Peter Jakob Kühn

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Birte
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Re: Peter Jakob Kühn

Beitrag von Birte »

Peter Jakob Kühn Quarzit 2010 Riesling Trocken

Ja, ja ich ahne es, viel zu jung und ich bin zu dumm, um es zu begreifen. Eigentlich mache ich um das Rheingau einen Bogen. Aber auf die Rieslinge von Kühn bin ich letzten Herbst so richtig heiss geworden. Zunächst ein leicht unreifer, flüchtiger Weinbergpfirsich in der Nase, nicht negativ gemeint. Dannach Kräuter ohne Ende. Im Gaumen diese Mischung aus einer genialen Säure mit ganz viel Mineralität. Als er richtig kühl war, hat er ein wenig den Schirm zugemacht. Solche Weine haben jung die Eigenart ein bisschen zu warm Ihre Talente zu entfalten. Ein Gebirgswein, der bei mir "die Heidi Romantik" frei werden lässt.

p.s: In dem Weinladen gab es tatsächlich einen Wein mit dem Namen " Terroir Edition" von einer Winzergenossenschaft. ;)
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Charlie
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Re: Peter Jakob Kühn

Beitrag von Charlie »

Hat jemand in der letzten Zeit der 3 Trauben Doosberg 2005 probiert?
Letzten Sonntag fand ich ihn beeindruckend, auch zum Tafelspitz.
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Ollie
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Re: Peter Jakob Kühn

Beitrag von Ollie »

Ja, der 2005er war in der Tat sehr schoen, auch wenn mir der Alkohol mit der Zeit doch etwas hervorlugte.

Habe neulich auf dem Weingut die 2010er verkostet. Oh. My. God. Fuer mich ist 2010 die beste Kollektion, die ich je bei PJK verkostet habe. Durch die Bank alle trockenen Weine sind mindestens ordentlich, wenn nicht sogar sehr gut: Quarzit (86-87; 2009 ist besser) knapp hinter dem recht runden (Restzucker?) und deutlich schioefergepraegten Hendelberg (best ever, 88-89); drueber, aber mit etwas knappem Abgang das Landgeflecht (89-90), welches aromatische bereits auf die grossen Weine verweist. Und gross sind diese in der Tat: Doosberg, St. Nikolaus und Schlehdorn spielen in einer anderen Liga und sind mit das beste Zeug, dass ich aus dem Rheingau kenne.

Die gesamte Kollektion ist deutlich besser als 2005, weil die Weine (alle Weine) bei allem Koerper und Schmelz eine unglaubliche Sueffigkeit und eine Saftigkeit haben, wie sie extrem selten vorkommt und wie es sie bei PJK so noch nie gab (bzw. ich sie noch nie so erlebt habe). Dabei schaffen es wirklich alle Weine, den Alkohol gut einzubauen. Das war immer mein Problem mit vielen Kuehns, weswegen ich jenseits vom Quarzit immer nur den Doosberg gut fand. 2010 gefaellen mir sogar (zum allerersten Mal ueberhaupt!) der St. Nikolaus (dank der kraeftigen Saeure hat der Wein eine sagenhafte Saftigkeit) und (ich fass es immer noch nicht) sogar der Schlehdorn.

Dazu muss man aber einschraenkend sagen, dass PJK sich weiter von seiner Extremposition entfernt: die kuerzeren Maischestandzeiten und die bessere Mostklaerung bringen halt doch mehr Frucht in den Wein; dennoch behalten die Weine ihre Kuehn-typische Stilistik. Mit Riesling oder gar mit Rheingau-Riesling haben die Weine immer noch nur am Rande zu tun. Allerdings teile ich nach wie vor nicht die Sicht, die Weine seien "burgundisch". Eher neigt der Stil saeure- und fruchtbedingt fuer mich seit jeher zu Loireweinen (mehr Sauvignon als Chenin; ich denke da an Pouilly-Fume), jedenfalls wenn man die Struktur vergleicht.

Dabei bleiben es aber auch deutlich bodengepraegte Weine: Bei allem satten Schmelz und Koerper behalten sie die sauber strukturierende und die Weine saftig machende Saeure - so wie es sein muss vom Loess. Der St. Nikolaus, von (pardon) minderwertigem Schwemmland, darf dabei gerne der etwas robuste Geselle bleiben, der er halt ist. Der Schlehdorn hingegen ist ganz aristrokratisch (erschliesst sich erst bei der Rueckverkostung zum Doosberg). mir aber dennoch zu teuer. Wie dem auch sei: ganz, ganz grosse Klasse, was bei PJK 2010 auf Flasche kam, und fuer mich der beste Jahrgang ueberhaupt. Und Rheingau ganz, ganz oben.

Cheers,
Ollie
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Markus Vahlefeld
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Re: Peter Jakob Kühn

Beitrag von Markus Vahlefeld »

Hi Ollie,

da bin ich mal 100% bei Dir. Die 2010er Kollektion ist die wohl beste bei den Kühns seit Jahren. Mir haben wirklich alle Weine ungeheuer viel Spass bereitet und auch wenn der Schlehdorn teuer ist, so ragt er wie ein Leuchtturm heraus. Ganz grosser Stoff. Nur muss man halt die Stilistik mögen: Maischestandzeit, ewig langes Hefelager, fast durchgängig Säureabbau, Zero Restzucker und zumindest beim Schlehdorn keinerlei Filtration. Mich haben die Weine auch nur am Rande an Riesling erinnert, blind würde ich sie auch Richtung Norditalien oder Loire einordnen.

Ob das untypisch ist? Die Frage bleibt halt, ob ich selbst das Typische suche oder das Beste. Denn idR ist das Beste dem Wesen nach immer untypisch.
Harper
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Re: Peter Jakob Kühn

Beitrag von Harper »

St. Nikolaus: minderwertiges Schwemmland. Und die Ignoranten vom Dt. Weinatlas rechnen so was unter die privilegierten Lagen...... ts, ts, ts
Beste Grüße
Harper
Ollie
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Re: Peter Jakob Kühn

Beitrag von Ollie »

Harper,

weiss du auch, wieso "die Ignoranten vom Dt. Weinatlas" den Nikolaus unter die privilegierten Lagen rechnen? Wegen der irren Anzahl an Weltklassweinen, die die Lage seit Jahrtausenden hervorbringt, bestimmt nicht, oder?

Aber, fairerweise muss ich das einraeumen, vielleicht hate die Lage nur auf ihren Weissen Ritter gewartet, die sie aus ihrem Dornroeschenschlaf kuesst, so wie weiland Breuer den Nonnenberg. Der Edelmann koennte auch ein bisschen Geknutsche vertragen - wie so viele Lagen im Rheingau. Denn dort gilt alles, das auch bei hohen Ertraegen reife Trauben produziert, schnell mal als "privilegiert". (Welche Lagen sind's eigentlich nicht im Rheingau?)


Markus,

ja, Norditalien oder Loire passt schon. Allerdings glaube ich nicht, dass die Weine irgendwie schwierig oder schwer zu verstehen sind. Dazu sind gerade die 2010er, bei aller stilistischen Differenz, wieder "zu nah" am Normalen. Es ist mir unverstellbar, wie man diese Weine nicht gut finden kann. Das wiederum konnte ich mit bei den vorherigen Jahrgaengen extrem einfach vorstellen - mir haben 2006/07/08 ja auch nicht gefallen, 2005 war der letzte Jahrgang, bei dem ich mitgegangen bin.

Witzig finde ich allerdings, dass es sich bei den Weinen deutlich um "gemachte" Weine handelt. Der Clou ist tatsaechlich die Vinifikation und nichts anderes. (Doosberg ist ja nun zwar keine schlechte Lage, aber brutal spannende Sachen kommen da auch nicht heraus.) Sollte den Terroir-Juengern mal zu denken geben. 8-)

Wegen Schlehdorn: sooo dramatisch fand ich den Unterschied zwischen dem Doosberg und dem Schlehdorn nicht, aber das ist wohl Ansichtssache. In 10 Jahren werden wir wissen, wo die Unterschiede liegen...

Cheers,
Ollie
Zuletzt geändert von Ollie am Mo 12. Mär 2012, 13:50, insgesamt 1-mal geändert.
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Gerlach
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Re: Peter Jakob Kühn

Beitrag von Gerlach »

Bei aller Begeisterung für Kühn's Wagnis und Individualität: Die Preise habe turbomässig angezogen, nur mehr der Jacobus-Wein ist für unter 10 EUR zu haben (wobei 2009 ganz klar über mehr Fundament und Dichte als 2010 verfügt - bei ähnlichen Veltliner-Asssoziationen). Im Rheingau-Umfeld fallen die Preise nicht aus dem Rahmen (die Qualität schon), nur ist es mir im bundesweiten Vergleich um das Geld für die anderen Kühn-Weine zu schade.
Ollie
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Re: Peter Jakob Kühn

Beitrag von Ollie »

Gerlach,

ich habe eben mal nachgesehen. Die Preise der 2010er sind relativ zum 2005er um stark ein Drittel gestiegen, ohne dass die Qualitaet um das selbe Drittel gestiegen ist. Das ist nominell eine Unverschaemtheit. Real aber sehe ich bundesweit nicht vieles, das fuer meinen Geschmack qualitativ mit Doosberg und St. Nikolaus mithalten kann UND weniger kostet. Falls du eine gute Quellen kennst (v.a. im Rheingau!), nur her damit.

Was die "kleinen" Weine angeht, so halte ich den Quarzit fuer konsistent einen der repraesentativsten Rheingauer seiner Preisklasse ueberhaupt (und zwar genau weil er "konventionell" gemacht wird). Falls jemand wissen will, wie dieser Teil des Rheingaus schmeckt (schmecken kann), verweise ich immer auf den Quarzit, gerade in guten Jahren (2005, 2009). Fuer aehnliche "Typizitaet" zahlt man bei Spreitzer fuer die (sehr guten) EGs auch schon 20 Euro.

Aber wie gesagt, ist nur mein Gaumen (und leider auch meine Brieftasche :roll: ).

Cheers,
Ollie
Zuletzt geändert von Ollie am Mo 12. Mär 2012, 13:49, insgesamt 1-mal geändert.
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thvins
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Re: Peter Jakob Kühn

Beitrag von thvins »

Ollie hat geschrieben:Gerlach,

ich habe eben mal nachgesehen. Die Preise der 2010er sind relativ zum 2005er um stark ein Drittel gestiegen, ohne dass die Qualitaet um das selbe Drittel gestiegen ist. Das ist nominell eine Unverschaemtheit. ...

Aber wie gesagt, ist nur mein Gaumen (und leider auch meine Brieftasche :roll: ).

Cheers,
Ollie
Hallo Ollie, das ist ja dann ähnlich wie an der Tankstelle, bei Krankenversicherungen und auch einigen Grundnahrungsmitteln...

Die Preise steigen doch überall in so unverschämter Art - und fast nirgends hat man eine qualitative Aufwertung bei einem deutlich höheren Preis. Und an vielen Bereichen des Lebens kann man sich nicht mal dagegen wehren...

Das es so was durchaus bei Wein mal geben soll, das auch für mehr Geld eine bessere Qualität geliefert wird, ist im Leben leider eher die Ausnahmevariante - eigentlich fällt mir spontan neben Wein kein anderes Produkt ein, wo das der Fall wäre...
Schon dass hier die Hoffnung auf bessere Qualität besteht, wertet das Produkt Wein gegenüber allen anderen schon mal deutlich auf.

Andererseits da man aber Wein auch weglassen kann - im Gegensatz zu Kraftstoffen, Strom, Grundnahrungsmitteln, ist halt der Druck auf Winzer und Händler groß, nicht mit der allgemeinen Inflation mitzumarschieren, sondern wenigstens qualitativ was anzubieten, wenn man schon die Preise erhöhen muss...

Diejenigen, die wirklich Schuld an der allgemeinen Inflation haben, sitzen für mich jedenfalls nicht im Weinberg, Keller oder Weinlager... Kann man natürlich nicht verallgemeinern, sicher gibt es auch dort hin und wieder einen Raffke, aber deren Masse sitzt an ganz anderen Schaltern.
Beste Grüße

Torsten

http://www.torsten-hammer-priorat-guide.com
jetzt mit richtiger Startseite...
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UlliB
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Re: Peter Jakob Kühn

Beitrag von UlliB »

thvins hat geschrieben:Diejenigen, die wirklich Schuld an der allgemeinen Inflation haben, sitzen für mich jedenfalls nicht im Weinberg, Keller oder Weinlager...
Wobei man berücksichtigen muss, dass der Durchschnittspreis der in Deutschland gehandelten Weine seit Jahren sinkt - von Inflation kann man da nicht reden.

Steigende Preise betreffen beim Wein ein hauchdünnes Segment (dermaßen dünn, dass sich die teilweise enormen Preissteigerungen in diesem Segment auf den Durchschnittspreis überhaupt nicht auswirken). Pech, dass das gerade die Weine sind, die uns hier interessieren. Aber was soll denn passieren, wenn sich alle Freaks dieser Welt auf die gleichen 1000 oder 2000 Weine stürzen, und einige dieser Freaks auch noch ziemlich tiefe Taschen haben?

Gruß
Ulli
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