Bordeaux 2022

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UlliB
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Re: Bordeaux 2022

Beitrag von UlliB »

amateur des vins hat geschrieben: So 4. Mai 2025, 16:07 Gruaud Larose 2022

Ganz offensichtlich versucht man bei Larosens am Image zu feilen: Das Etikett ist deutlich modernisiert, und der Flaschenhals ist mit Wachs zugekleckert.
Dass man bei Gruaud Larose plötzlich ambitioniert geworden ist, sieht man nicht nur am Etikett und am Wachs, sondern vor allem auch am Preis. Der 22er kostete en primeur knapp 100 Euro, das ist schon ein echtes Statement.

Ich habe es schon mehrfach geschrieben: Gruaud Larose gehörte in 80ern zu den absoluten Top-Betrieben im Médoc und hat mit dem 82er und dem 86er veritable Legenden geschaffen, die aus gut gelagerten Flaschen auch heute noch beeindrucken. Das Potential ist ganz sicher vorhanden, nur hat man es rätselhafterweise über drei Jahrzehnte hinweg nicht konsequent genutzt. Meine Begnungen mit GL aus dem Zeitraum von 1990 bis 2020 hinterließen den Eindruck, dass man da nicht so recht wusste, wo man denn hinwill. Mal wirklich gut, mal gemessen am Klassifikationsstatus im Jahrgangskontext belanglos, mal auch richtig schwach.

Für mich hört sich deine Notiz gut an. Brachiale, etwas rustikale Struktur bei ansonsten lediglich mittelgewichtigem Körper erinnert tatsächlich an die großen alten GL im Jungweinstadium. Das macht auf jeden Fall neugierig.

Gruß
Ulli
amateur des vins
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Re: Bordeaux 2022

Beitrag von amateur des vins »

Gruaud war einer der ersten guten Bordeaux für mich. Der erste war 85 iirc. 09 fand ich dann nach mäßigem Intermezzo richtig klasse, und ich dachte, das neue Team hat's im Griff. Wurde dann aber in den Folgejahren nicht bestätigt. 22 jetzt ist stilistisch ein ganz anderer Schnack als der sehr charmante 09er.
Besten Gruß, Karsten
bergerOUS
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Re: Bordeaux 2022

Beitrag von bergerOUS »

amateur des vins hat geschrieben: So 4. Mai 2025, 16:07 "Opferflasche" vor ein paar Tagen:

Gruaud Larose 2022
...
In der Nase habe ich Cassis und Schwarze Johannisbeeren, Tonnen davon. ...
Wäre bitte jemand so freundlich und erklärt mir den Unterschied zwischen Cassis und schwarzer Johannisbeere. Das Hähne in Frankreich nicht kikeriki rufen ist mir schon aufgefallen, aber das Johannisbeeren anders riechen wäre mir neu.
als erstes Wunder verwandelte Jesus Wasser in Wein - na das nenne ich mal einen lebensfrohen Gott
amateur des vins
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Re: Bordeaux 2022

Beitrag von amateur des vins »

bergerOUS hat geschrieben: Mo 5. Mai 2025, 07:46
amateur des vins hat geschrieben: So 4. Mai 2025, 16:07 "Opferflasche" vor ein paar Tagen:

Gruaud Larose 2022
...
In der Nase habe ich Cassis und Schwarze Johannisbeeren, Tonnen davon. ...
Wäre bitte jemand so freundlich und erklärt mir den Unterschied zwischen Cassis und schwarzer Johannisbeere. Das Hähne in Frankreich nicht kikeriki rufen ist mir schon aufgefallen, aber das Johannisbeeren anders riechen wäre mir neu.
Touché, und danke für die Korrektur!
Bei mir hatte sich die irrige Annahme verfestigt, Cassis sei die Zubereitung aus der Frucht (ich dachte speziell an Fruchtaufstrich), die für mich tatsächlch signifikant anders schmeckt, als die Frucht frisch vom Strauch. Vielleicht hat mein Unterbewußtsein auch Crème de Cassis mitverwurschtet, obwohl ich mich an nichts Likörhaftes am Wein erinnern kann.

Encore une bonne leçon, merci !
Besten Gruß, Karsten
bergerOUS
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Re: Bordeaux 2022

Beitrag von bergerOUS »

amateur des vins hat geschrieben: Mo 5. Mai 2025, 09:41 ...(ich dachte speziell an Fruchtaufstrich), die für mich tatsächlch signifikant anders schmeckt...
Da stimme ich Dir zu - verarbeitetes Obst schmeckt eigentlich immer anders als die rohe Frucht - Likörnoten habe ich schon im Wein geschmeckt auch ohne die likörtypische Süße. Herzlichen Dank für die Aufklärung.
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Ollie
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Re: Bordeaux 2022

Beitrag von Ollie »

Zaccetti hat geschrieben: Di 8. Apr 2025, 18:43 Die Reserve Comtesse war super – von allem ein bisschen weniger als der Große, dafür jetzt schon ungemein trinkfreudig. Für 45.- eine absolute Kaufempfehlung in diesem Preissegment.
Zaccetti hat geschrieben: Do 28. Nov 2024, 10:21 Château Haut-Bages Libéral

Uuf da kommt ein Leder duft hoch mit schöner Fruchtnote, herrlich. Im Gaumen dann bisschen wild (schwer zu beschreiben) die Säure packt dann in der Mitte zu. Die Frucht ist da, er ist jedoch keine wilde Fruchtbombe, dazwischen kommt immer wieder der Ledergeschmack.
Das Holz versteckt sich bisschen, der Holzeinsatz war anscheinend eher zurückhaltend (Was ich klasse finde).
Es gab schon prägendere Jungweinerlebnise aber er gefällt mir trotzdem sehr gut, nichts überragt, bin auf die Zukunft sehr gespannt. Müsste ich Punkte geben wäre ich so bei 92.
Hatte neulich die Konterflasche Haut Bages Libéral, und die war signifkant besser als der erste Versuch aus der beschädigten Lieferung. Ich fand den Wein sehr, sehr hübsch und würde ihm auch 92 geben, mit einem "+" wegen der herrlichen Süffigkeit.

Du hattest den HBL ja auch, Zaccetti, und dir hat er auch sehr gut gefallen, deswegen die Frage: Wie siehst du ihn im "direkten (Fern)Vergleich" zur Comtesse Reserve?

Cheers,
Ollie
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Zaccetti
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Re: Bordeaux 2022

Beitrag von Zaccetti »

Hey Ollie, das ist gar nicht so einfach hier eine Aussage zu machen. Bei HBL war es immerhin eine Flasche und bei der kleinen Comtesse nur zwei "probiererle" ABER an der Arrivage Degu hatte ich den HBL und die kleine Comtesse kurz nacheinander, was die genauen Unterschiede sind kann ich dir jetzt nicht mehr sagen, für das schreib ich mir meine Eindrücke zu wenig akribisch nieder.
Was ich jedoch sagen kann ist das ich die Reserve ein hauch frischer und noch trinkfreudiger finde, ich würde die Reserve dem HBL vorziehen, ich war aber der Reserve auch wirklich sehr angetan :oops:
Ein direkten Vergleich werde ich aber definitiv noch im Juni machen (die Lieferung der Reserve sollte nächste Woche kommen)

Nachtrag: Der HBL hat vielleicht bisschen mehr mit Pauillac zu tun wie die Reserve aber wie gesagt, unglaublich schwierig. Jetzt freue ich mich auf die Gegenüberstellung
Ollie
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Re: Bordeaux 2022

Beitrag von Ollie »

Super, danke für diese interessante Einschätzug! Auf das Resultat deines Vergleiches bin ich sehr gespannt!

Ich kenne die Reserve ja nun gar nicht, aber HBL fand ich auch sehr "atypisch Pauillac", nicht nur wegen des Kalksteineinflusses, sondern auch, weil die Tannin-Struktur eher St-Julien-esk wirkt. (Meine allererste Assoziation mit dem HBL war sogar "Brunello", wenn auch natürlich sehr viel körperreicher und auf die schwarzblaue Frucht gestellt. Aber dieser Säurefaden, der sich durch den Wein zieht, ist schon sehr sexy.) Ich finde den 2022er auch sehr viel angenehmer (weil süffiger) als den 2019er mit 14.5 Vol%.

Na, mal schauen, vielleicht gönne ich mir mal die Probe-Reserve, aber erst muss ich mich durch die Cabernet-lastigen Vertreter probieren. :mrgreen:

Cheers,
Ollie
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Charmail
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Re: Bordeaux 2022

Beitrag von Charmail »

Le Carmes Haut Brion 2022frisch auf direkt ins Glas, startete er relativ verhalten, etwas kantig und unrund. Von den Aromen her dunkle Früchte, Kirsche und Brombeere, etwas Flieder und Lakritze, kräutrig, würzig, Pfeffer, Menthol. Im Mund mit kühler Anmutung, sehr rein, dicht und elegant. Mittlere Säure und Intensität, Länge im Moment ebenfalls eher mittel. Im Mund fühlt sich das schon alles recht nobel an aber so richtig in Fahrt kommen wollte er selbst nach 2 Stunden Luft nicht. Anlagen sind auf jeden Fall vorhanden, der hohe CF Anteil macht ihn natürlich für einen linksufrigen Wein schon besonders, deshalb kann man ihn auch schlecht vergleichen. Am zweiten Tag hat sich der Wein für meinen Geschmack leider verschlossen und hat noch weniger performt.
Schlussendlich kann ich sagen, dass die große Euphorie ausblieb, weit weg von 100 Punkten, wenn ich ihn für diese Momentaufnahme bewerten müsste, dann würde ich ihm wohlwollende 94+ geben.

Ich hoffe, dass die nächste Begegnung mehr Euphorie versprüht.
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Jochen R.
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Re: Bordeaux 2022

Beitrag von Jochen R. »

Hallo Steffen,
was hat dir denn aus ´22 im eher unteren bis Mittelklassebereich bisher besonders gefallen?

Viele Grüße,
Jochen
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