Wie immer vorweg: Alle Eindrücke basieren auf wenigen (fast ausnahmslos gespuckten) Probeschlücken, sind also nicht repräsentativ und geben lediglich meine ganz subjektive Grundeinschätzung wieder.
Einen ganz hervorragenden Eindruck hatte ich von der Kollektion von Toni Jost. Für mich jeder Wein ein Treffer. Ein aromatisch dichter Gutswein, ein federleichter, mineralischer Kabinett trocken, zwei sehr ausgewogene, schon jetzt überraschend harmonische trockene Spätlesen, von denen die aus dem Hahn einen geradezu brillanten Brückenschlag zwischen hochfeiner reifer Frucht und würziger Mineralität schafft – dabei hat mich gerade dieser Wein in den vergangenen Jahren nicht immer hundertprozentig überzeugt.
Toll präsentierte sich auch das 12er GG aus dem Hahn, ein dichter, konzentrierter, cremig-eleganter Wein mit feiner Schieferwürze und langem Nachhall. Auch an dem feinherben Kabinett gabs nichts auszusetzen, ein Klassiker mit einer absolut harmonischen Süß-Säure-Balance. Alle trockenen Weine übrigens mit moderatem Alkohol zwischen 11 und 12 Prozent
Auf gewohnt hohem Niveau präsentierte sich auch die frische Kollektion von Randolf Kauer. Diese Weine sind einfach markant und typisch, hier würde ich mir am ehesten zutrauen, sie vielleicht sogar blind zu erkennen – ob es die schön ausgearbeiteten Lagen oder doch eher die Handschrift des Winzers ist, sei dabei dahingestellt. Genauso typischerweise waren aber einige Weine noch in einem deutlich embryonalem Zustand. Als ziemlich zugenagelt empfand ich beispielsweise die 13er Spätlese trocken aus dem Oelsberg; auch der Kabi trocken aus dem Kloster Fürsternthal präsentierte sich noch recht verschlossen. Das ist aber für Kauer-Weine typisch, die brauchen immer eine etwas längere Anlaufzeit, im Herbst wird das schon ganz anders aussehen, das Potential ist jedenfalls deutlich zu spüren. Sehr viel zugänglicher zeigten sich die halbtrockenen/feinherben Weine, von denen mir die feinherbe Oelsberg-Spätlese besonders viel Spaß machte, ein für Kauer-Verhältnisse ziemlich hedonistischer Wein. Insgesamt ist Kauer wieder eine klare Empfehlung.
Sehr zufrieden verließ ich auch den Ratzenberger-Stand, als einziges Weingut gab es dort allerding noch Fassproben, abgefüllt werden soll in etwa zwei bis drei Wochen. Alle probierten Weine zeigten sich außerordentlich Mittelrhein-Klassisch mit einem würzigen Schieferduft, einer charmanten Frucht, feiner Mineralität und einer unglaublichen, geradezu vornehmen Ausgewogenheit. Hier schien alles potentiell in Balance zu sein, auch wenn die Jugend der Weine das eine Exemplar noch eher zurückhaltend (Kabi trocken Wolfshöhle), ein anderes wiederum eher ungestüm wirken ließ. Insgesamt aber sehr interessant und stimmig wirkend.
Von Matthias Müller habe ich vier Weine probiert, an denen ich im Einzelnen nicht das Geringste auszusetzen hatte. Alle präsentierten sich im Müller-typischen eher kraftvoll-opulenten Stil,
behielten dabei aber immer eine stimmige innere Balance bei. Das gilt sowohl für die trockenen als auch für die angestellten feinherben Weine wie beispielsweise den Bopparder Hamm Ohlenberg Riesling Spätlese feinherb, bei dem ich „Druck, opulent, dicht“ notierte. Das sind fraglos schöne Weine, ich habe persönlich vielleicht eher eine Präferenz für den leichteren, filigraneren Stil. Bei Matthias Müller kann man übrigens gut sehen, wie die neue VDP-Klassifikation greift, bzw. nicht greift. Da gibt es den Qualitätswein mit Lagenangabe (nicht das GG), dann einen trockenen Lagenwein als Riesling „S“-Qualitätswein, wobei „S“ für Spätlese steht wie mir erklärt wurde, und bei feinherb gibt es dann sowohl Lagenwein als Qualitätswein als auch mit Prädikat… mhm, übersichtlich ist anders.
Mit großem Interesse und vorurteilsfrei bin ich an den Stand von den Josten und Klein getreten, den Newcomern vom nördlichen Mittelrhein, die wegen ihrer sehr selbstbewussten Preispolitik hier im Forum nicht nur Lob ernteten. Die Basisrieslinge gefielen mit einer sehr trockenen, schnörkellos-puristischen Art, die Lagen-Rieslinge wirkten etwas kräftiger, opulenter, aber immer schön klar und mineralisch. Gespannt war ich auf den Riesling aus dem 500-Liter-Holzfass. Das Holz war in der Nase deutlich zu spüren, viel stärker als am Gaumen, dort war es nur noch als ein leichter Touch in der Aromatik wahrnehmbar. Sicherlich interessant, für mich aber eher zwiespältig. So gar nicht meins war der Leutesdorfer Sauvignon Blanc mit seiner doch eher lauten Rebsorten-Nase, einer fast schon spitzen Säure und für mich auch deutlich wahrnehmbaren grünen Noten. Aber Sauvignon Blanc hats bei mir von Hause aus schwer.

Ganz gut gefallen haben mir auch die Rieslinge von der Philipps-Mühle aus St. Goar, alle rochen sehr seriös und intensiv nach dunklem Schiefer, Schieferstaub (wie übrigens ganz viele andere Weine auch, scheint mir so eine typische Jahrgangsnote zu sein). Am Gaumen sehr würzig, teils kräuterig, die trockenen Weine eher die puristisch mineralische Richtung. Fand ich eigentlich überhaupt nicht schlecht, kann mir vorstellen, sich da mal ein, zwei Flaschen ganz in Ruhe nochmal zu Gemüte zu führen. Gut finde ich zudem, dass die Bordeaux-Flasche aufgegeben wurde und man wieder zur klassischen Schlegel-Flasche zurückkehrte.
Ein interessanter Newcomer ist sicherlich auch das Weingut Sturm (Leutesdorf), neben Kauer einziger zertifizierter Bio-Winzer (Ecovin), der bei der Messe anwesend war. Auch hier fielen die trockenen Weine angenehm leicht und puristisch, stellenweise fast karg aus, deutlich mineralisch bis salzig geprägt. Etwas runder und saftiger die halbtrockenen und feinherben Gewächse – ich konnte mit beiden etwas anfangen. Sollte man durchaus im Auge behalten.
Um nicht nur zu loben – natürlich gab es auch einige Weine, die aus meiner Sicht mit dem Kürzel n.w.i. (nicht weiter interessant) ausreichend beschrieben sind. Diese gabs dann eher an den Tischen mit den Gütern aus der zweiten Reihe, wobei ich gestehen muss, dass ich da nur sporadisch probierte – und es dort andererseits natürlich auch den einen oder anderen überraschend guten Wein gab. Bei den Topgütern habe ich hingegen fast durchgehend gute und sehr gute Weine probiert.
Keine Chance hatten bei mir die Roten – wie wohl ich einen Spätburgunder vom Kauer, von Ratzenberger, von Jost und auch von anderen Mittelrhein-Winzern in der Vergangenheit durchaus genossen habe. Dieses Jahr haben mir die wenigen angestellten Pinots, meistens aus 2011 und 2012, nicht wirklich gefallen. Vielleicht ist es auch nicht ideal nach 60 probierten Rieslingen und einem dadurch säuredurchsetzten Rachenraum (für meinen Geschmack viel zu warme) junge Spätburgunder zu probieren. Nun ja, man kann an einem Tag nicht alles haben, und zum Mittelrhein fahre ich in erster Linie wegen Riesling
