Weingut Keller

m_arcon
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Re: Weingut Keller

Beitrag von m_arcon »

klha hat geschrieben:
Der Wein ist sehr gut gemacht und hält sich auch deutlich besser als der von der Fels aus 2007. Ein Erlebnis war es jedoch nicht. Bei allem Genuss, mir fehlt bei Keller (zumindest bis einschliesslich Kirchspiel und Hubacker) oft die Spannung, die Persönlichkeit, zumal mit zunehmendem Alter die oft deutliche und m.E. unnötige Restsüsse die Weine gefällig, aber auch charakterlos wirken lässt. (Bei der Blindverkostung hat ein Tipp - die grössten langweiligen Weine, mit Betonung auf grössten - schnell zum Treffer geführt).

Sehr schönes, verspieltes Bukett, das zwischen kräuterigen Noten, Zitrus und gelben Früchten über Blumen wechselt, immer stimmig und von einer kalkigen Note unterlegt. Der Wein - über 12 Stunden verkostet - zeigt zunächst eine überraschende und erfreulich präsente Säure, die leider bald nur noch eine Erinnerung ist, der Wein scheint mit Luft zu entspannen, mir wird das fast zu gemütlich, wird zunehmend harmonischer, und doch: etwas mehr Haltung wäre schön. Am Gaumen weich und flächig, die Balance wirkt leicht und mühelos, der Wein gleitet über den Gaumen, der hohe Alkohol (13.5%) ist verborgen und der Wein wirkt nicht überladen, trotz der unnötigen Restsüsse, die sich jedoch in das Gesamtbild des gefälligen, zufriedenen aber auch uninspirierten Weines einfügt. Kein Entdecker, kein Abenteurer, kein Charakterkopf. Einer der seinen Platz kennt, in der Mitte, unscheinbar und unauffällig, der sich aber nicht bewusst dafür entschieden hat. Es ist einfach so. Ein tadelloses Mitglied der bürgerlichen Gesellschaft, gewissenhaft, das all seinen Verpflichtungen nach kommt, auch Gutes tut, aber nicht das Selbstverständliche hinterfragt, die Ungerechtigkeiten benennt und schon gar nicht jemand, der bereit und Willens ist, etwas daran zu ändern bzw. überhaupt etwas zu verändern und Grenzen zu verschieben. Ein Konformist im hier und jetzt. Eine grosse Idee ist für mich nicht zu erkennen.

Es ist immer etwas undankbar und vielleicht auch unangemessen, einem so hervorragend vinifizierten Wein genau das vorzuwerfen. Aber so ist das Leben nun mal nicht, perfekt und rund und ohne Überraschung. Die Selbstverständlichkeit, die dem Wein inne wohnt, verdient jedoch zweifelos Anerkennung und ich kann durchaus nachvollziehen, dass dieser Aspekt als herausragend oder als Grösse empfunden wird. Ein Wein für einen gemütlichen Abend mit guten Freunden.
Ab Weingut für 25.50 gekauft. Dafür keine Enttäuschung.

Grüsse
Klaus
Hallo zusammen,

ich kann Klaus in seinen Ausführungen nur Recht geben. Wir hatten am Freitag Abend eine kleine Kirchspiel Vertikale mit den Jahrgängen von 2004 bis 2009. In 3 Fällen neben dem jeweiligen Kirchspiel ein Pirat. Das Kirchspiel von Keller ist ohne wenn und aber ein hervoragend gemachter Wein aber für mich eher eine Art "Crowdpleaser" als ein total eigenständiger Charakterkopf. Die Jahrgänge 2005-2007 wirkten auf mich sehr gefällig und haben mich überhaupt nicht überzeugt. Es fehlte an Spannung und auch Säure. Die Weine kamen sehr süßlich rüber. Vor allem 2005 war sehr fett und opulent.
Der für mich interessanteste Flight war der 2007ner. Wir tranken gegen den Keller Wein das Kirchspiel von Groebe. Gleiche Lage, aber ein völlig anderer Wein. Eigenständige Nase die nicht jedem in unserer Runde gefiel, aber am Gaumen viel präsenter als der Keller Wein. Mehr Spannung und Mineralik. Ein ausgesprochener Riesling Experten bei uns am Tisch meinte allerdings wir hätten eventuell eine schlechte Flasche vom Keller erwischt.
Die Keller Weine von 2008 und 2009 waren viel besser als ihre älteren Kollegen, hatten noch deutlich mehr Säure was für mich unheimlich wichtig ist. Ich bevorzugte die jungen Weine gegenüber den Ältern deutlich.


Viele Grüße
Marc
Harper
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Re: Weingut Keller

Beitrag von Harper »

Oh je,

jetzt haut Captain Cork auch noch in diese Kerbe. Da bin ich froh, nicht den Kaufempfehlungen der "Experten" gefolgt zu sein. :-) Dies und das von Keller gerne, aber ohne den Hype mitzumachen. Jetzt beginnt wohl das Tontaubenschießen.

beste Grüße
Harper
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UlliB
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Re: Weingut Keller

Beitrag von UlliB »

Harper hat geschrieben: jetzt haut Captain Cork auch noch in diese Kerbe.
Du beziehst Dich wohl auf das hier:

http://www.captaincork.com/Meinung/der- ... nd-zweifel

Selten bin ich mit Klimek wirklich einer Meinung. Aber hier bin ich es. Übrigens, für den Captain ist das angenehm entspannt geschrieben.
Jetzt beginnt wohl das Tontaubenschießen.
Ach, Tontaubenschießen... Keller bleibt immer noch ein sehr guter Erzeuger, mit vielen sehr guten und ein paar herausragenden Weinen. Nur hört jetzt vielleicht der unmäßige Hype auf, mit dem ihm von einigen Journalisten, Händlern, und auch Forenschreibern gehuldigt wurde und wird, und weicht einer etwas differenzierteren Betrachtungsweise. Das wäre ja nicht das Schlechteste.

Gruß
Ulli
BerlinKitchen
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Re: Weingut Keller

Beitrag von BerlinKitchen »

SOMMERLOCH
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Moselfan
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Re: Weingut Keller

Beitrag von Moselfan »

Ändert aber nichts an der Tatsache, dass die Weine von Keller etwas "überhyped" sind. SIcher sind das gute gute, sogar sehr gute Weine. Aber ich fand bis jetzt was ich probiert hab, zumindest im Riesling Bereich etwas "langweilig". Bzw. zu vorhersehbar, sicherlich ist das auch psychologisch bedingt. Man erwartet bei dem Namen und dem Preis, etwas ausgewöhnliches, einen Wein der einen wirklich aus den Latschen haut. Aber irgendwie hat sich dieses Gefühl bei mir nie eingestellt, ich gebe ja zu, dass ich nicht gerade der Fan von trockenen Rieslingen bin, und auch nicht wirklich von Rheinhessenrieslingen, aber irgendwie haben mir die Weine von Wittmann immer besser gefallen. Für mich waren die immer etwas eigener, nicht so "gemacht", hatten auch mal Ecken und Kanten und waren nicht vorhersehbar. Natürlich sollte das nicht die Leistung von Keller mindern, immerhin hat er das geschafft was meiner Meinung nach noch für viel mehr Deutsche Weine (trocken bis restsüß) gelten sollte. Angemessen hohe Preise - ich spreche jetzt von den GGs nicht der G-Max - vor dem 1 WK und in den 20er Jahren waren Deutsche Weine (besonders von der Mosel !!! ;) ) die teuersten Weine der damaligen Welt - und da sollten sie auch wieder hin. Natürlich will ich hier keine franz. Verhältnisse alla Bordeaux Premier Cru oder DRC, der Wein sollte schon noch bezahlbar sein. Mittel - hoher Zweistelliger Bereich - für Besonderheiten wie BA, TBA, EW oder ein paar Spezialitäten (z.b. G-Max o.ä.) auch gerne mehr.
Aber sonst muss man Klimek recht geben gute Weine, aber NICHT einzigartig in ihrer Qualität und auch nicht das non-plus-ultra.
C9dP
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Re: Weingut Keller

Beitrag von C9dP »

Ändert aber nichts an der Tatsache, dass die Weine von Keller etwas "überhyped" sind.
Dem stimme ich nach vielen Erfahrungen mit den Basisweinen inkl. des von der Fels für diese Weine absolut zu. Da gibt es von anderen Erzeugern für gleiches Geld viel mehr an Wein und Individualität ins Glas. Auch was das Gewicht der Weine angeht.

Insofern ist auch die Abqualifizierung als "Sommerloch" auch ziemlich daneben.

Bei den GG jedoch würde ich diese Aussage etwas relativieren. Ich glaube schon, dass viele Weine nicht jedem Rieslingfreund liegen werden. Ich mag aber diese massive und verschlossene Art.
Das alle Rieslinge nur mit massiver Lagerung sich dem Weinfreund erschließen ist zum Beispiel mit dem 2010er Hubacker deutlich widerlegt. Das ist sicherlich eines der besten jungen GG, die ich im Glas hatte.

Die Wahrheit liegt eben auch hier im persönlichen Geschmack. Das Keller große trockene Rieslinge macht ist glaube ich unbestritten. Ob sie besser sind als andere, ist nicht eindeutig sondern nur individuell zu beantworten.
Viele Grüße

Aloys
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tubermagnatumpico
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Re: Weingut Keller

Beitrag von tubermagnatumpico »

Vor kurzem waren bei mir zwei Keller-Weine dran, ein junger, ein älterer:

Scheurebe 2012
Pikanter und geschmackvoller als der schon hervorragende 2011er. Wunderbar duftig, trocken aber mit leichter Extraktsüße, mineralisch, sehr ausgewogen, ausdrucksstark.
Ich mag den Wein sehr! PLV ist korrekt bis super.

Bürgel Spätburgunder 2005
Die zwei Weinkenner an meiner Seite, kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Das ist sicherlich einer der besten Pinots, die Deutschland zu bieten hat. Braucht noch viel Luft. Wunderschöne Duftigkeit, Holz bestens integriert, nach zwei Stunden Luft eine sehr schöne geschmackliche Tiefe zeigend, sehr fein, sehr lang, sehr harmonisch, wunderschöne Art. Ganz großes Kino. Für mich Grand-Cru-Niveau.
Es grüßt von Hib de Bach
Tilo
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tubermagnatumpico
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Re: Weingut Keller

Beitrag von tubermagnatumpico »

BerlinKitchen hat geschrieben:SOMMERLOCH
Der größte Schaden für die Wahrheit entsteht durch diejenigen, die sie fanatisch vertreten.
Es grüßt von Hib de Bach
Tilo
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Gerald
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Re: Weingut Keller

Beitrag von Gerald »

Persönlich glaube ich ja, dass der Klimek hier ein lustiges Spielchen oder besser Experiment betreibt, nämlich um herauszufinden, wie ernst CC tatsächlich genommen wird. Die Zugriffszahlen kann man ja leicht aus der Serverstatistik entnehmen. Ob die durchschnittlichen Leser aber die Seite als mehr oder weniger amüsante Comedy ansehen (trifft auf mich zu) oder tatsächlich den dort vertretenen Behauptungen glauben, das muss man erst herausfinden.

Und bei Keller sollte das relativ leicht gehen, wenn man sich die teilweise doch absurden Marktpreise ansieht. Wenn diese in den nächsten Monaten zusammenbrechen, dann hat Klimek gewonnen. :? Denn genau darauf scheint der Artikel ja abzuzielen: die Preisentwicklung bei Bordeaux wäre doch kaum vorstellbar, wenn es sich um jung zu trinkende Weine handeln würde, die man nicht ein paar Jahre aufheben und zu viel höheren Preisen weiterverkaufen könnte. Ohne Lagerfähigkeit würde dieser Kaufgrund wegfallen und damit auch die Nachfrage trotz (oder sogar wegen) der hohen Preise.

Grüße,
Gerald
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octopussy
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Re: Weingut Keller

Beitrag von octopussy »

Gerald hat geschrieben:Persönlich glaube ich ja, dass der Klimek hier ein lustiges Spielchen oder besser Experiment betreibt, nämlich um herauszufinden, wie ernst CC tatsächlich genommen wird.
Hallo Gerald,

das glaube ich nicht. Ich glaube, dass es sich schlicht um einen Artikel zu einem für die deutsche Weinwelt relevanten Thema handelt. Keller bekommt viel Publicity (Journalisten, Blogger, usw.) und hat eine sehr treue Anhängerschaft. Allein das lohnt m.E. schon einen Artikel, der sich näher mit den Weinen beschäftigt. Auf Marktpreise wird allein dieser Artikel nach meiner persönlichen Prognose keinen Einfluss haben. Und die Keller-Fangemeinde wird er auch nicht schmälern oder ihnen die Weine verleiden. Höchstens könnte der Artikel weitere Artikel nach sich ziehen, die in dieselbe Kerbe hauen. Aber genauso schnell, wie heute ein Thema in der Weinwelt hochkommt, so schnell ist es auch wieder vorbei.

Ich persönlich habe den Captain Cork Artikel wirklich gerne gelesen. Unaufgeregt geschrieben, konzentriert sich auf die Weine, eher fragend statt in Stein gemeißelte Behauptungen aufstellend. Ich persönlich trinke zwar jedenfalls die Riesling GGs und Scheureben von Keller auch wirklich gerne und kaufe sie regelmäßig in kleinen Mengen (bin auch kein Fan des Riesling Gutsweins und des "Von der Fels"), bin aber auch der Meinung, dass es erstens auch andere gute Weine gibt und zweitens die Weine - wenn auch stilecht - manchmal etwas vorhersehbar sind. Aber wenn vohersehbar wie in diesem Fall (nach meinem persönlichen Geschmack) meist ziemlich gut bedeutet, habe ich auch gar nichts gegen diese Vorhersehbarkeit.
Beste Grüße, Stephan
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