Kelley hat insgesamt 291 Bordeaux aus dem Jahrgang 2020 bewertet. Davon haben 256 eine Bewertung von 90 Punkten oder mehr erhalten. Da gestalten sich statistische Vergleiche schon etwas schwierig, wenn man dem Mann zugesteht, dass auch er seine Bewertungen nie zu 100% reproduzieren kann, und das über eine Jahrgangsgrenze hinweg und einem vollen Jahr zeitlichem Abstand zwischen den Verkostungen gleich gar nicht.Ollie hat geschrieben: Ulli, ich sagte ja bereits, daß der statistische Ansatz nicht sonderlich gut funktioniert.
Was die Bepunktung an sich betrifft, kommt da natürlich gleich das Argument, dass hier ja nur die besten Bordeaux überhaupt bewertet wurden, und das in einem guten Jahr, so dass es völlig ok ist, wenn fast 90% der bewerteten Weine im Bereich von 90 bis 100 Punkten liegen. Das kann man so sehen, aber es sind ja auch nur diese Weine, die den Weinliebhaber wirklich interessieren, und die Verdichtung einer 100-Punkte-Skala auf effektiv nur noch zehn tatsächlich genutzte Punkte schränkt die Möglichkeit zu einer Differenzierung dieser Weine schon sehr ein.
Es ist schon interessant, einige seiner Verkostungsnotizen zu lesen und diese der Bepunktung gegenüberzustellen. Der glatte Verriss von Pontet-Canet hätte eigentlich dazu führen müssen, dass der Wein so etwa 87 oder 88 Punkte bekommt, was im offiziellen "RPWA rating system" immer noch "sehr gut" heißen würde, aber eben nicht "outstanding", was er nach Kelleys Einschätzung nun mal ganz klar nicht ist. Parker himself hätte sich zu seiner besten Zeit das auch getraut, Kelley im heutigen Kontext aber nicht.
Ich meine mich daran zu erinnern, dass es während der Primeur-Kampagne hieß, dass der 2020er ein Jahrgang für die besten Terroirs vom rechten Ufer ist.In den beiden tanninbetontesten (Cabernet-haltigsten?) Appellationen, Pauillac und St-Julien, sind die Unterschiede entsprechend (und zu Ungunsten 2020) am größten.
Gruß
Ulli