Chablis

Chablis, Auxerre und Umgebung, Côte de Nuits, Côte de Beaune, Châlonnais, Maconnais, Beaujolais und Lyonnais
stollinger
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Re: Chablis

Beitrag von stollinger »

Nachdem das Wochenende mit einem korkenden Chardonnay von den Schneiders begonnen hat, schnell eine alternative Flasche in die Kühlmanschette gepackt. Beruhigenderweise mit DIAM verschlossen.

Moreau-Naudet - Chablis 2016:

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Wenn ich das richtig im Kopf habe, gab es 2016 im Chablis recht verheerende Spätfrostschäden. Zurückblickend kann ich mir damit Flaschen mit inhomgenem Geschmackseindruck plausibilisieren. Bei diesem Vertreter ist das aber nicht der Fall, sehr schön klar, präzise und sauber. Ein leichter Wein, ohne all zu große Intensität oder gar Druck. In der Nase vielleicht etwas brav, aber die reife Phenolik im Mund gibt einen schönen Gegenpol zum ansonsten sehr harmonischen Eindruck. Appetitliche Aromen, hat mir großen Spaß gemacht.

Grüße, Josef
amateur des vins
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Re: Chablis

Beitrag von amateur des vins »

Oberflächliche Kurzeindrücke finde ich ziemlich unbefriedigend. Aber - Geek hin oder her -, manchmal tritt der Wein hinter den Umständen eben in die zweite Reihe, ist aber dennoch unbedingt erwähnenswert. Samstag zum BYO war ein solcher:

Christian Moreau, Chablis Grand Cru «Les Clos» 2014

Obwohl nur zu 35% in Barriques ausgebaut, und davon nur 10% neu, deutlicher Eindruck von (exzellent eingesetztem) Holz. Oder doch nur Bâtonnage? Dagegen spricht der fokussierte, knackige Charakter. Sehr kräuterige Mineralik, frische Säure, an der Grenze zur Unreife, aber auf der "guten" Seite. Nur leichte Reduktion.

Sehr gut!
Besten Gruß, Karsten
LaVo
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Re: Chablis

Beitrag von LaVo »

Vorhin geöffnet:
Chablis 1er Cru Fourchaume 2016, Isabelle et Denis Pommier
Finde den Wein richtig stark. In der Nase Muschelkalk und Salz, irgendwie Meer, frisch (sehr schwer, irgendwelche Früchte auszumachen).
Im Geschmack eine schöne Säure, die sehr gut von der Frucht (Zitrus, eine schöne Fruchtsüße, vielleicht Richtung Orange) getragen wird. Dabei auch im Mund eine sehr angenehme Kalknote. Sehr lang, komplex, schmelzig und trotzdem frisch.
Das ist der beste Chablis, den ich trinke. Zugegeben, so viele waren es nicht (vor allem La Chablisienne, 1er Cru, Côte de Léchet 2013 und 2014). Aber das ist eine andere Liga.

Hat jemand Erfahrungen mit den Weinen von Pommier?
stollinger
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Re: Chablis

Beitrag von stollinger »

Hallo,

vor ein paar Wochen bin ich über einen Artikel gestolpert, Sensory and chemical drivers of wine minerality aroma: An application to Chablis wines [1], [Link]. Der Artikel behandelt eine Fallstudie von Chablis-Weinen mit dem Ziel eine Verbindung zwischen wahrgenommener Mineralität und der chemischen Zusammensetzung mit der Weinlage zu etablieren:

The goal of this work was to evaluate the effect of vineyard position on the minerality of wines and to establish relationships between minerality scores, sensory descriptors and chemical composition.

Eingangs wird unter anderem auf den nicht gut definierten Begriff Mineralität eingegangen: Je nach Kultur und Erfahrung von Verkostern gibt es sehr unterschiedliche Wahrnehmungen, die mit diesem Begriff assoziiert sind. Häufiger sind es sensorische Deskriptoren von reduktiven Noten (z.B. Schwefel, Pappe, Feuerstein, Rauch, Kalk, Kreide, nasser Stein) bei gleichzeitig schwacher Ausprägung von Noten wie tropischen Früchten, Butter, Sahnekaramell, Vanille, etc. Der Begriff wird aber auch für die taktile Wahrnehmung von Säure benutzt.

In dieser Arbeit wurden den Verkostern (32 wine professionals; Produzenten aus Chablis) acht Weine vorgesetzt. In einer ersten Bewertungsrunde wurde die Intensität der Mineralität auf eine Skala von 1-7 bewertet, getrennt für die Orthonasale- und für die Gesamtwahrnehmung. In einer zweiten Runde sollten die Partizipanten die Weine frei beschreiben. Aus der Häufigkeit der Nennung von Begriffen aus der freien Beschreibung wurden dann sensorische Deskriptoren identifiziert, die mit einer sehr starken oder sehr schwachen Ausprägung von Mineralität assoziiert sind. Für die Orthonasale-Wahrnehmung von Mineralität z.B. diese sechs: smoky, gunflint, shellfish, chalky, white fruit and floral.

Die Stichprobe der zu verkostenden Weine setzte sich aus acht Chablis Premier Cru zusammen. Vier westlich der Serein (Cote de Léchet, Montmains, Vaillons, Beauroy) und vier östlich (Montée de Tonnerre, Mont de Milieu, Fourchaume, Vaucoupin). Alle Weine von einem Produzenten, aus einem Jahrgang (2013) und alle im Stahltank ausgebaut.

Der zweite Teil der Arbeit besteht aus der chemischen Charakterisierung der Weine. Es wurden die Konzentrationen von flüchtigen, aromatischen Bestandteilen, flüchtigen Schwefelverbindungen, Metallionen und Anionen bestimmt. Anschließend wird die oben erwähnte Fragestellung (ob es einen sensorischen Unterschied der Mineralität der Weine gibt, in Abhängigkeit von der Weinbergslage und kann dieser sensorische Unterschied mit der Konzentration von bestimmten chemischen Komponenten des Weins erklärt werden?) diskutiert.

Die gefundene Antwort gibt dann auch schon der abstract wieder: Results showed a significant effect of the river bank on wine minerality scores only in the orthonasal olfaction condition, samples from the left being more mineral than those from the right bank.

Es kann ein Unterschied in Abhängigkeit von der Lage identifiziert werden, zwar nur in der Orthonasalen-Wahrnehmung, aber signifikant. Weine westlich der Serein riechen mineralischer.

Aus den Daten der chemischen Analyse der Bestandteile der Weine (aromatische Verbinungen und Ionen) und der sensorischen Bewertung wurde eine Hauptkomponentenanalyse erstellt. Eine Hauptkomponentenanalyse ist kein wissenschaftliches Werkzeug, welches ich verwende, ich kenne mich damit nicht gut aus. Ein hier schreibender Astrophysiker ist mit Sicherheit bewanderter. Ich verstehe es jedenfalls in diesem Kontext so, dass man dadurch Korrelationen von chemischen Bestandteilen und Sensorik sichtbar machen kann. Aber eben nur die Korrelation, eine Ursache kann man nicht ableiten. Als Ergebnis dieser Hauptkomponentenanalyse zeigt sich folgendes:

Die sensorische Wahrnehmung von mineralischen Deskriptoren wie Schalentieren, kalkig, rauchig, ist mit einer hohen Konzentration von Methanthiol (MeSH) positiv korreliert. Die Wahrnemung von floralen Aromen und hellen Früchten ist mit einer höheren Konzentration von von Norisoprenoiden verbunden und negativ mit Mineralität korreliert. Ebenfalls negativ mit Mineralität ist eine höhere Konzentration von Kupfer-Ionen korreliert. Bei Weinen von der Westseite der Serein ist die Konzentration an Methanthiol höher, bei Weinen von der Ostseite ist die Konzentration an Norisoprenoiden und Kupfer höher.

This article measures the effect of the banks of the Serein river on the intensity and the sensory and chemical drivers of wine minerality aroma. The results answer our two questions: Firstly, wines belonging to the left side of the bank were scored higher in minerality than wines from the right side. Secondly, methanethiol, which is involved in the shellfish aroma and exerts a masking effect on floral and fruity nuances, is present at higher concentrations in wines from the left (more mineral) than from the right side of the river. Contrary, norisoprenoids, responsible for white fruit and floral aromas, and copper levels, linked to lower levels to free MeSH, are at higher concentrations in wine from the right (less mineral) than from the left side. However further work is needed
to verify whether these results would generalize to other vintages.


Ich denke, die gustatorische Wahrnehmung entspricht auch der Erfahrung von vielen hier im Forum. Reduktive, schwefelhaltige Aromen rufen einen mineralischen Eindruck hervor, Weine, die expressiv fruchtig oder floral sind, wirken wenig mineralisch.

Noch etwas zu flüchtigen Schwefelverbingungen: Diese haben in der Regel einen sehr niedrigen Geruchsschwellenwert. Häufig sind sie in niedriger Konzentration angenehm, in höherer Konzentration unangenehm. Auch die assoziierten Aromen unterscheiden sich: So wird Methanthiol (MeSH) in niedrigen Konzentrationen mit Kalk, Kreide, Austernschalen, etc. assoziert. In höheren Konzentrationen sind es eher pflanzliche Eindrücke und gekochter Kohl.[2]

Die ganze Storyline vom Artikel ist verführerisch und hat mich erstmal motiviert, in den letzten Wochen immer wieder Chablis zu öffnen und dem Eindruck von Mineralität nachzuverkosten. Ich meine, der Artikel hat aber auch eine Menge Limitationen und deutet mit dem Einfluss der Kupferkonzentration auf einen eher entlarvenden Terroir-Einfluss hin. Bevor ich das ausführe, will ich aber von den verkosteten Chablis-Weinen schreiben.

Samuel Billaud - Chablis - 2017:

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Samuel Billaud besitzt 4 ha in Chablis (gelegen in Petit Chablis, Chablis; Chablis Premier cru: Vaillon, Séchet, Mont de Milieu, Montée de Tonnerre; Chablis Grand Cru: Vaudésir, Les Clos). Ich meine, in diesen Chablis gehen auch zugekaufte Trauben. Mir hat der Wein klasse gefallen, das ist genau mein Belag. Ein klarer und feiner Wein mit einer zurückhaltenden, aber durchaus klaren Aromatik, diese ganz deutlich mineralisch.

Der nächste Wein kommt von Yannick Cadiou. Der hat 2018 erstmals eigenen Wein abgefüllt, vorher hat er als Önologe bei der Domaine Laroche in Chablis gearbeitet.

Yannick Cadiou - Chablis - 2017:

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Der ist extraktreicher und kräftiger in der Farbe, als der Wein von Billaud. Aber auch nicht so präzise und weniger fein. Insgesamt finde ich den zu deutlich vom Schwefeleinsatz und der reduktiven Stilistik geprägt. Der Rebsortencharakter und die Herkunft kommen nicht besonders heraus, zu viel Schwefel und Reduktion können Winzer aller Herkunft. Besonders mineralisch ist er nicht, sondern pflanzlich-vegetabil. Ich habe noch eine Flasche, mal sehen, ob es nur ein unglücklicher Moment für den Wein war.

Der Chablis - Gerard Duplessis - 2016 hat mittelstark gekorkt. Was dadrunter wahrnehmbar war, wirkte aber eher grün und bitter. Keine Ahnung, wie viel Bedeutung man dem beimessen sollte.

Jean Paul & Benoît Droin - Chablis - 2016:

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Der changiert so etwas zwischen mineralisch und vegetabil, wobei das Pflanzliche überwiegt. Insgesamt hätte ich hier auch etwas weniger Reduktionsnoten besser gefunden. Der hat schon eine gewisse Feinheit, aber im Gesamtkontext finde ich es für den Preis zu wenig.

Ein sehr schöner Wein, stilistisch aber merklich anders, war der Chablis von Bessin.

Domaine Bessin - Chablis - Vieilles Vignes - 2016:

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Mit dem Schmelz, dem Süßeeindruck und der Zitrone geht das ein wenig in Richtung Zitronen-Baiser. Der hat etwas Holz gesehen und auch mehr malolaktische Gärung als die anderen. Entsprechend finden sich kaum reduktive und wenig mineralische Noten, die auch recht schnell verschwinden. Ein schmelziger, reifer Wein, aber immer noch leicht und frisch. Homogen und klar. Sehr gut, aber wohl wenig typisch.

Allgemein fand ich, hatten die Weine gute, qualitativ hochwertige Gerbstoffe, die gekonnt dosiert sind. Mineralisch überzeugend war nur der Wein von Bessin.

Jetzt noch mal zurück zum eingangs beschriebenen Artikel. Die Arbeit kommt zu dem Ergebnis, dass es in Abhängigkeit vom Terroir einen Unterschied in der Ausprägung der Mineralität gibt. In der Einführung machen die Autoren auch Aussagen über den Unterschied des Terroirs der betrachteten Lagen: The present work focuses on Chablis Premier Cru AOC: This AOC is marked by a temperate oceanic climate with continental trends [...] and has the peculiarity of being planted along both banks (right and left) of the Serein river (Fig. 1). Accordingto Cannard (1999) the right bank has vineyards with predominant southwest sun exposure that can facilitate the grape maturity and the wines tend to be fruitier. On the other hand, the left bank tend to have southeast sun exposure, and thus less is conducive to maturation.

Hervorhebung von mir. Der Artikel macht zwar eine statistische Analyse für die Ergebnisse der Verkostung, unterschlägt aber, dass eine Stichprobe von acht Weinen viel zu klein ist, um eine statistisch relevante Aussage bzgl. des Terroireinflusses treffen zu können. Ich denke, dass sollte den Autoren auch bewusst gewesen sein, ein Beitrag von wissenschaflicher Relevanz ist das in diesem Kontext für mich nicht, man kann nur mutmaßen, was der Antrieb der Autoren für das Anfertigen der Studie ist. Der Lehrstuhl ist jedenfalls kein klassisch önologischer, er sitzt am Centre for Taste and Feeding Behaviour der University of Burgundy.

Die gefundenen Korrelation von chemischen Verbindungen und Aromawahrnehmung innerhalb der Stichprobe sind natürlich trotzdem richtig, zur Wiederholung: Hohe Konzentration an schwefelhaltigen, flüchtigen Verbindungen (Methanthiol) --> mineralisch; hohe Konzentration an Norisoprenoiden und Kupfer-Ionen --> nicht mineralisch.

Jetzt kann man sich fragen, wie kommt die hohe Konzentration an Methanthiol, respektive Kupfer, im Wein zustande?

Schwefel ist ausreichend im Boden vorhanden, unabhängig vom Terroir. Im Most findet sich dann die schwefelhaltige Aminosäure Cystein, aus der durch die Hefen die flüchtigen Schwefelverbindungen entstehen. Flüchtige Schwefelverbindungen (auch Methanthiol) werden aber auch mikrobiologisch aus anderen Schwefelquellen wie elementarem Schwefel und SO2 erzeugt. Einen viel größeren Einfluss auf die Konzentration der Vorläuferverbindungen für flüchtige Schwefelverbindungen hat also die Verwendung von Schwefel im Weinberg (wenn noch Reste auf den Schalen sind) und die Mostschwefelung. Die verwendeten Hefestämme haben auch einen Einfluss (Spontangärung) auf die resultierende Konzentration von flüchtigen Schwefelverbindungen.

Kupfer-Ionen sind nicht essentiel für Wein und kommen in der Pflanze nicht in relevanten Konzentrationen vor. Sie können ebenfall durch die Verwendung im Weinberg als Fungizid in den Wein gelangen und Kupfer ist zugelassen als Schönungmittel zum Binden von ungewollten oder zu hoch konzentrierten schwefelhaltigen flüchtigen Verbindungen im Wein. Das ist wahrscheinlich auch die Ursache für die Korrelation von der hohen Kupferkonzentration mit wenig Mineralität. Es formt sich ein nicht-flüchtiger Komplex von Kupfer(I) mit Methanthiol (Cu(I)-MeSH).
Wenn also die Ausprägung der Mineralität nicht auf die Praxis im Keller zurückzuführen ist, ist meine Vorstellung des Einflusses der Weinbergslage wenig romantisch. Da wo viel Pilzdruck ist und viel Kupfer gespritzt wird, bekommt man einen wenig mineralischen Wein.

Das ist auch ein Eindruck, den ich wahrscheinlich nicht exklusiv hier im Forum habe. Wenn Winzer es mit der Reduktion übertreiben, dann hat man nicht mehr eine dezente, angenehme Mineralität, sondern Kompost und Kohl. Ansatzweise ja auch in den von mir verkosteten Chablis von Droin und Cadiou.

Häufiger kann man die Reduktionsnoten ja recht gut wegschwenken, auch in jungen Weinen sind sie präsenter und nehmen häufiger mit der Zeit ab. Aber z.B. beim oben beschriebenen Chablis von Droin war es nicht so, nicht immer kann man diese für mich manchmal unanagenehme, pflanzliche Aromatik loswerden.

Nicht ganz unbeteiligt scheint mal wieder das Kupfer zu sein, aber jetzt wird es so richtig kompliziert: Methanthiol im Wein kann als flüchtige Komponente vorkommen, als Komplex gebunden an Kupfer (nicht flüchtig) und als oxidiertes Polysulfid (nicht flüchtig). Bei der Flaschenreife mit sehr wenig Sauerstoffeintrag agiert das Kupfer(II) gemeinsam mit Eisenionen als Redox-Katalysator und kann das oxidierte Polysulfid wieder in die reduzierte Form überführen und die Konzentration an freien Schwefelaromen (Methanthiol) wieder erhöhen.[3]

Es ist wohl recht komplex, Mineralität im Wein zu erzeugen. Beispielet bei denen es weniger gut geklappt ha sind häufig. Nach meiner Einschätzung hat die aktive Beeinflussung der Schwefelkonzentration und auch der Kupfer-Ionen einen sehr deutlichen Einfluss, Gärführung und verwendete Hefen wohl schon einen weniger ausgeprägten. Weinbergs-Grundgestein und Weinbergsexposition wohl nur einen vernachlässigbaren Einfluss.

Grüße, Josef

[1] Food Chemistry, 230, (2017), 553–562. [Link]
[2] Food Research International 87 ,(2016), 152–160. [Link]
[3] J. Agric. Food Chem. 2018, 66, 10, 2237–2246. [Link]
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UlliB
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Re: Chablis

Beitrag von UlliB »

Hallo Josef,

wie bei Dir ja üblich eine erschöpfende ;) Analyse der Auswirkung einiger chemischer Faktoren auf den sensorischen Eindruck von Weinen, vielen Dank dafür. Deinen Schlussfolgerungen stimme ich zu, möchte aber bezüglich des Kupfergehaltes noch auf einen Zusatzpunkt hinweisen.

Der Kupfergehalt in einem Wein wird nicht nur von der Arbeit im Weinberg abhängen, und auch nicht nur von der Frage, ob der Winzer eventuell eine Blauschönung vorgenommen hat (wobei Letzteres schon ein absolut entscheidender Faktor sein kann, und wenn man hier nicht absolut sichergestellt hat, dass das nicht der Fall war, wäre das eine wirklich schwere Nachlässigkeit, die den Artikel partiell invalidieren würde).

Einen weiteren Aspekt habe ich vor langer Zeit, als ich noch regelmäßig in einem Weingut mitgeholfen habe, kennengelernt: das Equipment. Bei Routineanalysen war dem Weinlabor aufgefallen, dass einige Weine ungewöhnlich hohe Kupfergehalte aufwiesen, und hatte nachgefragt, ob man bei einer Blauschönung nicht aufgepasst hatte. Die Weine waren aber gar nicht geschönt worden... als Ursache stellte sich schließlich ein frisches Messingventil heraus, dass man provisorisch an einen Edelstahl-Gärbehälter angesetzt hatte. Das hat tatsächlich gereicht, um die Kupferwerte signifikant zu erhöhen, man bewegt sich hier ja im Spurenbereich. Ob das nun die Sensorik der Weine beeinflusst hat, kann ich nicht mehr erinnern. Aber Terroir ist das nun ganz und gar nicht :lol:

Gruß
Ulli
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Re: Chablis

Beitrag von amateur des vins »

Josef,

einmal mehr ein toller Beitrag von Dir, danke! Eine große Bereicherung für das Forum.

Die anscheinend auch kausal bedingte Antikorrelation zwischen Kupfer und "Mineralität" war mir neu. Interessant!
UlliB hat geschrieben:als Ursache stellte sich schließlich ein frisches Messingventil heraus, dass man provisorisch an einen Edelstahl-Gärbehälter angesetzt hatte
...und damit ein galvanisches Element erzeugt haben dürfte. Liegt das Kupfer denn dann in derselben Form vor, wie wenn man es als Fungizid einsetzt?
Besten Gruß, Karsten
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UlliB
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Re: Chablis

Beitrag von UlliB »

amateur des vins hat geschrieben:..und damit ein galvanisches Element erzeugt haben dürfte. Liegt das Kupfer denn dann in derselben Form vor, wie wenn man es als Fungizid einsetzt?
Ja, als Cu2+, die Form, die auch im Kupfersulfat der "Bordelaiser Brühe" als Fungizid verwendet wird. Und genau diese Form reagiert mit Schwefelverbindungen der Oxidationsstufe -2 (wie eben Methanthiol) unter Bildung unlöslicher Verbindungen, die im Prozessverlauf wohl meistens entfernt werden. Dass die Sache im Detail möglicherweise noch etwas komplexer ist, hatte Josef ja schon beschrieben.

Gruß
Ulli
amateur des vins
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Re: Chablis

Beitrag von amateur des vins »

UlliB hat geschrieben:Cu2+, die Form, die auch im Kupfersulfat der "Bordelaiser Brühe" als Fungizid verwendet wird.
Danke, ich wußte nicht, wie es in der "Brühe" vorliegt.
Besten Gruß, Karsten
stollinger
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Re: Chablis

Beitrag von stollinger »

UlliB hat geschrieben:Hallo Josef,

wie bei Dir ja üblich eine erschöpfende ;) Analyse der Auswirkung einiger chemischer Faktoren auf den sensorischen Eindruck von Weinen, vielen Dank dafür. Deinen Schlussfolgerungen stimme ich zu, möchte aber bezüglich des Kupfergehaltes noch auf einen Zusatzpunkt hinweisen.

Der Kupfergehalt in einem Wein wird nicht nur von der Arbeit im Weinberg abhängen, und auch nicht nur von der Frage, ob der Winzer eventuell eine Blauschönung vorgenommen hat (wobei Letzteres schon ein absolut entscheidender Faktor sein kann, und wenn man hier nicht absolut sichergestellt hat, dass das nicht der Fall war, wäre das eine wirklich schwere Nachlässigkeit, die den Artikel partiell invalidieren würde).

Einen weiteren Aspekt habe ich vor langer Zeit, als ich noch regelmäßig in einem Weingut mitgeholfen habe, kennengelernt: das Equipment. Bei Routineanalysen war dem Weinlabor aufgefallen, dass einige Weine ungewöhnlich hohe Kupfergehalte aufwiesen, und hatte nachgefragt, ob man bei einer Blauschönung nicht aufgepasst hatte. Die Weine waren aber gar nicht geschönt worden... als Ursache stellte sich schließlich ein frisches Messingventil heraus, dass man provisorisch an einen Edelstahl-Gärbehälter angesetzt hatte. Das hat tatsächlich gereicht, um die Kupferwerte signifikant zu erhöhen, man bewegt sich hier ja im Spurenbereich. Ob das nun die Sensorik der Weine beeinflusst hat, kann ich nicht mehr erinnern. Aber Terroir ist das nun ganz und gar nicht :lol:

Gruß
Ulli
Hi Ulli,

das ist ein guter Punkt! Aber ist es nicht gerade Terroir und Herkunft, wenn alle Winzer einer Region die Armaturen vom selben Klemptner angeschraubt bekommen? ;) :lol:

Im Paper haben sich die Autoren nicht über die Vinifikation der Weine ausgelassen, auch nicht, ob geschönt wurde oder nicht. Der mittlere Kupfergehalt ist ~20 µg/l für die Weine der Westseite, ~30 µg/l für die Weine der Ostseite. Das ist mehr, als die Konzentration der Schwefelverbindungen, hier in µg/l:
Sulfur compounds.JPG
Einige kommen nur in nanogramm/l im Wein vor, aber trotzdem oberhalb des Geruchsschwellenwerts.

Ich muss sagen, intuitiv finde ich die Kupferkonzentration sehr hoch, aber ich habe mich nie damit beschäftigt, was ein typischer Wert ist. Die Bestimmung der Ionen-Konzentration ist anhand ICP-OES gemacht worden, der Aufschluss anhand von 5% HNO3, ich weiß gerade aus der Hüfte nicht, ob dabei (bzw. wie viel) eigentlich unlösliches CuS auch in Lösung geht. Ich habe auch kein Gefühl dafür, ob diese µg Cu durch Wind vor der Ernte aus dem Erdreich auf die Trauben gelangen kann. Es gibt aber noch weitere Fachliteratur, die sich mit dem Einfluss von Kupfer-Ionen auf die Konzentration von Schwefelaromen beschäftigt, deshalb gehe ich nicht von einem Kommafehler o.Ä. in der Arbeit aus; die negative Korrelation wird es wohl geben.

Ich habe neben der Literaturstelle [3] aus dem ursprünglichen Post noch zwei weitere Paper auf meiner mal lesen Liste, die sich mit Kupfer und Schwefel-Aromen im Wein beschäftigen, gerade fehlt mir da noch die Übersicht. Ich glaube schon an Herkunft und Terroir im Wein. Mineralität und reduktive Aromen fallen für mich aber nicht darunter, sondern ich sehe es mehr als stilistisches Element (oder auch zufällig).

Grüße, Josef
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UlliB
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Re: Chablis

Beitrag von UlliB »

stollinger hat geschrieben: Ich muss sagen, intuitiv finde ich die Kupferkonzentration sehr hoch, aber ich habe mich nie damit beschäftigt, was ein typischer Wert ist.
Ich habe mal kurz gegoogelt, zum Thema "Kupfer in Wein" gibt es jede Menge Hits, da gäbe es sehr viel zu lesen für dich ;)

Interessant fand ich, dass es für Wein einen gesetzlich fixierten Höchstwert gibt, nämlich 1 mg/L - d.h. weit oberhalb der hier festgestellten Werte.

An einer Stelle habe ich auf die Schnelle folgende Bemerkung gefunden:
"Früher verwendete man im Keller vielfach Materialien aus Messing und Bronze (Ventile, Schlauchverbindun-gen, Pumpkörper), die eine bedeutende Quelle des Cu-Eintrages darstellten."

Ein Einzelfall scheint das, was ich beschrieben habe, also nicht zu sein.

Was mir nicht bekannt war: offensichtlich werden kupferhaltige Materialien auch außerhalb der Schönung bei der Weinbereitung gezielt eingesetzt, z.B. so:
"So gesehen ist der Einsatz eines Kupfer-Siebes beim Abzug des Rotweines von den Trestern für die Jungweine eine wichtige Cu-Quelle. Diese Maßnahme ist besonders bei böcksergefährdeten Weinen präventiv zu empfehlen, da sich der Wein dadurch gering mit Cu anreichert und reduktive Phasen vorgebeugt werden. Die Säuren des Weines lösen nämlich kleine Mengen Cu von der Oberfläche des Siebes ab und dieses kann mit Schwefelwasserstoff sofort reagieren, wobei die relativ starke Belüftung zudem ebenfalls böckserbeseitigend wirkt. Damit der Wein genügend Cu aufnehmen kann, sollte das Cu-Sieb eine blanke Oberfläche haben, was durch eine allfällige Reinigung mit Zitronensäure gewährleistet wird."

Beide Zitate stammen aus einer Veröffentlichung der Versuchsanstalt Laimburg in Südtirol, die du schnell finden wirst.
Ich glaube schon an Herkunft und Terroir im Wein. Mineralität und reduktive Aromen fallen für mich aber nicht darunter, sondern ich sehe es mehr als stilistisches Element (oder auch zufällig).
Oha. Das sehe ich zwar exakt so wie Du, aber damit rüttelst Du natürlich an den Grundfesten des heute angesagten "mineralischen" Weinstils, bei dem sehr viele Leute einschließlich etlicher Winzer glauben, dass es gerade die Mineralik ist, die die Herkunft eines Weines ausdrückt.

Gruß
Ulli
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