letzten Samstag konnte ich an einer monumentalen 82er Bordeauxprobe beim hiesigen Weindealer (Sebastian Schütz -Rotweissrose) teilnehmen, die es sicherlich in dieser Breite und Qualität nicht mehr so oft geben wird. Zu dieser exklusiven Weinprobe sind auch Weinbegeisterte aus Dortmund, Regensburg und Passau extra angereist... und keiner hat es bereuen müssen, zumal sich im Deutschen Classico Bayern und Dortmund schiedlich friedlich remis getrennt haben. Doch nun zu diesem Abend, der sicherlich noch lange nachwirken wird


Zur Begrüssung gab es den Cuis 1er Cru Brut von Pierre Gimonnet, einen knackigen und glasklaren Chardonnay-Schäumer, der perfekt zu den Schnittchen mit hausgebeiztem Lachs passte. Auf die ebenfalls angebotenen Austern habe ich gerne verzichtet, das ist so nicht ganz mein Fall.
Nachdem dann alle Platz genommen hatten, gab es zunächst zum Eintrinken den ersten 82er, der aber ein Piemonteser war. Der 1982er Barolo Vigna Delizia der relativ unbekannten Cantina de la Porta rossa war aber durchaus noch auf der Höhe. Etwas Tabak, Leder, sogar noch dezente Rotfrucht und kaum Liebstöckel oder Oxidation, ein erstaunlich guter Barolo von einem No-Name-Erzeuger.
Dann begann die eigentliche Probe, wobei immer paarweise probiert wurde. Die Weinreise startete am "rechten" Ufer, danach wurde das Medoc von Nord nach Süd abgegrast.
Das erste Paar: 1982er Trotanoy vs. Vieux Chateau Certan
Wow, der Trotanoy lieferte so was von ab: traumhafte Nase, ein Merlot- betontes Eleganzmonster, feinster Tabak, Graphit, satte Dunkelfrucht, am Gaumen glatt wie Ebenholz, Tannin fast komplett abgeschmolzen, zarte Extraktsüsse, ohne jegliche Ecke oder Kante, alles ist am rechten Platz, ein Gaumenschmeichler mit Klasse, Hedonismus pur, langer retronasaler Abgang. Ohne wenn und aber ein großer Wein. Besser wird er wohl nicht mehr, aber in dieser Flaschenverfassung könnte er sich ohne Qualitätsabfall noch einige Jahre halten. Das war schon einmal ein Hammer-Einstieg !
Der Vieux Chateau Certan ist trotz identischer Appellation von völlig anderer Stilistik. Hier macht sich der Cabernet-Anteil deutlich bemerkbar. Anfangs ein kleiner "Altersmuff", der aber mit Lufteinfluss fast völlig verschwand. Im Gegensatz zu Trotanoy ist das kein Schmeichler. In der Nase Cassis, Brombeere, Tabak und Leder, er wirkt viel straffer und kühler, am Gaumen noch Tanninreste, saftige Säure, etwas ätherisch, weniger extraktsüss, mittellanger Abgang. Ein sicherlich sehr guter Wein, gegen den Trotanoy war er aber chancenlos.
Von Pomerol ging es dann zu St. Emilion mit folgendem Paar:
1982er Cheval blanc vs. 1982er Figeac
Ein spannender Vergleich, da beide deutliche Cabernet-Anteile aufweisen.
Sind wir mit dem ersten Wein im Burgund? Man könnte es fast glauben, denn der Cheval blanc ist voll auf Eleganz getrimmt, zarte Bret-Note, Tabak, Kirsche, Brombeere, absolut kein vordergründiger Wein, am Gaumen etwas extraktsüss, saftige Säure, die dem Wein viel Zug gibt, abgeschmolzenes Tannin, kein Blockbuster, sondern ein feiner Bordeaux, der mit Lufteinfluss sogar noch aufblühte. Diesen großartigen Bordeaux in eleganter Stilistik kann man sehr leicht unterschätzen.
Der Figeac ist völlig anders geartet. Auch hier in der Nase zunächst ein leicht gruftiger Ton, der mit Luft besser wurde und am Gaumen keine Rolle spielte. Voll auf der Cabernet-Seite, Cassis, Brombeere, straff, gute Extraktsüsse, das Tannin etwas rustikal, ganz dezente, aber nicht unangenehme grüne Noten, der Wein scheint noch Reserven zu haben, da ihm die Luft sehr gutgetan hat, mittellanger Abgang. Sehr schöne Rustikalität auf hohem Niveau. Für einige war dies im Flight der Favorit, die Mehrheit bevorzugte aber den Cheval blanc, meine Wenigkeit eingeschlossen.
Nun ging es auf das "linke" Ufer mit 3 Weinen aus dem Haut-Medoc:
1982er Pichon , heute Clement-Pichon vs. 1982er Lachesnay vs. La Lagune
Somit 2 weniger bekannte Chateaux gegen einen Cru Classe.
Der Pichon war eine echte Überraschung: ganz klassische Nase mit etwas Bret, Tabak, Leder, am Gaumen noch etwas rustikales Tannin, aber durchaus mit Extrakt, intakte Dunkelfrucht, etwas Kräuter, saftige Länge. Das ist ein richtig guter Bordeaux alter Schule mit hohem Spassfaktor, den man sicherlich irgendwo noch für kleines Geld nachkaufen kann. Ob er natürlich aus einem ebenso perfekten Keller stammt, kann man natürlich nicht wissen.
Der Lachesnay macht da genauso weiter: sehr klassisch, Tabak, Graphit, Zedernholz, Cassis, saftige Säure, nicht die ganz feine Klinge, aber trotz etwas rustikalem Tannin ein ungeheuer stimmiger Wein, den man gerne in seinem Keller hätte.
Der La Lagune ist da schon etwas eleganter: in der Nase Brombeere, Craneberries, zarter Holzeinfluss, zart würzig, kein Blockbuster, feinkörniges Tannin, gute Länge. Sehr gut, aber sicherlich kein ganz großer 82er.
Jetzt geht aber die Post ab, denn jetzt kommt 4x Pauillac vom Feinsten:
Zunächst 82er Lynch Bages vs. 82er Mouton-Rothschild
derLynch-Bages haut gleichen einen raus, wow, Hedonismus auf höchstem Niveau. Der Wein hat viel zu bieten, und das zeigt er schonungslos

Der Mouton ist hierdoch deutlich reservierter, aber wenn man diesem eleganten Wein "zuhört", merkt man sofort die grosse Klasse dieser "Legende". Feine, sanft wirkende Nase, sehr würzig, etwas Kaffee, Zedernholz, sehr hintergründig, noch dezentes, feinkörniges Tannin, sanfte Säure, feine Dunkelfrucht, elegant, alles passt zusammen, komplex, der Wein gewinnt mit Luft, sehr feine retronasale Länge. Mit diesem Wein hätte ich mich gerne noch länger beschäftigt. Urgewalt gegen Finesse, toller Flight, schwierige Entscheidung. Ich nehm sie halt beide !!
Jetzt kam der absolute "Königs-Flight", was sich auch voll bestätigte. Beide Flaschen waren im Top-Zustand und einfach traumhaft. Ich habe mich einfach weggebeamt und völlig in mich versunken beide Weine hin und her probiert. Es war auch etwas mehr Zeit, da nach diesen Weinen das Essen gereicht wurde.
1982er Lafite vs. 1982er Latour
Puh, das ist ja schon in der Nase die schiere Perfektion, wie in Stein gemeisselt bringt der Lafite eine nicht zu überbietende Eleganz und Finesse, ohne dass es diesem Wein an Fleisch und Körper mangelt, ganz klassische Nase mit Tabak, feinstes Leder, Zedernholz, zarte, aber dichte Dunkelfrucht, elegante Extraktsüsse, feine Säure, extrem feinkörniges Tannin, superelegant und finessenreich, retronasal unheimlich lang. Ein echtes Kunstwerk, wie von einem Spitzenkoch komponiert. Hier stimmt einfach alles !! Ganz, ganz großer Wein !!
Geht das jetzt schon wieder so weiter ? Die Nase ist der Hammer !! Eine Orgie an Gewürzen und Frucht, aber alles sehr hintergründig verpackt. Feinster Havanna-Tabak, feinster Cabernet, Cassis, Brombeere, sehr tief in der Frucht, aber in keiner Weise plakativ, der Wein gewinnt mit Luft immer mehr, der Wein ist eigentlich noch zu jung, so verrückt das nach 42 Jahren Reifung klingt, feinkörniges Tannin, am Gaumen fast noch jugendlich !!,dichte Dunkelfrucht, eine Eisenfaust im Samthandschuh, viel Extrakt, mineralisch, etwas nussig, sehr komplex, unheimliche Länge. Wow, was für ein großartiger Wein, der noch ganz am Anfang steht und in 10 oder 20 Jahren wahrscheinlich 110 Punkte bekommt



Ganz, ganz großes Kino111
Danach gab es ein Salatbouquet mit leckerem, hausgemachten Boeuf Bourgignon. Sehr lecker, jeder hat hier einen Nachschlag eingefordert. Zu diesem Essen gab es in der Doppelmagnum den 1996er Chateau d'Issan, den man in großen Schlucken geniessen konnte. Mit den beiden Vorgänger konnte der naturgemäß nicht mithalten, aber es bleibt ein sehr guter Bordeaux, der das Essen gut begleitete.
Fortsetzung folgt morgen mit 2x Saint Julien, 2x Margaux und dem Premier aus Graves sowie d`Yquem und Vintage-Port zum Nachtisch!
LG
Bodo