BORDEAUX 2010 - Aktuelles zur Primeurkampagne

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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susa
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Re: BORDEAUX 2010 - Aktuelles zur Primeurkampagne

Beitrag von susa »

Latour hat geschrieben:[....

Comtesse und Figeac war das Prestige offensichtlich wichtiger.
Kaum ist der alte Chef unter der Erde .....*seufz ;)

lg
s
Red wine with fish. Well, that should have told me something.
James Bond in From Russia with Love
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innauen
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Re: BORDEAUX 2010 - Aktuelles zur Primeurkampagne

Beitrag von innauen »

UlliB hat geschrieben: Glaubt man Twitter und den Blogs einiger Weinhändler in UK, gibt es diese Koppelgeschäfte tatsächlich, und zwar sowohl für Duhart als auch für Lafite selber: will man davon etwas bekommen, muss man auch Rieussec abnehmen. Den will aber (wie andere Sauternes auch) keiner wirklich, und so fangen offensichtlich einige Händler bereits an, den Rieussec, den sie abnehmen ...


Aber wie ich schon etliche Seiten weiter oben geschrieben habe, nimmt in diesem Spiel keiner mehr auf andere Marktteilnehmer Rücksicht. Insofern bin ich auch bezüglich der hier immer wieder geäußerten Kartellhypothesen etwas skeptisch.

Gruß
Ulli
Ist das nicht die typische Verhaltensweise eines Kartells?

Grüße,

Wolf
„Es war viel mehr.“

Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
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octopussy
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Re: BORDEAUX 2010 - Aktuelles zur Primeurkampagne

Beitrag von octopussy »

Wenn man sich diverse Praktiken noch einmal zusammengefasst vor Augen führt, die in dieser Subskriptionskampagne sehr deutlich zu Tage treten, so wirkt diese Kampagne in Bezug auf die "besten" 100 oder 200 Gewächse eigentlich ziemlich armselig. Diese Praktiken gab es natürlich schon vorher, aber vielleicht nicht in dem Ausmaß. Und man hat sich wahrscheinlich nicht ganz so viele Gedanken darüber gemacht.

1. Ein nicht unbedeutendes Verkaufsargument ist Angst: die Angst der Händler, eine Allokation zu verlieren; die Angst der Kunden, etwas zu verpassen ("best since the legendary 1947"); die Angst von allen vor einer teureren zweiten, dritten oder vierten Tranche. Lieber schnell zuschlagen, es kann nur teurer werden.

2. Die angebotene Menge wird künstlich verknappt, ohne dass irgendjemand genau weiß, wie viel auf den Markt kommt/kommen wird. Der Markt wird bewusst intransparent gehalten. Wie groß einzelne Tranchen sind und an wen sie verkauft werden? Wer weiß das schon?

3. Ein weiteres praktiziertes Verkaufsargument sind die genannten Koppelungsgeschäfte. Den begehrten Wein x gibt es nur, wenn der nicht so begehrte Wein y (manchmal ein Ladenhüter) auch genommen wird. Praktischerweise wurde der Preis für Wein y vorher um 88% zu 2009 und 380% zu 2008 angehoben :twisted:.

4. Ob abgesprochen oder nicht abgesprochen: jedenfalls halten sich fast alle klassifizierten Gewächse und viele weitere an die "Preisdisziplin". Das Wort Kartell wurde hier bereits genannt.

Hab ich noch etwas aus dem Baukasten der - nun ja - nicht allzu honorigen Geschäftspraktiken vergessen?

Mir tun wirklich die kleineren Châteaux leid, die bei dem Wahnsinn mitschwimmen (müssen), ohne ganz oben mitspielen zu können. Wie hier bereits mehrfach gesagt wurde, ist ja der Preis für die allermeisten Cru Bourgeois oder viele kleinere Weine am rechten Ufer in etwa gleich zum Vorjahr und auf dem Teppich geblieben (+ oder - 10 bis 20% sind ja auch kein Riesenbetrag bei 10 bis 20 Euro). Trotzdem neige auch ich oft dazu, meinen Rochus auf die Großen pauschal anzuwenden.

Hier übrigens noch eine ziemlich langweilige Analyse von James Molesworth vom Wine Spectator: http://www.winespectator.com/webfeature/show/id/45322
Zuletzt geändert von octopussy am Do 30. Jun 2011, 18:37, insgesamt 1-mal geändert.
Beste Grüße, Stephan
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UlliB
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Re: BORDEAUX 2010 - Aktuelles zur Primeurkampagne

Beitrag von UlliB »

@Wolf
Ich dachte, innerhalb eines Kartells tut man sich gegenseitig nichts? - Vielleicht habe ich da auch nur was falsch verstanden.

@octopussy
Alles völlig richtig. Aber auch alles nicht neu. Wahrscheinlich hat's früher nur keiner groß zur Kenntnis genommen, weil man die Preise noch bezahlen konnte.

Was übrigens die hier immer wieder angemahnte Transparenz betrifft: schön und gut, aber wo gibt's denn die bitte schön? Weiß man in anderen Branchen, welche Mengen hergestellt und tatsächlich verkauft werden? Wie viele von seinen blöden Taschen macht Louis Vuitton, wie viele davon werden wohin verkauft, und zu welchem Preis? Und wer könnte irgendwelche Behauptungen darüber wirksam kontrollieren?

Dito mit vielen, vielen anderen teuren Waren. Transparenz null. Warum sollte es sie auch geben? Sie liegt weder im Interesse des Handels noch des Erzeugers.

Der Handel mit Bordeaux ist nicht der Handel mit Namensaktien an einer regulierten Börse.

Gruß
Ulli
Bordeaux
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Re: BORDEAUX 2010 - Aktuelles zur Primeurkampagne

Beitrag von Bordeaux »

UlliB hat geschrieben:
Was übrigens die hier immer wieder angemahnte Transparenz betrifft: schön und gut, aber wo gibt's denn die bitte schön? Weiß man in anderen Branchen, welche Mengen hergestellt und tatsächlich verkauft werden? Wie viele von seinen blöden Taschen macht Louis Vuitton, wie viele davon werden wohin verkauft, und zu welchem Preis? Und wer könnte irgendwelche Behauptungen darüber wirksam kontrollieren?

Dito mit vielen, vielen anderen teuren Waren. Transparenz null. Warum sollte es sie auch geben? Sie liegt weder im Interesse des Handels noch des Erzeugers.

Der Handel mit Bordeaux ist nicht der Handel mit Namensaktien an einer regulierten Börse.

Gruß
Ulli
Hallo Ulli

Die Menge eines begehrten Bordeaux Weines lässt sich jedoch nicht entsprechend der Nachfrage vergrössern, ganz im Gegensatz von den Dir zitierten 'industriellen' Luxusgütern :D
Die 'sehr einfachen' Bordaux-Winzer kämpfen meines Wissens jedoch nach wie vor ums nackte überleben :(
Ist irgendwie doch etwas schizophren wenn für 1 Fl. Lafite das Mehrfache eines Tonneau (900 Liter) eines einfachen Bordeaux bezahlt werden.
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innauen
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Re: BORDEAUX 2010 - Aktuelles zur Primeurkampagne

Beitrag von innauen »

@Ulli. Die Händler und Negos sind aber nicht Teil des Kartells. Die Preise machen die Chateau unter sich aus.

@octopussy. Wie Du denke ich, dass es eine reale Gefahr gibt, dass BDX das neue Synonym für teuer wird. Es kann aber umgekehrt auch helfen, den Glanz der Marke auf die kleinen Chateaus zu werfen. Da Die Zahl der Winzer in BDX aber schon sehr zurückgegangen ist, fürchte ich, dass mehr Schatten als Licht auf die Kleinen kommt.

@bordeaux. Die grossen Terroirs haben aber gerade links und gerade im Klimawandel offenkundig einen Vorteil.

Grüsse,

Wolf
„Es war viel mehr.“

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Bordeaux
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Re: BORDEAUX 2010 - Aktuelles zur Primeurkampagne

Beitrag von Bordeaux »

innauen hat geschrieben:@Ulli. Die Händler und Negos sind aber nicht Teil des Kartells. Die Preise machen die Chateausnunter sich aus.

Grüsse,

Wolf
Hallo,

Ob effektive Preisabsprachen im Sinne eines Kartells stattfinden wäre wohl erst noch zu beweisen... :D
Negociants und Händler scheinen mir jedoch auch nicht per se absolut 'unbefleckte weisse Schafe' zu sein. wie kommt es sonst, dass kurz nach dem Release der ersten Tranche von Lafite der Preis 'am Markt Bordeaux' schon wesentlich höher liegt als die ursprünglichen € 600,00, da wird doch wohl 'hin- und hergeschoben wie auf einem orientalischen Bazzar' :D Sind dann wohl auch noch sogenannte Brokers mit dabei.

Gruss
Bordeaux
Bottlebinder
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Re: BORDEAUX 2010 - Aktuelles zur Primeurkampagne

Beitrag von Bottlebinder »

Ingo hat geschrieben:
Bottlebinder hat geschrieben:Der gesunde Menschenverstand lässt alles andere als große Überraschung erscheinen.
Gesunden Menschenverstand besitze ich genug, denke ich, um die Aussage Latours einordnen und würdigen zu können.

@Latour: Ich hatte vermutet, dass viele Flaschen in den asiatischen Raum gehen von dem, was sich hier nicht absetzen lässt.
Lieber Ingo,

da Du Deine Frage im öffentlichen Forum gestellt hast, darf Dich eine Antwort eines Nichtdirektgefragten nicht wirklich überraschen. Aber meine Antwort sollte Dich keinesfalls verletzen und wenn sie falsch angekommen ist, entschuldige ich mich für das Missverständnis. ;) Vielmehr wollte ich einen Seitenhieb an die Chateaus abgeben, auch wenn die das wahrscheinlich nicht zur Kenntnis nehmen. Im übrigen ist hier jede Prognose Glaubenssache. Dass Dein Blick auf den internationalen Gesamtmarkt gerichtet war, dachte ich mir.
Grüße
Mathias
Bottlebinder
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Re: BORDEAUX 2010 - Aktuelles zur Primeurkampagne

Beitrag von Bottlebinder »

Bordeaux hat geschrieben:
innauen hat geschrieben:@Ulli. Die Händler und Negos sind aber nicht Teil des Kartells. Die Preise machen die Chateausnunter sich aus.

Grüsse,

Wolf
Hallo,

Ob effektive Preisabsprachen im Sinne eines Kartells stattfinden wäre wohl erst noch zu beweisen... :D
Negociants und Händler scheinen mir jedoch auch nicht per se absolut 'unbefleckte weisse Schafe' zu sein. wie kommt es sonst, dass kurz nach dem Release der ersten Tranche von Lafite der Preis 'am Markt Bordeaux' schon wesentlich höher liegt als die ursprünglichen € 600,00, da wird doch wohl 'hin- und hergeschoben wie auf einem orientalischen Bazzar' :D Sind dann wohl auch noch sogenannte Brokers mit dabei.

Gruss
Bordeaux
Absprachen zu beweisen, dürfte schwerfallen. Es ist auch keinem verboten, nicht alles, was er gebunkert hat, auf den Markt zu bringen oder sogar nichts zu verkaufen.

Aber das europäische Kartellrecht sieht bereits ein Verbot für

"aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecken oder bewirken, insbesondere

a) die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen;

b) die Einschränkung oder Kontrolle der Erzeugung, des Absatzes, ...;

c) die Aufteilung der Märkte ...;

...

e) die an den Abschluss von Verträgen geknüpfte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen." ( http://www.aeuv.de/aeuv/dritter-teil/ti ... t-101.html )

vor. Und zumindest ein aufeinander abgestimmtes Verhalten dürfte hier nachweisbar sein, wenn man die Spitzen-Chateaus betrachtet.

Boromir hat übrigens auf taw die cellartrackerbestände vor einem Jahr und heute als Maß herangezogen, sehr interessant:

"Wie sagt man "Glauben kann Berge versetzen"
2008,2009 und vielleicht 2010 werden warscheinlich interessant,bei französischen Supermärkten,zu beobachten sein.
cellartrackerbestände vor einem Jahr und heute.
vom 2009 damals 414 Weine 24749 bottles
heute vom 2009 1359 Weine 166777 bottles
Vom 2008 damals 630 Weine und 65969 bottles.
Heute vom 2008 1403 Weine 111194 bottles.
2007 damals 1074 Weine 29006 bottles
Heute vom 2007 1864 Weine 59834 bottles
2006 damals 2099 Weine 98401 bottles
heute vom 2006 2722 Weine 148788 bottles
vom 2005 damals 3843 Weine 491661 bottles.
Heute vom 2005 4343 weine 599666 bottles.
beim 2010 hat es heute 345 Weine 21655 bottles.

Was die Aussage ist?Dass was man hinein interpretieren will.
Musste nur die Zahlen endlich mal loswerden."

Danke Boromir. Daraus kann man durchaus interessante Schlüsse ziehen.
Grüße
Mathias
RWF
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Re: BORDEAUX 2010 - Aktuelles zur Primeurkampagne

Beitrag von RWF »

Latour hat geschrieben:
Ingo hat geschrieben:@Latour: Ich hatte vermutet, dass viele Flaschen in den asiatischen Raum gehen von dem, was sich hier nicht absetzen lässt.
Ja, darauf hoffen sie, unser bordelaiser Gierschlunde ;) Vielleicht sind deswegen einige offensichtlich
auch gar nicht scharf darauf, viel per Subs zu verkaufen. Sei es, weil sie ohnehin nur viel kleinere Mengen
als früher anbieten, was die Preise stützt und/oder weil die Preise prohibitiv hoch festgelegt wurden
.

Vielleicht geht die Spekulation auf, dann haben sie alles richtig gemacht. Aber, ob das so vielen gelingt :?:

Hallo Latour
Hier noch eine ähnliche Einschätzung aus dem US-Forum von G. L.-Schwarz "... the Chateaux can go on with this for many years, as long as they have the storage facility. While the market price may be 200-400+ or even 1,000 Euro per bottle, at the Chateau, they own it for book value or production cost, which is no more than 15 Euro, so if you sell only 30% of your production at 600 Euro per bottle (from a production of about 18,000 cases), the remaining 70% are completely free of charge" und weiter "as you have already paid the full production and storage costs for years to come and many times over...and there's plenty of money to pay for years of vintages to come, no problem" und weiter "...this computes at around the same for all the top wines ...."

Grüsse
RWF
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