Vorweggeschickt: ich kenne Ch. Dauzac nicht. Irgendwann habe ich mal im Rahmen des Projekts, wenigstens ein Glas von jedem 1855 klassifizierten Weingut getrunken zu haben, auch einen Dauzac probiert - aber einen bleibenden Eindruck hat das nicht hinterlassen. Wenn man den Profis glaubt, rangiert der Betrieb unter den klassifizierten Margaux regelmäßig auf den hinteren Rängen, wenn er nicht gleich ganz ignoriert wird. Jedenfalls ist das ein etwas obskurer Betrieb (oder vielleicht eine versteckte Perle).
stollinger hat geschrieben:M.m. nach purzeln solch sanfte Tannine nicht ohne Weiteres aus der Traube heraus, ich denke, die haben sich im Keller schon Mühe gegeben.
Sanfte, gewissermaßen "polierte" Tannine sind eine Art Markenzeichen neuerer Bordeaux-Jahrgänge bei den besseren Erzeugern. Und das hat nicht notwendigerweise mit kellertechnischer Nachbearbeitung der Weine zu tun, sondern viel mit voangehenden Maßnahmen.
Zum einen hat das etwas mit der Selektion des Traubenmaterial zu tun. Harsche, grobe Tannine sind häufig das Resultat knapp reifen oder unreifen Traubenguts, was bei mangelnder Selektion auch in an sich vollreifen Jahren ins Lesegut gelangen kann (als Produkt einer Zweitblüte oder als Geiztrauben). Geschulte Lese- und Sortiermannschaften holen das heraus, High-Tec-Betriebe gehen noch einen Schritt weiter und machen eine sogenannte Flotationsselektion (reife Trauben haben eine andere Dichte als unreife).
Die Extraktion verläuft heute grundsätzlich sanfter als früher.
Pigeage wird heute deutlich weniger oder gar nicht mehr praktiziert, man beschränkt sich eher auf
remontage, und reduziert auch hierbei bei die Frequenz.
Darüber hinaus gibt es dann noch eine ganze Reihe von Feinheiten, die mich als alten Verfahrenstechniker natürlich besonders interessieren. Gelernt habe ich z.B., dass die Wahl der Pumpe für das Fördern von Maische und die
remontage sehr wichtig ist: Zahnkranzpumpen zerkleinern Maischebestandteile und fördern die Extraktion bitterer und stark adstringierender Komponenten und werden besser durch Verdrängerpumpen ersetzt. Darüber hinaus sind die Traubenkerne eine Quelle sensorisch unerwünschter Komponenten und können aus dem Gäransatz entfernt werden (sie sedimentieren aus und können mit entsprechenen Vorrichtungen separiert werden).
Inwieweit das alles noch mit "natürlicher" Weinbereitung zu tun hat, ist natürlich eine Frage. Aber "sanfte" Tannine sind nicht notwendigerweise das Ergebnis nachgeschalteter Maßnahmen am (fast) fertigen Wein, sondern eher das Resultat vorgelagter Eingriffe.
Gruß
Ulli