Grauburgunder Probe in Hamburg

Berichte von Verkostungen mit Weinen aus mehreren Ländern/Regionen (sonst bitte im Länderforum einstellen)
Antworten
Benutzeravatar
octopussy
Beiträge: 4405
Registriert: Do 23. Dez 2010, 10:23
Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken
Wohnort: Hamburg

Grauburgunder Probe in Hamburg

Beitrag von octopussy »

Hallo zusammen,

es ist immer gefährlich, Proben zu organisieren mit persönlichen Lieblingsweinen, denn die persönlichen Lieblingsweine eines selbst können die Langeweiler oder Naserümpfer für andere sein. Auf der sicheren Seite ist man im Zweifel immer mit Proben rund um Riesling (eh klar :mrgreen:), Pinot Noir / Spätburgunder, Bordeaux-Cuvées, Champagner oder Nebbiolo. Beim Grauburgunder sieht das schon etwas anders aus.

Die Sorte ist jedenfalls in Deutschland recht beliebt. Ca. 5.000 ha sind deutschlandweit mit Grauburgunder bestockt, damit ist der Grauburgunder an Nr. 4 der Rebsorten in Deutschland (nach Riesling, Müller-Thurgau und Silvaner). Seit 1995 hat sich die Rebfläche immerhin verdoppelt und die Tendenz ist weiter leicht ansteigend. Das mag erstaunen. Denn unter Wein-Freaks spielt die Sorte (so wie Weißburgunder auch) keine nennenswerte Rolle. Die Burgunder Großen Gewächse werden von den wenigsten Journalisten und Bloggern anlässlich der jährlichen Verkostungen probiert. Riesling und Spätburgunder sind eh wichtiger, nach meiner Wahrnehmung aber auch die Fränkischen Silvaner. Geht man aber in "stinknormale" Wirtschaften, dann steht fast immer ein Grauburgunder auf der Karte, manchmal sogar nicht neben einem Riesling, sondern anstelle eines Rieslings. Ich habe diverse solcher "Gastro-Grauburgunder" getrunken und kann sagen, dass ich sie gar nicht mag. Spritzig, nicht ganz trocken, blumig, so schmecken sie häufig.

Meine Zuneigung zu Grauburgundern stützt sich weniger auf solche "Gastro-Grauburgunder", auch nicht auf den nicht totzukriegenden Pino Gritschio aus dem Veneto, sondern auf vollreife Exemplare, die gerne auch etwas Holz sehen dürfen. Aromatisch hat der Grauburgunder für meinen Geschmack viel mehr zu bieten als z.B. der Weißburgunder oder der Auxerrois (allerdings nicht mehr als der Chardonnay). Die Aromatik kann manchmal ein bisschen aufdringlich oder kitschig wirken. Aber die Bandbreite der Aromen ist schon beeindruckend. Hinzu kommt, dass für mich z.B. Weißburgunder mit Restsüße gar nicht geht, Grauburgunder mit Restsüße hingegen schon. Auch kann die Rebsorte gut mit Botrytis umgehen.

Spannend finde ich dann noch den Elsass / Baden Vergleich. In Deutschland ist nicht (etikettiert) trockener Grauburgunder völlig out. Edelsüße Grauburgunder findet man nur noch selten, aber auch halbtrockene Grauburgunder sind weitgehend von der Bildfläche verschwunden (außer auf Weinfesten, in Besen, etc.). Stuart Pigott prägte den Begriff der "fetten Ruländerschnecken" aus Baden aus den 80ern, von denen man sich heute nahezu vollständig verabschiedet hat. Auch bei den Grauburgundern geht in Deutschland der Trend eher weg von Botrytis, sehr später Lese und Restsüße oberhalb des gesetzlich trockenen Bereichs.

Im Elsass sieht es ganz anders aus. Dort findet man trockene Pinot Gris hauptsächlich im Basissortiment der Winzer. Auf Grand Cru Niveau sind die allermeisten Pinot Gris restsüß, üblicherweise irgendwo zwischen 10 g/l und 50 g/l Restsüße. Und auch für edelsüße Vendanges Tardives und Selections des Grains Nobles wird der Pinot Gris gerne verwendet (im Gegensatz z.B. zum Pinot Blanc). Es ist einfacher, im Elsass trockenen Riesling Grand Cru zu finden als trockenen Pinot Gris Grand Cru. Insbesondere im voll durchgegorenen Bereich ist die Suche im Elsass nach trockenem Pinot Gris nicht einfach. Das mag auch daran liegen, dass die Sorte zu hohen Alkoholgradationen neigt und sehr viele Elsässer Winzer den Pinot Gris (und auch die anderen Weine) gerne zu sehr hoher Traubenreife treiben. Voll durchgegoren hätten viele Elsässer Pinot Gris wahrscheinlich deutlich über 15% Vol. Alkohol.

Nun denn, so viel zur Einleitung. Zusammenfassend kann man sagen, dass viele Grauburgunder bei den Gästen gut ankamen. Einige Weine wurden sehr kontrovers beurteilt, auf einige andere Weine konnten sich letztlich alle einigen (im positiven wie im negativen Sinne).

Klammer 1: Badener Grauburgunder vom Vulkanboden

Zuerst hatten wir zwei Badener Grauburgunder vom Kaiserstuhl, die auf Vulkanverwitterungsböden gewachsen sind. Das ist eine echte Badener Spezialität, die im Elsass so höchstens ausnahmsweise zu finden ist. Die leicht rauchige Note, die in den Kaiserstühler Grauburgundern manchmal zu finden ist, hatten aber nach meinem Empfinden beide Weine nicht.

Weingut Bercher - 2008 Burkheimer Feuerberg Grauburgunder Großes Gewächs
Reinhold & Cornelia Schneider - 2008 Ruländer Auslese Trocken *** RR


Den Schneider Ruländer hatte ich lieber mal dekantiert, da er zunächst noch sehr holzig roch. Unter diesen beiden Weinen konnte sich der Bercher relativ deutlich durchsetzen. Der war letztlich wirklich schön balanciert, jahrgangsbedingt vergleichsweise schlank und straff und mit frischer Säure ausgestattet. Wenn man dem Wein etwas Böses wollte, könnte man ihn unauffällig nennen. Aber insgesamt war der Bercher schon sehr gut gelungen.

Der Schneider wurde recht kontrovers am Tisch diskutiert. Manche mochten ihn gerne, manche überhaupt nicht. Er war in jedem Fall ziemlich krass, hatte eine richtig laute Säure, durchaus noch einiges an unverdautem Holz, einen eher voluminösen Körper, der aber wegen der hohen Säure nicht so auffiel. Nach guten 4 Stunden in der Karaffe hatte er sich kaum verändert. Das ist mal ein echtes Monument. Ob sich der Wein jemals in Richtung von mehr Ausgewogenheit entwickeln wird, ist schwer zu sagen. Aber ein bisschen mehr Flaschenreife würde ihm schon gut tun.

Klammer 2: Grauburgunder/Pinot Gris vom Kalkmergel

So wie eigentlich alle anderen Pinot Sorten auch (außer dem Gamay) fühlt sich der Grauburgunder auf kalkigen Böden grundsätzlich wohl. In dieser zweiten Klammer hatten wir jetzt den ersten Baden / Elsass Vergleich mit den folgenden beiden Weinen:

Weingut Ziereisen - 2008 Grauburgunder Jaspis Alte Reben
Domaine Zind-Humbrecht - 2008 Pinot Gris Heimbourg


Auch der Ziereisen wurde am Tisch ziemlich kontrovers diskutiert. Zuerst fanden ihn eigentlich alle bis auf einen oder zwei am Tisch ziemlich gut. Die Kritik hängte sich etwas an der risikoreichen Stilistik auf. Denn der Wein wirkte schon etwas oxidativ. Hinzu kam eine wirklich dezidiert unfruchtige Art, die auf ihre Weise schon sehr spannend war, aber auch minimal anstrengend. Mit zunehmender Zeit wurde die Kritik an dem Wein in der Runde etwas lauter, da er sich im Glas gar nicht gut entwickelte, schwammiger wurde, bitterer. Noch vor ca. drei Jahren zählte ich mich zu den großen Fans des Weinguts Ziereisen. Jetzt bin ich doch etwas ernüchtert darüber, wie sich viele Weine entwickeln. Da ist für mich noch Luft nach oben.

Viel besser war der Zind-Humbrecht, letztlich der erste Wein, der zu nahezu einstimmiger Begeisterung führte. Auch dieser Wein war eher unfruchtig mit Tee-, Kandis- und Tabakaromen, aber einer viel größeren Harmonie als der Ziereisen. Diesen Pinot Gris Heimbourg fand ich schon letzten Sommer richtig gut, und auch jetzt konnte er begeistern. Eine Flasche habe ich davon glücklicherweise noch.

Klammer 3: Gereifter Elsässer Pinot Gris

Dann ging es weiter mit zwei gereiften Elsässer Pinot Gris von zwei traditionellen und angesehenen Domaines:

Domaine Weinbach - 1995 Tokay Pinot Gris Cuvée St. Cathérine
Domaine Albert Mann - 2001 Pinot Gris Grand Cru Hengst


Von den trockenen bis fast trockenen Grauburgundern schien mir der Weinbach am besten anzukommen. Auch für mich war das der Wein des Abends (außer dem Süßwein), auf den Punkt gereift, komplex, harmonisch, dicht in der Aromatik, dabei aber auch perfekt gourmand, also gar nicht flashy, laut oder marktschreierisch, sondern in sich ruhend und mit einem gewissen Stil ausgestattet. Keine Bäuerin, sondern eine Dame wie Cathérine Faller.

Der Pinot Gris Hengst ist so ziemlich mein Lieblings-Pinot Gris, aber der 2001er Hengst (den ich an dem Abend das erste Mal trank) hat mich nicht so begeistert wie andere Jahrgänge. Der war einfach ein bisschen zu reif in der Stilistik mit mächtig viel Botrytis, getrockneter Frucht, öliger Textur und ziemlich viel Restsüße. Ein Wein, für den man Essen braucht und von dem man eher nur ein Glas als eine ganze Flasche trinkt. Interessant trifft es vielleicht am ehesten.

Klammer 4: Experimentalwein

Als Solisten hatten wir dann noch den Julien Meyer - 1997 Pinot Gris Zellberg sous voile. Julien Meyer ist der Darling der vin naturel Szene aus dem Elsass und letztlich in jedem der entsprechenden Restaurants und Bars in Paris, Berlin, London und Kopenhagen vertreten. Dieser Pinot Gris wurde erzeugt wie ein Vin Jaune, nur mit etwas kürzerem Hefelager (vier Jahre). Nun ja, zu einem 24 Monate gereiften Comté ging er passabel, spannend war der Wein auch. Aber Spaß machte er eigentlich nicht. Und welche Rebsorte da nun verarbeitet wurde, konnte man auch nicht erkennen. Die 12-Ton-Musik unter den Grauburgundern.

Klammer 5: Edelsüßer Grauburgunder / Pinot Gris

Nach einem kurzen Intermezzo mit zwei Rotweinen hatten wir zum Schluss dann noch zwei Süßweine, und zwar die folgenden beiden:

Bruno Sorg - 1988 Tokay Pinot Gris SGN
Müller-Catoir - 1989 Haardter Herrenletten Grauburgunder Beerenauslese

Der Bruno Sorg war etwas enttäuschend. Wie gut oder schlecht Sorg damals war, weiß ich nicht. Heute erzeugt das Weingut wirklich gute Weine. Dieser 1988 SGN fehlte einfach die Finesse, um in dem Moment wirklich zu überzeugen. Zwei halbe Flaschen habe ich davon noch, aber große Hoffnungen lege ich in die letztlich nicht.

Umso besser und für mich der Wein des Abends war der Müller-Catoir aus den Zeiten von Hans-Günter Schwarz. Die 1989er BA war einfach genial, die eine von zwei halben Flaschen vielleicht einen Tick besser als die andere, aber beide Flaschen einfach himmlisch. Komplex, in schöner Harmonie, süß, aber nicht zu süß, mit hinreißendem Süße-Säure-Spiel ausgestattet, einfach herrlich. Schade, dass die Zeiten von H.G. Schwarz schon etwas länger vorbei sind.

Das war es dann. Insgesamt war es nicht nur ein sehr netter Abend, sondern auch einer mit erstaunlich guten Weinen. Dazu muss ich aber auch sagen, dass ich Grauburgunder / Pinot Gris in der Stilistik wie bei der Probe getrunken für gute Probenweine halte, aber für nur mittelmäßige Trinkweine. Viele sind eben doch etwas sehr reif in der Aromatik, haben ziemlich viel Stoff, auch eine Menge Alkohol. Wenn man davon zu zwei eine ganze Pulle trinkt, wäre mir das evtl. häufiger zu viel. So haben sich in den letzten Jahren auch meine Grauburgunder-Einkäufe eher reduziert und meine Chardonnay-Einkäufe erhöht. Aber hin und wieder brauche ich so einen vollreifen Grauburgunder auch.
Beste Grüße, Stephan
Benutzeravatar
Jürgen
Beiträge: 1744
Registriert: Fr 6. Aug 2010, 11:49
Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken
Wohnort: Pforzheim
Kontaktdaten:

Re: Grauburgunder Probe in Hamburg

Beitrag von Jürgen »

Schöner Bericht Stephan! Ich persönlich tendiere in den letzten Jahren allerdings immer mehr zu Weißburgunder und speziell zu den Teilen die kleinere Holzfässer gesehen haben. Grauburgunder und Chardonnay mag ich aber auch sehr. Bei mir gilt nicht ABC ;)
Bild
Benutzeravatar
drmamue
Beiträge: 138
Registriert: Mo 6. Dez 2010, 22:27

Re: Grauburgunder Probe in Hamburg

Beitrag von drmamue »

Hallo Stephan,

vorweg ein herzliches Danke für eine wundervolle und anregende Probe, die mein nicht gänzlich vorurteilsfreies Bild des Grauburgunders :oops: teils sehr deutlich zurechtgerückt hat. Danke auch für die sehr feine kulinarische Ver- und Umsorgung der Runde. Zu den Weinen:

1) Weingut Bercher - 2008 Burkheimer Feuerberg Grauburgunder Großes Gewächs
In der Nase reife Frucht, Birne etwas buttrig. Am Gaumen straff, voll, aber dennoch mit Biss, gute Säure, nussig, gelbe Frucht (Grapefruit, Melone).Komplex und ziemlich lang. Sehr schöner Wein (fanden die anderen auch, denn die Flasche war ruckzuck leer). Von mir 92/100.

2) Reinhold & Cornelia Schneider - 2008 Ruländer Auslese Trocken *** RR
In der Nase voll, buttrig, etwas stechend, tropische Frucht(-brause). Am Gaumen volles Pfund Säure, Frucht (ganz leicht überreif) und Süße. Der Wein machte Spaß, die 14 % merkte man überhaupt nicht, es fehlte allerdings an Feinheit und Komplexität. 89/100.

3) Weingut Ziereisen - 2008 Grauburgunder Jaspis Alte Reben
Rotgoldene, ins Orange gehende Farbe.In der Nase Toast mit Butter und Orangenmarmelade, am Gaumen straff und steinig, eher wenig Frucht (so weit, so gut), dann aber am Schluss unsaubere Bitternoten. Baute mit der Zeit ab; von mir 86/100.

4) Domaine Zind-Humbrecht - 2008 Pinot Gris Heimbourg
Wow! Rotgoldene Farbe, die Nase komplex und fein mit Schwarzem Tee, Trockenobst und Nüssen, am Gaumen cremig, balanciert, Schwarztee, Orangen, Nüsse, lang und schwebend-elegant. Sah ich bei 94/100. Toller Stoff!

5) Domaine Weinbach - 1995 Tokay Pinot Gris Cuvée St. Cathérine
Mein Wein des Abends! In der Nase Reifenoten, Trockenobst, Rosinen, rauchig. Am Gaumen pikant, extraktreich, perfekt ausbalanciert, so komplex, dass ich außer seiner Traubigkeit (die Mathias bezogen auf Grauburgunder sehr zu recht hervorhob) eigentlich keine einzelnen Aromen verorten konnte. Auf den Punkt - 95/100.

6) Domaine Albert Mann - 2001 Pinot Gris Grand Cru Hengst
Hatte es nach einem derart überragenden Vorgänger etwas schwer, v.a. weil die Säure fehlte. Orange Farbe, fast schon in Richtung Sherry gehend, in der Nase süß mit Orangenmarmelade und Rosinen, am Gaumen sehr fein, ziemlich süß, mit Noten von Orangenschale und deutlicher Botrytis, aber eben auch etwas spannungsarm. 90/100

7) Julien Meyer - 1997 Pinot Gris Zellberg sous voile
Schwierig. Kupferfarben, in der Nase nicht nur oxidativ, sondern schon etwas oxidiert, mit Noten von Nougat, gerösteten Nüssen, sherryartig, aber auch etwas gemüsig (Kohl?). Am Gaumen sehr sherrytönig, Orangen, Nuss. Wo bleibt die Typizität? Machte wenig Spaß, sodass die Länge nicht versöhnte. Sehr speziell, von mir 84/100.

Zu 8 (Burgund)+9 (Beaujolais) hat Stephan andernorts gepostet und dem ist auch wenig hinzuzufügen. Vielen Dank auch für diese tollen Weine und für einen grandiosen Epoisses. Zum Abschluss gab es dann noch zwei Süßweine, nämlich
10) Bruno Sorg - 1988 Tokay Pinot Gris SGN
Kupferfarben, in der Nase vorwiegend Klebstoff, am Gaumen eher fein und dezent, wieder Orangenmarmelade, etwas scharf, bricht dann sehr abrupt ab. Hat mich etwas enttäuscht. 88/100.

11) Müller-Catoir - 1989 Haardter Herrenletten Grauburgunder Beerenauslese
Der war eine ganz andere Liga. Die Farbe ging in Richtung Mezzomix-Schorle, in der Nase Honig, Kräuter, Galgant (dadurch etwas medizinal wirkend),, etwas Kaffee. Am Gaumen komplex, gut gereift und sehr, sehr lang, mit gut eingebundener Süße, wieder etwas kräuterig-medizinal. Letzteres ist vielleicht der Grund dafür, dass der Wein mich emotional nicht ganz so gepackt hat wie der Weinbach oder der Zind-Humbrecht, dennoch ein toller Süßwein. 93/100

Nochmals vielen Dank für eine sehr schöne Probe!

Viele Grüße
Markus
Einzelflaschenfreund
Beiträge: 587
Registriert: Mi 15. Dez 2010, 12:31
Kontaktdaten:

Re: Grauburgunder Probe in Hamburg

Beitrag von Einzelflaschenfreund »

Da schließe ich mich Markus natürlich erst mal an - tolle Probe, nette Runde, feine Speisenbegleitung.

Vorurteile mussten bei mir nicht so wirklich überwunden werden; ich mag gerade badischen Grauburgunder ohnehin ganz gern. Die Elsässer waren mir bislang jedoch nur selten untergekommen.

Zu den Weinen:

1) Weingut Bercher - 2008 Burkheimer Feuerberg Grauburgunder Großes Gewächs
Sehr sortentypische Nase. Im Mund sehr harmonisch. Guter Extrakt, dennoch schlank und kein bisschen schwerfällig. Kumquat-Noten.
89/90 Pkte.

2) Reinhold & Cornelia Schneider - 2008 Ruländer Auslese Trocken *** RR
Diese Probe war ja offen, daher mag es auch meiner Vorliebe für dieses Weingut geschuldet sein, dass ich diesen polarisierenden Wein sofort mochte. Schon in der Nase fett, im Mund sehr pikant, saure Butter, üppig, allerdings überhaupt nicht schwer an seinen 14% tragend. Mir waren bislang nur Schneiders R-Weine geläufig; keine Ahnung, wofür RR in diesem Fall steht. Ob mir der Wein blind auch so gut gefallen hätte, wäre die eine Frage; die andere ist, welche Kontexte ihn eventuell als dicken Tanzbären dastehen lassen könnten. So aber ganz mein Geschmack, 91/92 Pkte.

3) Weingut Ziereisen - 2008 Grauburgunder Jaspis Alte Reben
Tja, Ziereisen - irgendwie waren meine bisherigen leicht gereiften Exemplare (weiß wie rot) wenig überzeugend. So auch hier: Nase kräftig, leicht schweißig. Im Mund ein British Toast mit Orangenmarmelade. Wird dann nach hinten raus und zunehmend auch in der Breite sehr bitter, wirkt nicht gut balanciert. Zum Esen geht's noch; solo strengt schon ein halbes Glas an, kein guter Trinkfluss. 85 Pkte.

4) Domaine Zind-Humbrecht - 2008 Pinot Gris Heimbourg
Nach den Badenern fällt hier sofort eine Blumigkeit (Rose?) auf, die noch ein bisschen Orange hinzubekommt und auch der Kandis, den einer der Mitverkoster identifiziert, kann ich nachvollziehen. Sehr gelungene Harmonie zwischen Säure und animierenden Bitternoten, dazu eine gewisse Cremigkeit. Lässt den Ziereisen nachträglich um so plumper dastehen. 91 Pkte.

5) Domaine Weinbach - 1995 Tokay Pinot Gris Cuvée St. Cathérine
Schon in der Nase Würze, Pkanz und ... verdammte Axt, ich kann meine Schrift nicht lesen. Dann auch etwas Zündschnur. Im Mund sehr ausgewogen, überraschend trockene Anmutung. Kaum einzelne Aromen identifizierbar, aber in sich sehr schlüssig. Ausgesprochen lang. Toller Wein! 93/94 Pkte.

6) Domaine Albert Mann - 2001 Pinot Gris Grand Cru Hengst
In der Nase etwas Liebstöckel (frischer, kein Maggi). Im Mund reich, fein, etwas Muskat - insgesamt eine würzige Süße. 90 Pkte.

7) Julien Meyer - 1997 Pinot Gris Zellberg sous voile
Kupferfarben. Schon die Nase etwas schnapsig. Im Mund wie ein Manzanilla Sherry. Für mich, gerade in diesem Kontext, überhaupt nicht zu bewerten. Brauch ich nicht.

Zu Burgunder und Beaujolais habe ich nichts notiert; waren aber beide sehr überzeugend - Stephans Notizen ist da wenig hinzuzufügen.

10) Bruno Sorg - 1988 Tokay Pinot Gris SGN
In der Nase Klebstoff und wieder etwas Muskat. Im Mund süß-klebrig, aber leidr nicht sehr komplex. Herber Tannenhonig. Insgesamt auch recht kurz. Nicht so ganz mein Fall, 84 Pkte.

11) Müller-Catoir - 1989 Haardter Herrenletten Grauburgunder Beerenauslese
Yes, man! Ja, durchaus medizinal, aber ganz viel Süße-Säure-Spiel, hervorragend gereift. Wie beim Weinbach eine Komplexitität, die keine eindeutigen Geschmacksnoten hervorstechen lässt, sondern einfach nur alles zu einem sehr großen Gesamtvergnügen fügt. 96 Pkte.

Viele Grüße
Guido
Antworten

Zurück zu „Weinproben und Verkostungsberichte“