Parker verkauft Wine Advocate

Hohe Brisanz, kurzes Verfallsdatum
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harti
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Re: Parker verkauft Wine Advocate

Beitrag von harti »

Markus Vahlefeld hat geschrieben:
harti hat geschrieben:Warum regt sich dann die ganze Weinwelt (oder zumindest ein Teil :twisted: ) über die Parkerisierung der Weine auf? Der Wine-Advocate ist ja dann doch wohl nur ein bedeutungsloses Weinblättchen :mrgreen: .
Du kennst doch die Menschen, harti, die mögen sich so gerne aufregen ;)

Aber in der Tat: schau Dir die Preissprünge im Burgund an, die viel eklatanter sind als im Bordelais, und auf die hat Parker keinerlei Einfluss. Oder anders ausgedrückt: Parker funktioniert nur dort, wo Massenweine hergestellt werden, die dann global verfügbar sind (von Lafitte bis 90-Punkte-Spaniern für EUR 6,00). Bei geringen, schwer zugänglichen Mengen funktioniert der Markt völlig anders.
Hallo Markus,

um den Einfluss des WA auf die Preisentwicklung ging es mir in meinem originären Statement zu der stärkeren Würdigung der österreichischen Weine gar nicht. Es ist in diesem Zusammenhang sogar vollkommen egal, ob der WA einen Preiseinfluss hat. Es geht darum, dass österreichische Weine auf internationaler Ebene stärker bekannt gemacht werden und damit eine bessere Chance bekommen, ausländische Märkte zu erschließen.

Wie sieht es denn im Moment aus? Das österreichische Weinmarketing erweckt (auf mich) den Eindruck, dass man sich selbst genug ist. Man trinkt seinen Wein selbst. Wozu braucht es ausländische Konsumenten, man kann seinen Wein doch im Inland absetzen!

Wohin die Fokussierung auf sich selbst führt, konnte man in den vergangenen Jahrzehnten sehr schön im Rheingau und in Württemberg beobachten. Aufgrund der Konzentration auf den (kaufkräftigen) regionalen Markt passierte hier in qualitativer Hinsicht lange Zeit (fast) gar nichts. Regionen mit traditionell hoher Exportquote haben den Rheingau und Württemberg lange Zeit vollkommen abgehängt, allen voran Pfalz, Mosel, Nahe und in letzter Zeit auch Rheinhessen. Wieviele leistungsfähige Winzer und wieviele tolle Weine gibt es dort inzwischen, auch aus international weniger bekannten Quellen.

Ein anderes Beispiel: Bordeaux. Die intensive Beachtung dieses Gebietes seitens der Weinkritiker hat einen beispiellosen Qualitätsschub ausgelöst. Nicht nur die 100 Top-Betriebe produzieren guten Wein, sondern vielleicht 1000 oder mehr. Klar die Spitzenweine sind teurer geworden, aber es gibt in der Breite ein deutlich größeres Angebot und damit ausreichend preiswerte Alternativen.

Grüße

Hartmut
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Jürgen
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Re: Parker verkauft Wine Advocate

Beitrag von Jürgen »

m_arcon hat geschrieben:
Markus Vahlefeld hat geschrieben:Der WA/Parker wird international nur für Bordeaux und evt. noch die Rhone ernst genommen. Da sind die Punkte preisbildend. Ansonsten sind sie "nice to have".
Find ich nicht, die Preise für u.a Australische Weine sind mit hohen Bewertungen immer gestiegen. Anbei ein aktuelles Beispiel: http://www.wine-searcher.com/m/2013/04/ ... price-rise

In meinen Augen wird jeder von WA/Parker hoch bewertete Wein international beachtet.

Grüße
Marc
Sehe ich auch so. Auf der ProWein habe ich mich mit einem Händler über einen bestimmten australischen Wein unterhalten. Weil der in den letzten Jahren nimmer so viele Punkte bei Parker bekommen hat, haben sie ihn auch nimmer in ihr Programm aufgenommen. :x
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Moulis
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Re: Parker verkauft Wine Advocate

Beitrag von Moulis »

Ob ein australischer Shiraz, oder ein amerikanischer CS nun 92 oder 94 PP hat, spielt glaube ich keine große Rolle. Eher bei BX und Rhoneweinen.
Und gerade die Grange, Screaming Eagle, SQN usw. sind nicht davon abhängig, ob sie 95 oder 98 PP bekommen. Da bestimmen andere Faktoren den Markt.
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Markus Vahlefeld
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Re: Parker verkauft Wine Advocate

Beitrag von Markus Vahlefeld »

@harti... absolut d'accord

Ich wage dennoch zu behaupten, dass die ÖWM vielleicht die europäischen Märkte etwas vernachlässigt, dafür aber ihre Aktivitäten in den USA und vor allem China kräftig ausgebaut hat. So haben sie vor 4 Jahren ihre Kampagne mit dem Grünen Veltliner sehr erfolgreich lanciert - Grooner, Gro-Ve etc. - und auch richtig für Aufsehen gesorgt. Insofern haben die Bewertungen von Parker einen noch höheren Wert, weil sie als Entree für Märkte fungieren, glaube aber dennoch, dass sie nicht wirklich preisbildend wirken.

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octopussy
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Re: Parker verkauft Wine Advocate

Beitrag von octopussy »

Moulis hat geschrieben:Ob ein australischer Shiraz, oder ein amerikanischer CS nun 92 oder 94 PP hat, spielt glaube ich keine große Rolle. Eher bei BX und Rhoneweinen.
Und gerade die Grange, Screaming Eagle, SQN usw. sind nicht davon abhängig, ob sie 95 oder 98 PP bekommen. Da bestimmen andere Faktoren den Markt.
Ich habe nicht den Einblick in den US-Markt für heimische Weine, habe diesen aber immer so wahrgenommen, dass dort Parker-Bewertungen eine enorme Rolle spielen. Screaming Eagle, Sine Qua Non, Scarecrow, usw. mussten sich schließlich erst einmal einen Ruf erarbeiten, mit dem sie die aufgerufenen Preise aufrufen konnten. Mittlerweile spielen für diese Kult-Cabernets die Parker-Punkte vielleicht nicht mehr die essentielle Rolle, aber Parker dürfte viele von den Boutique-Weingütern groß gemacht haben. Man darf mir diesbezüglich übrigens gerne widersprechen, denn mit Kalifornien kenne ich mich nicht aus. Aber die Presse, als Galloni Kalifornien von Parker übernommen hat, spricht doch eine recht deutliche Sprache: http://www.bloomberg.com/news/2011-04-2 ... akers.html

Ich würde ganz generell behaupten, dass keine Wein-Publikation einen ähnlich großen Einfluss auf Preise haben kann wie der Wine Advocate, jedenfalls wenn man weltweit alle Märkte zusammenzählt. Das wird sich vielleicht zukünftig ändern, spätestens wenn der Großmeister aufhört. Auch gibt es sicher Märkte, für die Parker-Bewertungen keine oder nur eine geringe Rolle spielen (z.B. der französische Markt für französische Wein, der deutsche Markt für deutsche Weine, der österreichische Markt für österreichische Weine, Burgund generell). Aber wenn es zum Beispiel um deutsche Weine im englischsprachigen Ausland geht, dann schauen die Konsumenten nach meiner Wahrnehmung eher auf Parker- (bzw. Schildknecht-) Punkte als dass sie sich die Mühe machen und sich einen Gault Millau schicken lassen.
Beste Grüße, Stephan
Moulis
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Re: Parker verkauft Wine Advocate

Beitrag von Moulis »

octopussy hat geschrieben:
Moulis hat geschrieben:Ob ein australischer Shiraz, oder ein amerikanischer CS nun 92 oder 94 PP hat, spielt glaube ich keine große Rolle. Eher bei BX und Rhoneweinen.
Und gerade die Grange, Screaming Eagle, SQN usw. sind nicht davon abhängig, ob sie 95 oder 98 PP bekommen. Da bestimmen andere Faktoren den Markt.
Ich habe nicht den Einblick in den US-Markt für heimische Weine, habe diesen aber immer so wahrgenommen, dass dort Parker-Bewertungen eine enorme Rolle spielen. Screaming Eagle, Sine Qua Non, Scarecrow, usw. mussten sich schließlich erst einmal einen Ruf erarbeiten, mit dem sie die aufgerufenen Preise aufrufen konnten. Mittlerweile spielen für diese Kult-Cabernets die Parker-Punkte vielleicht nicht mehr die essentielle Rolle, aber Parker dürfte viele von den Boutique-Weingütern groß gemacht haben. Man darf mir diesbezüglich übrigens gerne widersprechen, denn mit Kalifornien kenne ich mich nicht aus. Aber die Presse, als Galloni Kalifornien von Parker übernommen hat, spricht doch eine recht deutliche Sprache: http://www.bloomberg.com/news/2011-04-2 ... akers.html

Ich würde ganz generell behaupten, dass keine Wein-Publikation einen ähnlich großen Einfluss auf Preise haben kann wie der Wine Advocate, jedenfalls wenn man weltweit alle Märkte zusammenzählt. Das wird sich vielleicht zukünftig ändern, spätestens wenn der Großmeister aufhört. Auch gibt es sicher Märkte, für die Parker-Bewertungen keine oder nur eine geringe Rolle spielen (z.B. der französische Markt für französische Wein, der deutsche Markt für deutsche Weine, der österreichische Markt für österreichische Weine, Burgund generell). Aber wenn es zum Beispiel um deutsche Weine im englischsprachigen Ausland geht, dann schauen die Konsumenten nach meiner Wahrnehmung eher auf Parker- (bzw. Schildknecht-) Punkte als dass sie sich die Mühe machen und sich einen Gault Millau schicken lassen.
Sicher hat Parker viele Weingüter groß gemacht. Aber gerade in Kalifornien eher in den 90zigern, als 95 PP noch was waren. Ich denke, auch die Mondavis, Behringers und co. verkaufen sich ohne 100 PP gut. Wahrscheinlich mit noch besser :mrgreen: Vielleicht hat sich der Markt hier etwas von Parker gelöst? Persönlich kenne ich die PP der meisten Überseeweine nicht beim Kauf.
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weingeist
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Re: Parker verkauft Wine Advocate

Beitrag von weingeist »

harti hat geschrieben: Wie sieht es denn im Moment aus? Das österreichische Weinmarketing erweckt (auf mich) den Eindruck, dass man sich selbst genug ist. Man trinkt seinen Wein selbst. Wozu braucht es ausländische Konsumenten, man kann seinen Wein doch im Inland absetzen! Grüße Hartmut
Die ÖWM ist sicher bemüht (nicht nur auf den euopäischen Märkten, auch in Übersee), allerdings zeigt Dein Statement das Problem recht vernünftig auf. Möchte ich mich am Auslandsmarkt positionieren, wenn auch nur z. B. über kleinere Händler, brauche ich doch noch immer eine bestimmte Menge (siehe z. B. Vinea Wachau mit den Nordländern). Da meine ich jetzt nicht die Durchschnittsqualität, sondern wirklich gute Weine und bei denen tut man sich oft schon als Österreicher schwer, die gewünschten Exemplare zu ergattern. Und es ist schön (tut auch der österreichischen Seele gut), wenn man hört, dass in dem oder dem Restauranttempel ein Österreichischer Veltliner angeboten wird. Nur den Wein wird der dortige Konsument womöglich nirgends anders wo bekommen.
Parker mag für französische Weine (in F und allen anderen Länder) schon das Maß aller Dinge sein (wie ich hier mitbekommen habe, dürfte das auch für spanische Weine gelten), der Rest der Weinwelt dürfte Parkerpunkte etwas entspannter sehen. ;)
Liebe Grüße
weingeist
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Jürgen
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Re: Parker verkauft Wine Advocate

Beitrag von Jürgen »

Die italienischen Winzer sind auch sehr gespannt wer der Nachfolger von Galloni wird.
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harti
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Re: Parker verkauft Wine Advocate

Beitrag von harti »

Hallo Herbert,

die Frage ist, welches Potenzial noch erschlossen werden könnte, denn guter Weißwein wächst ja nicht nur in der Wachau. Und der Rotwein findet international praktisch gar nicht statt. Wie sonst lässt sich z.B. zu erklären, dass man bei Böhme - http://www.boehmewein.de/ - noch alle ET Mariental zurück bis einschließlich 2000 bekommen kann (und das zu vernünftigen Preisen)?

Grüße

Hartmut
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Re: Parker verkauft Wine Advocate

Beitrag von weingeist »

Hallo Hartmut,
harti hat geschrieben:...denn guter Weißwein wächst ja nicht nur in der Wachau. Und der Rotwein findet international praktisch gar nicht statt. Grüße Hartmut
da gebe ich Dir vollkommen recht. Ich wollte damit nur zum Ausdruck bringen, dass wir Weinbesessene gerne bei den verschiedensten Winzern (oder verschiedenen Händlern) kleinere Mengen unterschiedlicher Weine einkaufen, aber für den Export (meiner Meinung nach) sehr wohl aus einer Region (womöglich auch noch von einigen wenigen Betrieben) dann eine bestimmte Menge (und das jedes Jahr) vorhanden sein muss, damit sich der Export überhaupt lohnt (z.B. DAC Weinviertel, aber das ist wieder eine andere Geschichte).
Und beim Rotwein schaut es da eben, trotz vieler neuer DAC's (wieder nur meine Meinung) noch schlechter aus. Viele kleine "Rotweininseln" mit hervorragenden Qualitäten, aber aus den unterschiedlichsten Regionen und Sorten.
Liebe Grüße
weingeist
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