Für das Bordelais insgesamt kann ich keine verlässliche Antwort geben. Wir sind im nördlichen Teil – Médoc. Die südlichen Wein-Anbaugebiete sind Luftlinie bis zu 100 km entfernt. Es hat dort deutlich mehr geregnet, wieviel kann ich beim besten Willen nicht sagen und erst recht nicht wie es dort mit den verschiedenen Pilzkrankheiten aussieht.
Hier ist es trocken – kaum mehr Bodenfeuchte! Der ‚Falsche Mehltau‘ ist hier wegen der kleineren Regenmengen präsent aber beherrschbar. Der heutige Tag ist dafür ein gutes Beispiel dafür: bewölkt, diesig, etwas Sprühregen, nicht mehr als 1 mm Niederschlag. Gestern hatten wir weit über 30°C (das mag der Mehltau nicht) und das werden wir bald wieder haben.
Sind jedoch nicht mehr bewirtschaftete Reben in der Nachbarschaft ist die Sporenbelastung enorm. Das ist bei uns an einigen Stellen problematisch und erfordert dort eine wöchentliche Pflanzenschutzmaßnahme; voraussichtlich noch zwei Wochen - bis die Traubenfärbung durch ist.
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
Bordeaux ganz allgemein!
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Re: Bordeaux ganz allgemein!
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Re: Bordeaux ganz allgemein!
Hier im Bordelais gibt es aktuell und ganz allgemein deutliche Herausforderungen – ein vergleichbares Bild gibt es gewiss auch in anderen Weinbau-Regionen.
Hervorzuheben sind:
- Absatzschwierigkeiten was zum Preisdruck im mittleren Preissegment führt (das steht im krassen Gegensatz zur aktuellen Primeurkampagne)
- Extrem steigende Produktionskosten (Inflation die ab dem Jahrgang vollständig 2023 greift)
- Arbeitskräftemangel
- Kontinuierliche Klimaveränderungen die zu Wetterextremen führen (da wird noch mehr kommen)
Kostendeckender Weinbau ist in dieser Situation … – sagen wir mal tricky.
Es ist definitiv absehbar, dass dies zu einer Umstrukturierung führen wird.
Z.B.: Aktuell gibt es eine Flächen-Umwidmungsprämie. Wer seine Reben rodet und auf seine Pflanzrechte verzichtet bekommt eine Ausgleichszahlung von 6.000 €/ha. Das wird marginale Flächen aus der Produktion nehmen.
Es wird jedoch weitere Anpassungen geben und für die Rebe als Dauerkultur ergeben sich aus der aktuellen Kostellation der Herausforderungen sehr spezifische Anpassungskriterien.
- Aktuell werden bereits Reben für eine Neu-Anpflanzung gerodet. Für diese hat man ausnahmsweise bis zu 8 Jahre Zeit; ansonsten verliert man die Pflanzrechte. Das heißt, dass zunächst mal Produktionskapazitäten herausgenommen werden, um sie später wieder ‚anzufahren‘.
- Das Sortenspektrum wird sich verändern. Exotische Sorten wie Carmenere oder PIWIS?
- Einige Kollegen wollen hier in Médoc Weisswein machen. Die AOC Regeln werden bereits entsprechend angepasst.
… Diversifikation ist das Zauberwort… lassen wir uns überraschen
Zu beachten ist, dass die Kosten der neuen Rebanlage auf ‚Nach-Inflations-Kosten‘ basieren. Die werden also signifikant teurer sein als bestehende Rebanlagen (Vor-Inflation). Das heißt nichts Anderes, als dass diese Anlagen einen sehr deutlichen Preisaufschlag für den Wein brauchen um ökonomisch begründet zu sein.
Hinzu kommt das während des ‚Pausierens‘ der Produktion der Arbeitskräftebesatz angepasst, also runtergefahren wird. Wo kommen dann in ein paar Jahren die neuen Mitarbeiter her? Bei einer Neu-Anlagewird deshalb voraussichtlich ein höherer Mechanisierungsgrad mit eingeplant werden müssen. Was weitere Investitionen nach sich ziehen wird.
Ob es zu einem Preisanstieg kommt, wird allerdings nicht nur von der Angebotsseite abhängen…
Es ist durchaus denkbar, dass neue Pflanzungen viel später als geplant oder womöglich gar nicht vorgenommen werden.
Nur mal so meine Überlegungen… noch nicht ganz ausgereift.
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
Hervorzuheben sind:
- Absatzschwierigkeiten was zum Preisdruck im mittleren Preissegment führt (das steht im krassen Gegensatz zur aktuellen Primeurkampagne)
- Extrem steigende Produktionskosten (Inflation die ab dem Jahrgang vollständig 2023 greift)
- Arbeitskräftemangel
- Kontinuierliche Klimaveränderungen die zu Wetterextremen führen (da wird noch mehr kommen)
Kostendeckender Weinbau ist in dieser Situation … – sagen wir mal tricky.
Es ist definitiv absehbar, dass dies zu einer Umstrukturierung führen wird.
Z.B.: Aktuell gibt es eine Flächen-Umwidmungsprämie. Wer seine Reben rodet und auf seine Pflanzrechte verzichtet bekommt eine Ausgleichszahlung von 6.000 €/ha. Das wird marginale Flächen aus der Produktion nehmen.
Es wird jedoch weitere Anpassungen geben und für die Rebe als Dauerkultur ergeben sich aus der aktuellen Kostellation der Herausforderungen sehr spezifische Anpassungskriterien.
- Aktuell werden bereits Reben für eine Neu-Anpflanzung gerodet. Für diese hat man ausnahmsweise bis zu 8 Jahre Zeit; ansonsten verliert man die Pflanzrechte. Das heißt, dass zunächst mal Produktionskapazitäten herausgenommen werden, um sie später wieder ‚anzufahren‘.
- Das Sortenspektrum wird sich verändern. Exotische Sorten wie Carmenere oder PIWIS?
- Einige Kollegen wollen hier in Médoc Weisswein machen. Die AOC Regeln werden bereits entsprechend angepasst.
… Diversifikation ist das Zauberwort… lassen wir uns überraschen
Zu beachten ist, dass die Kosten der neuen Rebanlage auf ‚Nach-Inflations-Kosten‘ basieren. Die werden also signifikant teurer sein als bestehende Rebanlagen (Vor-Inflation). Das heißt nichts Anderes, als dass diese Anlagen einen sehr deutlichen Preisaufschlag für den Wein brauchen um ökonomisch begründet zu sein.
Hinzu kommt das während des ‚Pausierens‘ der Produktion der Arbeitskräftebesatz angepasst, also runtergefahren wird. Wo kommen dann in ein paar Jahren die neuen Mitarbeiter her? Bei einer Neu-Anlagewird deshalb voraussichtlich ein höherer Mechanisierungsgrad mit eingeplant werden müssen. Was weitere Investitionen nach sich ziehen wird.
Ob es zu einem Preisanstieg kommt, wird allerdings nicht nur von der Angebotsseite abhängen…
Es ist durchaus denkbar, dass neue Pflanzungen viel später als geplant oder womöglich gar nicht vorgenommen werden.
Nur mal so meine Überlegungen… noch nicht ganz ausgereift.
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
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Re: Bordeaux ganz allgemein!
Mir scheint es fast so zu sein wie in allen oder in vielen Wirtschaftszweigen.
Die Mitte hat es am schwersten !
Luxus läuft wie blöd,
und billig läuft über Skaleneffekte, Rationalisierung und Technisierung.
Die Mitte vergeht langsam und leidet unter den Margen und Kosten. Hoffen wir es nicht !
Beim Wein ist freilich die Frage wo die Mitte preislich beginnt und endet.
Der Arbeitskräftemangel bzw. Fachkräftemangel scheint mir ein typisch europäisches und auch größtenteils
selbst verschuldetes Problem zu sein. Wobei das Thema unglaublich viele Aspekte hat.
Drohnen
Ich bin sehr gespannt wie Drohnen und KI die Landwirtschaft und teilweise zumindest den Weinbau verändern werden. Theoretisch sind die Möglichkeiten groß.
Die Mitte hat es am schwersten !
Luxus läuft wie blöd,
und billig läuft über Skaleneffekte, Rationalisierung und Technisierung.
Die Mitte vergeht langsam und leidet unter den Margen und Kosten. Hoffen wir es nicht !
Beim Wein ist freilich die Frage wo die Mitte preislich beginnt und endet.
Der Arbeitskräftemangel bzw. Fachkräftemangel scheint mir ein typisch europäisches und auch größtenteils
selbst verschuldetes Problem zu sein. Wobei das Thema unglaublich viele Aspekte hat.
Drohnen
Ich bin sehr gespannt wie Drohnen und KI die Landwirtschaft und teilweise zumindest den Weinbau verändern werden. Theoretisch sind die Möglichkeiten groß.
Re: Bordeaux ganz allgemein!
Weintechnisch trifft mich das alles nicht so sehr, ü 60, Keller voll. Zum Arbeitskräftemangel etc. Europa hat den Zenit überschritten, die demographische Entwicklung ist nicht aufzuhalten, es wird Wohlstandsverlust für viele geben. Die politische Entwicklung ist auch nicht hilfreich. Die Aussichten sind recht düster.
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Re: Bordeaux ganz allgemein!
@Fasano
Wenn da genug Pullen im Weinkeller liegen und nichts mehr gekauft werden muss haben Sie ja alles richtig gemacht.
Die aktuelle Situation des Überangebotes in den Weinregionen (nicht nur im Bordelais) ist die Folge mehrerer ‚Krisen‘ (Marktzugangshemmnisse-USA, Corona-China und schließlich die Einschränkung der Nachfrage in Folge der Inflation und wirtschaftlichen Unsicherheiten. In der Summe mag das zu problematisch erscheinen; trotzdem werden auch diese Krisen einmal vorüber sein.
Insbesondere im ‚mittleren‘ Preissegment ist Wein dann voraussichtlich zum Luxusgut geworden. Das ist vielleicht auch ganz gut so.
Parallel dazu geht der technische Fortschritt weiter und die KI-Entwicklungen und Anwendungen werden überraschend viel verändern. Wird Wein demnächst nicht mehr Handwerklich gemacht? Das kann ich mir ehrlich gesagt kaum vorstellen. Die Arbeiten draußen Schneiden, Binden, … wird wohl von Robotern übernommen mal mit Cabernet-, mal mit Merlot-Programm (lustig). Hoffentlich vertut sich die KI nicht.
Aber Wein machen ist viel mehr als das!
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
Wenn da genug Pullen im Weinkeller liegen und nichts mehr gekauft werden muss haben Sie ja alles richtig gemacht.
Die aktuelle Situation des Überangebotes in den Weinregionen (nicht nur im Bordelais) ist die Folge mehrerer ‚Krisen‘ (Marktzugangshemmnisse-USA, Corona-China und schließlich die Einschränkung der Nachfrage in Folge der Inflation und wirtschaftlichen Unsicherheiten. In der Summe mag das zu problematisch erscheinen; trotzdem werden auch diese Krisen einmal vorüber sein.
Insbesondere im ‚mittleren‘ Preissegment ist Wein dann voraussichtlich zum Luxusgut geworden. Das ist vielleicht auch ganz gut so.
Parallel dazu geht der technische Fortschritt weiter und die KI-Entwicklungen und Anwendungen werden überraschend viel verändern. Wird Wein demnächst nicht mehr Handwerklich gemacht? Das kann ich mir ehrlich gesagt kaum vorstellen. Die Arbeiten draußen Schneiden, Binden, … wird wohl von Robotern übernommen mal mit Cabernet-, mal mit Merlot-Programm (lustig). Hoffentlich vertut sich die KI nicht.
Aber Wein machen ist viel mehr als das!
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
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Re: Bordeaux ganz allgemein!
Es wird wohl im mittleren Preissegment am schwierigsten bleiben. Das hochpreisige Luxussegment wird weiter laufen, hier wird -wie bisher schon- Technologie als Ergänzung zum Handwerk eingesetzt werden wo es zu noch homogeneren Ergebnissen führt. Mit dem Ziel, selbst unter widrigsten Witterungsbedingungen den perfekten Wein zu erzeugen.
Im Niedrigpreissegment wird Technologie weiter effizienzsteigernd eingesetzt werden, noch mehr Menge mit noch weniger Kosten ist das Ziel. Und natürlich auch hier Uniformität, das Zeug soll möglichst immer identisch schmecken.
Und im Mittelbau? Keine Ahnung!
Bordeaux hat das Problem aufgrund der gigantischen Menge natürlich verstärkt, aber ich glaube auch, dass bald die Burgund-Blase platzt. Das wird sicher nicht die DRC's, Leroy's, Rousseaus, Rouniers, Coche-Dury's,... betreffen, die werden immer zu höchsten Preisniveaus gehandelt werden, aber die ganzen Domaines in der Reihe dahinter, die völlig absurde Preisentwicklungen genommen haben, die Micro-Negociats ebenso, die wird es bald erwischen.
Im Niedrigpreissegment wird Technologie weiter effizienzsteigernd eingesetzt werden, noch mehr Menge mit noch weniger Kosten ist das Ziel. Und natürlich auch hier Uniformität, das Zeug soll möglichst immer identisch schmecken.
Und im Mittelbau? Keine Ahnung!
Bordeaux hat das Problem aufgrund der gigantischen Menge natürlich verstärkt, aber ich glaube auch, dass bald die Burgund-Blase platzt. Das wird sicher nicht die DRC's, Leroy's, Rousseaus, Rouniers, Coche-Dury's,... betreffen, die werden immer zu höchsten Preisniveaus gehandelt werden, aber die ganzen Domaines in der Reihe dahinter, die völlig absurde Preisentwicklungen genommen haben, die Micro-Negociats ebenso, die wird es bald erwischen.
Gruß, Marko.
Re: Bordeaux ganz allgemein!
Hallo Stefan,small talk hat geschrieben:@...
Insbesondere im ‚mittleren‘ Preissegment ist Wein dann voraussichtlich zum Luxusgut geworden. Das ist vielleicht auch ganz gut so.
...
diesen Satz verstehe ich nicht.
Das Wein im oberen Preissegment, der Welt der Etiketten und des Renomées, schlicht des Luxus, ein Luxusgut ist und als dieses dient - klar.
Aber was soll das Gute daran sein, wenn Wein im "mittleren Preissegment" zum Luxusgut wird? Was soll da impliziert sein? Soll das heissen, dass auch das mittlere Preisegment, (von dem ich auch nicht weis, wo du dessen "Preis" ansetzt), so hoch steigen wird, dass dieser für einen (Gross-)Teil der Weintrinkerschaft auch nicht mehr leistbar sein wird. Oder man sich bei dessen Kauf soweit beschränkt, dass der Kauf bereits zum Luxus wird? Sprich ein konsequentes Weiterdenken der Jetzt-Situation?
Wenn die "Mittelklasse" nicht mehr leistbar sein wird, hat dies doch auf Produzentenseite auch zur Folge, dass man entweder den Sprung, mindestens ins günstigste Luxussegmant schaffen muss, oder sich in die Riege der am Limit agierenden "Traubenlieferanten" und Eigenabfüller einreiht. Was ist gut wenn die Mitte zum Luxus wird?
Aber vielleicht habe ich da was einfach nicht verstanden

Grüsse
Ralf
Die Zukunft war früher auch besser.
Karl Valentin
Ralf
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Re: Bordeaux ganz allgemein!
Bei dem Regelwerk (INAO, AOC, Umwelt-Auflagen/-Zertifizierungen, …) ist eine Produktion im unteren Preissegment hier in Médoc nicht möglich. Im Entre-Deux-Mers sollte das eher machbar sein und da läuft es gar nicht so gut – scheint also auch keine Lösung zu sein. Das führt auf der Angebotsseite zu einer gewissen Einsicht.
Wir Winzer bekommen gerade die ‚Volle Breitseite‘ der Inflation ab (Flaschen +45 %, Kartons +50%, Lohnkosten, Maschinenkosten, Ersatzteile, alles was mit Edelstahl zu tun hat, …). Diese Kosten durchreichen ist nicht möglich, denn das gibt der Markt nicht her, weil die Nachfrage ausgerechnet wegen dieser Inflation schwächelt. Es wird wahrscheinlich früher als erwartet zu einer Strukturanpassung kommen. Auch weil die nächste Generation das so nicht weitermachen wird, was ich bei vielen Kollegen hier beobachte. Diese Strukturanpassung wird nicht nur einen Angebotsrückgang auslösen, sondern zugleich eine Neupositionierung in den Marktsegmenten. Es wird nicht nur zu inflationär höheren Weinpreisen kommen, sondern auch noch zu einer strukturellen Kostensteigerung, weil die Fixkosten auf eine kleinere Menge verteilt werden. Das Optimum nach der Strukturanpassung wird also auf einem deutlich höheren Kostenniveau sein (Fixkosten + Inflation). Das wird auch zu Verwerfungen im Markt führen und die Unsicherheiten verstärken. Auch eine Ausdehnung der Flächen nach einer Strukturanpassung wird zu Vor-Inflationskosten nicht möglich sein – auch dafür braucht also höhere Preisanreize. Es ist wie ein Pendel mit heftigeren Ausschlägen zwischen Angebot und Nachfrage.
Damit das alles in dieser Situation gelingt muss die Wertigkeit des Weines den erheblich höheren Preis rechtfertigen und das geht nur mit Qualität, die weiterhin im mittleren Preissegment angesiedelt ist – auch wenn das dann 50% teurer ist im Vergleich zu heute.
Ein Riesenproblem sehe ich in der aktuellen Konstellation darin, dass die Mehrzahl der Einkäufer nach ‚Kategorien‘ kaufen. Ein Wein aus der Kategorie AOC Médoc; dazu einer aus der Kategorie Crus Bourgeois und noch einer aus der Kategorie St. Emilion grand cru und fertig. Diese Strategie hat dazu geführt, dass innerhalb der jeweiligen Kategorie die Qualität kein Kriterium war, sondern nur der Preis. Ich gehe davon aus, dass diese Strategie so nicht weiter funktionieren wird, weil die Kostensteigerung alle gleich trifft. Innerhalb einer Kategorie und darüber hinaus.
Letztendlich wird (endlich) wieder die tatsächliche Qualität des Weines das Kriterium sein und das ist gut so.
Sorry ist schon wieder sehr lang geworden...
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
Wir Winzer bekommen gerade die ‚Volle Breitseite‘ der Inflation ab (Flaschen +45 %, Kartons +50%, Lohnkosten, Maschinenkosten, Ersatzteile, alles was mit Edelstahl zu tun hat, …). Diese Kosten durchreichen ist nicht möglich, denn das gibt der Markt nicht her, weil die Nachfrage ausgerechnet wegen dieser Inflation schwächelt. Es wird wahrscheinlich früher als erwartet zu einer Strukturanpassung kommen. Auch weil die nächste Generation das so nicht weitermachen wird, was ich bei vielen Kollegen hier beobachte. Diese Strukturanpassung wird nicht nur einen Angebotsrückgang auslösen, sondern zugleich eine Neupositionierung in den Marktsegmenten. Es wird nicht nur zu inflationär höheren Weinpreisen kommen, sondern auch noch zu einer strukturellen Kostensteigerung, weil die Fixkosten auf eine kleinere Menge verteilt werden. Das Optimum nach der Strukturanpassung wird also auf einem deutlich höheren Kostenniveau sein (Fixkosten + Inflation). Das wird auch zu Verwerfungen im Markt führen und die Unsicherheiten verstärken. Auch eine Ausdehnung der Flächen nach einer Strukturanpassung wird zu Vor-Inflationskosten nicht möglich sein – auch dafür braucht also höhere Preisanreize. Es ist wie ein Pendel mit heftigeren Ausschlägen zwischen Angebot und Nachfrage.
Damit das alles in dieser Situation gelingt muss die Wertigkeit des Weines den erheblich höheren Preis rechtfertigen und das geht nur mit Qualität, die weiterhin im mittleren Preissegment angesiedelt ist – auch wenn das dann 50% teurer ist im Vergleich zu heute.
Ein Riesenproblem sehe ich in der aktuellen Konstellation darin, dass die Mehrzahl der Einkäufer nach ‚Kategorien‘ kaufen. Ein Wein aus der Kategorie AOC Médoc; dazu einer aus der Kategorie Crus Bourgeois und noch einer aus der Kategorie St. Emilion grand cru und fertig. Diese Strategie hat dazu geführt, dass innerhalb der jeweiligen Kategorie die Qualität kein Kriterium war, sondern nur der Preis. Ich gehe davon aus, dass diese Strategie so nicht weiter funktionieren wird, weil die Kostensteigerung alle gleich trifft. Innerhalb einer Kategorie und darüber hinaus.
Letztendlich wird (endlich) wieder die tatsächliche Qualität des Weines das Kriterium sein und das ist gut so.
Sorry ist schon wieder sehr lang geworden...
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
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Re: Bordeaux ganz allgemein!
Danke für deine erläuternden Worte Stefan,
jetzt ist deine Erstaussage für mich einordenbar. Letztlich bittere aber wahre Worte!
Auch wenn Du die einhergehenden "positiven" Effekte betonst, sieht es, wie ich es nicht recht anders denke, schwierig aus. "Interessante" Zeiten eben.
jetzt ist deine Erstaussage für mich einordenbar. Letztlich bittere aber wahre Worte!
Auch wenn Du die einhergehenden "positiven" Effekte betonst, sieht es, wie ich es nicht recht anders denke, schwierig aus. "Interessante" Zeiten eben.
Grüsse
Ralf
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Karl Valentin
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Re: Bordeaux ganz allgemein!
Das setzt aber voraus, dass es ein breites Grundverständnis auf Verbraucherseite darüber gibt, was denn "tatsächliche Qualität" ist. Ich denke, davon darf man nicht ausgehen, auch in Zukunft nicht.small talk hat geschrieben: Letztendlich wird (endlich) wieder die tatsächliche Qualität des Weines das Kriterium sein und das ist gut so.
Gruß, Marko.