Pestizidrückstände in GG, Smaragd & Co?

Von der Weinbergspflege bis zur Kellertechnik
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Gerald
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Pestizidrückstände in GG, Smaragd & Co?

Beitrag von Gerald »

Ich glaube, Ulli hat vor einigen Wochen einmal angesprochen, dass es kaum möglich ist, Trauben bis in den Dezember hängen zu lassen, ohne Spritzmittel gegen Botrytis einzusetzen. Derart späte Lesetermine bei eher wenig oder keinem Botrytisanteil in den Trauben sind ja besonders bei den Wachauer Smaragden und meines Wissens auch bei den deutschen GG fast schon der Normalfall.

Ich habe jetzt ein bisschen über Botrytizide nachgelesen, eine schöne Tabelle findet sich beispielsweise unter

http://www.rebschutzdienst.at/images/IP ... 1%2011.pdf

Die letzte Spritzung findet zu einem Zeitpunkt statt, wo die Beeren schon weitgehend entwickelt sind, die minimale Wartezeit liegt zwischen 3 und 5 Wochen.

Meine Frage an die Experten: kann man ausschließen, dass Rückstände dieser Pestizide in den Wein gelangen? Die Mittel haften ja sogar bei Regen gut (wie in einem Datenblatt eines entsprechenden Produktes nachzulesen ist).

Im Moment finde ich die Vorstellung eigentlich ein bisschen beunruhigend ...

Grüße,
Gerald
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UlliB
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Re: Pestizidrückstände in GG, Smaragd & Co?

Beitrag von UlliB »

Hallo Gerald,

einfach mal googeln: "Pestizidrückstände im Wein". Da findest Du Lesestoff für Tage, auch aus Österreich und Deutschland...

Gruß
Ulli
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Markus Vahlefeld
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Re: Pestizidrückstände in GG, Smaragd & Co?

Beitrag von Markus Vahlefeld »

Naja, bei den Erzeugern, die ökologisch arbeiten, dürfen keine Botrytizide eingesetzt werden. Nur ist es eben so, dass diejenigen Weine, die grundsätzlich von den Kritikern in den Olymp gelobt werden, fast alle bis zum letzten mit Botrytiziden gespritzt werden.

Kurzum: Botrytizide bei deutschen GGs sind nicht der Normalfall, sondern der "Spitzenfall". Klingt schrecklich, ist auch so. Ich habe deswegen mit dieser Art Erzeugern gebrochen. Parkerpunkte hin oder her.
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Gerald
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Re: Pestizidrückstände in GG, Smaragd & Co?

Beitrag von Gerald »

Danke Ulli,

aber mit ähnlichen Stichworten habe ich natürlich schon ein bisschen nachgelesen (wenn ich dafür auch nicht Tage aufwendet habe ;) ). Zur konkreten Frage, ob Weinstile wie Smaragd oder GG mit extrem später Lese von möglichst botrytisfreie Trauben ein gegenüber anderen Weinen signifikant erhöhtes Gefährdungspotenzial aufweisen, habe ich aber leider nichts gefunden. Vielleicht aber nicht genau genug gelesen?

Also ganz konkret, ob man davon ausgehen kann, mit Federspiel-Weinen (bzw. dem Äquivalent in D) gegenüber Smaragden nicht nur seinen Geldbeutel zu schonen, sondern auch die Gesundheit.

Nicht uninteressant scheint mir auch, dass die Smaragde von biologisch wirtschaftenden Weingütern (konkret fällt mir nur der Nikolaihof ein) meist an der Untergrenze des zulässigen Alkoholgehalts für Smaragde liegen. Vermutlich da die im Bioweinbau zugelassenen Fungizide (insb. Kupfer) gegen Botrytis nicht eingesetzt werden können und man einfach früher lesen muss?

Grüße,
Gerald
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UlliB
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Re: Pestizidrückstände in GG, Smaragd & Co?

Beitrag von UlliB »

Gerald hat geschrieben:Also ganz konkret, ob man davon ausgehen kann, mit Federspiel-Weinen (bzw. dem Äquivalent in D) gegenüber Smaragden nicht nur seinen Geldbeutel zu schonen, sondern auch die Gesundheit.
Zur Beantwortung dieser Frage müsste man erst einmal wissen, inwieweit die vorhandenen Rückstände denn konkret die Gesundheit gefährden. Da aber der Alkoholgehalt im Federspiel geringer ist als im Smaragd, würde ich die Frage einzig und alleine deswegen schon mal mit ja beantworten.
Nicht uninteressant scheint mir auch, dass die Smaragde von biologisch wirtschaftenden Weingütern (konkret fällt mir nur der Nikolaihof ein) meist an der Untergrenze des zulässigen Alkoholgehalts für Smaragde liegen. Vermutlich da die im Bioweinbau zugelassenen Fungizide (insb. Kupfer) gegen Botrytis nicht eingesetzt werden können und man einfach früher lesen muss?
Das kommt sicher auf das jeweilige Jahr an. In Jahrgängen mit extrem hohen Botrytisdruck (z.B. 1998 in der Wachau) müssen Betriebe, die nicht mit engmaschigem Fungizideinsatz arbeiten, zwangsläufig früher lesen als die anderen. In unproblematischen Jahren wie z.B. 1997 wird der Lesezeitpunkt dagegen nicht so sehr durch den Botrytissdruck bestimmt, und die Unterschiede nivellieren sich. Die bei einigen Wachauer "Granden" Jahr für Jahr üblichen extrem späten Lesetermine für die Smaragde (November, teilweise Dezember) dürften sich aber in vielen Jahren wirklich nur dank moderner Botrytizide realisieren lassen.

Gruß
Ulli
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pivu
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Re: Pestizidrückstände in GG, Smaragd & Co?

Beitrag von pivu »

Gerald hat geschrieben: Nicht uninteressant scheint mir auch, dass die Smaragde von biologisch wirtschaftenden Weingütern (konkret fällt mir nur der Nikolaihof ein) meist an der Untergrenze des zulässigen Alkoholgehalts für Smaragde liegen. Vermutlich da die im Bioweinbau zugelassenen Fungizide (insb. Kupfer) gegen Botrytis nicht eingesetzt werden können und man einfach früher lesen muss?
... früher lesen will (oder kann). Einmal erreichen deren Trauben füher die physiologische Reife, zum anderen scheren sich gerade die Bios einen "Dreck" um irgendwelche Punkte.

Ciao
Peter
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Gerald
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Re: Pestizidrückstände in GG, Smaragd & Co?

Beitrag von Gerald »

Hallo Peter,

interessanter Gedanke. Soll also heißen, wer nach den Punkten in den Weinguides Wein einkauft, kauft damit gleich die erhöhte Pestizidbelastung mit ein :o

Stellt sich halt nur die Frage, ob - wenn Bio / Biodyn sich so stark weiter verbreitet, so dass es alleine kein Kaufargument mehr ist - sich die Erzeuger dann nicht doch wieder um Punkte etc. bemühen werden?

Grüße,
Gerald
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UlliB
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Re: Pestizidrückstände in GG, Smaragd & Co?

Beitrag von UlliB »

pivu hat geschrieben: zum anderen scheren sich gerade die Bios einen "Dreck" um irgendwelche Punkte.
Das mag vielleicht in Deutschland und Österreich so sein, in Frankreich - wo in bestimmten Gegenden wie im Burgund und an der Loire der Bioweinbau schon fast ein Massenphänomen geworden ist - bin ich mir da gar nicht sicher. In diesen Gegenden heimsen auch viele der biologisch oder biodynamisch erzeugenden Betriebe regelmäßig absolute Höchstnoten ein, und da frage ich mich schon ein wenig, was hier Henne und was Ei ist.

Gruß
Ulli
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pivu
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Re: Pestizidrückstände in GG, Smaragd & Co?

Beitrag von pivu »

UlliB hat geschrieben:
pivu hat geschrieben: zum anderen scheren sich gerade die Bios einen "Dreck" um irgendwelche Punkte.
Das mag vielleicht in Deutschland und Österreich so sein, in Frankreich - wo in bestimmten Gegenden wie im Burgund und an der Loire der Bioweinbau schon fast ein Massenphänomen geworden ist - bin ich mir da gar nicht sicher. In diesen Gegenden heimsen auch viele der biologisch oder biodynamisch erzeugenden Betriebe regelmäßig absolute Höchstnoten ein, und da frage ich mich schon ein wenig, was hier Henne und was Ei ist.
Das ist doch gut so, Ulli! Und das eine (das "nicht scheren um gute Punkte") und das andere ("dennoch hohe Punkte einheimsen") muss einander nicht ausschließen. Vielleicht liegt's ja an der Qualität der Weinkritik ...

Ciao
Peter
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UlliB
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Re: Pestizidrückstände in GG, Smaragd & Co?

Beitrag von UlliB »

pivu hat geschrieben: Und das eine (das "nicht scheren um gute Punkte") und das andere ("dennoch hohe Punkte einheimsen") muss einander nicht ausschließen.
Hallo Peter,

nein, ganz sicher muss es das nicht; es kann es aber. Ich habe mit etlichen französischen Biowinzern gesprochen, die völlig "ideologiefrei" zur biologischen Bewirtschaftung übergegangen sind, weil sie nach einigen Versuchen zur Überzeugung gelangt waren, dass man damit bessere Weine machen kann und mit denen dann ordentlich verkaufsfördernde Punkte einfährt. Jedenfalls waren denen die diversen Profi-Bewertungen alles andere als egal.

Und bei manchen (allerdings nicht vielen) bin ich mir gar nicht so sicher, ob man nicht lediglich aus marketingtechnischen Gründen biologisch arbeitet. Macht auch nichts, solange sie dabei nicht tricksen.

Man kann aber beide Gruppen nicht mit den Biowinzern der ersten Generation vergleichen, die tatsächlich "Überzeugungstäter" waren (oder noch immer sind) und sich um die gängige Weinbewertung tatsächlich einen Dreck kümmern.

Gruß
Ulli
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