stollinger hat geschrieben:Hat jemand eine Meinung oder Erfahrung zu Malartic-Lagravier rouge? Die Bewertungen sind ja recht positiv, der Preis mit ~37€ EVP auch moderat. Einen Alkoholgehalt konnte ich leider nicht finden.
An anderer Stelle im Faden wurde ja schon mal erwähnt, dass sich die Stilistik einiger Güter sehr regelmäßig ändert. Der 2019er Malartic-Lagravier ist der erste Jahrgang mit Eric Boissenot als beratendem Önologen, vorher war es Michel Rolland.
Manchmal frage ich mich, wie viel Einfluss die Berater auf den Wein wirklich nehmen, oder ob die Berater eher für die Außendarstellung und als Marketinginstrument genutzt werden.
Ich hatte von Malartic-Lagravière die Jahrgänge 2011, 2012 und 2015 im Glas, alle jeweils als Jungwein. Die Stilistik ist dezidiert modern (was ich nicht negativ meine): dichte, tiefe Frucht, geschmeidig, dezent von Holz untermalt. Wirklich gut, und klar auf dem Weg nach oben.
Wenn man das so sehen möchte, ist das natürlich schon ein typischer Rolland-Wein, was ich aber auch nicht als so negativ empfinde. Man hat den Michel Rolland ziemlich zum Buhmann aufgebauscht, der alles, was ihm in die Finger kommt, "parkerisiert", aber so einfach ist das nicht. Etliche der Betriebe, die er berät, stellen mit die besten und charaktervollsten (!) Weine des Bordelais her.
Wie viel Einfluss die Berater auf den Wein tatsächlich nehmen, ist schwer zu sagen. Aber im Bordelais tauchen bei den renommierten Betrieben mit wenigen Ausnahmen immer nur drei Namen auf: Rolland, Boissenot, Derenencourt. Wenn man die Gesamtzahl der Betriebe sieht, die die drei beraten (da kommen jeweils auch noch welche im entfernteren Ausland dazu), bleibt da pro Betrieb nicht mehr so viel Zeit übrig.
Beispiel Rolland: der berät angeblich deutlich über 100 Betriebe weltweit. Wenn man berücksichtigt, dass er sicherlich zusammengerechnet ein paar Wochen im Jahr auf Flughäfen und in Fliegern verbringt, und ihm auch noch etwas Urlaub zubilligt (der Mann ist mittlerweile 72, da braucht der den vielleicht auch), kann man ja mal ausrechnen, wieviel Zeit ihm für jeden seiner Kunden bleibt. Viel mehr als eine Vorgabe der generellen Richtung ist da sicher nicht möglich; Detailarbeit geht da bestimmt nicht.
Gruß
Ulli