Rieslingprobe incl. Rieslingkreuzungen in Würzburg

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weinaffe
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Rieslingprobe incl. Rieslingkreuzungen in Würzburg

Beitrag von weinaffe »

Hallo zusammen,

letzten Freitag kamen wieder einige Weininteressierte in der örtlichen VHS zusammen, um "König Riesling" sowie einigen verwandten Rebsorten zu huldigen. Insgesamt waren 15 Weine am Start, die die ganze Bandbreite dieser Rebsorte zeigen sollten und ausnahmslos überzeugen konnten.

Begonnen haben wir herkunftsmäßig mit einem absoluten "Exoten":

2020er "Campofranco" Riesling Langhe DOC (Tenuta Carretta, Piobesi d'Alba) -Piemont-
Strohgelb mit grünen Reflexen, sehr sortentypische Nase nach Agrumen und Steinobst (Marille), sehr klar und frisch, minimaler Petrolhauch, absolut trocken, knackige, aber integrierte Säure, mittelgewichtig (12,5 Vol%), sehr saftig und speichelziehend, Zitrus und Weinbergspfirsich, direkt und klar, nicht ewig lang, aber ein überraschend typischer Riesling, der in einer Blindprobe auch als deutscher Riesling durchgehen würde. Der Wein stammt aus einer Einzellage (650 Meter über N.N.), wurde 6 Monate im Stahltank ausgebaut und erhielt danach noch ein 18-monatiges Flaschenlager. Eine wirklich positive Überraschung (ca. 17 EURO im Handel).

Danach wieder eine klassische Herkunft:

2020er "Breitenberg" Riesling Alsace a. c. (Leon Boesch, Westhalten) -Elsass-
Das Weingut ist Demeter-zertifiziert und erzeugt ausnahmslos durchgegorene und nicht so fette Weine.
Zartes Strohgelb, viel Zitrus, würzig, dezente Kräuternote, wirkt schon nasal sehr straff, am Gaumen furztrocken (0,2 Gr. RZ) mit fordernder Säure (9 Promill), die dennoch nicht spitz daher kommt, schlank und rank (12 Vol%), aber nicht dünn, sehr saftig, Pomelo, etwas Grapefruit, Zitrus, Hauch Kräuter, mittlere Länge. Kein Wein für säureempfindliche Mägen, aber ein absolut ehrlicher, kompromissloser Riesling mit Klasse. Sehr sympathischer Betrieb mit durchwegs empfehlenswerten Weinen zu vernünfigen Preisen.

Ebenso klassisch geht es weiter:

2021er Spitzer "1000-Eimer-Berg" Riesling Federspiel (Domäne Wachau) -Wachau-
Formal zwar eine Genossenschaft, die Qualitäten bewegen sich aber durchaus auf Augenhöhe mit den etablierten Privatwinzern: animierendes, jugendliches Gelb mit grünen Reflexen, absolut typische Steinobstnase, Marille, Zitrus, extrem klare, feine Aromatik, am Gaumen komplett trocken, saftige Säure, etwas mehr Körper und Dichte (12,5 Vol%) als die Vorgänger, sehr klar und animierend, gute Länge. Bei einem solchen Federspiel braucht man keinen Smaragd mehr. Sehr animierender Riesling aus einem für die Wachau großartigen Jahrgang.

Mit den nächsten 2 Weinen kommt die "bucklige Verwandtschaft" zum Zuge:

2021er Iphöfer Kronsberg Scheurebe "Alte Reben" QW tr. (Wirsching, Iphofen) -Franken-
Jahr für Jahr macht das größte Privatweingut Frankens einen der besten Weine aus dieser Rieslingkreuzung (Riesling x Bukettrebe): ganz typische Nase nach schwarzen Johannisbeeren und etwas Grapefruit, vermischt mit einem Hauch Keuper-Kräutrigkeit, deutet gewisse Kraft an, ohne ins Plakative und Plüschige zu verfallen, am Gaumen dezente Restsüsse (5,3 gr. RZ), die die Frucht unterstützt, passende Säure (6,6 Promill), noble Cassis, etwas Grapefruit, Kräuteranflug, saftig, ausgewogen, gute fruchtig-würzige Länge. Ein Sortenvertreter, der wahrscheinlich jedem gefallen wird.

Selbe Rebsorte, aber völlig andere Stilistik:

2020er "Vinz" Scheurebe "Alte Reben" Landwein Main tr. (Weingut am Stein, Würzburg) -Franken-
etwas heller in der Farbe als der Vorgänger und nicht ganz glanzklar (keine Schönung und Filtration), deutlich dezentere Sortenaromatik, hier steht mehr die Würze (etwas Hopfensprossen, Curry, Spur Ingwer) im Vordergrund, schon in der Nase geht das in die -gemäßigte- Naturwein-Richtung, durchaus komplexe Nase, absolut trockener Eindruck (1,8 gr. RZ), lebendige Säure (7,7 Promill), die aber in keiner Weise aggressiv wirkt, braucht Luft, nur mittelgewichtig (12,5 Vol%), dezente Fruchtentwicklung, viel Würze und Kalkstein-Mineralität,sehr dicht und spannend, komplexe Länge. Diesen Wein sollte man tatsächlich vorher dekantieren. Das Traubenmaterial stammt aus der Steillage "Stettener Stein" mit durchschnittlich 50 Jahre alten Reben, wurde im Holz und Betonei ausgebaut, langes Vollhefelager, keine Schönung und Filtration. Das bio-dynamisch arbeitende Weingut von Ludwig Knoll gehört ohne wenn und aber zur absoluten Spitze in Franken.

Jetzt kommt wieder "König Riesling" ins Spiel:

2018er Rüdesheimer Berg Roseneck "Unterer Platz" Riesling QW tr. (Ehrhard, Rüdesheim) -Rheingau-
ein klassisch mit Stückfässern arbeitender Betrieb, was zu sehr ausgewogenen stilvollen Weinen führt:
sehr noble, feine Rieslingnase (Agrumen,Pfirsich) mit zarter Würze, fast etwas Understatement, macht neugierig auf den ersten Schluck,klassisch trocken (1,0 RZ), fein ziselierte Säure,trotz 13 Vol% eher mittelgewichtiger Eindruck, Pfirsich, reife Zitrone, Hauch Grapefruit, feiner Grip, ruht völlig in sich, wirkt noch sehr jugendlich, verleugnet diesen nicht unproblematischen Jahrgang völlig, gute, harmonische Länge. Großartiger Rheingauer zu sehr vernünftigem Preis (knapp 18 EURO ab Weingut).

Schon kommt der nächste "Bastard":

2021er Randersackerer Marsberg Albalonga Spätlese tr. (Trockene Schmitts, Randersacker) -Franken-
Albalonga ist eine 1951 gezüchtete Rebsorte (Silvaner x Riesling x Müller-Thurgau), die sich nicht durchsetzen konnte und mittlerweile nur noch auf 14 ha deutschlandweit angebaut wird. Hier ein gelungener Sortenvertreter:
glasklare Nase, intensive, aber nicht plakative Frucht (tropische Früchte, Maracuja, Mango, Hauch Waldmeister), jugendlicher Eindruck, am Gaumen fränkisch trocken (2,5 Gr. RZ), knackige, aber nicht spitze Säure (8,9 Promill), die den durchaus kräftigen Wein (13,5 Vol%) fast leichtfüssig erscheinen lässt, die Frucht wiederholt sich am Gaumen, extrem saftiger und trinkiger Sortenvertreter ohne jegliche Süsseschminke. Exemplarisch guter Sortenvertreter in konsequent trockener Stilistik.

Und jetzt kommt die Reife ins Spiel:

1999er Haardter Bürgergarten Riesling Spätlese tr. (Müller-Catoir, Haardt) -Pfalz-
sicherlich einer der Höhepunkte des Abends, zumal der Wein sich in atemberaubender Form präsentierte: ultra komplexe, tiefe Nase mit edler Agrumenfrucht, Pomelo, Hauch Grapefruit, sogar eine Spur Exotik (Mango), wunderbare Würze, nobel und Harmonie pur, sensorisch trocken (hat wohl ein paar Gramm Restzucker), gut strukturierende Säure, mittelgewichtig (12,5 Vol%), tolle Fruchtdichte und Würze ohne die geringste Spur von Oxidation und fortgeschrittener Reife, blind probiert hätte ich vielleicht auf 10 Jahre Alter getippt, sehr lang.
Die Weine von Hans-Günter Schwarz sind und bleiben einfach legendär, was dieser Sortenvertreter eindrücklich beweist. In dieser Flaschenform und wenn der Korken durchhält wird das auch in 10 oder 20 Jahren enorm viel Trinkspass bereiten.

Die 7 fehlenden Weine folgen in Kürze !

LG
Bodo
weinaffe
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Re: Rieslingprobe incl. Rieslingkreuzungen in Würzburg

Beitrag von weinaffe »

... und weiter geht es mit den letzten 7 Weinen der Rieslingprobe:

2010er Forster Ungeheuer Riesling "500" QW tr. (von Winning, Deidesheim) -Pfalz-
auf den Wein war ich gespannt. In der Jugend war der Wein aufgrund seines Neuholz-Einsatzes immer umstritten.. und daran hat sich auch nichts geändert: optisch ein helles Goldgelb, in der Nase hat sich das Holz etwas eingebunden, ist aber immer noch einer der bestimmenden Faktoren, dadurch kräftige Würze, rauchig, Hauch Vanille, dahinter aber auch reife Frucht (Pfirsich, Mango, Maracuja) mit einem Hauch Petrol, am Gaumen sensorisch trocken, strukturierende Säure, hat durchaus Kraft (trotz nur 13 Umdrehungen), etwas angereifte Gelbfrucht (Agrumen mit Hauch Exotik),rauchig-würzige Holznote, gute Länge. Kein Wein für Finesse-und Eleganz-Trinker. Wer aber für Weine mit Ecken und Kanten abseits des "Normalen" aufgeschlossen ist, kann mit diesem etwas wilden Wein durchaus etwas anfangen. Mir hat das gefallen, aber jeden Tag möchte ich das auch nicht trinken ;)

Und nun eines der Highlights des Abends:

2017er Binger Scharlachberg Riesling QW tr. (Bischel, Appenheim) -Rheinhessen-
farblich ein dezentes Strohgelb, in der Nase zuerst sehr verschlossen, nur zarte Fruchtausprägung (Apfel, Marille, Zitrus, Quitte)), feine kräutrige Würze, wirkt sehr dicht und geheimnisvoll, benötigt viel Luft, am Gaumen komplett trocken, feine Säure, auch am Gaumen halten sich die Mineralik (Kräuter, rauchige Noten) und die sich entfaltende Frucht (Apfel, Quitte, Zitrus) die Waage, der Wein ist noch viel zu jung, obwohl nur mittelgewichtig (13 Vol%), besitzt der Wein viel Dichte und Tiefe, gibt aber seine Geheimnisse noch nicht Preis, tolle Mineralik, der Wein hat Grip und eine zarte Gerbstoffkomponente, geht aber überhaupt nicht ins Bittere, gewisse Eleganz ist untergründig vorhanden, tolle, würzige Länge. Eines Top-GG absolut würdig. Der Wein hat bestes Potential und steht erst ganz am Anfang. Mir gefällt er aber in seiner geheimnisvollen Tiefgründigkeit schon jetzt sehr gut. Dies wird aber nie ein Wein für Leute sein, die pointierte Frucht und Fülle suchen.

Jetzt geht es ein letztes Mal über die Landesgrenze hinaus:

2020er Zöbinger Heiligenstein Riesling "1ÖTW" Kamptal DAC (Jurtschitsch, Langenlois) -Kamptal-
ein gelungener Vertreter aus einer der berühmtesten Austria-Lagen: zartes Gelbgold, feine Gelbfrucht (Weinbergspfirsich, Agrumen, Pomelo), perfekt reintönig, noch jugendlich, am Gaumen absolut trocken, perfekt verwobene Säure (7,6 Promill), glasklare Frucht (Marille, Zitrus, etwas Grapefruit und Pomelo), etwas Urgesteins-Mineralität,nur mittelgewichtig (12,5 Vol%), hat aber genügend Fruchtdichte, ausgewogen, sehr klassisch ohne zuviel Speck, gute fruchtige Länge. Klassischer Vertreter vom Heiligenstein.

2011er Monzinger Halenberg Riesling GG (Emrich-Schönleber) -Nahe-
Jahr für Jahr, auch wie hier in einem etwas wärmeren Jahrgang, die absolute Konstanz: angedeutetes Gelbgold, reife Zitrus-, Grapefruit- und Weinbergspfirsichnoten, dezente Würze, wirkt jetzt perfekt gereift. Am Gaumen sensorisch trocken (hat wohl ein paar Gramm RZ), dezente, aber ausreichende Säure, wirkt trotz nur 13 Vol% etwas kräftiger als sonst, am Gaumen perfekt reif, fast samtiger Gaumeindruck mit Saft und Kraft, aber keine Spur von Alkohollastigkeit, reife gelbe Früchte, sogar etwas Ananas-Exotik, dezent blütig, Hauch Honig, sehr harmonisch und deutlicher Länge.
Ein gelungener Klassiker aus einem sehr warmen Jahr.

Gleich danach ein Klassiker aus einem eher kühlen Jahr:

2010er Westhofener Kirchspiel Riesling GG (Keller, Flörsheim-Dalsheim) -Rheinhessen-
jugendliches Strohgelb, ein Potpourri an reifen Früchten (Marille, Ananas, Limette, Weinbergspfirsich), aber in keiner Weise plakativ, elegant und zurückhaltend nobel, am Gaumen zwar trocken, aber mit etwas Extraktsüsse, passende Säure, hat durchaus Gehalt, viel Gelbfrucht mit Würze, dezent blumig (Hauch Rose), samtig, ausgewogen und voll auf dem Punkt,gute Länge, gehört zweifelsohne zu den Top-Weinen in diesem Jahrgang.

Mit den letzten beiden Weinen kommt deutliche Restsüsse ins Spiel:

2004er Erdener Treppchen Riesling Auslese*** (Jos. Christoffel jun., Ürzig) -Mosel-
über die Weine des leider bereits verstorbenen Kajo Christoffel muss man gar nicht mehr viel schreiben, denn sie sprechen in ihrer Finesse und Zeitlosigkeit für sich: dezentes Goldgelb, sehr feine Nase nach gelben Früchten (Pfirsich, Zitrus, etwas Ananas), tolle Harmonie, hier sticht nichts heraus, alles ist am rechten Platz, ohne irgendwie aufgesetzt oder übertrieben zu wirken, am Gaumen ebenfalls die pure Harmonie, der Zucker ist perfekt verwoben, saftige Säure ohne jeglichen harschen Spitzen, ein Leichtgewicht (8 Vol%) mit trotzdem ausreichend Kraft und Dichte, feine, komplexe Frucht, vermischt mit etwas Schieferwürze, gute Länge. Der Wein ist jetzt perfekt trinkreif, wobei diese Weine auch in 10 oder 20 Jahren noch von bezwingender Schönheit sein können.

Zum Abschluss kommt noch der Rieslaner (Silvaner x Riesling) zu seinem Recht, der im hochgradigen Öchslebereich außerordentliche Weine bringen kann:

2015er Thüngersheimer Johannisberg Rieslaner Trockenbeerenauslese (Geiger & Söhne) -Franken-
7,65 Vol%, 235,6 Gramm Restzucker bei 14,8 Promill Säure. Das sind die technischen Daten dieses Boliden, der den würdigen Abschluss bildet: mittelkräftiges Goldgelb, explosive Nase nach 1001 Früchten, Exotik (Ananas, Mango, Maracuja) mit heimischen Früchten (Pfirsich, Marille, Hauch Cassis, sogar etwas Rhabarber), perfekt eingebundene Süsse, die nicht klebrig rüberkommt, stramme Säure, die aber durch die Süsse wieder eingefangen wird, eine Fruchtorgie am Gaumen, hohe Reife, aber trotzdem nicht überladen, tolle Harmonie, obwohl sich dieser Wein noch ganz am Anfang bewegt. Fruchtig-würzige Länge. Kann "ewig" halten.

Das wars wieder in aller Kürze. Nächsten Freitag steht ein Spanien-Rundumschlag auf dem Programm. Ich werde wieder berichten!

LG
Bodo
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EThC
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Re: Rieslingprobe incl. Rieslingkreuzungen in Würzburg

Beitrag von EThC »

...das geht ja zur Zeit Schlag auf Schlag! Großer Spaß beim Mitlesen! :D
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
DAS EWIG GESTRIGE
was immer war und immer wiederkehrt und morgen gilt, weil's heute hat gegolten.

https://ec1962.wordpress.com/
bordeauxlover
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Re: Rieslingprobe incl. Rieslingkreuzungen in Würzburg

Beitrag von bordeauxlover »

Dem kann ich mich nur uneingeschränkt anschließen! Ganz toller Service für das Forum. Lese ich immer mit großer Freude. Vielen Dank, lieber Bodo!

Schöne Grüße
Armin
weinaffe
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Re: Rieslingprobe incl. Rieslingkreuzungen in Würzburg

Beitrag von weinaffe »

bordeauxlover hat geschrieben:Dem kann ich mich nur uneingeschränkt anschließen! Ganz toller Service für das Forum. Lese ich immer mit großer Freude. Vielen Dank, lieber Bodo!

Schöne Grüße
Armin
Gern geschehen, Armin ! Da ich ansonsten kein 'Weinbuch" führe, kann ich hier immer wieder mal nachschlagen, welchen Wein ich probiert habe und wie er mir gefallen hat.

LG
Bodo
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