Bordeaux 1996

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pessac-léognan
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Re: Bordeaux 1996

Beitrag von pessac-léognan »

Lars Dragl hat geschrieben:Hallo!

Ch. Branair (Duluc-Ducru) 1996
... einen guten St. Julien [...] erinnert aber daran, dass früher auch nicht alles besser war.
Herzliche Grüße
Lars
Danke, Lars, für den Saint-Julien-Kontrapunkt!
Jochen, gut lesen, und dich mit einem Hauch Akazienhonig auf Holunderbett anfreunden... :oops:
Pardon
Schöne Altjahrswoche allerseits
Jean
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weingollum33
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Re: Bordeaux 1996

Beitrag von weingollum33 »

Neulich im Glas
Gruaud Larose 1996
Meine zweite und letzte Flasche – die erste Begegnung liegt gut sieben Jahre zurück und war eher enttäuschend (da ziemlich verschlossen). Ein Blick auf die Notizen bei Cellartracker wies daraufhin, dass einige Verkoster Flaschen hatten, die bereits auf den Beginn des Niedergangs hindeuteten.
Also – Korken raus!! PnP - nach dem Öffnen mit erster Luft überwiegen die noch etwas zupackenden Gerbstoffe und Holzfassnoten im Mund. Mit zunehmender Zeit kommt jedoch die Frucht zum Vorschein. In der Nase Pflaumen, dunkle Beeren und etwas Waldboden. Am Gaumen mittlerer bis voller Körper, gute Länge - Harmonie und Eleganz nehmen mit der Zeit zu - schwarze Johannisbeeren, wieder feuchter Waldboden und auch etwas Jod unterlegt mit mineralischen Noten und einem Hauch bestens eingebundenem Neuholz. Gefällt mir gut – sicherlich keine moderne oder gar fruchtbetonte Stilistik. Ich kann auch keinen Vergleich zu den Weinen aus den (glorreichen) achtziger Jahren des Weinguts ziehen, da ich diese nicht im Glas hatte. Spaß macht der Wein aber durchaus! Und vor allem das letzte Glas am Folgetag war eindeutig das Beste. Die Komponenten sind endgültig zu einer Einheit verschmolzen. Ein wenig erinnert mich die Stilistik an die Meyney-Weine Mitte der neunziger Jahre (damals ebenfalls Cordier) nur langlebiger, komplexer, etwas besser ausbalanciert und am Ende ein kompletteres Endprodukt. Ich habe nicht die ganz großen Namen in 1996 getrunken – zumindest Pichon Baron und Pontet Canet habe ich beide im Glas gehabt und beide spielen schon noch eine Liga höher. Dennoch gefällt mir der Wein gut und er ist mE besser als sein Ruf! Sollte gemäß dieser Flasche für weitere 5 bis 10 Jahre Freude machen – zumindest dem, der die Stilistik mag! Ein Wein, der - frisch geöffnet - immer noch einem Rumpsteak locker Paroli bietet – dürfte deshalb mE auch zum Essen besser performen als die Darbietung als einsamer Solist vor dem Kamin!
Gruß Tobias
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Dominik Mueller
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Re: Bordeaux 1996

Beitrag von Dominik Mueller »

Ein weißer 96er, zu spät getrunken.

1996 Château de Fieuzal Blanc
Blass bernsteinfarben. Zurückhaltende Frucht in der Nase, etwas Litschi, Physalis und Limettenzesten. Andeutungen von Grüntönen, Gras. Im Hintergrund florale Anklänge. Aber es sind zweifellos die sekundären und tertiären Aromen, die den Wein jetzt tragen: Buttrige und kremige Noten, Nüsse und Bienenwachs anstelle von frischem Honig dominieren den Eindruck in der Nase. Es gibt auch Nuancen von Aldehyden, die an Sherry erinnern. Im Mund ein schlanker Körper mit mittlerem Alkoholgehalt. Der Säuregehalt ist ausgeprägt. Der Geschmack ist etwas fade. Etwas getrocknete Zitrusfrüchte, Lychee und Paprika. Im Abgang salzig, wobei die Säure die müden Fruchtaromen im Nachgeschmack überdeckt. Ein entwickelter Bordeaux Blanc, wohl kaum gemacht, um zu diesem späten Zeitpunkt getrunken zu werden.
JPO
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Re: Bordeaux 1996

Beitrag von JPO »

ich kann mich noch an Deinen Post von vor ein paar Wochen erinnern. Mit einem DdC wäre das nicht passiert :roll: Für mich wars das mit Fieusal, ich kauf die nicht nochmal. Ich habe letztes jahr eine 6er-Kiste DdC 2022 subskribiert, und die nächsten 10 Jahre wird mich der 2015Jahrgang begleiten - jedes Jahr 1 Flasche, dann erst werde ich 2022 öffnen.
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Dominik Mueller
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Re: Bordeaux 1996

Beitrag von Dominik Mueller »

Da erinnerst du dich gut und richtig ;) Nach Verkostung der zweiten Flasche bin ich mir heute auch sicher, dass meine erste Bewertung aus Anfang 2023 zu großzügig war. Mea culpa. Zu Fieuzal Blanc aus anderen Jahrgängen kann ich nichts sagen, aber der 96er ist wohl schon länger drüber - wenn auch nicht komplett tot, da hatte ich deutlich Schlimmeres im Glas gehabt, das soll aber bitte nicht der Maßstab sein.
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thvins
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Re: Bordeaux 1996

Beitrag von thvins »

weingollum33 hat geschrieben: Do 7. Mär 2024, 15:16 Neulich im Glas
Gruaud Larose 1996
Meine zweite und letzte Flasche – die erste Begegnung liegt gut sieben Jahre zurück und war eher enttäuschend (da ziemlich verschlossen). Ein Blick auf die Notizen bei Cellartracker wies daraufhin, dass einige Verkoster Flaschen hatten, die bereits auf den Beginn des Niedergangs hindeuteten.
Also – Korken raus!! PnP - nach dem Öffnen mit erster Luft überwiegen die noch etwas zupackenden Gerbstoffe und Holzfassnoten im Mund. Mit zunehmender Zeit kommt jedoch die Frucht zum Vorschein. In der Nase Pflaumen, dunkle Beeren und etwas Waldboden. Am Gaumen mittlerer bis voller Körper, gute Länge - Harmonie und Eleganz nehmen mit der Zeit zu - schwarze Johannisbeeren, wieder feuchter Waldboden und auch etwas Jod unterlegt mit mineralischen Noten und einem Hauch bestens eingebundenem Neuholz. Gefällt mir gut – sicherlich keine moderne oder gar fruchtbetonte Stilistik. Ich kann auch keinen Vergleich zu den Weinen aus den (glorreichen) achtziger Jahren des Weinguts ziehen, da ich diese nicht im Glas hatte. Spaß macht der Wein aber durchaus! Und vor allem das letzte Glas am Folgetag war eindeutig das Beste. Die Komponenten sind endgültig zu einer Einheit verschmolzen. Ein wenig erinnert mich die Stilistik an die Meyney-Weine Mitte der neunziger Jahre (damals ebenfalls Cordier) nur langlebiger, komplexer, etwas besser ausbalanciert und am Ende ein kompletteres Endprodukt. Ich habe nicht die ganz großen Namen in 1996 getrunken – zumindest Pichon Baron und Pontet Canet habe ich beide im Glas gehabt und beide spielen schon noch eine Liga höher. Dennoch gefällt mir der Wein gut und er ist mE besser als sein Ruf! Sollte gemäß dieser Flasche für weitere 5 bis 10 Jahre Freude machen – zumindest dem, der die Stilistik mag! Ein Wein, der - frisch geöffnet - immer noch einem Rumpsteak locker Paroli bietet – dürfte deshalb mE auch zum Essen besser performen als die Darbietung als einsamer Solist vor dem Kamin!
Gruß Tobias
Nachdem der 2005er mir auch von allem etwas zu wenig bot - gemessen am Preis vor allem, hatte ich dann gestern gleich meine Flasche Gruaud Larose 1996 aufgezogen (sollte auch eher wohl meine letzte davon sein, ursprünglich neben anderen 1996ern auf "2026 trinken" geschrieben. Aber ich muss ja gesundheitsbedingt zusehen, derartiges vielleicht doch schneller der Bestimmung - Trinken - zuzuführen...)

Ich kann die Beschreibung auch gut nachvollziehen, der Wein machte mir durchaus den erhofften Trinkspaß - sowohl zum Steak wie auch danach, ich fand auch eine ganz kleine noble Ledernote neben der Frucht und dem herbstlichen Waldboden. Bereits an der Nase kündigte sich ein reifer und komplexer Wein an, der Gaumen bestätigte das dann und der Wein blieb zum Glück bis zum Schluss stabil schön zu trinken. Auf meiner Skala damit ein Großer Wein mit 95/100 Th. Aber ich erwarte bei den anderen Kandidaten in der Warteschleife auch doch noch ein wenig mehr. Mal schauen, wann es mal wieder klappt mit Bordeaux und mir. Jetzt muss ich aber erst mal wieder einige spannende Priorat und Montsant - Weine "verarbeiten". Erst mal blind natürlich. 2021... Und ein paar hübsche Vin Jaunes aus dem Jura wollen auch in die Gläser...
Beste Grüße

Torsten

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weingollum33
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Re: Bordeaux 1996

Beitrag von weingollum33 »

Von der Verkostungsnotiz von Torsten inspiriert kann ich auch noch eine Notiz von einem 96er von Weihnachten nachschieben.

Doch vorerst noch ein paar Worte zum Gruaud Larose. Ich bepunkte meine Weine in der Regel nicht, aber ich hätte diesem Wein vermutlich etwas zurückhaltender Punkte zugesprochen als Torsten - vielleicht 2 bis 3 (Bauchpunkte!) weniger. Der Wein ist aus meiner Sicht excellent. 95 wäre nach meinem Bewertungsverständnis bereits außergewöhnlich. Aber natürlich liegt dies immer im Auge des Betrachters bzw. Verkosters und wir hatten zwar den gleiche Wein aber nicht aus der gleichen Flasche im Glas.

Pontet Canet 1996
Zu Weihnachten habe ich meine letzte Flasche Pontet Canet 1996 geköpft. PnP - der Wein ist sofort da. Eine schöne Nase nach schwarzen Johannisbeeren, etwas Tabak und Waldboden, im Mund mittlerer bis voller Körper schwarze Johannisbeeren, etwas Kirsche, Zigarrenkiste und mineralische Noten.
Die Tannine sind rundgeschliffen und kaum mehr wahrnehmbar. Der Wein ist völlig ausgereift. Trinkt sich schon noch schön, aber im Vergleich zu einer Flasche vor ca. 6 Jahren ist der Spaßfaktor leider dann doch deutlich geringer. Die letzte Flasche hatte Gerbstoffe, Finesse und "Power", Eigenschaften die ich bei dieser Flasche leider vergebens gesucht habe. Nach dieser Flasche - sofern repräsentativ - würde ich zum Austrinken neigen, es sei denn man ist bekennender Altweintrinker. Jetzt deutlich hinter meiner letzten Flasche Gruaud Larose aus 96.
Gruß Tobias
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thvins
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Re: Bordeaux 1996

Beitrag von thvins »

Hallo Tobias,

in dem Falle waren es auch bei mir "nur Bauchpunkte" - den Luxus leiste ich mir inzwischen, wenn ich nicht ernstlich einen Wein bewerten muss (wo dann meist zunächst blind verkostet wird und die Punkte dann auch errechnet werden.)... Bei Bauchpunkten findet dann quasi nur ein Abgleich statt, wo der Wein für mich steht - zwischen welchen anderen Weinen meines "Erfahrungsschatzes". Und ja, meine Flasche verdiente schon das Attribut "groß" im besten Sinne von emotional bewegend und beeindruckend. Der 1996er hatte nicht die Fieberkurve des 2005ers, sondern machte von Beginn bis Ende denselben Spaß. Aber klar, jeder hat sein Schema und man darf nicht vergessen, dass bei einem 29 Jahre alten Wein auch viel Unterschiedlichkeit zwischen den Flaschen bestehen kann. Selbst, wenn beide den Wein seit der Subs stets im eigenen Keller gelagert haben - auch die Kellerbedingungen sind ja unterschiedlich. Wobei ich auch der Meinung bin, dass es bei so vielen Flaschen wie von derartigen Weinen produziert werden, auch ohnehin schon Varianzen geben wird, eher als bei einem Wein, von dem es nur 1 Fass gibt...

Meine Flasche hatte im Übrigen einen wunderbaren Korken, der nur zu 2-3 mm befeuchtet war, insofern vielleicht auch kein Wunder, dass der Wein noch so gut war...
Beste Grüße

Torsten

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Jochen R.
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Re: Bordeaux 1996

Beitrag von Jochen R. »

Smith Haut Lafitte 1996:
Perfekter Füllstand, Korken 2 mm durchsuppt. Ein transparentes Weinrot. Zigarrenkiste, Leder, nasses Laub, Gewürze, eine dezente animalische Note und Sauerkirschen im Hintergrund.
Schlank bis mittelgewichtiger Claret (12,5 %Vol.), Sauerkirschen und Brombeeren, welkes Laub, resche Säure, mit Wohlwollen gerade so mittellang.

Na ja. Ich hatte den Wein schon mal vor 13,5 Jahren aus einer vermutlich schlecht gelagerten Flasche. Diese hier hatte es bei mir deutlich besser - für das Weingut und den Jahrgang ist das aber (wiederholt) schon sehr bescheiden, denn der Wein (aus dieser Flasche) befindet sich auf dem absteigenden Ast. Trotzdem als Essensbegleiter und auch solo für mich mit Spaß zu trinken, 89(-90) P. - wenn´s ein Cru Bourg. für 20 EUR wäre würde ich sagen: toll.

Viele Grüße,
Jochen
"Viele haben eine Meinung, aber keine Ahnung." (Franz Müntefering)
pessac-léognan
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Re: Bordeaux 1996

Beitrag von pessac-léognan »

Auch ich habe die eine oder andere Flasche SHL aus den 90ern als sehr bescheiden in Erinnerung und habe deshalb lange einen Bogen um das Gut gemacht. Als aber dann die VKN der Profis deutlich besser wurden (und wohl auch die Weinbereitung professioneller und der Wein - ist zu hoffen - höher wertig wurde), bin ich mit 2016 und 2019 wieder "eingestiegen". Die Erstweine aus den beiden Jahrgängen hatte ich noch nicht im Glas (wäre wohl jetzt zur Unzeit), aber AvV rühmt sie ja in den höchsten Tönen, und wenn der 19er Petit SHL auch nur annähernd ein Gradmesser für den Grand Vin in dessen idealem Trinkfenster ist, dann bin ich sehr zuversichtlich. Frucht, Würze, Säure und Tannin-Struktur wären selbst für einen Erstwein sehr vielversprechend.
Gruß
Jean
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