Bernd Schulz hat geschrieben:Was mich aber an den Müllen-Weinen besonders beeindruckt, ist ihre ungemein natürliche Anmutung - dieser feinherbe Riesling wirkt einfach völlig ungestylt und im besten Sinne "authentisch" eben gerade deshalb, weil er einem eine Spur rustikal entgegentritt.
du hast mir einen besonderen Genuss und in gewisser Weise eine Erleuchtung beschert, Bernd. Einmal, weil ich durch deine VKN Lust auf einen Müllen-Wein bekam und auf Kröver Paradies Auslese Riesling trocken 1998 stieß, dessen Besitz mir garnicht mehr bewusst war. Dann, weil das Wort „rustikal“ durch dich eine besonders schöne Bedeutung erhielt, die mir den Wein ungewöhnlich erschloss. Denn in der Tat suche ich bei Müllen-Weinen oft viel zu sehr nach Komplexität oder Akrobatik, ohne zu merken, dass das Gute viel näher liegt. Es lässt sich vom 98er Paradies zwar nicht behaupten, er sei rustikal. Aber Deine Beschreibung schärft die Sinne für das Unmittelbare und hat meine für ihn besser geöffnet. Phantastische goldgelbklare Farbe und ein feiner Apfel-Limetten-Aprikosen-Duft. Dies setzt sich im Mund frisch und knackig konturiert fort, wo ein schöner Riesling-Schmelz mit nussigen, mandeligen Anteilen hinzukommt, die sich entspannt nach hinten auslegen, während vorne lebendige Frucht und Säure dominieren. Komplex oder raffiniert könnte man den Wein durchaus nennen, aber dies trifft es nicht, es ist ein eigener Müllen, der besonders seine Reize ausspielt, wenn ich mich bescheide und ihn machen lasse. Dann tauchen gestochen scharfe Früchte auf, wie für ein feines Elixier auf den Punkt gebracht, es gibt eine wunderbare Öligkeit mit Schärfe und Bitternis wie beim Olivenöl, aus der sich plötzlich krautige und fruchtige Geschmacksimpressionen lösen und für einen kurzen Moment ein Eigenleben führen. So wird aus rustikal genial.
Gruß, Kle