Martin Kössler - Worte zum Jahresanfang

Hohe Brisanz, kurzes Verfallsdatum
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UlliB
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Re: Martin Kössler - Worte zum Jahresanfang

Beitrag von UlliB »

nougat hat geschrieben:[...] während der Internethandel doch hauptsächlich nach den bekannten Mechanismen funktioniert: Schnäppchenpreise, Kritikerpunkte nebst Zitaten, Namedropping („Nachbar von Petrus“) und anderen nach Prestige heischenden Kommentaren. Dazu bedarf es wahrlich keiner Kompetenz. Das ist Herrn Kössler wohl schon lange ein Dorn im Auge. Die Kritik am ‚inkompetenten’ Internethandel zieht sich wie ein roter Faden durch seine Veröffentlichungen.
Die Tatsache, dass der Internethandel funktioniert, ist Legitimation genug. Offensichtlich bekommen die Kunden etwas, womit sie zufrieden sind, sonst würde die Sache nicht nachhaltig funktionieren. Dass Herrn Kössler diese Art von Wettbewerb nicht passt, kann ich mir schon vorstellen - souverän ist sein Umgang damit aber nicht.

Nota bene: Im Kern beschimpft Kössler nicht seine Wettbewerber, sondern deren Kunden, die er mit seinen Tiraden letztlich als ahnungs- und anspruchslose Volldeppen darstellt. Dass im Internethandel zumindest gelegentlich das genaue Gegenteil der Fall ist - der Kunde weiß sehr genau, was er will, und sucht dafür das günstigste Angebot - wird mal unfreundlich ausgeblendet.

Gruß
Ulli
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pivu
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Re: Martin Kössler - Worte zum Jahresanfang

Beitrag von pivu »

Interessanterweise sehen es die meisten Winzer im Programm von Martin Kössler viel entspannter, wie die meisten hier auch. Jeder Wein, der nachgefragt wird (und nicht gesundheitsschädlich oder sonstige negative Auswirkungen auf die Natur etc. mit sich bringt) hat seine Berechtigung im Markt, egal wie gut oder schlecht dieser ist. Es liegt an Martin Kössler (wie auch an jedem Winzer), seinen Markt zu definieren und zu entwickeln, und das macht MK wirklich gut (, wie Aldi das für seinen Markt genauso tut). Die auf die Dauer immer langweiligeren, sich wiederholenden und nervtötenden Querschüsse auf den Rest hat er gar nicht nötig.

Ciao
Peter
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Oberpfälzer
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Re: Martin Kössler - Worte zum Jahresanfang

Beitrag von Oberpfälzer »

Hallo zusammen,

Ich lese Hr. Kösslers Veröffentlichungen zumeist, auch wenn ich so manches nicht verstehe bzw. anderer Meinung bin. Eine Auseinandersetzung mit dem Verfasser scheint mir nicht möglich, habe ich einmal getan und bin "abgewatscht" worden.

Eine Aussage scheint mir noch bemerkenswert:
... was früher ‘Qualität’ hieß im Wein verkommen zu völlig unqualifiziertem ‘schmeckt mir’ bzw. ‘schmeckt mir nicht’ ...
Ich meine, letztendlich kauft der Kunde was ihm schmeckt. Ich kaufe keinen Wein, der noch so hohe Qualität hat, wenn er mir nicht schmeckt. Was ist daran unqualifiziert? Und warum soll das früher anders gewesen sein? Das impliziert, dass die Masse der Kunden wirklich blöd ist. Fragen, die ich bei einem evtl. Besuch persönlich ansprechen werde, so ich Zeit und Muse dafür habe.
Servus
Wolfgang
BuschWein
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Re: Martin Kössler - Worte zum Jahresanfang

Beitrag von BuschWein »

Der älteste GM, der bei mir im Regal liegt, ist der 96er. Darin werden 374 Weingüter empfohlen. Im 2011er sind es hingegen bereits 984, deren Weine alle von irgendwem gekauft werden.
Bernd glaubst Du wirklich, dass es heute dreimal so viele Weingüter in Deutschland gibt wie 1996? Nur weil ein Weingut nicht im GM auftaucht heißt das nicht, dass es das Weingut nicht gibt.

Sicher ist es richtig, dass sich gute Qualität heute, dank des Internets, schneller herum spricht als das vielleicht noch vor 15 Jahren war, aber es gibt schon immer noch Erzeuger, die ordentliche Qualitäten machen und nicht im GM auftauchen.

Wenn es heute in Reil nur noch ein echtes Haupterwerbsweingut gibt, dann kann man sicher sagen, die anderen waren halt einfach nicht gut genug, man kann aber auch erkennen, dass die Anforderungen an einen Winzer heute ganz andere sind und nicht nur die, dass er guten Wein machen kann.

Natürlich hat es in Deutschland eine Entwicklung beim Wein gegeben, insbesondere beim Weißwein, natürlich gibt es heute viel mehr spannende Weingüter als vielleicht vor 15 oder 20 Jahren, dafür verkaufen sich heute im Fachhandel die klassischen Weißweinregionen Frankreichs viel schlechter, man kann also nicht unbedingt sagen, dass heute bessere Weine getrunken werden, nur weil es bessere Weine aus Deutschland gibt.

Ich verstehe auch nicht, wie man darauf kommen kann, dass Marttin Kössler etwas gegen den Internethandel hat, schließlich war er einer der ersten, der sehr konsequent auf dieses neue Medium gesetzt hat und der sicher heute in Deutschland zu den größten Internetweinhandlungen gehört.

Deshalb darf man aber doch schlechte Entwicklungen bedauern und anprangern, oder? Natürlich kann man es sich als Kunde einfach machen und wie Ulli argumentieren:
Dass im Internethandel zumindest gelegentlich das genaue Gegenteil der Fall ist - der Kunde weiß sehr genau, was er will, und sucht dafür das günstigste Angebot
Natürlich für den Kunden geht das auf, ich mache es als Kunde auch manchmal so, nur man sollte halt auch unterschiedliche Geschäftsmodelle wahrnehmen, der Preis eines Weines hat nicht nur mit dem Einkaufspreis beim Winzer zu tun. Wenn ich alsHändler versuche "neue" Erzeuger zu finden muss ich unterwegs sein, Messen besuchen, Regionen besuchen, Winzer besuchen und immer wieder probieren, Weingüter teilweise erst mal über ein paar Ernten begleiten, bevor man diese dann ins eigene Programm aufnimmt. Dies alles kostet Zeit und Geld.

Wenn es dann Newcomer im Weinhandel gibt, die ihre Programmentwicklung hauptsächlich im kopieren der Programme bekannter Händler sehen ist das natürlich deutlich günstiger und auch weniger riskant, die Einführung auf dem deutschen Markt wurde ja schon gemacht.

Wenn es dann noch soweit kommt, dass man die eigenen Wein- und Weingutsbeschreibungen auf den Homepages solcher Kollegen wiederfindet kann einen das schon ärgern. Alles auch uns schon passiert und nicht von den unbekanntesten Häusern. VinoPlag läßt grüßen.

Dass man solche Entwicklungen kritisch hinterfragt und vielleicht auch mal derber kritisiert finde ich nicht so ungewöhnlich und hat auch nichts damit zu tun, dass man Kunden beschimpft. Woher sollten die Kunden denn den Unterschied im Geschäftsmodell erkennen, wenn man es nicht kommuniziert?
Armin
www.gutsweine.com

Dumme Menschen machen immer den gleichen Fehler, intelligente immer Neue ;)
Bernd Schulz
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Re: Martin Kössler - Worte zum Jahresanfang

Beitrag von Bernd Schulz »

Bernd glaubst Du wirklich, dass es heute dreimal so viele Weingüter in Deutschland gibt wie 1996?
Nee, das glaube ich ganz sicher nicht. Habe ich das irgendwo behauptet? :mrgreen:

Ich glaube lediglich, dass, während Kössler ein Weltuntergangsszenario heraufbeschwört, das Angebot an qualitativ hochwertigen Weinen in den letzten Jahrzehnten deutlich größer geworden ist. Dass sich die Zahl der Betriebe, die der massgebliche deutsche Weinführer empfiehlt, in 15 Jahren nahezu verdreifacht hat, könnte ein Hinweis darauf sein.

Ich jedenfalls kann von den ganzen für mich hochspannenden Weinen nur einen winzigen Bruchteil kaufen. Den Untergang des Abendlandes sehe ich daher weiter entfernt denn je. Zumindestens in Bezug auf Wein! :mrgreen:

Beste Grüße

Bernd
Zuletzt geändert von Bernd Schulz am Mi 11. Jan 2012, 14:58, insgesamt 1-mal geändert.
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UlliB
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Re: Martin Kössler - Worte zum Jahresanfang

Beitrag von UlliB »

BuschWein hat geschrieben: Deshalb darf man aber doch schlechte Entwicklungen bedauern und anprangern, oder? Natürlich kann man es sich als Kunde einfach machen und wie Ulli argumentieren:
Dass im Internethandel zumindest gelegentlich das genaue Gegenteil der Fall ist - der Kunde weiß sehr genau, was er will, und sucht dafür das günstigste Angebot
Natürlich für den Kunden geht das auf, ich mache es als Kunde auch manchmal so, nur man sollte halt auch unterschiedliche Geschäftsmodelle wahrnehmen, der Preis eines Weines hat nicht nur mit dem Einkaufspreis beim Winzer zu tun. Wenn ich alsHändler versuche "neue" Erzeuger zu finden muss ich unterwegs sein, Messen besuchen, Regionen besuchen, Winzer besuchen und immer wieder probieren, Weingüter teilweise erst mal über ein paar Ernten begleiten, bevor man diese dann ins eigene Programm aufnimmt. Dies alles kostet Zeit und Geld.
Tja, Armin, Wettbewerb tut halt weh - insbesondere, wenn der Wettbewerber mit seinem Modell auch noch Erfolg hat...

Ich habe als Kunde keine Verpflichtung - auch keine moralische - irgendwelche Vertriebsmodelle zu fördern oder auch nur zu erhalten. Wenn ein Händler mir einen Mehrwert bietet - und der kann durchaus verschieden aussehen, der Preis ist hier nur ein Instrument unter vielen - kaufe ich bei ihm. Sonst nicht.

Wenn es dem Fachhandel (ganz gleich ob nun als Präsenzhandel oder im Internet, denn versierten Fachhandel gibt es auch da, siehe z.B. Kössler) gelingt, gegenüber der rein auf Preise und Parker-Punkte abstellenden Konkurrenz einen Mehrwert zu schaffen, wird er überleben. Sonst nicht.

Larmoyantes Gemaule a la "früher war alles besser" ist zwar verständlich; irgend etwas nützen tut es aber nicht. Und im Falle von Kössler nervt es zunehmend - was schade ist, denn ein paar durchaus bedenkenswerte Punkte, die er bringt, gehen dabei unter.

Gruß
Ulli
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octopussy
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Re: Martin Kössler - Worte zum Jahresanfang

Beitrag von octopussy »

UlliB hat geschrieben: Ich habe als Kunde keine Verpflichtung - auch keine moralische - irgendwelche Vertriebsmodelle zu fördern oder auch nur zu erhalten. Wenn ein Händler mir einen Mehrwert bietet - und der kann durchaus verschieden aussehen, der Preis ist hier nur ein Instrument unter vielen - kaufe ich bei ihm. Sonst nicht.
Nur: wenn du bestimmte Vertriebsmodelle nicht unterstützt, dann sind sie vielleicht irgendwann weg. So wie die Bäcker mit echter Backstube verschwinden, weil die Leute lieber aufgebackene Luftpumpen kaufen.

Ohne gutes Programm und eine gute Präsentation kaufe ich nicht bei einem stationären oder Internet-Fachhandel ein. Aber wenn das Programm stimmt und ich Herz und Identifikation mit dem Job sehe, bezahle ich hier und da lieber 50 cent mehr, als bei einem "me too" Händler zu kaufen, der zwar eben die 50 cent billiger ist, bei dem man aber ein seelenlos zusammengeschustertes Programm ohne eigene Identität findet. Ich habe leider diese idealistische Ader ;).
Beste Grüße, Stephan
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Charlie
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Re: Martin Kössler - Worte zum Jahresanfang

Beitrag von Charlie »

octopussy hat geschrieben: wenn du bestimmte Vertriebsmodelle nicht unterstützt, dann sind sie vielleicht irgendwann weg. So wie die Bäcker mit echter Backstube verschwinden, weil die Leute lieber aufgebackene Luftpumpen kaufen.
Hier macht nicht das Vertriebsmodell sondern das Produkt den Unterschied.
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nougat
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Re: Martin Kössler - Worte zum Jahresanfang

Beitrag von nougat »

Charlie hat geschrieben:
octopussy hat geschrieben: wenn du bestimmte Vertriebsmodelle nicht unterstützt, dann sind sie vielleicht irgendwann weg. So wie die Bäcker mit echter Backstube verschwinden, weil die Leute lieber aufgebackene Luftpumpen kaufen.
Hier macht nicht das Vertriebsmodell sondern das Produkt den Unterschied.
Stimmt. Problematisch wird es, wenn es sich um das gleiche Produkt handelt. Also die typ. Situation: Beratung und Verkostung im Fachhandel, Bestellung im Internet
Grüße
Martin

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UlliB
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Re: Martin Kössler - Worte zum Jahresanfang

Beitrag von UlliB »

octopussy hat geschrieben:Nur: wenn du bestimmte Vertriebsmodelle nicht unterstützt, dann sind sie vielleicht irgendwann weg.
Ja, dann sind sie weg. So wie ganze Berufsbilder in den letzten 100 Jahren verschwunden sind. Und? Wenn es keinen (ausreichenden) Bedarf mehr gibt, warum sollten sie dann erhalten werden?
octopussy hat geschrieben: So wie die Bäcker mit echter Backstube verschwinden, weil die Leute lieber aufgebackene Luftpumpen kaufen.
Wie Charlie schon richtig bemerkt hat, ist der Vergleich schief, da es hier um das Produkt und nicht um das Vertriebsmodell geht. Aber selbst wenn wir mal kurz dabei verweilen wollen: die Ursache liegt auch hier beim Kunden (der die "aufgebackenen Luftpumpen" als Backware akzeptiert), und nicht bei den Bäckern: keine ausreichende Nachfrage --> kein Angebot.

Die diesbezügliche Realität hier vor Ort ist übrigens, dass es zwar eine Marktbereinigung gegeben hat, aber durchaus noch eine ganze Reihe selbst backender Bäckereien gibt, die sich um Kunden erkennbar keine Sorgen machen brauchen. Hier wird offensichtlich für viele Kunden genügend "Mehrwert" erzeugt, um höhere Preise zu rechtfertigen.

Ich mache mir als Konsument um den Weinfachhandel nicht die geringsten Sorgen. Vielleicht pfeift es da mal die Hälfte der Händler weg, vielleicht auch zwei Drittel: genug bleiben dann immer noch übrig.

Gruß
Ulli
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