller Total-Neuholz-Verweigerung doch eher moderate Umgang mit Holz selbst bei den meisten Modernisten. Das Generalthema scheint mir hier jedenfalls mehr auf Struktur und klarer Definition statt auf Üppigkeit zu liegen.

Gruß
Ulli
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